Titel: | Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen. |
Autor: | Karl Meller |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 257 |
Download: | XML |
Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen.
Von Karl Meller,
Berlin-Siemensstadt.
(Schluß.)
MELLER, Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen.
Was in Bezug auf den Zusammenbau und die Regelung des Motors bei Drehbänken
gesagt worden ist, findet sinngemäß Anwendung auch bei Bohr- und Fräsmaschinen.
Besonders kommen die erzielbaren Vorteile bei Radialbohrmaschinen zur Geltung. Durch
Aufbau des Motors unmittelbar auf dem Support, zu welchem Zwecke der Motor vertikal
angeordnet wird, läßt sich im Vergleich zu der sonst üblichen Transmissionsanordnung
eine sehr große Zahl Uebertragungen sparen, wodurch der Wirkungsgrad wesentlich
verbessert wird.
Bei Fräsmaschinen ist außer der Drehung des Fräsers noch eine Längsbewegung zwischen
Fräser und Arbeitsstück erforderlich. Hierbei kann entweder der Fräser selbst
beweglich angeordnet werden, oder es wird der Tisch, auf welchem das Arbeitsstück
befestigt ist, in der Längsrichtung verschoben. Bei größeren Fräsmaschinen hat es
sich als außerordentlich vorteilhaft gezeigt, diese Längsbewegung durch einen
besonderen Vorschubmotor vornehmen zu lassen. Dabei bietet der elektrische Antrieb
den großen Vorteil, daß man durch gegenseitige elektrische Verriegelung in einfacher
Weise eine Sicherung so treffen kann, daß der Vorschub nur dann arbeiten kann,
wenn der Fräser läuft, wodurch die Beschädigung des Fräsers vermieden wird. Bei
größeren Fräsmaschinen, bei welchen mehrere Fräser arbeiten, wird die
Gestängeanordnung besonders vereinfacht, wenn jeder Fräser für sich einen Motor
erhält. Eine typische Ausführung zeigt die Fräsmaschine der Abb. 6, bei welcher für den Antrieb von 3 Spindeln 3 Einzelmotoren von je
etwa 15 kW Leistung und für jeden Durchzug der Fräserspindel je 1 Motor von etwa 3
kW Leistung vorgesehen ist. Für den Vorschub des Tisches ist außerdem noch ein
siebenter Motor mit einer Leistung von 15 kW bestimmt. Eine elektrische
Druckknopfsteuerung ermöglicht rasche Bedienung des elektrischen Teiles von
verschiedenen Stellen aus.Vergl. Weil, Z. d. V. d. I. 1919, Seite 1141 ff.
Textabbildung Bd. 336, S. 257
Abb. 6. Fräsmaschine mit 3 Einzelmotoren von je etwa 15 kW Leistung.
Die Anforderungen, die an den Antrieb einer Hobelmaschine gestellt werden, sind in
der Hauptsache folgende:
1. Gute Durchzugskraft bei allen Arbeitsgeschwindigkeiten, Unempfindlichkeit gegen
Stoß- und Ueberlastungs-Beanspruchung.
2. Selbsttätige Umsteuerung an dem jeweiligen Hubende, wobei die Hubgrenzen
beliebig eingestellt werden müssen.
3. Feinstufige Einstellung des Arbeitsgeschwindigkeit, höchste
Rücklaufgeschwindigkeit möglichst unabhängig von der Arbeitsgeschwindigkeit.
4. Unbedingte Zuverlässigkeit gegen das Ueberfahren der eingestellten Hubgrenzen, so
daß ein Herauslaufen des Hobeltisches aus dem Werkzeugschlitten oder ein Anrennen
des Stahles gegen vorstehende Teile des Arbeitsstückes unbedingt vermieden wird.
Textabbildung Bd. 336, S. 258
Abb. 7. Einzelantrieb einer Hobelmaschine durch Gleichstrom-Wendemotor.
5. Möglichkeit, den Antrieb von beliebig gewählten Punkten in einfacher Weise schnell
zum Stillstand zu bringen.
Diese Bestimmungen boten der Durchbildung des Einzelantriebes von Hobelmaschinen, bei
welchen sonst das Umsteuern durch Verschieben des Treibriemens erfolgt, erhebliche
Schwierigkeiten. Erschwerend kommt noch die große Zahl der Umsteuerungen, besonders
bei kleineren Hüben in Frage, die in einer Schicht die Zahl von 1000 und noch mehr
erreichen kann. Der große Riemen-Verschleiß bei den von Transmission aus
angetriebenen Hobelmaschinen bedingte, daß man bei der Durchbildung des
Einzelantriebes vor allem darauf achten mußte, diese ungünstige Zwischenübertragung
zu vermeiden. Man baut daher den Motor unmittelbar unter entsprechender
Zwischenschaltung von Zahnradvorgelegen mit der Hobelmaschine zusammen (Abb. 7). Naturgemäß wird es dann erforderlich, den
Motor an jedem Hubende umzusteuern. Am besten bewährt hat sich hierbei die
mechanische Betätigung des Wendeanlassers, wobei die Bewegung vom Tisch abgeleitet
wird.
Um eine Drehzahlregelung zu erreichen, verwendet man Gleichstrom-Nebenschlußmotoren.
