Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 333, Jahrgang 1918, S. 144 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Motorpflug. Der Krieg hat in ungeahnter Weise dazu
beigetragen, daß an Stelle der menschlichen und animalischen Arbeit die
Maschinenarbeit auch bei landwirtschaftlichen Betrieben tritt. Große
landwirtschaftliche Betriebe sind bereits vor dem Kriege dazu übergegangen,
Motorpflüge zu verwenden, anders dagegen verhält es sich bei landwirtschaftlichen
Betrieben mittlerer Größe.
Es entsteht nun die Frage, warum die Ausnutzung von motorisch angetriebenen Maschinen
bei solchen landwirtschaftlichen Betrieben bis jetzt nur in geringem Umfange möglich
war. Meist ist der Anschaffungspreis solcher Maschinen zu hoch und die
Betriebskosten zu groß. Der Anschaffungspreis spielt aber dann nicht eine so große
Rolle, wenn es möglich ist, die Maschine entsprechend auszunutzen. Bei
landwirtschaftlichen Maschinen ist aber die Möglichkeit einer derartigen Ausnutzung
nicht vorhanden, denn die landwirtschaftlichen Arbeiten können nicht gleichmäßig auf
eine beliebig große Zeitspanne verteilt werden, wie dies bei industriellen
Unternehmungen möglich ist.
Für den Motorpflug als solchen ist etwa 80 bis 100 Tage im Jahre Arbeit vorhanden.
Somit stellt sich die Arbeit verhältnismäßig teuer, da nur beschränkte
Verwendungsmöglichkeit der Maschine gegeben ist. Es ist deshalb notwendig, für die
Landwirtschaft eine Maschine mit vielseitiger Verwendungsmöglichkeit zu schaffen. Zu
diesem Zwecke hat die erste Böhmisch-Mährische Maschinenfabrik in Prag einen Motorpflug
geschaffen, der als Ersatz für mangelnde Zugtiere dienen soll.
Es findet dabei ein einzylindriger Motor von etwa 10 PS mit magnet-elektrischer
Zündung Verwendung. Es ist eine automatische Schmierung nach dem Zirkulationssystem
vorgesehen, ebenso Wasserkühlung nach dem Thermosiphonprinzip. Hinter dem Kühler ist
in bekannter Weise ein großer Ventilator angeordnet, ebenso besitzt auch das
Stahlgußschwungrad Ventilationsarme. Es finden automatisch wirkende Vergaser für
Schwerbenzin, Benzol und Benzolspiritus-Gemisch im Verhältnis 1 : 1 Verwendung. Der
Motorregler kann von Hand aus auf 500 bis 1100 Umdrehungen in der Minute verstellt
werden. Die Motorkupplung, die sich hinter dem Schwungrade befindet, besteht aus
mehreren im Oelbade laufenden Stahlblechlamellen. Der Rückwärtsgang ist mit der
Kupplung zu einem Ganzen vereinigt. Das Kupplungsgehäuse dient zugleich als
Riemenscheibe für den Antrieb von landwirtschaftlichen Maschinen. Zwischen der
Kupplung und dem Getriebekasten ist ein federndes Gelenk zur Aufnahme von harten
Stößen eingeschaltet. Der Räderantrieb erfolgt durch eine Kardanwelle und ist
vollkommen eingeschlossen. Die Kurbelwellenlager sind mit Weißmetall ausgegossen.
Die Fußbremse wirkt auf die Getriebewelle, die Handbremse unmittelbar auf die
Triebräder. Die Treibräder sind in der Mitte des Pfluges angebracht. Sie sind aus
Stahlguß hergestellt und mit schrägen Gleitschutzstollen oder mit leicht abnehmbaren
Greifern für aufgeweichten Boden versehen. Der Hauptrahmen ist aus
Automobilstahlblech angefertigt.
Das rechte Rad läuft in der zuerst gezogenen Furche, das hinten angeordnete Leitrad
ist mittels einer Zugstange mit dem Lenkrade verbunden. Auf seinem Umfange ist es
mit einer Rippe versehen. Beim Pflügen läuft es in der Furche der hinteren
Pflugschar.
Das Benzin fließt mit Gefälle aus dem Benzinbehälter zum Vergaser. Es ist für 10
Betriebstunden Brennstoff vorhanden. Für Transporte ist ein abnehmbarer Kastenaufbau
angeordnet, der für 500 kg Nutzlast berechnet ist.
