Titel: Beiträge zur Frage der kritischen Drehzahlen.
Autor: L. Prandtl
Fundstelle: Band 333, Jahrgang 1918, S. 179
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Beiträge zur Frage der kritischen Drehzahlen. Von Professor Dr. L. Prandtl, Göttingen. PRANDTL, Beiträge zur Frage der kritischen Drehzahlen. Der Meinungsstreit der Herren Gümbel und Stodola in den Spalten dieser ZeitschriftGümbel. Ueber mit Biegung verbundene Schwingungen von Wellen, diese Zeitschr. Bd. 332 (1917) S. 235 u. 251.Stodola. Eine neue kritische Wellengeschwindigkeit, diese Zeitschr. Bd. 333 (1918) S. 1 und 17.Gümbel. Eine neue kritische Wellengeschwindigkeit bei mit Biegung verbundenen Schwingungen? diese Zeitschr. Bd. 333 (1918) S. 71.Vergl. auch Stodola. Neuere Beobachtungen über die kritischen Umlaufszahlen von Wellen, Schweiz. Bauzeitung Bd. 68 (1916) S. 197; Bd. 69 (1917) S.93; Bd. 70 (1917) S. 229.Ferner O. Föppl. „Schnellumlaufende Rotoren und kritische Geschwindigkeit“, Zeitschr. f. d. ges. Turbinenw. 1916, Heft 6 u. 7, und „Kritische Schwingungen von schnellaufenden Rotoren“, Z. f. d. ges. Turbinenw. 1918 Heft 18 S. 157.Zusatz bei der Korrektur: Inzwischen ist von Stodola eine neue Entgegnung auf die Gümbelschen Ausführungen erfolgt, diese Zeitschrift. Bd. 333 Heft 14 S. 117 ff. (Druckfehlerberichtigungen dazu Heft 15 S. 135.) Die Gedankengänge dieses Aufsatzes berühren sich zu einem Teile eng mit den vorliegenden Ausführungen; ich glaube aber doch, daß diese letzteren durch die andere Darstellungsart noch von einigem Wert für den Leser bleiben werden. war für mich die Veranlassung, mich auch mit den strittigen Fragen über die kritischen Drehzahlen zu beschäftigen. Da ich glaube, daß einiges von dem was ich fand, zur Aufklärung vorhandener Mißverständnisse beitragen oder sonst von Interesse sein wird, sei es mir gestattet, das Folgende hier auszuführen. I. Stabilitätsfragen. 1. Für die theoretische Entscheidung, ob irgendeine Bewegung stabil oder labil ist, spielen die genaueren Umstände, die der Behandlung der Aufgabe zugrunde gelegt werden, eine entscheidende Rolle. Die Antwort wird anders ausfallen, wenn zum Beispiel bei einer umlaufenden Welle angenommen wird, daß kein antreibender Motor und keinerlei Reibung vorhanden ist, und sich daher die Welle mit der ihr einmal gegebenen Energie weiter bewegt, oder wenn angenommen wird, daß die Drehzahl der Welle bei dem Vorgang, dessen Stabilität oder Labilität untersucht werden soll, völlig unverändert bleibt, was darauf hinausläuft, daß man das Trägheitsmoment der auf der Welle sitzenden Schwungmasse unendlich groß annimmt. Ein anderer, bis jetzt meines Wissens noch nicht untersuchter Fall ist der, daß die Welle mit einer elastischen Kupplung (es kann auch eine starre Kupplung sein, wobei dann die Drehungselastizität der Welle in Rechnung zu setzen wäre) mit einem Motor von bestimmtem Trägheitsmoment und bestimmten Eigenschaften des Drehungsmomentes verbunden ist. Bei dieser letzteren Fassung der Aufgabe lassen sich auch die Widerstände der schwingenden Welle richtig mit einführen, so daß man mit ihrer Lösung dem praktischen Problem sehr nahe kommen dürfte. 