Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 55 |
Download: | XML |
Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Wir können – wir wollen – wir müssen! So leicht wurde
es den Leuten noch nie gemacht, zu sparen und ersparte Gelder, auch kleine Beträge,
in Wertpapieren anzulegen, wie durch die deutschen Kriegsanleihen. Jede Poststelle,
Spar- und Darlehnskasse und zahlreiche andere Einrichtungen kommen den Zeichnern
entgegen. – So vorteilhaft sind Spargelder noch nie verzinst worden; weder bei
Sparkassen noch bei Vereinen; höchstens von Schwindelfirmen, welche den Einlegern
hohe Zinsen, aber kein Kapital mehr zurückgegeben haben. – So sicher sind Gelder
noch selten angelegt worden, wie in deutschen Kriegsanleihen. Für sie haftet das
ganze Deutsche Reich; haften die Bundesstaaten mit ihrem ganzen Vermögen, bürgt der
Reichtum des deutschen Volkes im Werte von über 400 Milliarden. – So nützlich hat
noch nie ein Darlehen gewirkt, wie die Kriegsanleihen. Sie haben (lern deutschen
Volke die Freiheit erhalten, dem Reich das Fortbestehen ermöglicht, der deutschen
Heimat den Schutz vor wilden Kriegshorden gebracht; dem Bauern die Scholle
gesichert, dem Handwerksmann und Arbeiter Verdienst in schwerster Kriegsnot
verschafft. – So notwendig mit den „silbernen Kugeln“ nun vollends
durchzuhalten war es noch nie, wie jetzt, Wir stehen vor der letzten Entscheidung.
Alle bisherigen Anleihen sind gefährdet, wenn nicht das Geld zur Abwehr des
letzten Gewaltangriffs des Feindes aufgebracht wird. Alle Opfer an Gut und Blut sind
umsonst gebracht, wenn wir jetzt finanziell ermattet zusammenbrechen. Aller
Heldenmut und Opfergeist an der Front muß ersterben, wenn wir jetzt nicht die
weiteren Mittel zur Ernährung und bestmöglichsten Ausrüstung unserer Truppen
aufbringen könnten. Aber wir können es, wenn wir wollen. Wir wollen es, weil wir
müssen. Wir müssen es, denn uns alle und jeden einzelnen von uns zwingt der Trieb
der Selbsterhaltung.
Liborius Gerstenberger
M. d. R. u. bayer. Landtags.
––––––––––
Ueber die Harzgewinnung in Oesterreich-Ungarn macht Dr. G. Austerweil in
der Chemiker-Zeitung 1917 S. 233 bis 235 nähere Angaben, wobei er namentlich die
während des Krieges eingeführte Gewinnung von Kolophonium durch Extraktion der bei
der rationellen Waldwirtschaft zurückleibenden Wurzelstöcke eingehend schildert. Auf
Grund der bereits im Frieden im Gebiete von Wiener Neustadt bei der Harznutzung
gesammelten Erfahrungen wurde zur Versorgung der Industrie mit Kolophonium auch in
den besetzten Gebieten in Polen und Serbien die Harznutzung eingeführt, ferner
wurden zu dem gleichen Zwecke etwas später auch die großen Schwarzföhrenwaldungen
Bosniens herangezogen. Auch die Einsammlung des Fichtenscharrharzes, das man bisher
zur Gewinnung von Kolophonium für nicht verwendbar hielt, hatte einen schönen Erfolg
und es gelang, auf sehr einfache Weise durch Extraktion mit heißem Benzol aus diesem
Material durchschnittlich 55 bis 60 v. H. Kolophonium und 2 bis 3,5 v. H.
Terpentinöl zu gewinnen.
Von größerer Bedeutung als diese Harzquellen ist jedoch die Kolophoniumgewinnung aus
Wurzelstockholz, die in Ungarn in Verbindung mit der normalen Waldnutzung derart
durchgeführt wurde, daß die bei der jährlichen Rodung zurückbleibenden, für die
Waldnutzung wertlosen Stockholzmengen fabrikmäßig auf Kolophonium und Terpentinöl
aufgearbeitet werden. Ein derartiger Betrieb ist nur dort wirtschaftlich, wo täglich
mindestens ein Waggon (= 10 t) Stockholz zur Verfügung steht. Die
Stockholzgewinnung, die in den meisten Fällen auf den geordneten Kahlschlägen ohne
Bedenken in forsttechnischer Hinsicht betrieben werden kann, oft sogar im Interesse
der Neuaufforstung direkt geboten ist, erfolgt durch Sprengung; mit 1 kg
Chloratsprengstoff lassen sich im Mittel 325 bis 350 kg Stockholz gewinnen. Das Holz
wird mit der Raspelmaschine oder der Schlagkreuzmühle zerkleinert und hierauf in
stehenden Extraktionsapparaten mit Benzol (oder Trichloräthylen) ausgelaugt. Der
Kohleverbrauch dieser Apparate beträgt ½ bis ⅔ des zu extrahierenden Holzgewichts,
der Verlust an Benzol etwa 1 v. H. des Holzgewichtes. Bevor das zerkleinerte Holz
mit Benzol extrahiert wird, behandelt man es im Extraktor mit Dampf unter
gleichzeitiger Evakuierung, wodurch das Terpentinöl abgetrieben wird. Die Ausbeute
an diesem Oel beträgt etwa 1 v. H. bei Weißföhren und 2 v. H. bei Schwarzföhren.
