Titel: Polytechnische Schau.
Autor: Loebe
Fundstelle: Band 333, Jahrgang 1918, S. 192
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Dampfmesser. Der zurzeit herrschende Kohlenmangel verlangt einen möglichst sparsamen Dampf verbrauch. Um bei großen Dampfkesselanlagen eine genaue Kenntnis der an verschiedenen Stellen verbrauchten Dampfmengen zu erhalten sind in den Dampfleitungen genau anzeigende Dampfmesser einzubauen. Die meisten bekannten Dampfmesser brachten einen meistens umständlichen und kostspieligen Einbau mit sich, bei verhältnismäßig geringer Genauigkeit und Zuverlässigkeit. In Amerika hat man bereits mit Dampfmessern einfacher Bauart gute Erfahrungen gemacht. Weit verbreitet ist dort der St. John- und der Emery-Dampfmesser. Beim Emery-Dampfmesser bewegt sich nach dem Schwimmerprinzip ein Kegel senkrecht in einer Oeffnung und gibt dabei verschieden große Querschnitte frei (Abb. 1). Die Form des Kegels wird so bemessen, daß bei jeder Stellung desselben der Druckunterschied des Dampfes vor und hinter dem Kegel gleich bleibt. Die durch den Dampfmesser strömende Dampfmenge kann dann nach der Gleichung G = kFγC berechnet werden, wobei F den freien Querschnitt, γ das spezifische Gewicht, C die Dampfgeschwindigkeit und k einen Koeffizienten bedeutet. Die Form des Kegels wird durch Versuche gefunden. Das Eichen des Dampfmessers geschieht durch mehrfache Kondensatversuche. Textabbildung Bd. 333, S. 191 Abb. 1. Bei Dampfmesser, die auf diesem Prinzip beruhen, ist somit die Dampfmenge proportional dem Kegelhub. Wird die Kegelbewegung auf eine von einem Uhrwerk angetriebene Schreibtrommel verzeichnet, so kann auf diese Weise die durch den Dampfmesser strömende Dampfmenge bestimmt werden. Abb. 2 zeigt einen Dampfmesser der beschriebenen Art. Hierbei wird die Bewegung des Kegels innerhalb des Dampfmessers auf den Schreibstift mittels einer Welle übertragen, die nach Abb. 3 mit einer Stopfbüchse abgedichtet ist. Bei verschiedenen Versuchen hat es sich nun gezeigt, daß der Kegel den verschiedenen Dampfentnahmen nur träge folgte und daß sogar der etwa 20 kg schwere Kegel nach Absperrung des Dampfes noch frei im Raume schwebte. Die weiteren Untersuchungen ergaben, daß die Welle durch die Stopfbüchse geklemmt wurde, wodurch die Welle dem Hub des Kegels nicht folgt, sondern zuerst elastisch verdreht wird. Durch Verwendung einer eingeschliffenen Welle, die sich leicht und ohne menschlichen Widerstand im Lager dreht, wurde die Stopfbüchsenreibung entsprechend verkleinert. Abb. 4 zeigt eine Abdichtung mit kegelig eingeschliffener Welle, die nach jahrelanger Betriebsdauer richtig arbeitet. Sie dichtet gut ab und bewegt sich fast reibungslos. Bezeichnet man den stündlichen Dampfverbrauch mit Q und mit h mm die Ordinate des Schreibstiftweges bei dem augenblicklichen Dampfzustand, so entspricht 1 mm Ordinatenhöhe des Diagramms einer Dampfmenge k_{\mbox{st}}=\frac{Q}{h}\mbox{ kg}/\mbox{st}. Bei Veränderung des Druckes und der Temperatur ändert sich der Koeffizient kst und muß mit den Koeffizienten kp, der vom Dampfdruck und kt, der von der Dampftemperatur abhängig ist, multipliziert werden. Unter Berücksichtigung der veränderlichen Dampfdrücke und Temperaturen ist der den jeweiligen Verhältnissen entsprechende Koeffizient, der von der Dampfmesserfabrik angegeben wird k=\frac{k_{\mbox{st}}}{k_{\mbox{p}}\,k_{\mbox{t}}}. Bei Versuchen mit einem Dampfmesser von 50 mm 1. W. betrug der Druckverlust bei rund 1050 kg/Std. Dampfverbrauch etwa 150 mm Q.-S. oder 0,205 at. Die Dampfgeschwindigkeit in der Rohrleitung war dabei mehr als 42 m/Sek. Bei einer Dampfgeschwindigkeit von rd. 20 m/Sek. betrug der Druckverlust im Dampfmesser 67,9 mm Q.