Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Schmolke |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 259 |
Download: | XML |
Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Motortechnik.
200-PS-Flugmotor. In den Jahren 1916–1918 hat die
„Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur“ den deutschen
120 PS Sechszylinder-Argus-Flugmotor gebaut, der für größere Flugzeuge und größere
Geschwindigkeit nicht mehr genügte. Deshalb wurde im Jahre 1919 mit dem Bau eines
200-PS-Motors begonnen. Der neue 200-PS-„Winterthur-Motor“ hat acht
Einzelzylinder, die in zwei Reihen von je vier Zylindern in V-Form unter 90°
angeordnet sind. Mit den Stahlzylindern sind die Kühlwassermäntel durch autogene
Schweißung verbunden. Die Zylinder haben 125 mm Durchmesser und 150 mm Hub. Die
Steuerwelle liegt in der Mittelebene im Motorgehäuse. Im übrigen ist die Steuerung
in bekannter Weise wie beim Argusmotor angeordnet.
Die Aluminiumkolben haben eine sorgfältig durchgeführte Rippenanordnung und sind mit
5 Kolbenringen versehen. Die aus Chromnickelstahl hergestellte Kurbelwelle hat vier
Kröpfungen. Die Welle ist in 5 Gleitlagern mit Weißmetallausguß gelagert. Das
Traglager des Propellers ist ebenfalls als Gleitlager ausgebildet. Ein doppeltes
Kugellager nimmt den Achsialschub des Propellers auf, so daß der Motor sowohl für
Zug- als für Druckpropeller verwendet werden kann.
Die Schmierung ist als Umlauf-Druckschmierung ausgebildet. Für beide Zylinderreihen
ist eine Zentrifugalpumpe vorgesehen. Ein Doppelvergaser erzeugt das
Brennstoff-Luftgemisch, und zwar so, daß die beiden Zylinderreihen in der
Brennstoffversorgung von einander unabhängig sind. In bekannter Weise ist das aus
Aluminium hergestellte Vergasergehäuse doppelwandig ausgeführt, so daß es durch
heißes Kühlwasser erwärmt werden kann. Die Vergaser sind außerdem mit
Höhenluftregulierung versehen, so daß der Motor in verschiedenen Flughöhen
wirtschaftlich arbeitet. In größerer Höhe wird durch entsprechende Vorrichtung
im Schwimmergehäuse ein gewisser Unterdruck erzeugt, so daß weniger Brennstoff
verbraucht werden kann. Die Vorrichtung kann vom Führerstand betätigt werden.
In jedem Zylinder sind zwei Zündkerzen angeordnet, mit Hilfe zweier Magnete werden
zwei von einander unabhängige Zündstromkreise gebildet. Die Bremsleistung ergab bei
einem Barometerstand von 728 mm Quecksilbersäule und 15° Lufttemperatur bei 1520
Uml./min. im Dauerbetrieb 200 PS. Bei 1000 Uml./min. vergrößert sich die Leistung
auf 210 PS. Das Motorgewicht mit Propellernabe beträgt 228 kg, d.h. 1,14 kg/PS. Mit
diesem Motor ist in der Schweiz ein Höhenrekord von 7250 m aufgestellt worden. (Der
Motorwagen 1921, S. 183–184.)
W.
Fabrik-Motorlokomotiven. Die bisher gebauten derartigen
Lokomotiven haben meist nur kleine Leistung. Die Maschinenfabrik Gmeinder & Co. in Mosbach
baut deshalb mit der Firma Benz & Co. in Mannheim eine neue Motorlokomotive von 15 bis 80
PS, die von einem stehenden Vierzylinder-Benzolmotor über ein mehrstufiges
Wechselgetriebe angetrieben wird. Statt Benzollokomotiven werden auch
Viertakt-Dieselmotoren ohne Kompressor verwendet. Das Treiböl wird nicht wie bisher
mittels Druckluft, sondern unmittelbar durch die Brennstoffpumpe in den Zylinder
eingeführt und dort zerstäubt. Zum Anlassen dient niedrig gespannte Druckluft. Ein-
und Auslaßventile und Anlaßventile befinden sich im Zylinderkopf. Auf der
Kurbelwelle sitzt ein besonders schweres Schwungrad. Die Getriebewelle wird durch
eine Schraubenfederkupplung angetrieben, die mit einer Kegelkupplung vereinigt ist,
damit ein ruhiges Anfahren erreicht wird. Auf der einen Seite des Getriebes kann
eine Spilltrommel zum Heranziehen von Lasten, auf der andern Seite eine
Riemenscheibe zum Antrieb von Maschinen angebracht werden. Es ist beabsichtigt, solche
Diesel-Motorlokomotiven bis zu 200 PS auszuführen. (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing.