Auch das extrahierte zähflüssige Harz wird in geschmolzenem Zustande nochmals in
einem Vakuumapparat mit Dampf behandelt, wodurch die dem Kolophonium noch
beigemengten terpentinölartigen Stoffe gewonnen werden. Das Holzterpentinöl hat
einen angenehmen, dem gewöhnlichen Terpentinöl ähnlichen Geruch und ist als
Lösungsmittel für Lacke infolge seines hohen Terpineolgehalts dem amerikanischen Oel
überlegen.
Das extrahierte Kolophonium ist etwas weicher als das amerikanische, die Ausbeute
beträgt bei Weißkiefer 4,5 bis 8 v. H., bei Schwarzföhre dagegen 9 bis 13 v. H. Das
entharzte Holz geht in die Natronzellstofffabriken und liefert etwa 25 v. H.
Zellstoff. Es sind in Ungarn und Bosnien bereits drei derartige Anlagen im Betriebe,
die etwa 1500 t Kolophonium im Jahre erzeugen, eine vierte Extraktionsanlage ist in
Ungarn im Bau. Auf diese Weise ist es möglich, einen beträchtlichen Teil des
Harzbedarfs der österreichisch-ungarischen Industrie im Inlande zu gewinnen, und da
der Extraktionsrückstand in der Zellstoffindustrie Anwendung finden kann, so
erscheint das Bestehen der Harzgewinnung aus den Wurzelstöcken auch im Frieden
gesichert.
Sander.
––––––––––
Unterseetelegraphie. Wenn neben der Flotte noch etwas
anderes dazu beigetragen hat, Englands Weltmachtstellung zu festigen, so ist es die
Kabeltelegraphie gewesen. Konnte es auch die Alleinherrschaft über die Ozeankabel,
die es in den siebenziger Jahren erlangt hatte, auf die Dauer nicht aufrecht
erhalten, so verfügte es doch trotz des Wettbewerbes französischer, amerikanischer
und deutscher atlantischer Kabel immer noch über die wichtigsten
Welttelegraphenlinien. Diesen Umstand nutzte es aus, um sich zum fast alleinigen
Vermittler des Weltnachrichtenverkehrs zu machen und alles, was in der Welt vorging,
in einer Weise darzustellen, die den englischen Interessen am meisten dienlich
war. Lediglich dem Umstände, daß es der deutschen Funkentelegraphie gelungen war,
sich von einer Bevormundung durch die englische Marconigesellschaft freizuhalten,
ist es zuzuschreiben, daß die Unterbrechung der deutschen Kabelverbindungen zu
Beginn des Weltkrieges nicht die Folgen für Deutschland hatte, die daraus unter
weniger günstigen Umständen hätten entstehen können.
Daß die Kabeltelegraphie den hohen Stand der Entwicklung erreichen konnte, den sie
vor dem Kriege hatte, ist zu einem guten Teil deutschem Erfindungsgeist und
deutscher Arbeit zu verdanken. Werner von Siemens war es,
der zuerst erkannte, daß die Guttapercha ausgezeichnet geeignet sei, die auf den
Meeresgrund verlegte elektrische Telegraphenleitung gegen das gut leitende Seewasser
zu isolieren. Er stellte auch das erste Seekabel her, das zur elektrischen Zündung
von Seeminen benutzt werden sollte, die im Kieler Hafen verlegt waren. Auf Werner von Siemens gehen die heute noch gebräuchlichen
Verfahren zur zuverlässigen Verlegung von Seekabeln und zu ihrer Ueberwachung
während der Verlegung zurück. Er und die unter seinem Einfluß stehenden Siemens-Firmen sind auch an den meisten Verlegungen von
Ozeankabeln mit Erfolg beteiligt gewesen.
Wenn auch der erste Vorschlag zur Herstellung einer telegraphischen Verbindung
zwischen England und Amerika bereits im Jahre 1843 gemacht wurde, wenn auch der
erste Versuch, ein Kabel durch den Atlantischen Ozean zu führen, bereits im Jahre
1857 begonnen und später mit vorübergehendem Erfolg beendet wurde, so möchte
Oberingenieur G. Schmidt (in einem Aufsatze „Fünfzig
Jahre Unterseetelegraphie und Thomsons Heberschreiber“ in der Zeitschrift
Die Naturwissenschaften doch erst das Jahr 1866 als das Geburtsjahr des
interkontinentalen Telegraphenverkehrs ansehen, weil in diesem die ersten für
längere Zeit brauchbaren atlantischen Kabel verlegt worden sind.
Ihre volle Bedeutung für das Wirtschaftsleben unserer Erde erhielt die
Unterseetelegraphie jedoch erst im Jahre 1867 durch die Thomsonsche Erfindung des Heberschreibers. Ein Telegraphieren mit dem
Morseapparat wie auf Landlinien ist auf den langen Seekabeln nicht möglich, da sich
erfahrungsgemäß nur äußerst schwache Ströme verwenden lassen und zudem die dazu
nötigen Gleichstromstöße mit zunehmender Kabellänge durch die Aufladung (Kapazität)
des Kabels stark beeinflußt werden, unter Umständen auch ihre Wirkung auf den
Empfänger ganz verlieren können. Das läßt sich vermeiden, wenn man Ströme
wechselnder Richtung aber gleicher Dauer benutzt und das Kabel nach jeder
Stromgebung an Erde legt, um es zu entladen. Solche Stromstöße wechselnder
Richtungen, von denen die eine den Punkten, die andere den Strichen des
Morsealphabetes entspricht, lassen sich mit Hilfe eines elektrisch sehr
empfindlichen Spiegelgalvanometers sichtbar machen. Dabei wird als Zeiger, der die
sehr kleinen Ausschläge vergrößert wiedergibt, ein von dem Spiegel reflektierter
Lichtstrahl benutzt. Aber das Ablesen der Zeichen erfordert große Uebung und ist
sehr anstrengend, und zum Niederschreiben der Telegramme ist eine zweite Person
notwendig.