-S., also noch nicht 0,1 at. Ein solcher Druckverlust ist ohne praktische Bedeutung. Textabbildung Bd. 333, S. 191 Abb. 2. Textabbildung Bd. 333, S. 191 Abb. 3. Textabbildung Bd. 333, S. 191 Abb. 4. In Amerika wurden mit dem St. John-Dampfmesser günstige Ergebnisse hinsichtlich der Genauigkeit erhalten. Der Grund, warum der St. John-Dampfmesser mit Abdichtung der Welle durch eine Stopfbüchse in Deutschland schlechte Ergebnisse lieferte, liegt einzig und allein im Druckverlust. Beim St. John-Apparat wird der Kegel so schwer ausgeführt, daß durch ihn eine Druckverminderung von 0,25 at hervorgerufen wird. Bei dem hier beschriebenen deutschen Claaßen-Dampfmesser ist der Kegel so ausgeführt, daß die Druckverluste nur 0,08 bis 0,05 at beträgt. Je geringer aber die Druckverminderung durch das Kegelgewicht ist, desto langsamer folgt der Kegel der schwankenden Dampfentnahme. Je träger aber der Kegel arbeitet, desto mehr macht sich dabei die Stopfbüchsenreibung bemerkbar. Durch Verschmutzen oder durch zu festes Anziehen der Stopfbüchsen können nach längerem Betriebe so große Fehler entstehen, daß der Dampfmesser für die Praxis unbrauchbar wird. Bei Ausführungen nach Abb. 4 kann vom Arbeiter nichts verstellt werden, so daß eine ungünstige Beeinflussung der Meßgenauigkeit nicht stattfinden kann. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1918 S. 521 bis 526.) –––––––––– Das neue Gaswerk der Stadt Augsburg. Die beiden alten Gaswerke der Stadt Augsburg, die eine höchste Tagesleistung von 24000 m3 hatten, konnten schon im Jahre 1908, in welchem der größte Tagesbedarf auf über 30000 m3 stieg, nur unter weitgehender Heranziehung der Wassergasanlage den Gasbedarf der Stadt decken. Die auf den beiden Werken vorhandenen acht Gasbehälter hatten einen Nutzinhalt von zusammen nur 21100 m3, der nicht einmal voll ausgenutzt werden konnte, und auch die gesamte Apparatenanlage war völlig veraltet, so daß die gründliche Erweiterung des Gaswerkes unaufschiebbar wurde. Nach längerer Erörterung der Frage Umbau oder Neubau entschied man sich zur Errichtung eines neuen Gaswerkes in der Nähe des Bahnhofs Oberhausen. Die Pläne für dieses Werk, das eine Tagesleistung von 50000 m3 im ersten Ausbau erhalten sollte, wurden von Zivilingenieur Dr. E. Schilling-München ausgearbeitet. Nach Besichtigung des Gaswerks in Lausanne mit seinen Oefen für ununterbrochene Vergasung nach Woodall und Duckham und des neuen Werkes in Agram mit den neuen Vertikalretortenöfen nach Pintsch-Bolz sowie nach eingehender Prüfung der Gestehungskosten und der Leistung der verschiedenen Ofensysteme entschloß man sich zur Anwendung des Pintsch-Bolz-Retortenofens, und zwar hauptsächlich mit Rücksicht auf die geringeren Baukosten für die Oefen und die damit zusammenhängende Kohlenförderung und Koksabführung. Als leitender Gesichtspunkt bei der Projektierung des Baues galt, für alle Transporte, einerlei ob feste, flüssige oder gasförmige Stoffe, den kürzesten Weg zu wählen, einmal um die Kosten für die Transportanlagen und Rohrleitungen zu verringern, dann aber auch um einen geschlossenen und übersichtlichen Betrieb zu schaffen. Aus dieser Erwägung heraus wurde die Förderung an zwei Punkten zusammengefaßt, in einem Kohlenturm und einem Behälterturm für alle flüssigen Erzeugnisse. Aus demselben Grunde war man darauf bedacht, das Fördergut auf einmal in solche Höhe zu heben, daß es zu seinen weiteren Verarbeitungs- oder Verwendungsstellen ohne nochmaliges Heben gelangen konnte. So enthält der Kohlenturm in 29 m Höhe einen 3000 t fassenden Kohlenhochbehälter aus Eisenbeton. In diesen kann sowohl die frisch angekommene und gebrochene Kohle, als