Der Scharenrahmen ist mittels zweier Bolzen am Getriebekasten und mit einem Bolzen
hinten aufgehängt. Der hintere Bolzen ist mittels eines Hebels und einer
Schraubenübersetzung drehbar, so daß auf diese Weise der ganze Scharenrahmen durch
Betätigung des oberhalb des Lenkrades angebrachten Handrades gehoben und gesenkt
werden kann. An den Pflugkörper lassen sich auch die sogenannten Untergrundlockerer
anbringen. Die jeweilige Furchentiefe gibt der Tiefenzeiger an, der vor dem
Pflugführer angebracht ist. An Stelle des auswechselbaren Zweischarenrahmens kann
auch eine besondere Pflugschar für Tiefenackerung angebracht werden. Da der
Scharenrahmen leicht auswechselbar ist, so können an seiner Stelle auch andere
Vorrichtungen, zum Beispiel ein besonderer Rahmen mit vier kleinen Scharen für
Stoppelsturz, für Rüben- und Kartoffelausheber usw. angebracht werden. Wenn die
Maschine nur zum Schleppen von Eggen, Kultivatoren, Walzen usw. verwendet wird, ist
es zweckmäßig, den Scharenrahmen abzunehmen. Der Pflug arbeitet mit einer
Furchentiefe von 8 bis 20 cm. Die Tagesleistung beträgt bei zehn Arbeitsstunden und
je nach Bodenbeschaffenheit bei einer Schar 0,75 bis 1 ha, bei zwei Scharen 1,25 bis
1,50 ha und bei vier Scharen 1,75 bis 2 ha.
Der Motorpflug kann als Zugmaschine für alle Zwecke verwendet werden, ebenso als
Antriebsmotor von Dresch-, Häckselschneide-Maschinen, Sägen usw. Da die Drehzahl des
Motors der angetriebenen Maschine angepaßt werden kann, braucht die Riemenscheibe
nicht gewechselt werden. (Allgemeine Automobilzeitung, Wien 1918, S. 33 bis 36.)
W.
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Prüfstand-Tachometer mit Ablesescheibe. Zur genauen
Bestimmung der Drehzahl von Maschinen in Laboratorien, auf Prüfständen usw. wird von
der Firma Wilhelm Morell in Leipzig ein Tachometer mit
einer bemerkenswerten Neuerung in den Handel gebracht. Mit dem üblichen Tachometer
läßt sich eine für die gewöhnlichen Benutzungzwecke hinreichende Genauigkeit von
etwa ½ v. H. erreichen; in vielen Fällen, insbesondere bei Versuchen, bei denen
es sich um die Feststellung der mittleren Drehzahl während einer gewissen Zeit
handelt, genügen aber diese Tachometer nicht. Hier ist die Verwendung des
Umdrehzählers, der genau die Umdrehungen während einer gewissen Zeit zählt,
allgemein üblich. Es würde aber umständlich sein, neben dem Tachometer einen
Umdrehzähler mit besonderem Antrieb anzuordnen; zweckmäßiger wird vielmehr der
Zähler in das Gehäuse des Tachometers selbst eingebaut, wobei er seinen Antrieb von
der Pendelwelle des Tachometers erhält.
Textabbildung Bd. 333, S. 144
Abb. 1.
Die Abb. 1 zeigt eine derartige Ausführung. Die
Pendelwelle w wird mittels Kegelräder von der
Antriebwelle a, die mit der Maschine gekuppelt ist, in
Drehung versetzt und überträgt ihre Umläufe vermittels Schneckenrad s1 und Schnecke s2 auf den Zähler Z. Mit einer Stechuhr kann nun die Drehzahl des Motors
leicht ermittelt werden, falls der Zähler die Umdrehungen der Kurbelwelle
unmittelbar zählt. Das erfordert, wenn die Beobachtung sich auf eine bestimmte
Zeitdauer (beispielsweise 1 Minute) erstreckt, stets zwei Beobachter, von denen der
eine die Zeit, der andere den Stand des Zählers zu Beginn und am Ende der Meßzeit
beobachtet. Es ergibt sich dann unmittelbar bei einer Versuchsdauer von einer Minute
die minutliche Drehzahl als den Unterschied. Da zu dieser Messung zwei Personen
notwendig sind, so ist es einfacher, in umgekehrter Weise vorzugehen, nämlich die
Zeit für eine bestimmte Anzahl Umdrehungen der Kurbelwelle, beispielsweise für 1000,
zu bestimmen. Das läßt sich mit Hilfe der Stechuhr von einer Person leicht
ausführen, die ihre Aufmerksamkeit in diesem Falle nur dem Zählwerk zuzuwenden hat,
da das Ein- und Ausschalten der Uhr keinerlei Beobachtung erfordert, sondern
mechanisch geschieht. Es ist dann aber zur Ermittlung der minutlichen Drehzahl noch
eine Umrechnung nötig. Diese zeitraubende Umrechnung, bei der auch leicht
Rechenfehler unterlaufen können, hebt daher den Vorteil, den diese Art der
Bestimmung bietet, zum Teil wieder auf.
