Titel: Polytechnische Schau.
Fundstelle: Band 333, Jahrgang 1918, S. 216
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Die neueren Forschungen bezüglich der thermischen Eigenschaften des Wasserdampfes und ihre praktische Verwertung. Während der letzten Jahre war die spezifische Wärme cp des überhitzten Wasserdampfes Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. Vor allem bemühten sich Jakob, Knoblauch, Winkhaus und Hilde Mollier, im Laboratorium für technische Physik der Hochschule zu München auf experimentellem Wege den Wert von cp innerhalb weiter Temperatur- und Druckbereiche festzustellen. Er ist gegenwärtig genau bekannt nahezu für alle in Kraftmaschinen vorkommenden Dampfspannungen und Ueberhitzungsgrade. Andere Forscher waren bestrebt, die Versuchsergebnisse rechnerisch auszuwerten. Hierbei bot sich die noch vor wenigen Jahren von Harvey N. Davis für unüberwindlich erklärte Schwierigkeit, das spezifische Volumen v aus cp nach der bekannten Gleichung \left(\frac{\partial\,c_{\mbox{p}}}{\partial\,p}\right)_{\mbox{T}}=-A\,T\,\left(\frac{\partial^2\,v}{\partial\,T^2}\right)_{\mbox{p}} zu berechnen, wo p der Druck in Atmosphären, T die absolute Temperatur und A gleich 1/427 ist. Zuerst gelang es Jakob aus den gemessenen cp-Werten v zu bestimmen. Er wählte das zeichnerische Verfahren, da er den Versuch für aussichtslos hielt, die Abhängigkeit der spezifischen Wärme von Druck und Temperatur mit befriedigender Genauigkeit durch einen Ausdruck wiederzugeben, der die zur Berechnung von v erforderlichen Integrationen gestattete. Ein solcher wurde durch R. Plank gefunden. Die aus ihm abgeleitete v-Gleichung besaß allerdings eine für weitere Verwendung viel zu verwickelte Form. Aber auch dieser Mangel ist in neuester Zeit auf Anregung Stodolas durch Eichelberg beseitigt worden, so daß die Theorie zu einem gewissen Abschlusse gelangte und es sich nunmehr darum handelt, die mit so vieler Mühe gewonnenen Ergebnisse der Praxis nutzbar zu machen Zunächst dürfte es sich empfehlen, den aus der cp-Gleichung Eichelbergs gewonnenen Ausdruck v = f (p1 T) zur Vervollkommnung des für die Berechnung von Dampfturbinen so wichtigen i-s-Diagramms zu verwerten. Mollier legte den von ihm entworfenen is-Schaubildern bekanntlich neben älteren Messungen der spezifischen Wärme die Callendarsche Zustandsgleichung zugrunde, indem er aus ihr den Wärmeinhalt i und die Entropie s gemäß den aus den Wärmesätzen folgenden Beziehungen d\,i=c_{\mbox{p}}\,d\,T-A\,\left[T\,\left(\frac{\partial\,v}{\partial\,T}\right)_{\mbox{p}}-v\right]\,d\,p und d\,s=\frac{c_{\mbox{p}}}{T}\,d\,T-A\,\left(\frac{\partial\,v}{\partial\,T}\right)_{\mbox{p}}\,d\,p d p bestimmte. Auf genau demselben Wege lassen sich i und s natürlich auch aus Eichelbergs Formel (vergl. D. p. J. Bd. 332 Heft 26 und Bd. 333 Heft 7) berechnen, die viel weitergehenden Ansprüchen gerecht wird als die Callendarsche Gleichung. Eine auf diesem Wege erreichte Verbesserung der Entropietafeln wäre auch für die rechnerische Behandlung der Kolbendampfmaschinen von Vorteil, denn bei dieser läßt sich das is-Diagramm gleichfalls mit großem Nutzen verwerten. Handelt es sich zum Beispiel darum, die verlustlose Arbeit zu bestimmen, die 1 kg Heißdampf von gegebener Temperatur leistet, das unter Verwandlung in Sattdampf vom Druck p1 auf den Druck p2 unvollständig expandiert und mit dem Druck p3 den Zylinder verläßt, so käme man zwar durch Aufzeichnen eines p v-Diagramms zum Ziele. Es könnte aber bei dessen Entwurf der Exponent k der Expansionsadiabate vor allem beim