Titel: Rechts-Schau.
Autor: Werneburg
Fundstelle: Band 333, Jahrgang 1918, S. 133
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Rechts-Schau. Rechts-Schau. Maschinenindustrie und Patentrecht III. Es wurde bereits erwähnt (S. 89), daß gemäß § 23 des Patentgesetzes das Patentamt die Bekanntmachung der Erfindung beschließt, wenn es die Anmeldung für gehörig erfolgt und die Erteilung eines Patentes für nicht ausgeschlossen erachtet. Mit dieser Bekanntmachung der Erfindung treten nun zugunsten des Patentsuchers bereits einstweilen die gesetzlichen Wirkungen des Patentes ein, d.h. also, daß der Erfinder zum Beispiel einer Maschinenkonstruktion ausschließlich befugt ist, diese gewerbsmäßig herzustellen, in den Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Nur gegen denjenigen tritt diese Wirkung der Anmeldung nicht ein, der zu dieser Zeit der Anmeldung bereits dieselbe Maschinenkonstruktion im Inlande in Benutzung genommen oder die zur Benutzung erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte (sogenanntes Vorbenutzungsrecht). Im Vorangegangenen wurde bereits bemerkt, daß eine Neuschöpfung im Sinne des Patentgesetzes dann nicht vorliegt, wenn die Veränderung gegenüber dem bereits Vorhandenen nur in der konstruktiven, d.h. dem Sachverständigen ohne weiteres an die Hand gegebenen Maßnahmen, besteht. Eine Maßnahme dieser Art stellt sich nun aber gleichwohl dann als eine Erfindung im Sinne des Patentgesetzes dar, die patentschutzwürdig ist, wenn es zu ihrer Anwendung der Ueberwindung theoretischer oder technischer Schwierigkeiten bedürfte. Ein besonders wichtiger Fall dieser letzteren Art bildet die sogenannte Kombinationserfindung. Eine solche Kombinationserfindung liegt dann vor, wenn die Verbindung mehrerer Elemente miteinander infolge ihrer gegenseitigen Einwirkungen eine qualitativ andere Wirkung ergibt, als die Einzelwirkungen zusammengenommen (Entscheidung des Reichsgerichts vom 11. Januar 1896 u.a.). Nach dem Standpunkte des Reichsgerichts ist nun bei Patentierung einer solchen Kombinationserfindung nicht nur die Kombination als solche geschützt, vielmehr deckt nach ihm das Kombinationspatent auch die einzelnen Teile der Erfindung, sofern nur diese Teile neu sind und in ihnen sich ein eigener, nicht bereits durch ein anderes Patent geschützter Erfindungsgedanke kundgibt. Ein solches Kombinationspatent liegt zum Beispiel vor, wenn die von dem Erfinder hergestellte Maschine sich infolge ihrer technischen Zusammensetzung der einzelnen Teile und der hierdurch hervorgerufenen Wirkung als eine technische Neuerfindung kennzeichnet, die Neuerfindung also mit anderen Worten im wesentlichen auf einer neu erfundenen Zusammensetzung – Kombination – der einzelnen Teile einer Maschine beruht. Sind nun in einem solchen Falle auch die einzelnen Konstruktionsteile – oder auch nur. einige derselben – neu und nicht bereits durch ein anderes Patent geschützt, so wird durch das Kombinationspatent, falls ein solches überhaupt erteilt wird, nicht nur die gesamte Maschine, sondern auch die an ihr befindlichen technischen Konstruktionsteile infolge ihrer Neuheit durch das Kombinationspatent geschützt und gedeckt, wie das Reichsgericht ausdrücklich anerkannt hat. Fehlt es dagegen den einzelnen Teilen der durch das Kombinationspatent geschützten Maschine an einer technischen Neuheit – besteht letztere also mit anderen Worten nur für die Art der technischen Zusammensetzung und Kombination der einzelnen Teile – so werden die einzelnen Teile der Maschine durch das Kombinationspatent nicht geschützt und gedeckt, so daß also dritte Personen diese einzelnen Maschinenkonstruktionsteile ebenfalls für sich zur Anwendung bringen können, ohne daß gegen sie ein Anspruch wegen Verletzung des Kombinationspatentes erhoben werden könnte; nur in das Kombinationspatent selbst – also die durch dieses geschützte Maschine in ihrer zusammengesetzten Form – dürfen dritte Personen nicht eingreifen. Gemäß § 3 des Patentgesetzes hat derjenige den Anspruch auf Erteilung des Patentes, der die Erfindung zuerst nach Maßgabe des Gesetzes angemeldet hatte, wobei eine spätere Anmeldung den Anspruch auf Erteilung des Patentes nicht begründen kann, wenn die Erfindung Gegenstand des Patentes des früheren Anmelders war. Wenn diese Voraussetzung nur teilweise zutrifft, so hat der spätere Anmelder nur Anspruch auf Erteilung eines Patentes in entsprechender Beschränkung. Die Patenterteilung hat die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in den Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Wenn das Patent für ein Verfahren erteilt ist, so erstreckt sich die Wirkung auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. Unter Patent im Sinne dieser Bestimmung ist nur das deutsche Patent zu verstehen, so daß also mit anderen Worten der Wirkungsbereich eines deutschen Patentes nur das Gebiet des Deutschen Reichs ist. Dem Patentschutz unterstehen daher nur solche Benutzungshandlungen, die den Gegenstand der Erfindung – zum Beispiel also die Maschinenkonstruktion – in eine örtliche Beziehung zu dem Reichsgebiet bringen. Auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz des Benutzenden kommt es nicht an. Es begeht daher weder derjenige eine Patentverletzung, der die Maschine im Auslande herstellt oder vertreibt oder der zu dieser ausländischen