Das neue Tachometer ist nun mit einer sehr handlichen Ablesevorrichtung versehen, die
gestattet, ohne jede Umrechnung durch einen Blick die Drehzahl in bequemer und
genauer Weise zu bestimmen. Die Einrichtung ist dabei folgende: Es befinden sich am
äußeren Rande des Tachometers (Abb. 2) zwei
ringförmige Skalen auf deren innerer die Zeit in Unterteilung von ⅕ Sek, abgetragen
ist. Auf der äußeren Skala ist mit gleich. mäßiger Teilung, deren Einheit je einer Umdrehung
entspricht, die Drehzahl aufgezeichnet, die zu der entsprechenden Meßzeit gehört,
innerhalb welcher der Zähler um 1000 weitergerückt ist.
Textabbildung Bd. 333, S. 145
Abb. 2.
Nun gibt bei der veranschaulichten Vorrichtung der Drehzähler nicht die Umdrehungen
der Maschinenwelle an, sondern es hat sich als zweckmäßig erwiesen, ihn langsamer
laufen zu lassen. Bei einem Flugzeugmotor mit einer normalen Drehzahl von
beispielsweise 1400 ist für 1000 Umdrehungen eine Zeit von 42,9 Sekunden
erforderlich. Kleine unvermeidliche Fehler beim Ein- und Ausschalten der Uhr dürften
sich bei dieser geringen Meßzeit im Endergebnis verhältnismäßig stark bemerkbar
machen. Der Zähler ist daher so mit der Antriebswelle verbunden, daß er 1000
Umdrehungen bei der normalen Drehzahl erst in zwei Minuten durchläuft. Man erkennt,
daß bei der Zeitbestimmung selbst ein Fehler von einer Sekunde das Endergebnis erst
um 0,8 v. H. fälscht. Da ein Fehler in dieser Größe aber schwerlich auftreten wird,
erhält die Messung im allgemeinen eine große Genauigkeit. Natürlich ist die Skala
der Ablesescheibe dem Umstände angepaßt, daß der Zähler nicht die Umdrehungen der
Motorwelle anzeigt.
Bei der Bestimmung der mittleren Drehzahl hat der Beobachter seine Aufmerksamkeit nur
dem Zählwerk zuzuwenden. Bei einer runden Zahl des Zählers ist die Uhr zu stechen
und wieder zum Stillstand zu bringen, wenn die vierte Stelle des Zählers
(entsprechend 1000 Umläufen) um eine Ziffer vorgerückt ist. Es ist alsdann die
abgestoppte Meßzeit abzulesen und der Stellzeiger s
(Abb. 1), der sich vermittels des Knopfes k um die Zeigerachse des Tachometers drehen läßt, auf
den Teilstrich der inneren Skala, gemäß der abgestopplen Meßzeit einzustellen. Auf
der äußeren Skala gibt dann der Stellzeiger die Drehzahl an. Bei der in Abb. 2 angegebenen Stellung des Zeigers ist die
abgestoppte Meßzeit 2 Min. 23,5 Sek., zu der die Drehzahl 1171 gehört.
Dr. Wilke.