Es war deshalb ein gewaltiger Fortschritt, als in dem Heberschreiber ein Gerät
gefunden wurde, das die ankommenden Zeichen in eindeutiger Schrift aufzeichnet. Auch
bei dem Heberschreiber ist das elektrisch sehr empfindliche Galvanometer als
Empfangsapparat für die ankommenden Zeichen beibehalten. Wesentlich daran ist aber
die Schreibvorrichtung, die die Empfindlichkeit des Instruments nicht vermindern
darf. Thomson benutzt zum Aufzeichnen der Schrift ein
heberförmig gebogenes leichtes Kapillarrohr, das an einem Faden pendelnd aufgehängt ist. Das eine
Ende des Hebers taucht in ein Gefäß mit Farbflüssigkeit, das andere schwebt
unmittelbar über der Schreibfläche eines durch ein Uhrwerk bewegten Papierstreifens,
ohne diese jedoch zu berühren. Durch eine Drehung des Aufhängefadens ist erreicht,
daß die Heberspitze in der einen Richtung abgelenkt wird, während eine Verbindung
mit der schwingenden Spule des Galvanometers die Ausschläge der Heberspitze in der
anderen Richtung bewirkt.
Fünfzig Jahre sind seit der Erfindung des Heberschreibers verflossen, aber trotz
zahlreicher Bemühungen ist es nicht gelungen, ihn durch eine andere Einrichtung zu
ersetzen. Verbesserungen sind allerdings mehrfach vorgenommen worden. So wird zum
Beispiel das Ausfließen der Schreibflüssigkeit aus der Mündung des Hebers nicht mehr
durch Reibungselektrizität hervorgerufen, sondern durch Erschütterungen, die ein Wagnerscher Hammer dem Heber erteilt.
Auch die Versuche, die Heberschriftzeichen deutlicher und leichter lesbar zu machen,
haben Erfolg gehabt. Man läßt die Galvanometerspule nicht mehr unmittelbar auf den
Heber wirken, sondern auf ein Relais, wie das zum Beispiel von der
Deutsch-Südamerikanischen Telegraphengesellschaft verwendete Trommelrelais, oder auf
einen Verstärkungsapparat, wie den von verschiedenen Gesellschaften benutzten
Hitzdraht-Vergrößerungsapparat. Erst durch diese Hilfseinrichtungen wird der
Heberschreiber in einem Ortstromkreis betrieben.
Ein Verfahren, das Undeutlichwerden der Zeichen infolge der Kabelkapazität zu
vermindern, besteht in der Zerlegung des Kabels in Teilstrecken, wobei selbsttätige
Uebertragungseinrichtungen die Zeichen von einem Teil zum andern weitergeben. Man
kann es natürlich nur anwenden, wenn zum Aufstellen der Apparate ein Stützpunkt zur
Verfügung steht. Der Deutsch-Amerikanischen Telegraphengesellschaft bot sich in
Santa Cruz hierzu Gelegenheit.
Voraussetzung für eine gute Wirkung der Relais und Vergrößerungs- und
Uebertragungsapparate ist, daß die Zeichen sorgfältig gegeben werden. Um von der
Geschicklichkeit der Bedienung unabhängig zu sein und die Abgabe der Telegramme zu
beschleunigen, verwendet man neuerdings selbsttätige Sendeapparate. Die Telegramme
werden hierbei zunächst in Form von Lochzeichen in einen Papierstreifen gestanzt.
Der Lochstreifen wandert dann durch einen Kontaktapparat, der die Stromstöße
gleichmäßig in die Leitung gelangen läßt. Durch Anwendung aller dieser
Verbesserungen ist es möglich geworden, stündlich etwa 125 Telegramme über ein Kabel
zu befördern, während es früher ein geschickter Telegraphist auf nicht mehr als 60
bis 70 brachte.
Eine volle Ausnutzung der Leitung ist endlich durch das im Jahre 1853 von Gintl angegebene, 1854 von Werner
von Siemens wesentlich verbesserte Gegensprechverfahren erreicht worden,
das gestattet, gleichzeitig in entgegengesetzter Richtung auf demselben Draht
Nachrichten zu übermitteln. Bei der Unterseetelegraphie verwendet man dabei die 1863
von Maron in Berlin angegebene Brückenschaltung, bei der
ein künstliches Kabel benutzt wird. Mit Hilfe dieser Schaltung vermag man den von
dem gebenden Amt ausgehenden Telegraphierstrom zu teilen und die Teilströme so um
den eigenen Heberschreiber herumzuführen, daß dieser nicht davon beeinflußt wird.
Der Empfänger spricht nur auf die von dem zweiten Amt kommenden Ströme an. Als
künstliches Kabel wird neuerdings häufig die Anordnung von Muirhead benutzt.