Benutzung im Inlande lediglich Beihilfe leistet, noch derjenige, der im Inlande Handlungen vornimmt, deren tatsächliche Wirkungen sich auf das Ausland beschränken – so zum Beispiel rechtsgeschäftliche Verfügungen, Verkauf oder sonstige Veräußerungen der Maschine (R. G. E. vom 15. Oktober 1892). Die Nutzungsbefugnis des Patentberechtigten findet ihre Schranken einmal in dem kollidierenden Recht eines anderen, ferner in dem öffentlichen Recht. Denn gemäß § 5 Absatz 2 des Patentgesetzes soll die Wirkung des Patentes insoweit nicht eintreten, als die Erfindung nach den Bestimmungen des Reichskanzlers für das Heer oder für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Jedoch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem Staate, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patentes beantragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, der in Ermangelung einer Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird. Der patentrechtliche Schutz des Patentinhabers wird in den §§ 35 und 36 des Patentes festgelegt. Nach ersterer Bestimmung ist derjenige, der wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit eine Erfindung in Benutzung nimmt, zum Beispiel also die patentierte Maschine des Patentberechtigten herstellt, in den Verkehr bringt, feilhält oder gebraucht, dem Patentinhaber zur Entschädigung verpflichtet. Durch die Vornahme einer dieser Handlungen wird der Entschädigungsanspruch des Patentinhabers begründet und er bleibt selbst dann bestehen, wenn das Patent an der Maschine später erlischt oder das Patent zurückgenommen wird. Verletzt im Sinne dieser Bestimmung ist regelmäßig der in der Patentrolle eingetragene Patentinhaber, aber auch der Lizenznehmer, dem von dem Patentinhaber ein wirksames Patentausübungsrecht übertragen worden ist. Wohnt der Patentinhaber im Auslande, so kann er gemäß § 12 des Patentgesetzes diese seine Rechte aus dem Patent gegen den dritten Verletzer nur geltend machen, wenn er im Inlande, also im Gebiet des Deutschen Reichs, einen Vertreter bestellt hat. Die Entschädigung besteht in dem Ersatze des durch die Patentverletzung dem Patentinhaber verursachten Vermögensschadens. Der Verletzer hat also den Unterschied zwischen dem Stande des Vermögens des Patentberechtigten, wie er nach der Patentverletzung ist, und dem Stande, wie er ohne diese sein würde, auszugleichen. Demnach kann der verletzte Patentinhaber Ersatz der Beeinträchtigung, die sein Vermögen – auch, sein gewerblicher Ruf – durch die Tatsache erlitten hat, daß überhaupt eine Benutzung durch einen anderen geschehen ist, einschließlich des entgangenen Gewinnes, beanspruchen oder Entschädigung für die Benutzung ohne seine Genehmigung – also Lizenzgebühr – oder auch die Herausgabe des von dem Verletzer erzielten Gewinnes beanspruchen (Entscheidung des Reichsgerichts vom 31. Dezember 1898, 3. Dezember 1915). Haben mehrere Personen das Patent gemeinschaftlich verletzt, so ist jeder zur Zahlung der ganzen Entschädigung verpflichtet, so daß also der verletzte Patentinhaber nach seinem Belieben einen von ihnen herausgreifen kann – insbesondere also den zahlungsfähigsten – und von diesem die ganze Entschädigungssumme verlangen. Der verletzte Patentberechtigte kann aber außerdem auch noch gemäß § 36 gegen denjenigen, der seine patentierte Erfindung (Maschine) wissentlich in Benutzung genommen hat (also herstellt, gebraucht, feilhält oder sonst benutzt), vorgehen. Denn nach dieser Bestimmung wird ein solcher Verletzer des Patentes mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft. Jedoch tritt diese Strafverfolgung gegen den Patentverletzer nicht von Amtswegen ein, vielmehr nur dann, wenn der Patentberechtigte gegen letzteren Strafantrag stellt. Dieser Antrag seitens des Patentberechtigten ist ferner frist- und formgerecht zu stellen, also mit anderen Worten innerhalb von drei Monaten seit dem Tage, an welchem der antragsberechtigte Patentinhaber – nicht auch sein Vertreter – von der Patentverletzung – bei fortgesetzten Patentverletzungen von der letzten Einzelhandlung – und von der Person des Patentverletzers Kenntnis hatte (§ 61 des Reichsstrafgesetzbuchs); der Tag der Kenntniserlangung wird hierbei miteingerechnet. Der Antrag selbst ist bei dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei einer anderen zuständigen Behörde stets schriftlich zu stellen (§ 156 der Strafprozeßordnung). In dem an die Staatsanwaltschaft gerichteten Ersuchen um Haussuchung liegt ein wirksamer Strafantrag in diesem Sinne (R. G. E. vom 1. Dezember 1892). Die Zurücknahme dieses Strafantrages ist seitens des Patentberechtigten zulässig. Wenn auf Strafe erkannt wird, so ist zugleich dem Patentverletzten die Befugnis zuzusprechen, die Verurteilung auf Kosten des Verletzten und Verurteilten öffentlich bekannt zu machen, wobei die Art dieser Bekanntmachung im einzelnen sowie die Frist derselben in dem Strafurteil selbst zu bestimmen ist. Die Veröffentlichung kann durch die Staatsanwaltschaft stets erzwungen werden. Daneben ist ferner auf Einziehung des durch die Patentverletzung hervorgebrachten Gegenstandes – also zum Beispiel der nachgemachten Maschine – zu erkennen. Dies kann auch ohne Verfolgung einer bestimmten Person erfolgen, also insbesondere bei Unkenntnis von der Person des Patentverletzers. Rechtsanwalt Dr. Werneburg.