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Mineralöle aus den „Turfa“-Lagern. Im „Journal
of Commerce“ vom 2. April finden sich folgende Ausführungen: Brasiliens im
Vergleich mit ganz Südamerika große Bodenfläche läßt im Hinblick auf den
Petroleumreichtum dieses Landes vermuten, daß die brasilianischen Erdöllager
ausgedehnt und ertragreich sind. Zweifellos ist das Land reich an Mineralöl, doch
ist dies – soweit es sich bis jetzt beurteilen läßt – nicht von derselben Art wie
das von Peru, Argentinien oder Kolumbia. Diese und andere
lateinisch-amerikanischen Länder haben reiche Erdölquellen, die durch Bohrungen
erweitert werden könnten. Für Brasilien hingegen wäre es am lohnendsten, die
Oelschiefer- oder „Turfa“-Lager zu bearbeiten. „The British and Latin
American Trade Gazette“ gibt, um diesen Unterschied zu erklären, einen
kurzen Ueberblick über die Geologie des Landes und kommt dabei zu dem Schlusse, daß
Brasilien mit seiner noch vielfach unerforschten Bodenfläche nicht zu den in erster
Reihe stehenden Petroleumländern gerechnet werden könne, zumal, da es nicht, wie zum
Beispiel Peru oder Argentinien, eng mit der Gebirgskette der Anden in Verbindung
stehe, die fast in ihrer ganzen Länge durch reiche Oellager gekennzeichnet ist. Die
Provinz Bahia besitzt mehrere Petroleumquellen, die eine geringe Menge Oel liefern,
von 0,887 spezifischem Gewicht; aber die Lager sind nur teilweise erforscht. Ist
Brasilien nun auch für Petroleumbohrungen wenig aussichtsreich, so besitzt es eine
an anderen Mineralölen reiche Quelle, das sind die dem Oelschiefer nahestehenden
„Turfa“-Ablagerungen. „Turfa“ findet sich in großen Mengen im
Camamu-Becken, in der Provinz Bahia. Da keine tierischen Ueberreste darin gefunden
worden sind, so vermutet man, daß es durch Zersetzung großer Massen pflanzlicher
Stoffe in den Mangrovesümpfen entstanden ist, die den noch jetzt in der Umgebung
vorkommenden gleichen. Es wird angenommen, daß eine Tonne „Turfa“ 68 Gallonen
Rohöl von 0,888 spezifischem Gewicht und 6½ lbs. Ammoniumsulfat ergibt. Wenn das
Trocknen und Reinigen des „Turfa“ billig bewerkstelligt werden kann – was
anzunehmen ist – so wäre die Bearbeitung der Lager und der Oelgewinnung eine äußerst
lohnende Aufgabe. Im Vergleich hiermit möge erwähnt werden, daß eine Tonne von
mittlerem, schottischem Oelschiefer ungefähr 22 Gallonen Rohöl einträgt. Ueber den
Oelschiefer Brasiliens herrscht die einheitliche Meinung, daß er in ausgedehntem
Maße vorkommt und wertvoll ist. Von Zeit zu Zeit sind Versuche unternommen worden,
ihn auszubeuten, und wenn dies nicht mehr Erfolg gehabt hat, so ist das eher dem
Mangel an Kenntnissen über die anzuwendenden Methoden und Einrichtungen, als dem
fehlenden Rohmaterial zuzuschreiben.
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Die Kraftfahrzeugindustrie in Italien. Nach dem
„Economiste Français“ vom 11. Mai bringt das „Bulletin de la Chambre
de commerce francaise de Turin“ folgende Zahlen über die Ausfuhr von
Kraftfahrzeugen aus Italien in den Jahren 1911 bis 1916:
Wert der Ausfuhr aus Italien in Lire
Lastautomobile
SonstigeKraftfahrzeuge
Gesamtsumme
1911
2236072
29127875
31363947
1912
2929580
35786180
38715760
1913
2305470
31875467
34180937
1914
4037325
36634670
40671995
1915
35830400
27550575
63380975
1916
74663100
9515150
84178250
Die Ausfuhr von Kraftfahrzeugen aus den Vereinigten Staaten von Amerika betrug im
Jahre 1916 nach derselben Quelle 507128000 Lire, die aus Großbritannien 35058744
Lire und die aus Frankreich 20010000 Lire. Italiens Ausfuhr würde danach an zweiter
Stelle unter den erwähnten Ländern gestanden haben.
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Stahlformguß als Konstruktionsmaterial. Der Stahlformguß
verbindet die Fähigkeit beliebiger Formgebung mit den günstigen
Festigkeitseigenschaften des schmiedbaren Eisens, während Gußeisen den Nachteil
geringer Festigkeit und mangelnder Zähigkeit hat, und das schmiedbare Eisen zwar
in seinen vielen Abarten alle praktischen mechanischen Ansprüche erfüllt, in seiner
Formgebung jedoch stark beschränkt bleibt. Es bereitet dem Stahlgießer heute keine
Schwierigkeit mehr, bei dichtem und fehlfreiem Abguß ein Material von mindestens 50
kg/mm2 Festigkeit bei mindestens 20 v. H.
Dehnung zu gewährleisten. Die Verwendungsgebiete, auf denen Stahlformguß und
Schmiedestücke in Wettbewerb stehen, werden immer zahlreicher, seitdem es gelungen
ist, selbst legierten Stahl in Formen zu vergießen und Stahlformgußstücke genau so
wie Schmiedestücke zu vergüten und zu härten.