G. Quaink.
––––––––––
Elektrolyseure zur Herstellung von unterchlorig-saurem
Natrium für Wasserwerke, Abwasser- und Desinfektionsbetriebe. An Stelle der
ziemlich verbreiteten Wassersterilisation mittels Chlorkalk empfiehlt Dr. G. Erlwein im Journal für Gasbeleuchtung und
Wasserversorgung Bd. 59 S. 537 bis 540 die Anwendung von Natriumhypochloritlösung,
die sich jedes Wasserwerk durch Elektrolyse einer Kochsalzlösung im eigenen Betriebe
herstellen kann. Derartige Elektrolyseure sind in der chemischen Industrie schon
seit längerer Zeit in Benutzung und haben sich hier bestens bewährt; sie werden
sowohl von der Firma Siemens & Halske als auch von den Siemens-Schuckertwerken
gebaut. Erstere Type ist mit wagerechten Elektroden aus Platinnetz ausgerüstet, die
übereinander angeordnet und bipolar geschaltet sind. Die einzelnen Zellen sind in
einem Sandsteingefäß treppenförmig übereinander angebracht und werden von der
Kochsalzlösung im Schlangenweg durchflössen; die aus den Zellen austretende,
gebrauchsfertige Hypochloritlösung wird in besonderen Kühlgefäßen mit Wasser
gekühlt. Bei den Siemens-Schuckert-Apparaten bestehen dagegen nur die Anoden aus
Platin und die Kathoden aus Kohleplatten. Die Elektroden sind hier senkrecht
angeordnet, ihre Schaltung ist ebenfalls bipolar. Der Eletrolyseur besteht
gewöhnlich aus zwei Steinzeugwannen, die mehrere Einzelzellen enthalten. Die Kühlung
des Elektrolyten erfolgt hier im Bade selbst mittels Kühlzellen, die zwischen den
einzelnen Zersetzungszellen liegen. Die beiden Apparattypen sind für Gleichstrom von
110 Volt bestimmt, als Elektrolyt dient bei der ersten Type eine 15-proz., bei der
zweiten eine 11-proz. Kochsalzlösung; die abfließende Hypochloritlösung enthält 20
bzw. 18 g aktives Chlor im Liter. Zur Erzeugung von 1 kg aktivem Chlor in Form von
Natriumhypochlorit sind im einen Falle 6, im anderen 7,4 KW/Std. sowie 7,6 bzw. 6,2
kg Kochsalz erforderlich. Der Preis der Hypochloritlauge ist somit in der Hauptsache
von den Kosten für Strom und Salz abhängig. Die Apparate werden für Leistungen von
0,89 bis 2,29 kg aktivem Chlor stündlich gebaut und sind somit auch zur Desinfektion
recht beträchtlicher Wassermengen verwendbar, da man in der Regel auf 1 m3 Wasser nur 1 g aktives Chlor rechnet. Vor dem
Chlorkalkverfahren besitzt diese Sterilisationsmethode eine Reihe unverkennbarer
Vorzüge, so daß sie sicherlich auch im Wasserwerkbetriebe eine Bedeutung erlangen
wird.
Sander.
––––––––––
Die Abfallwärme des Kokskuchens und deren mögliche
Gewinnung. Im Hinblick auf das durch den Krieg schwer erschütterte
Wirtschaftsleben wird auch in den kommenden Friedensjahren die größte Sparsamkeit am
Platze sein. Es ist daher als eine dankenswerte Anregung zu betrachten, wenn H. Wunderlich, Karlsbad, in Heft 16 der Zeitschrift des
Vereines der Gas- und Wasserfachmänner in Oesterreich und Ungarn auf die Möglichkeit
einer Ausnutzung der Abfallwärme des Kokskuchens in Gasanstalten hinweist.
Unzweifelhaft ließen sich Millionen von Pferdestärken im Jahre gewinnen, sofern man
das Dampfgewicht zu verwerten lernt, das Tag für Tag durch die Kokslöschtürme der
genannten Anlagen nutzlos ins Freie entweicht. Führt doch eine Tonne Koks, die mit
1400° C die Kammer verläßt, unter Annahme der spezifischen Wärme 0,2 eine Wärmemenge
von 280000 WE mit sich, die 400 kg Dampf erzeugen könnte. Dieser würde zur Lieferung
einer Arbeit von 26 PS/Std. genügen. Die Größe des Verlustes, den man gegenwärtig
erleidet, läßt sich aber erst ermessen, wenn man hört, daß die jährliche
Kokserzeugung Oesterreich-Ungarns zu 2453000 t angenommen werden darf. Nicht weniger
als 65300000 PS-Stunden werden somit zurzeit ohne Bedenken durch Ablöschen des
Kokskuchens vernichtet. Dessen Verwendung zur Beheizung von dampfkesselartigen
Anlagen scheint Wunderlich durchaus möglich. Zu diesem
Zwecke soll der Koks aus der Kammer durch Zwischenschaltung eines Leittrichters in
einen von Wasser umgebenen Kessel gelangen und dort Dampf erzeugen. Ist seine
Temperatur auf 500 bis 600° C gesunken, so werden die sich oberhalb der glühenden
Masse im Kessel ansammelnden Rauchgase durch den Koks hindurchgeblasen, hierbei
erhitzt und weiterhin in einer den Heizrohrkesseln ähnelnden Vorrichtung zur
Verdampfung verwendet. Es wird auf diesem Wege möglichst alle Wärme aus dem Koks
gewonnen. Der durch mehrere derartige Anlagen erzeugte Dampf ließe sich sammeln und
in Abdampfmaschinen oder -turbinen zur Stromerzeugung verwenden. Das Kondenswasser
könnte den Kesseln wieder zugeführt werden. Die Abkühlung des Kokskuchens auf 100° C
genügte, weil dann nur 0,1 v. H. seines Heizwertes für die Umwandlung in Nutzarbeit
verloren ginge. Eine schräge Anordnung des Kessels würde dessen Entleerung durch
Oeffnen eines Deckels an der Unterseite erleichtern. Voraussetzung für die
Wirtschaftlichkeit einer derartigen Anlage ist, daß die benötigten Kessel,
Armaturen, Rohrleitungen usw. als Massenfabrikate hergestellt werden. Wie sich das
Zusammenarbeiten einer größeren Anzahl von Kesseln gestalten würde, setzt Wunderlich in dem oben erwähnten Aufsatze eingehend
auseinander.