2. Eine wirklich zuverlässige Entscheidung darüber, ob eine Bewegung, wie die einer Welle in der Nähe des kritischen Zustandes, stabil oder labil ist, läßt sich im allgemeinen nur auf die Weise erreichen, daß man zunächst die „stationäre Bewegung“ ermittelt, und nun mit den Methoden der Dynamik untersucht, wie geartet die Nachbarbewegungen sind, die durch kleine Aenderungen der Anfangslagen und Anfangsgeschwindigkeiten aus der stationären Bewegung hervorgehen. Stabilität ist dann vorhanden, wenn die Lagen und die Geschwindigkeiten bei allen denkbaren Nachbarbewegungen sich dauernd nur um Beträge von der Größenordnung der Anfangsstörung von denen der stationären Bewegung unterscheiden. Bei der Ausführung dieser Vorschrift ist jedoch zu beachten, daß durch kleine Aenderungen der Anfangsbedingungen auch eine Aenderung der zum Vergleich heranzuziehenden stationären Bewegung eintreten kann, was zu einem dauernden Anwachsen der Lagendifferenzen usw. zwischen der betrachteten Bewegung und der ursprünglichen stationären Bewegung führt, ohne daß dies eine Labilität bedeuten würde. Um solchen Fällen, die sich in der charakteristischen Gleichung durch das Nullwerden von Schwingungswurzeln verraten, gerecht zu werden, wird man festsetzen können, daß eine Bewegung dann stabil ist, wenn man zu einer beliebig gewählten „Nachbarbewegung“ eine stationäre Bewegung so finden kann, daß die Lagen- und Geschwindigkeitsunterschiede zwischen diesen beiden Bewegungen dauernd klein bleiben. Nach der eben gegebenen Definition ist es einleuchtend, daß die „Theorie der kleinen Schwingungen“ vor allem geeignet ist, die Lösung solcher Aufgaben zu liefern. Wenn sie Stabilität ergibt, d.h. wenn die als klein angenommenen Abweichungen dauernd klein bleiben, dann ist ihr Ergebnis unter allen Umständen als zuverlässig anzusehen. Ergibt sie dagegen ein dauerndes Anwachsen der Ausschläge, so werden im weiteren Verlauf der Bewegung ihre Voraussetzungen, nämlich, daß die Abweichungen von der stationären Bewegung als sehr klein anzusehen sind, hinfällig, und es bedarf in diesem Fall einer besonderen Untersuchung, ob die Abweichungen über alle Grenzen weiter wachsen werden, oder ob sie sich in mäßigen Grenzen halten werden. Da die mathematische Durchführung derartiger Untersuchungen jedoch meist sehr große Schwierigkeiten macht, wird man hier zweckmäßiger den Versuch entscheiden lassen. 3. In geeigneten Fällen wird an Stelle der strengen Untersuchung mit der Methode der kleinen Schwingungen auch eine vereinfachte Betrachtung über die Nachbarzustände der stationären Bewegung zum Ziele führen. Manchmal, wie zum Beispiel in dem nachfolgend vorgeführten Fall, kommt man sogar mit statischen Betrachtungen aus. Es sei eine von einem Hauptstrommotor angetriebene Welle gegeben, die eine Scheibe mit exzentrisch liegendem Schwerpunkt trägt. Bei den Schwingungsbewegungen der Welle mögen dämpfende Kräfte mitwirken, die dafür sorgen, daß nach einer Störung jederzeit sehr bald die stationäre Bewegung eintritt, wenn die Drehzahl nicht geändert wird. Es sei ferner angenommen, daß das Trägheitsmoment der umlaufenden Massen groß genug ist, damit bei Störung des Gleichgewichts die Drehzahl sich so langsam ändert, daß jeder einzelne Bewegungszustand des Systems, auch bei beschleunigter Drehung, immer in der unmittelbarsten Nachbarschaft des zu der augenblicklichen Drehzahl gehörigen stationären Zustandes liegt. Die Frage, ob irgend ein Bewegungszustand in der Nähe der kritischen Bewegung stabil oder labil ist, ist jetzt auf die Frage zurückgeführt, ob das Kräftesystem, das aus dem antreibenden Moment des Motors und dem widerstehenden Moment der