Auf der anderen Seite muß zugegeben werden, daß die Zufälligkeiten bei der
Herstellung eines Stahlformgußstückes in der Regel größer sind als bei der
Anfertigung der schon in ihrer Form weniger verwickelten Schmiedestücke und ein
Stahlformstück in erhöhtem Maße von der gewissenhaften Anfertigung und einer
sachgemäßen Konstruktion abhängig ist. Der Stahlformguß neigt infolge seines großen
Schwindmaßes von 1,5 bis 2 v. H. zur Bildung von Schwindhohlräumen (Lunkern,
Saugstellen) und Wärmespannungen mit ihren Begleiterscheinungen in Gestalt von Kalt-
und Warmrissen, wodurch das Vergießen des Stahles in Formen ungemein erschwert wird.
Um beispielsweise einen brauchbaren, massiven Zylinder von 150 mm ? und 150 mm Höhe
in Stahlformguß herzustellen, ist es notwendig, einen Aufguß – verlorenen Kopf,
Trichter – von ungefähr gleichem Durchmesser und gleicher Höhe anzuordnen, der als
Behälter wirkt, aus dem flüssiger Stahl zum Ausfüllen der sich bildenden, tiefer
liegenden Schwindhohlräume nachfließen kann, und der nur dann seine Aufgabe erfüllen
kann, wenn der Stahl im Kopfe länger flüssig bleibt als im darunterliegenden
eigentlichen Gußstück. Mit wachsender Höhe des Gußstückes nimmt die Wirkung des
Kopfes nach der Tiefe hin immer mehr ab, Querschnittsveränderungen beeinflussen
besonders stark die Lunkerbildung. Schnürt man den Versuchszylinder in der Mitte
ein, so wird der untere Teil zu früh der Wirkung des Trichters entzogen, es bildet
sich außer im Kopf auch im Uebergang der Verengung zum dickeren unteren Teil ein
zweiter Lunker. Diese Gefahr der Hohlraumbildung muß der Konstrukteur im
Stahlformguß unter allen Umständen berücksichtigen, schließt der Zweck der
Konstruktion eine sinngemäße Aenderung aus, was in einigen wenigen Fällen vorkommen
kann, so ist der Gießer, um die Wirkung gefährlicher Einschnürungen aufzuheben, zu
Verstärkungen im Querschnitt gezwungen, damit er Trichter von entsprechenden
Abmessungen auftauen kann. Zu dem Mehraufwand an flüssigem Stahl kommen bei dieser
Art der Ausführung die Kosten für das Abdecken bzw. Ausfräsen der Verstärkung, so
daß der Herstellungspreis sehr oft um reichlich 20 v. H. des Gesamtwertes sich
verteuern kann. Der Konstrukteur muß besonders darauf achten, daß keine Wandstärke
des Gußstückes größer sein soll als der Querschnitt des darübersitzenden verlorenen
Kopfes, der sie mit flüssigem Metall speist. Stellen stärkster Stoffanhäufung sind
beispielsweise beim Schwungrad im Uebergang der Scheibe zur Nabe und zum Kranz zu
finden und machen leicht gerade die am meisten beanspruchten Teile fehlerhaft, was
beim Bearbeiten des Rades möglicherweise garnicht erkannt wird.
Die Empfindlichkeit des Stahles gegenüber Querschnittsänderungen zeigt sich nicht nur
an schweren, dickwandigen Abgüssen, sondern sie macht sich schon bei verhältnismäßig
geringfügigen Unterschieden in den Wandstärken bemerkbar. So gibt fast jeder
Konstrukteur dem Laufkranz einer glatten Rolle oder eines zweiflanschigen Laufrades
eine starke Abschrägung nach der Mitte und veranlaßt dadurch die Bildung von mehr
oder weniger kleinen Saugstellen oder Stellen lockeren Gefüges im Innern, die
naturgemäß an den Speichenstellen am ausgeprägtesten hervortreten. Für die
Entstehung von Schwindhohlräumen sind die Erstarrungsvorgänge im Gußstück, nicht die
Höhe der Gußköpfe – der Druck – maßgebend.