auch die im Silo gelagerte Kohle mittels eines und desselben Becherwerkes gefördert werden. Das Kohlenlager ist ein Schrägtaschensilo, Bauart Rank, und faßt auf einer Grundfläche von nur 53 × 20 m einen Kohlenvorrat von 12000 t oder 40 v. H. des Jahresbedarfs. Der Horizontaltransport der Kohle zum Kohlenturm und zum Silo wie auch von diesen aus zum Ofenhaus wird von einer Elektrohängebahn besorgt. Der erste Ausbau des Ofenhauses besteht aus acht in zwei Reihen aufgestellten Retortenöfen; jeder Ofen besitzt 20 Retorten von 5 m Höhe und 600 kg Ladegewicht. Die acht Oefen haben eine vertragliche Tagesleistung von 8 × 8200 = 65600 m3, sie liefern aber, in Wirklichkeit bis zu 72000 m3 in 24 Stunden. Der zur Unterfeuerung bestimmte Koks kann in heißem Zustande unmittelbar aus den Retorten in die Generatoren fallen gelassen werden, die Hauptmenge des Kokses wird dagegen mit Hilfe zweier Koksrinnen (für jeden Ofenblock eine Rinne) zur Koksaufbereitung gefördert; ferner sind fahrbare Kokswagen für den Notfall als Aushilfe vorhanden. Die Koksrinne mündet in einen Zwischenbehälter, von dem aus der Koks durch einen Schrägaufzug in den Behälter der eigentlichen Aufbereitungsanlage gefördert wird. Der Zwischenbehälter hat die Aufgabe, im Falle einer Störung am Schrägaufzug die Koksentnahme zu ermöglichen, auch wird aus ihm der für die Wassergasanlage erforderliche Koks abgezogen und mit einer Rollbahn zu dieser befördert. Die gleiche Rollbahn dient auch dazu, den Koksgrus in das Kesselhaus zu befördern, das mit der Wassergasanlage in demselben Gebäude untergebracht ist. Das Gas strömt in zwei Rohrleitungen vom Ofenhaus zum zentralen Behälterturm, in dessen Unterbau sich die Sammelgruben für Teer und Gaswasser befinden. Im Erdgeschoß des Turmes ist die vereinigte Pumpenanlage untergebracht und in den darüberliegenden Stockwerken befinden sich die eisernen Behälter für Teer, leichtes und schweres Ammoniakwasser und für Nutzwasser, das aus zwei Brunnen gepumpt wird. Die Verdrängung der Flüssigkeiten aus den Behältern erfolgt zur Vermeidung des Rostangriffes nicht durch Luft, sondern durch Steinkohlengas. Die Gassauger und alle weiteren Apparate, wie Teerscheider, Ammoniak- und Naphthalinwascher, Stationsgasmesser usw. sind wiederum im Hinblick auf möglichste Konzentration in einem Gebäude untergebracht, während die Trockenreinigung in einem besonderen, seitlich davon liegenden Hause sich befindet. Auch das Kesselhaus liegt so, daß der Dampf auf kürzestem Wege zur Wassergasanlage, in das Apparatehaus sowie zu den übrigen zu beheizenden Gebäuden gelangt. Die Gasbehälter werden mit Abdampf vom Apparatehaus aus geheizt. Es sind zwei Gasbehälter für 25000 und 50000 m3 Inhalt vorhanden, so daß also mehr als das Doppelte des jetzigen höchsten Tagesbedarfs aufgespeichert werden kann, ferner ein wasserloser, 1600 m3 fassender Ausgleichbehälter für die Wassergasanlage. Ferner verfügt das Werk über eine eigene Teerdestillation nach dem ununterbrochenen Destillationsverfahren von Sadewasser, die Teerprodukte finden in anderen städtischen Betrieben Verwendung. Auch die elektrische Station befindet sich im Mittelpunkte des Werkes und ist rückwärts an den Behälterturm angebaut. Sie ist durch zwei getrennte Zuführungskabel mit dem städtischen Elektrizitätswerk verbunden und besteht aus einer Umformeranlage zur Umwandlung des Hochspannungsstromes von 5000 Volt auf die Betriebspannung von 220 Volt. Auch das Arbeiterwohlfahrtgebäude liegt in der Mitte des Werkes, wogegen alle mit dem Stadtverkehr in Verbindung stehenden Diensträume sowie die Wohngebäude an der südlichen Zufahrtstraße liegen. Die Gesamtkosten des Werkes belaufen sich