Titel: | Modell zur Veranschaulichung der Reaktionswirkungen an statisch bestimmten und unbestimmten Trägern. |
Autor: | W. Tochtermann |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 80 |
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Modell zur Veranschaulichung der
Reaktionswirkungen an statisch bestimmten und unbestimmten Trägern.
Von Dipl.-Ing. W. Tochtermann, Professor
in Eßlingen a. N.
(Schluß.)
TOCHTERMANN, Modell zur Veranschaulichung der Reaktionswirkungen
etc.
Eine weitere Art von Trägerform, die sehr Interessantes bietet, ist der
Portalrahmen. Auch hierfür ist das Modell: eingerichtet. Diese Trägerart kommt in
der Praxis sehr mannigfach vor, in besonders charakteristischer Weise bei
Bockkranen. Die Abb. 7 gibt das Bild eines solchen
fertigen Bauwerks; in Gegenüberstellung davon in den Abb.
8 bis 10 das für die statische Berechnung
herausgeschälte Skelett. Bei fahrbaren Bockkranen entspricht die Lagerung der Füße
dem in Abb. 9 skizzierten Fall der vollständig freien
seitlichen Beweglichkeit aber nur solange, bis infolge seitlicher Ausspreizung die
Spurkränze der Laufräder an den Schienen anliegen. Von da ab hat man es mit der in
Abb. 10 angedeuteten drehbaren Lagerung zu tun.
Ist kein Fahrwerk vorhanden und ist, dem feststehenden Bockkran entsprechend, der
Rahmen mit seiner Unterlage fest verbunden, so tritt die mehr oder weniger
vollkommene Einspannung des Trägers in Erscheinung. (Abb.
8) Jeder der erwähnten Fälle ruft andere äußere Kräfte an den Lagerstellen
hervor und es ist für den mit der Sache sich Beschäftigenden besonders wertvoll,
mit Hilfe des Modells der Reihe nach das Entstehen der verschiedenen Kräfte zu
erkennen und zu studieren.
Textabbildung Bd. 336, S. 79
Abb. 7.
Alle die erwähnten interessanten Erscheinungen zeigt das Modell in sehr anschaulicher
Weise. Der Beobachtende kann mühelos verwickelte Fälle in ihre einfachen
Bestandteile zergliedern und erlangt so Klarheit über das Wesen und Wirken von
Kräften, viel besser und vor allem viel rascher als jede theoretische Abhandlung es
vermag. Solche Eindrücke sind nachhaltig und darum unschätzbar. Darin liegt ein
schätzenswerter Vorteil der Anschauung.
Den konstruktiven Aufbau des Modells zeigen die Abb. 11 bis 14. Zur
näheren Erläuterung sei folgendes bemerkt:
Der jeweilige Träger a ist in einer geschlitzten Achse b durch Schrauben
festgehalten. Die Achse ruht in zwei Rollen c, die somit das Lager für den sich in
ihm drehenden Träger bilden und die sich auf Winkeleisen d als Unterlage abstützen
und bewegen können. Zwecks Einstellung in verschiedenen Lagen im Raum sind die
Winkeleisen mit Schlitzen f versehen. Beide Winkeleisen werden durch eine kräftige
Schraube, die an einer Holztafel festgemacht ist, in Verbindung mit Gasrohren als Distanzstücken in
beliebig gewünschter Lage räumlich festgehalten. An der Innenseite der Winkeleisen
ist durch eine weitere Schraube je ein Tragblech e befestigt, das zur Lagerung der
Achsen für die erforderlich werdenden Schnurrollen dient.
Textabbildung Bd. 336, S. 80
Abb. 8.
Textabbildung Bd. 336, S. 80
Abb. 9.
Textabbildung Bd. 336, S. 80
Abb. 10.
Die Schlitze g und h in den Blechen sind notwendig, weil
letztere bei Verstellung der Unterlage ihre Lage im Raum nicht ändern dürfen. Auf
die Achse b ist ein Zeiger i übergeschoben, der die Form Veränderung an den
Trägerenden anzeigt und an der Skala k die Biegungswinkel angibt.
Textabbildung Bd. 336, S. 80
Zur Anbringung der Horizontal- und Vertikalkräfte an den
Lagerstellen dienen an der Achse b festgemachte Schnurzüge, die über je paarweise
angeordnete Rollen 1 und m (bzw. l1 bei geradem
Stab) nach außen gehen. Für den Fall der Einspannung muß auf die das Trägerende
fassende Achse b ein Kraftmoment ausgeübt werden, was durch Schnurzüge erreicht
wird (Rolle o bzw. o1), die an dem Bügel n
angreifen, der je hälftig durch Schraubenmuttern, die ihn gegen Ansätze an der Achse
b pressen, in feste Verbindung mit letzterer gebracht wird. Der Bügel kann je nach
der Form des am Modell vorgeführten Trägers in jeder beliebigen Lage an der Achse
festgeklemmt werden.
Textabbildung Bd. 336, S. 81
Abb. 15.
Abbildung 15 zeigt das komplette Modell und zwar einen
aus dünnem Stahlblech bestehenden Rahmenträger eingebaut, an welchem sich die
beschriebenen Erscheinungen in besonders prägnanter Weise zeigen. Der Träger ist zum
Versuch belastet und wie das Bild zeigt, an seinen Lagerstellen durch Anbringen der
Kräfte V und H an den in der Abbildung sichtbar gemachten Stellen freigemacht.
Außerdem wirkt am Auflager noch das Moment M. Letztere Größe ist so bemessen,
daß in der Abbildung eine vollkommene Einspannung erreicht ist. (Der Zeiger steht
genau senkrecht). Die unveränderte Entfernung der beiden Lagerenden (Abstand von
Rolle zu Rolle) bildet einen Maßstab für die richtige Größe des Horizontalschubs H.
Zu diesem Zweck sind Distanzmarken an dem Winkeleisen angebracht. Um allzuviele
Gewichte zu vermeiden, sind die Schnüre immer paarweise über eine Rolle geführt, die
dann in ihrer Achse belastet ist. Auf diese Weise leidet die Übersichtlichkeit nicht
und ist alles gedrängt beisammen. Eine Unterbindung der Meßgenauigkeit durch
Reibungseinflüsse tritt so gut wie nicht ein, da infolge der angebrachten
Vertikalkräfte V der ganze Versuchsapparat auf seiner Unterlage sozusagen schwebt.
Der Ein- und Ausbau der verschiedenen Träger läßt sich am Modell rasch und bequem
und ohne viel verstellen zu müssen, bewerkstelligen.