ausschwingenden Welle besteht, Stabilität oder Labilität ergibt. Stabilität ist vorhanden, wenn bei einer künstlich herbeigeführten Drehzahlverminderung das Motordrehmoment überwiegt, bei einer Drehzahlsteigerung dagegen das widerstehende Moment überwiegt. Denn in diesem Falle wird die alte Drehzahl wieder hergestellt. Findet dagegen das Umgekehrte statt, so entfernt sich die Drehzahl bei der geringsten Abweichung von dem richtigen Wert immer weiter nach oben oder unten von der Gleichgewichtslage; der Vorgang findet erst ein Ende, wenn eine stabile Gleichgewichtslage erreicht wird. Die labile Gleichgewichtslage wird daher im praktischen Betrieb des Getriebes niemals beobachtet, sie kann nur durch künstliche Hilfen beim Versuch eingestellt werden. Die eben geschilderten Verhältnisse sind in Abb. 1 zur Anschauung gebracht. Die Kurve I-I stellt das Motordrehmoment dar, die Kurve II-II das widerstehende Drehmoment. Die beiden Schnittpunkte A und C der beiden Kurven stellen nach dem eben Gesagten stabile Lagen, der Schnittpunkt B dagegen eine labile Lage dar. Denkt man sich die Kurve des Motordrehmoments – durch Aendern eines Vorschaltwiderstandes oder dergleichen – nach oben oder unten verschoben, so erhält man weitere Gleichgewichtslagen, und man überzeugt sich leicht, daß der ganze Zweig der Kurve II-II zwischen den beiden Berührungspunkten mit den entsprechenden Motorkurven aus labilen Zuständen besteht. Die übrigen Teile dei Kurve, die in der Abbildung stark ausgezogen sind, stellen stabile Betriebszustände dar. Würde statt des Hauptstrommotors ein Nebenschlußmotor gewählt, dessen Drehmomentkurve sehr viel steiler verläuft, so würde sich ein kleineres Gebiet als labil ergeben haben, ja man könnte durch hinreichend steilen Verlauf der Drehmomentskurve erreichen, daß das labile Gebiet gänzlich verschwindet. Allerdings würde in diesem Falle besonders zu untersuchen sein, ob unsere Annahmen hier noch zulässig sind. Wenn man das oben genannte mechanische System von der Ruhe aus einschaltet, und die Drehzahl immer mehr steigert, so werden alle Zustände des ersten stabilen Zweiges der Reihe nach durchlaufen, bis der Punkt D erreicht wird. Bei der geringsten Ueberschreitung dieses Punktes ist ein Gleichgewicht nicht mehr möglich, das System beschleunigt sich nun von selbst weiter, bis es im Punkte E eine neue stabile Gleichgewichtslage findet. Verringert man nunmehr die Motordrehzahl wieder, so bleibt das System zunächst auf dem neuen Kurvenast, bis es am Punkt F angelangt ist. Wird dieser überschritten, so erfolgt ein neuer Sprung nach G. Das soeben geschilderte Verhalten wird qualitativ auch noch in vielen Fällen zutreffen, in denen die hier gemachten Voraussetzungen nicht streng erfüllt sind. Daß im Falle von geringer Dämpfung beim Uebergang von dem labilen zum stabilen Bewegungszustande merkliche Beträge von Schwingungsenergie in Drehungsenergie umgesetzt werden, wie Gümbel annimmt, ist nicht unwahrscheinlich; der Beweis hierfür ließe sich aus der genaueren Verfolgung der labilen Schwingungsbewegung gewinnen. Textabbildung Bd. 333, S. 180 Abb. 1. Die von Prof. Gümbel S. 47 (1918) erwähnten Versuche, sowie die von Sommerfeld, bei denen ein kleiner Elektromotor mit einem exzentrischen Schwunggewicht einen Tisch zu Resonanzschwingungen brachte, werden durch das Vorstehende sehr zutreffend erklärt. Statt der Drehmomente hätte man natürlich auch die vom Motor zugeführte Leistung und die vom Getriebe verzehrte Leistung betrachten können, ohne daß sich an der Ueberlegung sonst etwas ändern würde. 