Uebergange vom Ueberhitzungsins Sättigungsgebiet nur unter Schwierigkeiten bestimmt werden. Man gelangt auf einfachere Weise zu einem einwandfreien Ergebnis, indem man die bis zum Ende der Expansion geleistete Arbeit aus dem i s-Diagramm als Ordinate zwischen den Kurven gleichen Druckes für p1 und p2 abgreift. Die Arbeit nach Beendigung der Ausdehnung ergibt sich unter weiterer Benutzung der Entropietafeln folgendermaßen: Die spezifische Dampfmenge x am Schlusse der Expansion wird aus den innerhalb der Grenzkurven in das i s-Diagramm eingetragenen Linienzügen für gleichen Feuchtigkeitsgrad bestimmt. Darauf entnimmt man den zuerst von Schule veröffentlichten T v s-Tafeln, in welchen T als Ordinate, v und s als Abszissen eingetragen sind, das spezifische Volumen vs des Sattdampfes beim Druck p2. Es wäre nun das Volumen am Expansionsende v2 = x vs, die danach geleistete Arbeit (p2 – p3) v2 und somit auch die Gesamtarbeit bekannt, deren Teilung durch den Wert des Wärmeinhalts beim Druck p1 den thermischen Wirkungsgrad ergibt. Daß sich der Exponent k der Adiabatengleichung nach Aufstellung einer allen Ansprüchen genügenden und verhältnismäßig einfachen Formel für cp genauer als bisher feststellen läßt, sei nur nebenbei erwähnt. Für die Berechnung der Wasserdampf-Kältemaschinen ist es von Bedeutung, daß es gelang, eine auch bei den geringsten Drücken gültige Gleichung für die Verdampfungswärme r auf Grund der Forschungen Eichelbergs zu finden. Bezeichnet man nämlich mit i', i'' und s', s'' Wärmeinhalt und Entropie von Flüssigkeit bzw. Sattdampf, so gilt i''i' = r. Es wäre hierbei i'=\int\,c_{\mbox{fl}}\,.\,d\,T+A\,p\,v_0, wo v0 das spezifische Volumen des Wassers bei 0° und Cfl die spezifische Wärme der Flüssigkeit ist, welche nach Dieterici. als bekannte Funktion der Temperatur betrachtet werden darf. Somit ist i' = f(T) + f(p), während die Abhängigkeit des Wertes i'' von Druck und Temperatur, wie oben angedeutet wurde, aus der Zustandsgleichung Eichelbergs festgestellt werden kann. Daher läßt sich auch r bestimmen, wenn p und T bekannt sind. Eine Gleichung, welche die Berechnung des in Wasserdampf-Kältemaschinen in Frage kommenden Sättigungsdruckes bei beliebiger Temperatur gestattet, erhält man aus der Beziehung s''-\frac{i''}{T}=s'-\frac{i'}{T}, die durch Vereinigung der Ausdrücke i'' – i' = r und s''-s'=\frac{r}{T} unter Elimination von r gewonnen wurde, indem man s'=\int\,\frac{c_{\mbox{fl}}\,d\,T}{T} setzt, für i'' s'' die aus der neuen Zustandsgleichung berechneten Werte und i' wieder als f(T) + f(p) einführt. Auch für die Untersuchung der Vorgänge bei der Dampferzeugung und Kondensation sowie für Berechnung der im Kraftgasgenerator entstehenden Temperatur, die wiederum die Zusammensetzung des entwickelten Gases beeinflußt, ist eine einwandfreie Formel für cp erwünscht. Schmolke. Gebirgslokomotiven. Auf der Strecke Fiume–Moravica hat die ungarische Staatsbahn siebenachsige Lokomotiven der Bauart 1 C + C IV T F G in den Dienst gestellt. Es handelt sich demnach um Lokomotiven mit einer vorderen Laufachse, bei der zwei Gruppen von je drei gekuppelten Achsen (C) vorhanden sind. Die vier Zylinder (IV) werden mit überhitztem Dampf (T) gespeist, der mit zweistufiger Dehnung (F) arbeitet. Die Lokomotiven sind für den Güterverkehr (G) bestimmt. Die Lokomotiven sind von der Ungarischen Staats-Maschinenfabrik in Budapest gebaut und haben von allen Lokomotiven Europas die größten Kesselabmessungen und dementsprechend die größten Leistungen. Die ersten Lokomotiven dieser Bauart wurden anfangs des