Gußspannungen entstehen dann in einem Abguß, wenn unbeweglich miteinander verbundene
Teile, die nicht ausweichen und sich nicht verziehen können, verschieden schnell
abkühlen. Entsprechend dem doppelt so großen Schwindmaß sind die während der
Abkühlung entstehenden, bleibenden Spannungen beim Stahlformguß im allgemeinen
entsprechend größer und unter denselben Verhältnissen ungleich gefährlicher als in
Eisengußstücken. Der Konstrukteur kann ihnen erfolgreich entgegenarbeiten, wenn er
durch die Wahl richtiger Abmessungen und durch Vermeidung aller das Schrumpfen
störender Hindernisse für eine in allen Querschnitten möglichst gleich verlaufende
Abkühlung Sorge trägt. Gußstücke von geschlossener Bauart, wie Zahnräder,
Schwungräder usw., bei denen der Zweck der Konstruktion keine andere Lösung zuläßt,
müssen unter allen Umständen unter sehr großen Wärmespannungen erkalten, deren
nachträgliche Beseitigung dann ausschließlich Sache des Gießers ist. Manchmal sind
schmale und sperrige Zahnräder derart leicht konstruiert, daß beim Abkühlen der
Kranz zwischen den Speichen eindrückt und das Rad nicht kreisrund, sondern der
Speichenzahl entsprechend mehr eckig aus der Form kommt. Der Konstrukteur darf die
Forderung möglichst gleichmäßiger Massenverteilung und gleichmäßiger Querschnitte
nie aus dem Auge verlieren.
Die beim Stahlformguß besonders gefürchteten Warmrisse entstehen bei gehindertem
Schmieden unter dem Druck der Schrumpfung, wenn die entstehenden Spannungen die
jeweilige Bruchgrenze des Stahles überschreiten. Der Gießer hilft sich dagegen,
indem er die gefährdeten Stellen durch sogenannte Schrumpfrippen sichert, die früher
als die bedrohten Teile erkalten, oder die kritischen Stellen der Form nachgiebig
macht, oder endlich, indem er die Teile der Form so schnell wie möglich zertrümmert,
die einem freien Schwinden im Wege stehen. Es ist Aufgabe des Konstrukteurs, dafür
zu sorgen, daß der Former diese Hilfsmittel uneingeschränkt anwenden kann, sofern
infolge des Konstruktionszweckes die fraglichen Hindernisse sich nicht von
vornherein vermeiden lassen. Das Gießen eines Rades mit voller Scheibe, besonders
bei größeren Durchmessern, ist mit mehr Gefahr verbunden als die Anfertigung eines
Speichenrades. Gußstücke mit kastenförmigem Querschnitt, der Kerne unzugänglich
macht, sind schwieriger herzustellen, als die Abgüsse mit I- oder einem ähnlichen
offenen Querschnitt.
Angesichts des kommenden Wirtschaftskampfes, der besonders auch den
Stahlgießereibetrieben schwere Aufgaben auferlegen wird (während des Krieges sind
infolge des riesigen Kriegsbedarfs über 100 neue Stahlgießereien entstanden), kann
den Konstrukteuren nicht warm genug empfohlen werden – nicht zuletzt auch im
Interesse der gesunden Entwicklung unseres Nationalvermögens –, unter
Berücksichtigung der klargelegten Regeln ihre ganze Aufmerksamkeit auf eine
sachgemäße Konstruktion der Stahlformgußstücke zu richten. (Stahl und Eisen 1918,
25. April und 9., 16. und 30. Mai.)
Dr.-Ing. A. Wagner.
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Ersparnisse und Sicherheitsmaßnahmen beim autogenen Schweißen
und Schneiden. Wie auf allen Gebieten, so ist auch bei der autogenen
Metallbearbeitung hinsichtlich der Ausgangsstoffe größte Sparsamkeit geboten, zumal
die zum autogenen Schweißen und Schneiden benutzten Gase heute auch noch zu vielen anderen
Zwecken Verwendung finden. Wer Gelegenheit hat, die Betriebsergebnisse und den
Gasverbrauch einer Reihe von Betrieben dieses Sondergebietes miteinander zu
vergleichen, der beobachtet eine ziemliche Verschiedenheit, woraus folgt, daß sich
in den meisten Betrieben noch mancherlei Ersparnisse erzielen lassen. Dies ist um so
wichtiger, als Hand in Hand mit solchen Ersparnissen in der Regel auch die
Beschaffenheit der ausgeführten Arbeiten verbessert wird.