4. Die vorstehende Betrachtungsweise versagt natürlich in dem Fall, daß es sich um einen Bewegungsvorgang ohne Reibung handelt, da hier die Antriebsleistung ebenso wie die verzehrte Leistung Null sind. Es liegt nahe, zu versuchen, an Stelle der Leistung den Energieinhalt des bewegten Systems zur Beurteilung der Sachlage heranzuziehen. Eine nähere Untersuchung lehrt jedoch, daß eine ähnlich einfache Ueberlegung wie im vorigen Fall hier nicht zum Ziel führen kann. Wenn man nämlich aus dem Vergleich der Energieinhalte zweier stationärer Bewegungen bewiesen zu haben glaubt, daß die eine Bewegung in die andere übergehen kann, so ist es noch vollkommen fraglich, ob sie es auch wirklich tun wird, denn selbst, wenn die erstere Bewegung wirklich labil war, so wird zunächst eine nicht stationäre Schwingung entstehen, und da die Dämpfung gleich Null angenommen war – sonst durfte ja die Energiebetrachtung nicht angewendet werden –, so ist sehr fraglich, ob die Schwingung überhaupt wieder verschwindet und die Bewegung in die vorher ausersehene stationäre Bewegung übergeht. Man kann mit der Energiebetrachtung nur das mit Sicherheit aussagen, daß solche stationären Bewegungen, deren Energie größer als die gegebene ist, nicht erreicht werden können. Dagegen ist das Durchschreiten einer Drehzahl, deren stationäre Bewegung eine größere. Energie als die gegebene besitzt, durchaus nicht ausgeschlossen, da sich die freien Schwingungen mit der stationären Bewegung auch in solcher Weise zusammensetzen können, daß die Energie dadurch kleiner wird als die der stationären Bewegung. Um sich dies klarzumachen, braucht man nur daran zu denken, daß die Anfangsbewegungen bei der kritischen Drehzahl, bei denen die Ausschläge der Welle noch klein sind, gerade dadurch erhalten werden, daß man zur stationären Bewegung geeignete Schwingungen, die deren Amplitude vorübergehend nahezu aufheben, hinzunimmt. Wenn man mit Energiebetrachtungen etwas beweisen will, so kann dies nur in der Weise Erfolg haben, daß die Energie der stationären Bewegung mit der einer allgemeinen Nachbarbewegung, wie sie durch kleine Abänderungen der Anfangsbedingungen aus ihr entsteht, verglichen wird.Zusätze bei der Korrektur: 2) Stodola hat inzwischen in seinem neuen Aufsatz diesen Weg beschriften und gezeigt, daß er für die Zustände unterhalb der kritischen Geschwindigkeit, über deren Stabilität allerdings ohnehin keine Zweifel herrschen können, zum Ziele führt. Oberhalb der kritischen Geschwindigkeit scheint die Methode dagegen keine Aussage zu liefern. Der Fall, daß unter den Nachbarbewegungen gleicher Energie auch eine stationäre Bewegung vorkommt (daß also die Energiekurve eine wagerechte Tangente hat), hat nach dem von Prof. Gümbel gefundenen Resultat offenbar eine besondere Bedeutung, indem er die Grenze des stabilen und labilen Gebietes darstellt. II. Zur neuen kritischen Geschwindigkeit. 