Jahres 1914 in den Dienst gestellt. Etwa 60 Stück davon sind während des Krieges fertiggestellt worden. Seit dem Jahre 1898 werden auf der Karststrecke Fiume–Cameral mit 25 v. T. Steigung und vielen Kurven vier-, fünf- und sechsachsige Lokomotiven der Bauart Mallet-Rimrott verwendet, die aber dem zunehmenden Zugverkehr und den immer schwerer werdenden Güterzügen nicht mehr genügen. Die neuen Lokomotiven können auf einer Steigung 1 : 100 mit 50 km/Std. Geschwindigkeit einen etwa 700 t schweren Zug fördern. Bei den Lokomotiven findet ein Langröhrenkessel mit Feuerbüchse, deren Längswände und Stirnwand durch senkrecht nebeneinander gestellte Wasserröhren gebildet sind, nach der Bauart Brotan Verwendung. Der im Langkessel und in den Wasserröhren der Feuerbüchse erzeugte Dampf wird in zwei über der Feuerbüchse gelagerte kreisrunde Dampfsammler geleitet. Die Wasserröhren beim Brotankessel können leicht gereinigt werden, Stehbolzen, Deckenschrauben, Nietung fallen bei dem Rohrfeuerkistenkessel Brotan gegenüber den gewöhnlichen Lokomotivfeuerbüchsen weg. Beim Brotankessel wird außerdem die direkte Heizfläche der Feuerbüchse um etwa 50 v. H. vergrößert, wodurch eine bessere Ausnutzung der Heizgase erfolgt. Bei 15 at Dampfdruck hat der kleinste zylindrische Kesselschuß 19 mm Blechstärke. Die kupferne Feuerbüchsonrohrwand ist 30 mm, die vordere eiserne Rohrwand 28 mm stark. Der Ueberhitzer Bauart Schmidt-Kassel ist im Langkessel der Lokomotive untergebracht und hat im ganzen 36 Ueberhitzerrohre von 125 bis 135 mm , die in vier Reihen zu je neun Stück untergebracht sind. Die Ueberhitzerheizfläche beträgt etwa 80 m2. Außerdem sind 180 Siederohre von 47 bis 52 mm vorhanden, mit 5,6 m Länge. Die Feuerbüchse ist 3,1 m lang und 2,02 m breit. Die Seitenwände der Feuerbüchse bestehen aus je 29 Stück 5 mm starken nahtlosen Wasserrohren aus Flußeisen von 85 bis 95 mm . Als Steuerung ist hier die außenliegende Heusinger-Walschaert-Steuerung verwendet. Die Hochdruckzylinder haben 250 mm, die Niederdruckzylinder 340 mm . Der Anfahrschieber kann von Hand betätigt werden. Er leitet Frischdampf vom Einströmrohr zum Verbinder. Meistens genügen zum Anfahren die Hochdruckzylinder, besonders bei den gewöhnlich nicht straff gekuppelten Güterzügen. Der vierachsige Tender faßt 26 m3 Wasser und 8 t Kohle. Das Reibungsgewicht der Lokomotive ist 96,94 t, daraus läßt sich die größte Zugkraft der Lokomotive zu 16450 kg berechnen. Werden stündlich auf 1 m2 Rostfläche rund 400 kg Kohlen verbrannt, so leistet die Lokomotive 1920 PS. Die Lokomotive hat zwei Bremsleitungen, die eine für die Westinghouse-Schnellbremse, die andere für die Regulierbremse, Bauart Henry, (Technische Rundschau 1918 S. 109 bis 110.) W. –––––––––– Die Uebergabe der 10000. von A. Borsig, Berlin-Tegel, gebauten Lokomotive an die Kgl. preußische Staatseisenbahnverwaltung erfolgte am 12. Oktober vormittags im Werk der Firma in Tegel. Die Maschine ist eine Einheits-Heißdampf-Güterzuglokomotive neuester Bauart. Aus Anlaß dieses Ereignisses wurde an Beamte und Arbeiter der Firma eine Reihe von Auszeichnungen verliehen. –––––––––– In den Ausstellungshallen am Zoo zu Berlin veranstaltet vom 24. Januar bis 24. Februar 1919 der Verband deutsche Arbeit eine Ausstellung „Deutsche Arbeit im Kriege“, die zum ersten Male ein zusammenhängendes Bild der im Kriege geleisteten Arbeit als Grundlage künftigen Schaffens geben wird. –––––––––– Otto Mohr †. Am 3. Oktober ist der Altmeister der technischen Mechanik, Exzellenz Prof. Dr.-Ing. C. h. Otto Mohr, in Dresden gestorben.