Zunächst spielt die Reinheit des Sauerstoffs eine wichtige Rolle. Der Reinheitsgrad
sollte niemals 98 v. H. unterschreiten, denn schon wenige Hundertstel
Stickstoffgehalt bewirken eine erhebliche Verminderung der Flammentemperatur und der
Arbeitsleistung. Darum sollte in keinem gut eingerichteten Schweißereibetriebe ein
einfacher Apparat zur Prüfung des Sauerstoffes fehlen. Die Arbeitsleistung geht bei
Verwendung von Sauerstoff, der mehrere Prozent Stickstoff enthält, unter Umständen
bis auf zwei Drittel der normalen Arbeitsleistung zurück, daneben entstehen
erhebliche Wärmeverluste und Vergrößerungen der Materialspannungen. Im Gegensatz zu
dem aus flüssiger Luft gewonnenen Sauerstoff ist der auf elektrolytischem Wege
hergestellte Sauerstoff nicht durch Stickstoff, sondern durch Wasserstoff
verunreinigt. Obwohl in diesem Falle das verunreinigende Gas brennbar ist und somit
der Flamme Wärme zuführt, sollte doch auch hier darauf geachtet werden, daß der
Sauerstoff niemals mehr als 2 v. H. Verunreinigungen enthält. Zwar ist es gesetzlich
unzulässig, Sauerstoff mit mehr als 4 v. H. Wasserstoffgehalt in den Verkehr zu
bringen, doch sollte man auch hier stets den Reinheitsgrad feststellen, um sicher zu
sein, daß die Stahlflasche kein explosibles Gasgemisch enthält. Der
Explosionsbereich eines Wasserstoff-Sauerstoffgemisches liegt zwischen 9,4 und 66,5
v. H. WasserstoffDiese von Eitner ermittelten Zahlen beziehen sich auf ein
Wasserstoff-Luftgemisch und nicht auf
Wasserstoff-Sauerstoff, wie Verfasser annimmt. bei gewöhnlichem
Druck, über die Explosionsgrenzen bei erhöhtem Druck liegen noch keine
Untersuchungen vor.
Die Explosion eines solchen Knallgasgemisches in der Stahlflasche kann auf
verschiedene Weise ausgelöst werden. Eine Rückzündung des ausströmenden Gases von
außen in die Stahlflasche hinein wird nur erfolgen, wenn die
Ausströmungsgeschwindigkeit des Gases kleiner ist als die
Entzündungsgeschwindigkeit, wenn also die Flasche nicht mehr viel Gas enthält. Aber
auch eine ganz gefüllte Flasche kann, wenn sie ein Knallgasgemisch enthält,
explodieren, da bekanntlich beim Oeffnen des Flaschenventils das Gas mit großer
Gewalt in die Bohrung des Druckminderventils einströmt. Die in der Bohrung
enthaltene Luft wird hierbei von dem einströmenden Hochdruckgase kolbenförmig
vorgeschoben und auf denselben Druck, der in der Flasche herrscht, verdichtet, Hand
in Hand hiermit geht eine Wärmestauung, die häufig eine Entzündung des als Abschluß
der Ventilbohrung dienenden Hartgummikörpers verursacht. Wenn auch die Hauptmenge
dieser Kompressionswärme von der metallischen Wandung der Ventilspindel abgeführt
wird, so wird infolge dieser Wärmestauung doch die Entzündungstemperatur eines in
der Stahlflasche etwa vorhandenen explosiblen Wasserstoff-Sauerstoffgemisches
überschritten. Die Anordnung eines ringförmigen Raumes in dem Ventil sowie die
Anbringung von siebförmigen Einlagen verhindern zwar ein Ausbrennen des
Hartgummiventilkörpers, bieten aber keinen zuverlässigen Schutz gegen die Entzündung
eines Knallgasgemisches. Es ist daher streng darauf zu achten, daß bei
Ingebrauchnahme einer frischen Sauerstoffflasche vor dem Oeffnen des
Flaschenventils das Austrittventil ganz geöffnet und das Druckminderventil durch
Anziehen der Regulierschraube auf eine größere Leistung bzw. auf geringeren
Widerstand eingestellt wird.
In noch höherem Maße als für den elektrolytisch hergestellten Sauerstoff gelten die
vorstehenden Gefahrmomente und die Maßnahmen zur Verhütung von Explosionen für den
elektrolytisch erzeugten Wasserstoff. Bei den Wasserzersetzungsanlagen ist daher auf
die Wirksamkeit der Reinigungsvorrichtungen besondere Sorgfalt zu verwenden. Durch
mangelhafte Schlauchverbindungen an den Schweißbrennern sowie durch eine übermäßig
große Vorwärmflamme bei den Schneidbrennern entstehen oft beträchtliche Gasverluste,
die leicht zu vermeiden sind; ebenso sollte bei vorübergehender Unterbrechung der
Arbeit stets das Austrittventil am Druckminderventil geschlossen werden.