auf 4903600 M, wovon 1712199 M auf die Bauten entfallen. Die 50000 m3 betragende Tagesleistung entspricht bei dem derzeitigen Verhältnis der Tages- zur Jahresleistung von 1 : 249 einer Jahresleistung von 12,5 Millionen m3, so daß beim ersten Ausbau auf 1 m3 Jahresleistung ein Betrag von 0,39 M für Baukosten entfällt, der sich beim zweiten Ausbau auf 0,24 M ermäßigen wird. Bei der architektonischen Gestaltung des neuen Werkes wurde die Schaffung möglichst geschlossener hofartiger Räume erstrebt, von denen bereits beim ersten Ausbau drei angelegt wurden. Auf diese Weise wurde nicht nur dem städtebaulichen Ideal der geschlossenen Bilder Rechnung getragen, sondern es wurde zugleich auch die Zweckmäßigkeit der Anlage erhöht, indem durch dieses Zusammenbauen die Wege gekürzt und die Uebersicht erleichtert wurde. Ofenhaus und Kohlensilo und ebenso ein großer Teil der übrigen Gebäude wurden aus Eisenbeton hergestellt; und es traf sich günstig, daß der Bauplatz selbst reinen Betonkies sowie Mauer- und sogar Verputzsand lieferte. Die Prüfung des Betriebes durch die Lehr- und Versuchsgasanstalt in Karlsruhe ergab durchweg Leistungen, die die vertraglich festgesetzten Werte übertrafen. Die Gasausbeute aus 100 kg Saarkohle (mit 1,6 v. H. Wasser und 3,8 v. H. Asche) wurde bei 15° C und 760 mm Barometerstand zu 36,7 m3, die Koksausbeute im Mittel zu 71,06 v. H. ermittelt. Die Unterfeuerung verbrauchte auf 100 kg obiger Kohle 11,57 kg Reinkoks. Der untere Heizwert des Gases bei 0° und 760 mm betrug 5290 WE für 1 m3, das spezifische Gewicht des Gases betrug im Mittel 0,407. In 100 m3 Reingas waren nur 16,8 g Schwefel enthalten. Die Ofentemperatur war sehr gleichmäßig und verhältnismäßig niedrig; im Mittel betrug sie 1200° C. Ebenso ergab die Berechnung des Stromverbrauchs für das Kippen, Brechen und Fördern der Kohle einen sehr niedrigen Wert, nämlich 0,744 KW/st für 1 t Kohle. (E. Schilling, Allwang und J. Kreis, Journ. f. Gasbeleuchtung Bd. 60 S. 45 bis 52.) Sander. –––––––––– Gerechter Arbeitslohn. Der in der Geschichte der menschlichen Lohnarbeit immer wieder gestellten Frage nach einer gerechten Entlohnung der Arbeit geht in der „Werkstattstechnik“ (1918, Heft 8 bis 10) Generalleutnant z. D. Kähler unter der Ueberschrift „Gedanken eines Laien über den gerechten Arbeitslohn“ von neuem nach. Wenn auch ein vollkommen gerechter Arbeitslohn infolge der natürlichen Gegensätze in den Ansprüchen von Arbeiter und Arbeitgeber niemals ganz wird erreicht werden können, so sollte man doch eine „möglichst gerechte Lohnform“ zu erreichen suchen. Eine solche ist aber bei den gegenwärtig gebräuchlichen Lohnsystemen noch keineswegs vorhanden. Den heute gebräuchlichen Arten der Entlohnung, Zeitlohn, Stücklohn und Prämienlohn, die sich im Laufe der Zeit in dem dauernden Kampf zwischen Arbeiter und Arbeitgeber um möglichst hohen Lohn auf der einen Seite, um möglichst hohe Ausnutzung der Arbeitskraft andererseits gebildet haben, fehlt noch vieles von dem, was eine vorausbetrachtende Ueberlegung als erforderlich für eine gerechte Entlohnung empfindet. Die Anforderungen an einen gerechten Lohn können in zwei Gruppen zusammengefaßt werden: Zunächst soll jedem Arbeiter, der redlich arbeitet, ein wenn auch nur bescheidener Lebensunterhalt gewährleistet werden, dann aber soll die mit dem Lebens- und Dienstalter steigende Erfahrung, ferner Fleiß, Geschicklichkeit und Zuverlässigkeit und endlich gesundheitsschädliche, gefährliche und widerliche Arbeit sowie Ueberstunden-, Nacht- und Sonntagsarbeit besonders entlohnt werden. Aus diesen Ueberlegungen schlägt der Verfasser ein neues „Zuschlaglohnverfahren“ vor, das planmäßig diese einzelnen