Schmolke.
––––––––––
Wassermessung mittels des Ueberfalls von Cipoletti.
(Professor Luedecke, Der Kulturtechniker Heft 4 1917.)
Zur Messung der von einem Bach oder Graben geführten sekundlichen Wassermenge wird
gewöhnlich der rechteckige Ueberfall benutzt, für den gemeinhin die 1829
veröffentlichte Eytelweinsche Gleichung angegeben
wird
Q=\frac{2}{3}\,\mu\,b\,h\,\sqrt{2\,g\,h} . . . . (1)
Setzt man hierin μ = 0,63 und g =
9,81 m/Sek.2, so geht die Gleichung über in
Q = 1,86 b . h
. √h m3/Sek. . . . . (2)
worin die Breite b und die
Ueberfallhöhe h in m gemessen sind. Mißt man b und h in dm, so wird
Q = 5,89 bh .
√h l/Sek. . . . . (3)
Der italienische Ingenieur Cipoletti machte nun 1886
darauf aufmerksam, daß bei Ableitung dieser Gleichung die seitliche Zusammenziehung
des Wasserstrahles nicht berücksichtigt worden ist, und gab an, daß die obigen
Formeln genau für Ueberfälle gelten, deren Seitenkanten im Verhältnis 1 : 4 gegen
die Lotrechte geneigt sind derart, daß sich der Ueberfall nach oben entsprechend
verbreitert. Der Cipolettische Ueberfall wurde von Cone in der landwirtschaftlichen Versuchsstation des
Staates Colorado einer eingehenden Prüfung in 219 Einzelversuchen unterzogen, und
Cone kam zu dem Ergebnis, daß die Eytelweinsche Formel dafür unzutreffend ist. Er stellte
die folgende auf, die als Monstrosität bezeichnet werden muß:
Q=3,247\,b\,.\,h^{1,48}-\left(\frac{0,566\,b^{1,8}}{1+2\,b^{1,8}}\right)\,.\,h^{1,9}+0,609\,h^{2,5} . (4)
und deren Ergebnise um nicht mehr als ½ v. H. von den
gemessenen Werten abweichen. Da diese Formel, in der die Längen b und h in Fuß und Q in Kubikfuß-Sek. erscheinen, natürlich völlig
unbrauchbar ist, so suchte Luedecke eine einfächere
aufzustellen:
Q = (0,0807h)1,55 . b0,94 l/Sek. . . . (5)
wenn b und h in cm gemessen sind.
Weil nun auch diese einfachere Gleichung für praktische Rechnungen noch wenig
geeignet ist, trägt Luedecke die Ergebnisse in einem
logarithmischen Maßstab auf, in dem die einzelnen Reihen als gerade Linien gleicher
Neigung erscheinen, die aber zum Teil nicht unerheblich von den gemessenen
Linienreihen abweichen, welche eine deutliche Krümmung und verschiedene Neigungen
aufweisen. Die von Luedecke berechnete Tafel der
Abweichungen hat Berichterstatter – anscheinend als erster – dadurch erweitert, daß
er die aus der ganz einfachen Formel (3) folgenden Wassermengen berechnete und den
prozentualen Fehler gegenüber der Messung eintrug. Es ergab sich: Die einfachen, der
Theorie entsprechenden Formeln (2) oder (3) schließen sich den Messungen mit einem
Fehler von weniger als 1 v. H. erheblich genauer an als die Formel (5), wenn man sie
nur für h < 0,4 b benutzt, wie das in der Praxis
kaum jemals anders der Fall sein dürfte. Außerdem zeigen einzelne, von der
theoretischen Formel unverhältnismäßig stark abweichende, direkt aus der Reihe
herausfallende Werte der Unterschiede, daß die amerikanischen Messungen teilweise
auch mit einem Fehler von etwa 1 v. H. behaftet sind, der wohl nicht zu
unterschreiten ist. Bei den ganz breiten Ueberfällen, für die die Fehlerkurve ein
ganz anderes Aussehen erhält, sind die Ueberfallhöhen
h = (0,20 ÷ 0,27) b bei b = 9,14 m,
h = (0,10 ÷ 0,24) b bei b = 12,22 m
zu vermeiden, wenn der Fehler 1 v. H. nicht übersteigen soll.
Es gelingt mit Leichtigkeit, indem man μ von der Höhe
h und der Wurzel aus der Breite b abhängig macht, die Formeln (2) und (3) auch
weiterhin den Versuchen mit derselben Genauigkeit anzupassen.
Auf Grund dieser Darstellungen muß der erste Teil der Arbeit als verfehlt bezeichnet
werden. Es ist eine bekannte, von Weierstraß bewiesene
Tatsache, daß eine gegebene stetige Funktion, die gewissen Bedingungen genügt, durch
eine ganze Funktion mit beliebiger Genauigkeit dargestellt werden kann. Man kommt
aber der Wirklichkeit mit derjenigen Funktion am nächsten, die sich aus einer –
natürlich richtigen – theoretischen Ableitung ergibt, und diese Funktion mit passend
gewählten Beiwerten ist eben für die Darstellung physikalischer Vorgänge zu
benutzen, nicht aber eine ganz willkürlich gegriffene. Auch die Auftragung in
logarithmischen Koordinaten erscheint in diesem Fall mindestens unzweckmäßig.
Richtiger wäre es schon gewesen, einfach die von Cone
gemessenen Werte in einem gewöhnlichen Koordinatennetz aufzutragen, woraus sich dann
bequem andere Zahlen hatten interpolieren lassen, während Luedecke jetzt die Vorschrift geben muß, möglichst die von Cone gewählten Breiten beizubehalten.