1. Da Gümbel die Richtigkeit der Stodolaschen Ansätze bezweifelt hat, möchte ich auf den Unterschied hinweisen, daß in den Stodolaschen Grundgleichungen (1) bis (3) das sich ungleichförmig drehende mechanische System von einem gleichförmig umlaufenden Koordinatensystem aus betrachtet wird, während Gümbel das Koordinatensystem mit der ungleichförmig umlaufenden Welle fest verbindet, und auf diese Weise eine andere Form für die Zusatzkräfte der Relativbewegung erhält, als Stodola. Das Stodola'sche Gleichungssystem ist vollkommen richtig und streng; man könnte sich allerdings fragen, ob die in den Gleichungen (5) gegebene neue Form desselben noch zulässig ist, wenn die Durchbiegung der Welle unter ihrem Eigengewicht nicht mehr als sehr klein angesehen werden kann. Ich habe dies untersuchtDiese Rechnung findet man in der neuen Stodolaschen Arbeit durchgeführt. und festgestellt, daß auch diese Gleichungen bzw. ihre Lösungen so lange zu Recht bestehen, als der Winkel τ eine kleine Größe bleibt. Dies ist aber praktisch immer der Fall, so lange die Drehzahl nicht inmitten eines der kritischen Gebiete liegt; hier verliert aber, da die Ausschläge eben nicht mehr klein sind, die Methode der kleinen Schwingungen notwendigerweise ihre Beweiskraft. Die Stodolasche Rechnung leistet also so viel, als man billiger Weise von einer Theorie der kleinen Schwingungen verlangen kann. 2. Darüber, daß die neue kritische Drehzahl nicht genau mit der Hälfte der gewöhnlichen kritischen Drehzahl zusammenfällt, wird man sich nicht weiter wundern dürfen, wenn man beachtet, daß schon bei den Schwingungen der nicht umlaufenden Welle Unterschiede von der gleichen Größenordnung bestehen. Betrachtet man nämlich die Schwingungen einer an beiden Enden drehbar gelagerten Welle, die in ihrer Mitte eine Scheibe trägt, deren Schwerpunkt um den Betrag e von dem „Durchstoßpunkt“ O absteht, so ergeben sich verschiedene Schwingungszahlen für die Schwingung in Richtung der Strecke e, die ohne Drehbewegung der Scheibe erfolgt, und für die Schwingung senkrecht zur Strecke e, die von einer Drehung der Scheibe begleitet ist. Es sei y der Schwingungsausschlag in der letzteren Richtung, ϕ die zugehörige Winkeldrehung der Scheibe, dann ergeben sich für eine im Durchstoßpunkt angreifende Kraft K die Gleichungen m\,\frac{d^2\,y}{d\,t^2}=K . . . . . . (1) m\,q^2\,\frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}=K\,.\,e . . . . (2) (q = Trägheitsradius). Wird y = A sin ωt und ϕ = B sin ωt gesetzt, so ergibt sich \frac{d^2\,y}{d\,t^2}=-\omega^2\,y und \frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}=-\omega^2\,\varphi; setzt man dies in Gleichung (1) und (2) ein und dividiert, so erhält man \frac{\varphi}{y}=\frac{e}{q^2} . . . . . . . (3) Aus Abb. 2 entnimmt man nun leicht, daß die Kraft K gleich – α (y + eϕ) zu setzen ist; nach (1) ist aber K = – 2y, also erhält man unter Berücksichtigung von (3) Textabbildung Bd. 333, S. 181 Abb. 2. {\omega^2}_1=\frac{\alpha}{m}\,\left(1+\frac{e^2}{q^2}\right)={\omega_{\mbox{k}}}^2\,\left(1+\frac{e^2}{q^2}\right) . . (4) Die Schwingung in der Richtung der Strecke e ergibt einfach ω2 = ωk. Der Unterschied der beiden Schwingungszahlen ist also, ebenso wie die Abweichung der neuen kritischen Drehzahl von der Hälfte der alten, proportional dem Quadrat der Exzentrizität e, die ganzen Abweichungen werden daher überhaupt nur bei verhältnismäßig großen Exzentrizitäten bemerkbar. 