Gesichtspunkte durch Sonderzuschläge zu einem Grund-(Zeit-)lohn und Stücklohn berücksichtigt. Dabei bleibt zunächst der wohl niemals ganz zu beseitigende Unterschied zwischen dem Zeitlohnarbeiter und dem Stücklohnarbeiter bestehen, insofern als sich die Grundlage der Lohnberechnung beim Zeitlohnarbeiter auf dem Grundlohn aufbaut (u. U. ganz ohne Stücklohn), beim Stücklohnarbeiter auf dem Stücklohn (wobei der Grundlohn zwar nicht ganz verschwinden darf, aber doch erheblich gegen den Stücklohn zurücktritt). Der Grundlohn wird nun nach Dienstjahren abgestuft (innerhalb der verschiedenen Lohnklassen), das Lebensalter wird durch „Verleihung von Dienst jähren“ berücksichtigt. Für Stücklöhnung sind sinngemäß die Lohnsätze so zu bemessen, daß dem Arbeiter ein ähnlicher Grundlohn zufällt. Eine Reihe von Einzelzuschlägen, die in v. H. des Grundlohnes ausgedrückt werden, berücksichtigt dann die vorher genannten Gesichtspunkte wie Fleiß, Zuverlässigkeit, Geschicklichkeit, Gefahr usw. Die Lohnabrechnung wird dadurch insofern etwas verwickelt, als fast jedem einzelnen Arbeiter damit ein anderer Stundensatz zustehen wird, der überdies mit der Zeit durch Uebertritt in verschiedene Fleiß-, Zuverlässigkeits- oder Gefahrenklassen sich dauernd ändern wird. Diese verhältnismäßig geringe Unbequemlichkeit dürfte jedoch praktisch kein unüberwindliches Hindernis sein. Auch der – wie der Verfasser selbst sich ausdrückt – etwas schulmeisterliche Anstrich, den die Einteilung nach Fleiß- und ähnlichen Klassen hat, darf nicht abschrecken, denn in Wirklichkeit geht ja doch tatsächlich allenthalben die Beurteilung jedes, wenigstens des höherwertigen Arbeiters jetzt schon nach ähnlichen Gesichtspunkten vor sich. Mehr Schwierigkeit dürfte vielleicht ein zu erwartender gewisser Widerstand der Arbeiter selbst machen, denn dieses Zuschlaglohnverfahren entspricht nicht dem Ideal der Gleichmacherei; doch kann wohl angenommen werden, daß auch hier das andere Schlagwort „freie Bahn dem Tüchtigen“ sich allmählich mehr und mehr Boden erobert. Wie bereits gesagt, enthält das System des Zuschlaglohnverfahrens im wesentlichen nur alle Bestandteile, die auch jetzt schon zur Arbeitspreisbildung beitragen. Vielleicht werden sich bei weiterer Prüfung noch weitere zu Zuschlägen berechtigende und verpflichende Eigenheiten herausstellen. Das Verdienst der vorliegenden Untersuchung liegt darin, diese Bestandteile einmal herausgesondert und auf ihre Einzelbedeutung hingewiesen zu haben. Vielleicht zeigt eine solche Zergliederung der Grundbestandteile des Arbeitsvertrages allmählich den Weg zu einer auf weitere Gebiete ausbreitbaren Vereinheitlichung für die Aufstellung von Arbeitsverträgen und Entlohnungen, die im Sinne der wirschaftlichen Stetigkeit und des sozialen Friedens sehr zu begrüßen wäre. Vielleicht liegt auch auf diesem Gebiet eine vielversprechende dankenswerte Aufgabe für den Normalienausschuß der deutschen Industrie. Ganz zweifellos kann auf diesem Gebiete, das bisher fast ausschließlich unter dem Einfluß mehr oder minder gewaltsamer Kämpfe gestanden hat, durch eine planmäßige Durchforschung, sehr wohl unter Anlehnung an das geschichtlich in den Lohnkämpfen organisch Gewordene recht viel für das lebendige Leben Brauchbares gewonnen werden. Wir stehen auf diesem Gebiet scheinbar erst am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung.Man sehe unter anderen Weißhuhn, Tarifverträge und gerechte Entlohnung im Maschinenbau, Berlin 1913, bespr. in D. p. J. 1914 S. 271. Dipl.