Wichtiger als die Formel (5) und ihre Auftragung dürften folgende Angaben sein: Soll
das Ergebnis keine größere Unsicherheit haben als ½ v. H., so muß die Ablesung der
Ueberfallhöhe genau sein
bei
h =
0,7
1,5
3,0
4,5
6,0
dm
bis
auf
¼
½
1
1½
2
mm.
Es ist das nur erreichbar, wenn an dem Maßstab verschiebbar
eine Hakenspitze angebracht wird, die den Wasserspiegel von unten gerade berührt,
und wenn ferner die Messung durch Umbau des Maßstabes mit einer Tonne oder
dergleichen nicht von Wellen beeinflußt werden kann. Dazu tritt noch ein Fehler von
etwa 1 v. H., wenn die. Wassergeschwindigkeit im Zulaufgraben vor dem Ueberfall 1
dm/Sek. beträgt, und zwar ist natürlich die gemessene Wassermenge um diesen Betrag
größer als Formel (3) liefert.
Im zweiten Teil der Arbeit berechnet Luedecke die
Ausflußmenge aus einem dreieckigen Ueberfall, der für die Messung kleiner
Wassermengen sehr vorteilhaft ist. Die theoretische Formel
Q=\frac{4}{15}\,.\,\mu\,.\,b\,.\,h\,.\,\sqrt{2\,g\,h}\mbox{ m}^3/\mbox{Sek.} . . (6)
liefert sehr gute Uebereinstimmung mit den Versuchen von Thomson aus den Jahren 1858 und 1861 und den neueren von
Cone, wenn μ = 0,59
darin eingesetzt wird. Bemerkt sei, daß die Versuche mit Dreiecküberfällen
angestellt worden sind, bei denen der, Spitzenwinkel 90° betrug. In diesem Fall geht
Formel (6) in die von Luedecke gegebene
Q = 0,0138 h2 . √h
l/Sek. . . . (7)
über, wenn h in cm gemessen
wird.
Stephan.
––––––––––
Ein zeichnerisches Verfahren zur Aufstellung empirischer
Formeln mit Potenzcharakter. In Heft 36 der Zeitschrift des Vereins
deutscher Ingenieure stellt sich G. Eichelberg die
Aufgabe, für y=c_{\mbox{p}}-c_{\mbox{p}_0}=f\,(p,\,T), wo p der Druck, T die absolute Temperatur,
c_{\mbox{p}_0} und cp die
spezifischen Wärmen des Wasserdampfes für p = 0 bzw.
für beliebigen Druck sind, einen zweigliedrigen Potenzausdruck von der Form
y=\frac{\varphi_1}{T^\alpha}+\frac{\varphi_2}{T^\beta} zu finden. Hierbei sollen φ1 und φ2 reine Druckfunktionen sein, während die Wahl der
Exponenten α und β durch
die Bedingung beschränkt wurde, daß ln T nicht
auftritt, wenn man Integrationen vornimmt, um beispielsweise das spezifische Volumen
v gemäß der Clausiusschen Gleichung \left(\frac{\partial\,c_{\mbox{p}}}{\partial\,p}\right)_{\mbox{T}}=-A\,T\,\left(\frac{\partial^2\,v}{\partial\,T^2}\right)_{\mbox{p}} aus cp zu berechnen. Das zur Lösung der Aufgabe
angewandte zeichnerische Verfahren kann auf allgemeines Interesse Anspruch machen,
da es auch bei Aufstellung anderer, ähnlich gebauter empirischer Gleichungen
verwendbar sein dürfte. Um zum Ziele zu gelangen, benutzte Eichelberg bei Bestimmung von cp die Tcp-Schaubilder von Knoblauch und Winkhaus und trug über log T
als Abszisse Kurven für y . Tα in ein Koordinatensystem ein unter
Zugrundelegung der Drücke von 2, 6, 10, 14 und 20 at sowie der Werte α = 3 bzw. 4. Hierauf wurde auf durchsichtigem Papier
in einem zweiten Koordinatensystem \frac{1}{\beta}\mbox{ log}\,z als Funktion von z für β = 9, 10 oder 11
aufgezeichnet und beide Systeme so gegeneinander verschoben, daß zwei Kurven zur
Deckung gelangten. Dann ist, wie man unschwer erkennt, y
Tα
= a + z und \mbox{log}\,b=\mbox{log}\,T+\frac{1}{\beta}\mbox{ log}\,z, woraus folgt y=\frac{a}{T^\alpha}+\frac{b^\beta}{T^\alpha+\beta} d. i.
eine Gleichung der gewünschten Form. Wiederholt man dies Verfahren und zeichnet a als Druckfunktion auf, so zeigt sich die
überraschende Tatsache, daß die aus den a-Werten
aufgetragene Druckfunktion φ1 nahezu durch eine Gerade wiedergegeben werden kann, d.h. in dem
Ausdrucke für y tritt die lineare Druckfunktion φ1
= C1p auf. Verbessert man die Ordinatenverschiebungen
entsprechend den a ersetzenden Geraden und bringt die
Systeme wiederum zur Deckung, so ergibt sich ein parabelähnlicher Verlauf von b, und mit vorzüglicher Annäherung an die Versuchswerte
konnte Eichelberg die Formel c_{\mbox{p}}={c_{\mbox{p}}}^0+\frac{C_1\,p}{T^4}+\frac{C_2\,.\,(p+2\,.\,10^4)^{3,2}-C_3}{T^{15}} aufstellen. Daß diese den Forderungen der
Wärmetheorie entspricht, wurde bereits an anderer Stelle gezeigt.