Die Geschwindigkeit wird hierbei durch einen besonderen Nebenschlußregler, der in
handlicher Nähe des Arbeiters angeordnet wird, eingestellt. Dabei ist für gewöhnlich
die Anordnung so getroffen, daß beim Rücklauf der Motor mit seinen höchsten
Drehzahlen arbeitet. Die Steuerung erfolgt in der Weise, daß beim Ablauf der Motor
durch Betätigung von 2–3 Anlaßkontakten bis zu seiner Grunddrehzahl angelassen wird
und die weitere Drehzahl-Erhöhung beim Arbeitsgang bis zu der der Stellung des
Nebenschlußreglers entsprechenden Drehzahl durch Feldschwächung erfolgt und zwar
durch im Wendeanlasser vorgesehene Feldschwächkontakte. Beim Umsteuern, wobei es
darauf ankommt, zuerst die Geschwindigkeit bis auf 0 zu erniedrigen, wird erst das
Feld des Motors verstärkt, wodurch dieser bis auf seine Grunddrehzahl abgebremst
wird, worauf dann durch Umschalten der Ankerleitung der Motor elektrisch durch einen
Gegenstrom stillgesetzt und dann in entgegengesetzter Richtung wieder angelassen
wird.
Soll der Antrieb stillgesetzt werden, so kann dies durch Betätigung des Halteknopfes,
von dem je nach Bedarf mehrere in Hintereinanderschaltung an verschiedenen Stellen
der Werkzeugmaschine angebracht werden können, oder durch Betätigung eines kleinen
Schalters am Steuerapparat erreicht werden.
Ist nur Drehstrom vorhanden, so kann zum Antrieb der Hobelmaschine in gleicher Weise
wie bei der vorbeschriebenen Anordnung ein Drehstrommotor verwendet werden. In Frage
kommt lediglich der asynchrone Drehstrommotor, der naturgemäß eine Drehzahl-Regelung
und eine Erhöhung der Rücklaufgeschwindigkeit gegenüber der Vorlaufgeschwindigkeit
nicht zuläßt. Man verwendet daher Einzelantriebe mit Drehstrom-Umkehrmotor meist nur
bei solchen Hobelmaschinen, bei welchen mit Rücksicht auf das gleichmäßige Material
keine erhebliche Drehzahl-Regelung verlangt wird und bei welchem sowohl im Vorlauf
als auch im Rücklauf gearbeitet wird, so daß beide Geschwindigkeiten gleich sein
müssen. Solche Bedingungen findet man bei den Blechkanthobelmaschinen, welche immer
für die Bearbeitung von Eisenblechen im Vorlauf und Rücklauf ausgeführt werden.
Will man die Vorteile des regelbaren Motors auch bei solchen Anlagen haben, bei
welchen nur ein Drehstromnetz vorhanden ist, so muß man einen besonderen
Drehstrom-Gleichstromumformer aufstellen. Man kann hierbei dann die Dynamo des
Umformers für gleichbleibende Spannung ausführen und den Einzelantrieb so
durchbilden, als wenn ein Gleichstromnetz vorhanden wäre, also mit regelbarem Motor
und mit mechanisch betätigter Umsteuerung. Diese Ausführung ist besonders dann
zweckmäßig, wenn mehrere kleinere Hobelmaschinen von einem gemeinsamen Umformer aus
gespeist werden sollen.
Bei Hobelmaschinen mit kleinerer Leistung, besonders wo ein kurzer Hub in Frage
kommt, so z.B. bei Stoßmaschinen, verwendet man mit gutem Erfolg die
elektromagnetische Wendekupplung. Abb. 8 zeigt
schematisch die Ausführung einer Wendekupplung. Auf der Welle aufgekeilt sitzt die
Ankerscheibe, welche unter Zwischenschaltung von Zahnrad- oder Schneckenvorgelege
mit der Hobelmaschine verbunden ist. Ferner laufen auf der Welle in Gleit- oder
Kugellagern zwei Kupplungshälften, und zwar in entgegengesetzter Richtung. Diese
beiden Kupplungshälften werden unter Zwischenschaltung eines Vorgeleges von dem Motor
angetrieben.
Textabbildung Bd. 336, S. 259
Abb. 8. Wendekupplung.
Wird die Wicklung eine der beiden Kupplungshälften erregt, so
entsteht zwischen der Ankerscheibe und der Kupplungshälfte eine starke mechanische
Anziehungskraft, wodurch die erregte Kupplungshälfte und die Ankerscheibe fest
aufeineinder gepreßt werden und zwar an den vorhandenen Reibflächen. Dadurch
wird die Ankerscheibe in der Richtung mitgenommen, in welcher die Kupplungshälfte,
die magnetisch erregt ist, läuft. Wird die Erregung abgeschaltet, so hört die
Anpressung auf und die Ankerscheibe wird von der Kupplungshälfte abgedrückt. Durch
abwechslungsweises Erregen der beiden in entgegengesetzter Richtung laufenden
Kupplungshälften wird die Ankerscheibe in beiden Drehrichtungen gedreht und dadurch
die hin- und hergehende Bewegung des Hobeltisches hervorgerufen. Zum Umschalten der
Erregung von einer Kupplungshälfte auf die andere dient ein kleiner Umschalter,
welcher von verstellbaren Anschlägen, die am Tisch der Hobelmaschine angebracht
sind, gesteuert wird. Um eine höhere Rücklaufgeschwindigkeit zu erzielen, wird die
für den Rücklauf bestimmte Kupplungshälfte mit einer entsprechend höheren Drehzahl
als die für den Vorlauf bestimmten angetrieben. Ist eine Drehzahl-Regelung des
Arbeitsganges erwünscht, so kann man, falls Gleichstrom vorhanden ist, einen
regelbaren Motor verwenden. Ist jedoch zum Antrieb ein asynchroner Drehstrommotor
vorgesehen, so kann die Vorlaufgeschwindigkeit nur durch Aenderung der mechanischen
Uebersetzung zwischen Motor und der Kupplungshälfte für den Vorlauf erreicht
werden.