-Ing. W. Speiser. –––––––––– Wirkungsgrad und Höchstarbeit von Verbrennungsmotoren. Es ist allgemein üblich, den Wirkungsgrad eines Gasmotors zu bestimmen, indem man seine Leistung mit der Arbeit vergleicht, die der in einer Sekunde entwickelten Verbrennungswärme des Betriebsmittels gleichwertig ist. Vielfach dürfte es unbekannt sein, daß eine derartige Berechnung nur als Annäherungsverfahren betrachtet werden kann. Tatsächlich wäre es denkbar, daß der auf dem angegebenen Wege gefundene Wirkungsgrad bei einem unter den günstigsten Verhältnissen arbeitenden Motor einen Wert annimmt, der größer als 1, also zweifellos unrichtig, ist. Es kann nämlich die gesamte Energieänderung U bei einem chemischen Vorgange, d.h. die dabei unter Voraussetzung eines gleichbleibenden Rauminhalts frei werdende Wärme, kleiner als die Höchstarbeit A des Prozesses sein. Besagt doch schon die Fundamentalgleichung A-U=T\,\frac{d\,A}{d\,T}, daß der Unterschied zwischen den beiden genannten Größen gleich der absoluten Temperatur T mal dem Temperaturkoeffizienten von A ist. In einwandfreier Weise ergibt das Verhältnis der sekundlichen Höchstarbeit zur Maschinenleistung den tatsächlichen Wirkungsgrad des Motors. Um ihn festzustellen, müßte also zunächst der Wert von A für einen chemischen Prozeß bestimmt werden. Man findet ihn durch Betrachtung des nachstehenden isothermen und umkehrbaren Vorganges: Ein Mol eines Gases, dessen Druck, Volumen und Konzentration im Raum I gleich P, V, C sind, werde in den Raum II überführt, wo die genannten Größen die Werte p, v, c annehmen. Hierbei wird durch Ausscheiden des Moles aus Raum I sowie durch die isotherme Volumänderung die Arbeit P\,V+R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{v}{V} gewonnen, wo R die auf ein Mol bezogene, für alle Gase gleiche Gaskonstante ist. Die gesamte Arbeitsleistung im Verlaufe des Vorganges wäre, da beim Eintritt in Raum II die Arbeit pv aufgewendet werden muß, gleich P\,V+R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{v}{V}-p\,v oder, weil PV = pv und \frac{V}{v}=\frac{c}{C} gesetzt werden kann, gleich R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{C}{c}. Stellt man sich nun vor, daß zwei Mole Wasserstoff und ein Mol Sauerstoff von den Konzentrationen C1 und C2 in einen Raum überführt werden, wo Gleichgewicht besteht und die Konzentrationen c1 und c2 sind, und daß ferner der sich gemäß der Formel 2H2 + O2 = 2H2O bildende Wasserdampf von der Konzentration c'1 aus dem Reaktionsgemisch entfernt wird, wonach seine Konzentration C'1 ist, so wäre die geleistete Arbeit nach Obigem gleich 2\,R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{C_1}{c_1}+P\,T\,\mbox{ln}\,\frac{C_2}{c_2}-2\,R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{C'_1}{c'_1} beziehungweise R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{{C_1}^2\,C_2}{C'^2}-R\,T\,\mbox{ln}\,\frac{{c_1}^2\,c_2}{{c'_1}^2}. Sofern der geschilderte Vorgang bei so tiefer Temperatur stattfindet, daß alle Stoffe außerhalb des Reaktionsraumes im festen oder flüssigen Zustande auftreten, sind C1, C2 und C'1 deren durch Messungen feststellbare Sättigungskonzentrationen. Bezeichnet man den im zweiten Gliede auftretenden, den Gleichgewichtszustand kennzeichnenden Bruch mit K und führt den für die Höchstarbeit gefundenen Wert in die obengenannte Fundamentalgleichung ein, so ergibt sich U=R\,T^2\,\frac{d\,\mbox{ln}\,K}{d\,T}, und man sieht, daß zur Berechnung von K die Kenntnis eines zunächst unbestimmten Festwertes notwendig wäre. Man findet diesen aus der Bedingung, daß nahe dem absoluten Nullpunkt die Temperaturkoeffizienten von A und U gleich sind (vgl. D. p. J. Bd. 331 S. 25). Die Frage nach der Größe der Höchstarbeit wäre hierdurch beantwortet, und der Wirkungsgrad eines chemischen Prozesses ließe sich feststellen. Die Verwirklichung eines