Das als Brenngas dienende Azetylen kann entweder in Form von gelöstem Azetylen
Verwendung finden oder an Ort und Stelle entwickelt werden. Jenes liefert eine
heißere und wirksamere Schweißflamme, doch kann dieser Vorteil auch mit den
gewöhnlichen Azetylenentwicklern erzielt werden, wenn man hinter den Gasbehälter
einen kleinen Kompressor schaltet. Durch die Druckerhöhung des Azetylens bewirkt man
ferner eine bessere Ausnutzung des Sauerstoffvorrats, da man die Sauerstoffflasche
nicht schon auszuschalten braucht, wenn ihr Druck auf 2 bis 3 at, sondern erst wenn
er auf 0,5 at gesunken ist. Eine weitere wesentliche Verlustquelle bedeutet die
Benutzung von granuliertem oder feinkörnigem Karbid, das bis zu 20 v. H. weniger Gas
liefert als Karbid von handelsüblicher Körnung. Schließlich muß auch der Inhalt des
Karbidbehälters zu dem Inhalt des Wasserraumes in richtigem Verhältnis (am besten 1
: 10) stehen, da mit jeder Neubeschickung des Apparates Gasverluste verbunden sind.
Zugleich wird bei dem angegebenen Größen-Verhältnis eine übermäßige Erhitzung des
Wassers und eine nachteilige Verschlammung des Apparates vermieden. (Autog.
Metallbearbeitung 1917 S. 1 bis 5.)
Sander.
––––––––––
Wolframgewinnung in Kanada. Dem „Board of Trade
Journal“ vom 13. Juni zufolge ist die Steigerung der Wolframgewinnung von
hohem Interesse. In Burnt Hill am südwestlichen Miramichi in Neubraunschweig sei
eine Fabrikanlage zur Bearbeitung des geförderten Erzes entstanden. Weiter sei ein
Schacht von 65 Fuß Tiefe angelegt worden, um die Erzader nach zwei Richtungen hin zu
verfolgen. Die Grube besäße Dampfförderungsapparate mit Luftkompressoren für die
Drillbohrer. Die Erzader sei ungefähr 4 Fuß stark und laufe fast senkrecht.
––––––––––
Gesetzentwurf über die Elektrizitätswirtschaft. Ein
solcher ist von der K. K. Regierung in der 22. Session des Abgeordnetenhauses 1918
vorgelegt worden. Der elektrotechnische Verein in Wien hat eine Denkschrift
ausgearbeitet, in der er zu dem Entwurf Stellung nimmt und die Hauptpunkte
beleuchtet, wo der Entwurf umgestaltet werden muß.
––––––––––
Nitrolicht für photographische Aufnahmen. Nach den
Untersuchungen in der Versuchsanstalt der AEG sind die Aufnahmebedingungen für
Nitrolicht um 25 bis 40 v. H. günstiger als bei Tageslicht. Das liegt daran, daß
Nitrolicht trotz seiner Aehnlichkeit mit dem Tageslicht doch einen geringeren
Bestand an blauvioletten und einen größeren an gelbgrünen Strahlen aufweist. Ein
weiterer Vorzug des Nitrolichtes besteht darin, daß große Lichtmengen bei geringem
Stromverbrauch erzeugt werden können.
Ueber einen tödlichen Unfall durch Drehstrom von
niedriger Spannung wird im „Glückauf“ (Heft vom 13. Juni d. J.) berichtet.
Danach kann Wechselstrom von niedriger Spannung bereits tödlich wirken. Als
Todesursache ist nach den Forschungen von Professor Dr. H. Boruttau fast immer das Eintreten von Flimmern der Herzkammern anzusehen,
das die geordnete Herztätigkeit lähmt.
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Knopfmuseum Heinrich Waldes. Die Preisverteilung des
Wettbewerbes zur Schaffung von Kleiderverschlüssen bzw. Kleiderstücken, die den
Armamputierten und Armbeschädigten das An- und Auskleiden ohne fremde Hilfe
ermöglichen, hat kürzlich stattgefunden. 45 Preise im Gesamtbetrage von 5400 K.
gelangten zur Verteilung.
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Moritz Honigmann, neben Solvay
der Mitbegründer der Ammoniaksodaindustrie, der unabhängig von Solvay diesen wichtigen Zweig der chemischen Industrie ausarbeitete und
lebenskräftig gestaltete und dessen Name mit der Entdeckung der
Ammoniaksodafabrikation in Deutschland untrennbar verbunden ist, ist am 2. Mai d. J.
gestorben.