Schmolke.
––––––––––
Die Gasanstalten im Kriege. Ueber seine Kriegserfahrungen
im Gaswerk Berlin-Mariendorf macht Generaldirektor E. Körting beachtenswerte Mitteilungen im Journal für Gasbeleuchtung Bd. 60
S. 1 bis 4, 13 bis 16. Er bespricht zunächst eingehend die Schwierigkeiten, die
sich bei der Beschaffung und Lagerung der Kohlen sowie beim Betrieb der
verschiedenen Ofensysteme infolge der wechselnden Beschaffenheit der Kohlen und
infolge des Mangels an gelernten Arbeitern ergaben. Diese Umstände haben die
Leistungsfähigkeit der Oefen stark vermindert, so sank die durchschnittliche
Gaserzeugung einer Retorte von 360 m3 im Januar
1914 auf 337 m3 im Januar 1915 und auf 313 m3 im Januar 1916. Zugleich stieg die Zahl der
Ofenarbeiter um 50 v. H. Während im Jahre 1913 für eine tägliche Gaserzeugung von
320000 m3 150 Mann erforderlich waren, wurden 1916
für eine Erzeugung von 330000 m3 223 Arbeiter
benötigt. Weiter erörtert Verfasser die Maßnahmen, die bei einer Beschädigung des
Gaswerks oder bei Kohlenmangel zur Aufrechterhaltung der Gasversorgung zu treffen
sind. Durch Einhaltung eines Drucks von 3 bis 5 mm im Hauptrohr schützt man sich mit
Sicherheit vor der Gefahr, daß sich im Rohrnetz ein explosives Gas-Luftgemisch
bildet; ferner sind alle Gasabnehmer raschestens davon zu verständigen, daß
sämtliche Hähne geschlossen werden müssen. Die Frage, ob es im Interesse der
Allgemeinheit liegt, den Gasverbrauch erheblich herabzusetzen, ist, soweit es sich
um Heizgas handelt, entschieden zu verneinen, denn einmal ist der Wirkungsgrad der
Gasbrenner und -öfen viel höher als bei der Kohlenfeuerung und ferner wird Gaskoks
in großem Umfange für Zentralheizungen verwendet, so daß durch verminderte
Gaskokserzeugung eine verstärkte Zufuhr von Zechenkoks erforderlich wird. Dagegen
bedeutet jede Ersparnis an Beleuchtungsgas einen direkten Minderverbrauch an Kohle
bzw. an Waggonraum. Zur „Streckung“ des Gases konnte an verschiedenen Orten
ein Mischgas mit 33⅓ v. H. blauem Wassergas ohne Schaden verwendet werden, auch
durch Vergasung von Holz kann man sich helfen. Die Auswaschung des Benzols aus dem
Gas hat außer einer Verminderung des Heizwertes Verstopfungen der Rohre durch Rost
und Naphthalin verursacht. Zur Beseitigung dieser Naphthalinverstopfungen empfiehlt
Verfasser das Einblasen von Benzolvorlauf in die Rohrleitung mittels
Kohlensäuredruckes und beschreibt einen eigens hierfür gebauten, tragbaren Apparat.
Weiter berichtet er über die Anschlußbewegung, die infolge des Aufhörens der
Bautätigkeit stark zurückging; dieser Rückgang wurde auch durch die infolge des
Petroleummangels neu hinzugekommenen Gasabnehmer nicht wettgemacht. Zum Schluß geht
Verfasser noch auf die Gasversorgung der Privatabnehmer sowie auf die öffentliche
Beleuchtung näher ein, die schon in den ersten Kriegsmonaten in einzelnen Gemeinden
eine Einschränkung bis zur Hälfte erfahren hat.
Sander.
––––––––––
Die Eisen- und Metallindustrie in Norwegen im Jahre 1916.
Die norwegische A/S. Sydvaranger stand auch 1916 unter
dem Einfluß des Krieges. Trotz des verschärften Handelskrieges und der schon vorher
bestehenden großen Schwierigkeiten in der Beschaffung von Kohlen und
Gebrauchsgegenständen und in der Verschiffung konnte die Erzeugung noch bis Ende Mai
auf der normalen Höhe gehalten werden. Dann trat infolge von Arbeiterschwierigkeiten
ein merkbarer Rückgang ein. Die Erzeugung ging auf 842240 t zurück, hiervon wurden
313500 t Schlick erzeugt und daraus wieder 226650 t Briketts hergestellt. Zur
Ausfuhr gelangten 328471 t einschließlich eines kleinen inländischen Verbrauchs. Das
Lager von Ausfuhrerzeugnissen beläuft sich jetzt auf 480000 t, die mit einem
bedeutend niedrigeren Preise zu Buch stehen als für die Lieferung nach dem Kriege
geboten worden ist. Im Laufe des Jahres 1916 wurde an den Neuanlagen, soweit die
Arbeiterverhältnisse und die Anlieferung der Materialien es gestatteten, weitergearbeitet. Die
Erweiterung des Ramenwerkes wurde vollendet und der Bau von Arbeiterwohnhäusern und
Eigenheimen fortgesetzt. Das Aktienkapital beträgt 23 Mill. Kronen, die Hypotheken
belaufen sich auf 15 Millionen. Vom Ueberschuß von 2333000 Kronen verbleibt nach den
Abschreibungen auf die Anlagen, den Reservefonds usw. ein Reingewinn von 1191000
Kronen, der in seiner Gesamtheit auf neue Rechnung vorgetragen wird, so daß für 1916
kein Gewinnanteil zur Ausschüttung gelangt.