2. Die durch Schwerkraftwirkung hervorgerufenen kritischen Zustände bei der halben kritischen Drehzahl dürften sich auch in dem Fall gut beobachten lassen, daß die Biegungssteifigkeit der Welle nach verschiedenen Richtungen verschieden groß ist, wie dies zum Beispiel der Fall ist, wenn die Welle eine Längsnut oder Abflachung aufweist. Die neue kritische Drehzahl zeigt sich in diesem Falle auch dann, wenn die Exzentrizität e gleich Null ist. Dieser Fall mag hier näher ausgeführt werden. Die freien Schwingungen ohne Wirkung der Schwere sind in einer anderen Einkleidung bereits in dem VI. Band der „Vorlesungen über technische Mechanik“ von A. Föppl behandelt, vergl. dort S. 66 bis 73. Es wird dort gezeigt, daß – unter Annahme eines unendlich großen Trägheitsmomentes – die Bewegung bei Drehzahlen zwischen Null und der kleineren der beiden Hauptschwingungen ωl und oberhalb der größeren Hauptschwingung ω2 stabil, zwischen ω1 und ω2 aber labil ist. Die Rechnung für die von der Schwerkraft verursachten Schwingungen gestaltet sich wie folgt: Es sei α die Elastizitätszahl der Welle in der Richtung des kleinsten Trägheitsmomentes der Welle, β die Elastizitätszahl in der Richtung des größten Trägheitsmomentes, y die Durchbiegung in der ersteren, z die Durchbiegung in der letzteren Richtung, dann ergibt sich für ein Koordinatensystem, das sich mit der Winkelgeschwindigkeit der Welle ω, mitdreht: m\,\ddot{y}=(m\,\omega^2-\alpha)\,y+2\,m\,\omega\,\dot{z}-m\,g\,\sin\,\omega\,t (5) m\,\ddot{z}=(m\,\omega^2-\beta)\,z-2\,m\,\omega\,\dot{y}-m\,g\,\cos\,\omega\,t (6) Setzt man y = A sin ωt und z = β cos ωt, und führt die Eigenschwingungszahlen \omega_1=\sqrt{\frac{\alpha}{m}} und \omega_2=\sqrt{\frac{\beta}{m}} ein, so ergibt sich nach kurzer Rechnung A=-\frac{2\,g\,(4\,\omega^2-{\omega_2}^2)}{{\omega_1}^2\,(4\,\omega^2-{\omega_2}^2)+{\omega_2}^2\,(4\,\omega^2-{\omega_1}^2)} . (7) B=-\frac{2\,g\,(4\,\omega^2-{\omega_1}^2)}{{\omega_1}^2\,(4\,\omega^2-{\omega_2}^2)+{\omega_2}^2\,(4\,\omega^2-{\omega_1}^2)} . (8) Die Diskussion des Ergebnisses zeigt, daß für \omega=\frac{\omega_1}{2} B = 0 und A=-\frac{2\,g}{{\omega_1}^2}, also gleich dem Doppelten der größten Durchbiegung der ruhenden Welle in dieser Richtung ist; für \omega=\frac{\omega_2}{2} ist umgekehrt A = 0 und B=-\frac{2\,g}{{\omega_2}^2}. Die kritische Geschwindigkeit, bei der die Formel unendliche Ausschläge liefert, liegt zwischen \frac{\omega_1}{2} und \frac{\omega_2}{2} und hat den Wert \omega'=\frac{\omega_1\,\omega_2}{\sqrt{2\,.\,({\omega_1}^2+{\omega_2}^2)}} . . . . . (9) Die vorstehenden Rechnungen beziehen sich auf unendlich großes Trägheitsmoment. Bei endlichem Trägheitsmoment werden die Einzelheiten wohl etwas abgeändert werden, das wesentliche Bild der Erscheinung dürfte jedoch erhalten bleiben. Zusammenfassung: Dafür, ob eine Bewegung im kritischen Gebiet stabil oder labil ist, sind die genauen Umstände des Antriebes, der Kupplung mit anderen Massen usw. durchaus wesentlich. Die allgemeine Methode für den Stabilitätsbeweis ist die Methode der kleinen Schwingungen. Bei hinreichender Dämpfung können auch statische Betrachtungen ausreichen. Bei reibungslosen Vorgängen führen Betrachtungen über die Energie im allgemeinen nicht zum Ziel. Die Stodolaschen Rechnungen über die neue kritische Geschwindigkeit werden als völlig einwandfrei erkannt. Die neue kritische Geschwindigkeit braucht nicht mit der Hälfte der alten kritischen Geschwindigkeit zusammenzufallen, da auch die Schwingungszahl der ruhenden Welle quer zur Richtung der Exzentrizität des Schwerpunktes nicht mit ihr zusammenfällt. Für eine Welle von ungleichem Querschnitts-Trägheitsmoment für verschiedene Biegungsrichtungen wird die neue kritische Geschwindigkeit berechnet.