umkehrbaren, dem beschriebenen in mancher Hinsicht ähnlichen und wie dieser die Höchstarbeit liefernden Vorganges im Gasmotor ist denkbar. Zur Arbeitsleistung möge wiederum die Verbindung von Wasser- und Sauerstoff zu Wasserdampf ausgenutzt werden. Letzterer spaltet sich bei höheren Temperaturen bekanntlich in die Elemente, so daß, wenn man Sauerstoff und Wasserstoff getrennt durch adiabatische Verdichtung außerordentlich stark erwärmt und danach im Motorzylinder mischt, zunächst keine wesentliche Wasserbildung eintritt. Eine solche findet erst allmählich bei der Ausdehnung des Gasgemisches statt, die nunmehr ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung vor sich gehen möge. Die Arbeitsfläche des den Prozeß kennzeichnenden Diagramms würde somit durch die Kompressions- und Expansionskurve umschlossen. Letztere fiele wegen der bei der Verbrennung entwickelten Wärme viel langsamer ab als erstere, so daß man eine nennenswerte Motorleistung erzielen könnte. Der Wirkungsgrad des Vorganges wäre der denkbar günstigste, denn tatsächlich würden durch die Einlaßventile wieder Sauerstoff und Wasserstoff bei Umkehrung des Prozesses ausgestossen. Dieser wäre also, wenn man von der Mischung der Gasmassen absieht, in jeder Hinsicht reversibel. Die Neigung, sich dem geschilderten Vorgange zu nähern, ist beim Dieselmotor deutlich erkennbar. Auch die Verwendung hoher Kompressionsdrücke im Viertaktmotor ist auf das gleiche Bestreben zurückzuführen. Der Bau einer Gasmaschine, die genau nach dem geschilderten Verfahren arbeitet, ist natürlich gegenwärtig ausgeschlossen, weil beispielsweise infolge der erforderlichen hohen Verdichtung Uebelstände auftreten. Die vorstehenden Ausführungen stützen sich im wesentlichen auf Vorträge von Nernst. Schmolke. –––––––––– Stahlzusatz beim Gußeisenschmelzen. Zur Verminderung des Silizium- und Kohlenstoffgehalts des Roheisens, mit der man bessere Festigkeitseigenschaften erzielt, pflegen viele Gießereien Schmiedeeisen- und Stahlabfälle beim Schmelzen im Kupolofen oder im Tiegel zuzusetzen. Ueber die Verwendung solcher Abfälle hat H. Adämmer auf der achten Hauptversammlung des Vereins deutscher Gießereifachleute berichtet. (Gießereizeitung 1918 Nr. 13 und 14.) Er weist darauf hin, daß dieses Mittel, wenn es in den richtigen Grenzen angewendet wird, ohne Nachteil ist. Von den Zusätzen an schmiedbarem Eisen soll aber nicht zu viel genommen und das Eisen soll so heiß geschmolzen werden, daß seine Temperatur dort, wo es die Abstichrinne verläßt, etwa 1400°, mit dem Wannerpyrometer gemessen, zeigt. Bei zu mattem Ofengang wird der Guß blasig und schlackig. Ebenso muß das Eisen heiß vergossen werden, damit sich nicht die Eingüsse zusetzen. Wichtig ist ferner, daß der Guß möglichst schnell und von oben erfolgt, wie bei allen harten Sondergußeisen. In Verbindung mit Hämatit eignen sich Stahl- und Flußeisenabfälle gleich gut. Bei entsprechend hohem Koksverbrauch und Kalksteinzuschlag kann man auch Stahl ohne jeden Gußeisenzusatz im Kupolofen schmelzen. Ein solches aus Stahlschienen erschmolzene Material hatte 2,97 v. H. Kohlenstoff, 0,149 v. H. Silizium und 0,45 v. H. Mangan. Die Abfallstücke dürfen nicht zu klein sein, damit sie nicht durch den Koks der Schmelzzone hindurchfallen und vor den Düsen verbrannt werden. Der Zusatz von Stahl und Flußeisen veranlaßt leicht Kantenhärtung, hervorgerufen durch Bildung weißen, zementitischen Bruchgefüges, das die Bearbeitung sehr erschwert. In gewissen Fällen aber ist diese Erscheinung willkommen. Dies war zum Beispiel der Fall bei Laufbüchsen, die zäh und feinkörnig grau, an beiden Enden aber glashart sein sollten. Adämmer gelang es so, eine