Melö-Grube im Tromsö Amt erzeugte 31000 t Stückerz; 78 Arbeiter. Fosdalen-Grube etwa
10000 t Schlick und 140 t Schwefelkies; 67 Arbeiter. Bei den Rödsand-Gruben bei
Kristiansund N wurde eine geringe Menge Schlick gewonnen. Klodeborg-Grube bei
Arendal: 18000 t Prima- und 3000 t Sekunda-Erz; 66 Arbeiter. Bei der Söftestad-Grube
bei Arendal wurde der Betrieb 1916 wieder aufgenommen. Diese Grube führt
phosphorreiches Eisenerz (Thomaserz). Bei den Gruben auf Langöen bei Kragerö wurden
6600 t Erz gefördert und bei Tinfos-Eisenwerk geschmolzen. Die Fehus-Gruben bei
Ulefoß hatten bei einer Arbeitsstärke von 125 Mann eine Erzeugung von etwa 20000 t,
wovon 2275 t bei den elektrischen Oefen bei Ulefoß geschmolzen wurden; die daraus
gewonnenen 1120 t Elektroeisen wurden in der Gießerei bei Ulefoß verwandt. Ulefoß
Eisenwerk, im wesentlichen eine Gießerei, beschäftigte etwa 300 Arbeiter. Bei dem
Tinfoß elektriske Jernwerk mußte der Betrieb wegen Mangels an Elektroden zeitweise
eingestellt werden. Die Erzeugung erreichte demzufolge nur eine Höhe von 5043 t
Roheisen. Es handelt sich dabei durchgängig um Qualitätseisen mit verschwindendem
Schwefelgehalt und möglichst geringem Gehalt an Phosphor. Es ist auch Roheisen mit
besonders hohem Siliziumgehalt (5 bis 6 v. H.) erzeugt worden. Die Gesamterzeugung
von Eisenerz betrug etwa 410000 t, davon etwa 225000 t Briketts (von Sydvaranger),
etwa 100000 t Schlick und etwa 80000 t Stückerz. Der inländische Verbrauch betrug
etwa 14000 t. Ausgeführt wurden insgesamt etwa 400000 t, davon von Sydvaranger
328000 t. Der Wert beträgt schätzungsweise 10 Millionen Kronen. Die Zahl der bei den
Eisenbergwerken, den beiden elektrischen Eisenwerken und Naeß-Eisenwerk
beschäftigten Arbeiter betrug Ende des Jahres 1916 etwa 2000.
Der europäische Bedarf an Chromerz war in den letzten Jahren vor dem Kriege
wesentlich durch Einfuhr aus der französischen Kolonie Neukaledonien und aus
dem Innern Südafrikas gedeckt worden. Der Krieg hat eine gewaltige Preissteigerung
für Chromeisen bewirkt, was zur Folge hatte, daß in verschiedenen alten Gruben in
Norwegen der Betrieb wieder aufgenommen wurde, so bei Röros, und in Desje und an
einigen anderen Stellen. Insgesamt wurden in den Gruben etwa 150 Mann beschäftigt
und 3000 t Chromerz mit einem Chromoxydgehalt von durchschnittlich etwa 30 v. H.
gewonnen. Das Erz wurde, soweit bekannt, größtenteils nach Schweden ausgeführt. Im
Herbst 1916, nachdem der große Arbeiterstreik beendet worden war, beschäftigten die
norwegischen Bergwerke insgesamt etwa 8500 Arbeiter; davon entfallen auf die Kupfer-
und Kiesgruben 4800, auf die Eisenbergwerke und Eisenwerke 2000, auf die Nickelwerke
700, auf die Silberwerke 400, auf die Molybdängruben 400 und auf die Chromerzgruben
150. Der Rohwert der Erzeugung wird auf 35 bis 40 Millionen Kronen frei Hafen
geschätzt.
Die Eisen- und Metallindustrie stand im Zeichen stark gehobener Tätigkeit. Die durch
den reichen Zufluß an Geldmitteln hervorgerufene Blüte des Erwerbslebens hatte zur
Folge, daß Bestellungen auf Neuanlagen und Erweiterungen sowohl innerhalb der
Branche selbst als auch für andere Geschäftszweige einliefen. Die meisten
Werkstätten konnten im Laufe des Jahres die noch laufenden Verträge aus der Zeit vor
dem Kriege erledigen.
Die Preissteigerung auf alle Rohmaterialien, Heizstoffe und Arbeitslohn hat 1916
angedauert. Aber die Werkstätten konnten in diesem Jahre, wo sie nicht mehr durch
alte Verträge gebunden waren, mehr Rücksicht darauf nehmen, und es ist anzunehmen,
daß 1916 weit günstigere Betriebsergebnisse erzielt worden sind als früher. Dieses
Ergebnis war aber nur unter Ueberwindung großer Schwierigkeiten zu erreichen; die
Einfuhr von Rohmaterialien, Brennstoffen und Halbfabrikaten ist weit hinter der des
Vorjahres zurückgeblieben, so daß der erhöhte Bedarf durch die Einfuhr nicht gedeckt
werden konnte und die Lager fast geräumt wurden. Vielleicht wird damit zu rechnen
sein, daß viele Betriebe 1917 den Betrieb einschränken, wenn nicht gar einstellen
müssen. Auch war die Eisen- und Metallindustrie einem ernsten Konflikt ausgesetzt,
indem die Arbeiter nahezu zwei Monate die Arbeit einstellten. (Aus einem Bericht des
Kaiserl. Generalkonsulats in Kristiania vom 12. November 1917.)