Härteschicht von 25 mm an jedem Ende zu erzielen, bei einer mittleren Zusammensetzung von 3,71 v. H. Kohlenstoff, 0,76 v. H. Silizium, 0,78 v. H. Mangan, 0,08 v. H. Phosphor und 0,114 v. H. Schwefel. Erwünscht war die Kantenhärtung auch bei der Herstellung von Mahlscheiben für landwirtschaftliche Maschinen. Diese Scheiben bestanden aus Ringen, die mit konzentrischen Zähnen versehen waren. Letztere sollten glashart sein, während die Ringe selbst noch eine gewisse Zähigkeit haben sollten. Dieses Ziel wurde bei einer Analyse von 3,32 v. H. Kohlenstoff, 1,25 v. H. Silizium, 1,00 v. H. Mangan, unter 0,1 v. H. Phosphor, und 0,06 v. H. Schwefel und einem Satz, der aus Hämatit und Stahlabfällen bestand, und durch Gießen aus dem Tiegel in halbgetrocknete Formen erreicht. Bei höherem Stahlzusatz als 15 v. H. muß das Eisen in der Pfanne mechanisch gemischt werden, da sonst beträchtliche Abweichungen bei den einzelnen Abstichen auftreten. Bei 15 v. H. Stahlzusatz und 15 v. H. Hämatit war dieser Uebelstand noch nicht zu bemerken. Mit dieser Mischung, bei der der Siliziumgehalt etwa 1,5 v. H. betragen mußte, um Kalthärtung zu vermeiden, wurden bei heißem Ofengang lange Zeit erfolgreich Dampfzylinder von mittleren Abmessungen gegossen. Die Zusammensetzung war 3,64 v. H. Kohlenstoff, 1,88 v. H. Silizium, 1,00 v. H. Mangan, 0,64 v. H. Phosphor, 0,089 v. H. Schwefel. Der Koksverbrauch betrug 10 v. H. An zwei Versuchen zeigt Adämmer ferner, daß es sich zur Vermeidung ungleichmäßigen Niederschmelzens des Stahles oder Flußeisens empfiehlt, in den ersten Gichten mehr Stahl und in den letzten weniger oder gar keinen Stahl mehr zu setzen, namentlich wenn mehr als 10 v. H. Stahl- oder Flußeisenzusatz genommen wird. Wenn auch im allgemeinen mit Recht vor dem Zusatz von Stahl oder Flußeisen zu kohlenstoffarmen Sondereisen gewarnt wird, weil dadurch Lunkerungen gebildet werden, lassen sich doch mit solcher Mischung im Dauerbetrieb gute Erfolge erzielen, wenn Hämatit zugesetzt und heiß geschmolzen wird. Der Hämatitzusatz ist sehr wichtig. Auf diese Weise wurden unter anderen Kolbenringe hergestellt für liegende Dampfmaschinen, die mit hoher Ueberhitzung bei hoher Kolbengeschwindigkeit arbeiteten, und deren Material möglichst hart und zähe sein sollte. Die Gattierung bestand aus 40 v. H. C. B. R. Warner cold blast, 14 v. H. Hämatit, 28 v. H. Birlenbacher Grau und 18 v. H. Stahlschienen, mit einer berechneten Zusammensetzung von 2,76 v. H. Kohlenstoff, 1,26 v. H. Silizium, 1,51 v. H. Mangan, 0,089 v. H. Phosphor, 0,053 v. H. Schwefel. Das Eisen verließ den Ofen mit einer Temperatur von etwa 1400°, war also sehr heiß. Eine sehr leichtflüssige Schlacke mußte durch Kalkzusatz steif gemacht werden. Das Material war sehr dicht und feinkörnig und zeigte bemerkenswerte Eigenschaften. So ließ sich ein daraus hergestellter Ring von 1400 mm Durchmesser nach dem Durchschneiden 1100 mm auseinanderziehen, und ein Zylinder von 60 mm und 85 mm Höhe ließ sich auf 55 mm herunterstauchen, ohne daß Kantenrisse auftraten. Die Festigkeitswerte waren ebenfalls vorzüglich, auch ließ sich das Material gut bearbeiten. Die schwächeren Ringe wurden zuerst, die stärkeren später gegossen, weil der Stahl später schmilzt als das Roheisen. Waren Ringe gleicher Wandstärke zu gießen, so setzte man den Stahl vor dem Roheisen. Wegen seiner guten Eigenschaften (45 kg Bruchfestigkeit, 58 kg Biegefestigkeit, 14,7 mm Durchbiegung) konnte das Eisen auch für andere hochbeanspruchte Maschinenteile, zum Beispiel für besondere Teile von Gasmaschinen, verwendet werden. Doch gelang der Guß solcher Teile nur dann blasenfrei, wenn sehr heiß aus der Pfanne gegossen wurde. Loebe.