1921, S. 657–658.)
W.
Amerikanischer Dieselmaschinenbau. Zahlreiche Firmen haben
in Amerika den Dieselmaschinenbau aufgenommen. Dabei handelt es sich aber in vielen
Fällen nicht um eigene Schöpfungen, sondern um Liglosausführungen bekannter
europäischer Maschinenfabriken, wie Carels, Sulzer, Burmeister, Weckspoor usw. Ueber
solche ausgeführten Maschinenanlagen gibt die Zeitschrift Motorslup, April 1921
folgende Zusammenstellung:
W.
Textabbildung Bd. 336, S. 260
Zweitakt; Viertakt; Bethlehen West;
Nordbergs Carels; Busch Sulzer; Cramp Burmeister; Worthington; M. Intosh &
Seymour; Craig; Skandia Werkspoor; Newport News; New-York Werkspoor;
Bremsleistung; indizierte Leistung; Zylinderzahl; Zylinder-Dmr.; Kolbenhub;
Umlaufzahl; Kolbengeschwindigkeit; Bremsleistung eines Zylinders; indizierte
Leistung eines Zylinders; Gewicht; mittlerer indizierter Druck;
Maschinenlänge.
Amerikanische Großdieselmaschine. Auch in Amerika ist man
nach Ueberwindung vieler Schwierigkeiten zum Bau von großen Dieselmaschinen
übergegangen. Die Nordberg Co in Milwaukee stellt
zur Zeit einfach wirkende Vierzylindermaschinen her, die im Zweitakt arbeiten.
Die Maschinen haben 712 mm Zylinderdurchmesser und 1116 mm Hub. Sie leisten bei 120
Uml./min. 2000 PS. Die Zylinderlaufbüchse ist auswechselbar angeordnet. Die Spülluft
tritt durch Ventile in den Zylinder ein, die im Zylinderkopf angeordnet sind. In
Deutschland ist man dagegen von der Ventilspülung immer mehr auf die Schlitzspülung
übergegangen. Bei dem zweiteiligen Kolben mit Kreuzkopfführung ist nur der
Kolbenboden mit Wasserkühlung versehen. Die Maschine kann mit zwei Zylindern durch
Druckluft angelassen werden, wobei die andern Zylinder sofort normal arbeiten. Die
Spülluftpumpe und der dreistufige Luftverdichter werden unmittelbar von der
Kurbelwelle angetrieben. Der Enddruck der Verdichtung ist etwa 35 at, der mittlere
Druck etwa 4,33 at. Die Maschine hat das relativ große Gewicht von 148 kg/PS.
(Power, 29. März 1921.)
W.
Werkstattstechnik.
Fortschritte und Probleme der mechanischen
Energieumformung. (Prof. Katzbach, Dresden,
Hauptversammlung des Vereins deutscher Ingenieure 1921.) Der Redner ging aus von der
Aufgabe des Technikers, Energie und Stoff zu beherrschen und nach Wunsch umzuformen.
Mechanische Energieumformer werden vor allem gebraucht, wenn Maschinen verschiedener
Drehzahl verbunden werden müssen, z.B. eine Dampfturbine mit einer Schiffsschraube,
ein Elektromotor mit einem Turbogebläse, ein Verbrennungsmotor mit einer
Fahrzeugachse oder einer Luftschraube.
Die wichtigsten dieser Umformer sind die Zahnrad-Getriebe, die Riemen- und Seiltriebe
und die hydraulischen Umbormer; ihre Fortschritte zeigen sich vor allem, wenn man
die erreichten und erreichbaren Grenzen der Leistung aufsucht und feststellt, welche
Probleme, insbesondere bei Erhöhung der Geschwindigkeit, auftreten.
Beim Zahnrad hat man heute die Umfangsgeschwindigkeit, die früher bei etwa 6 bis 10 m
lag, bereits bis nahezu 60 m/sek oder 216 km/st, gesteigert, eine Geschwindigkeit,
die auch zur Zeit ungefähr die höchste erreichte Reibradgeschwindigkeit von
Fahrzeugen und die höchste erreichte Riemengeschwindigkeit darstellt. Aber die
Schwierigkeiten sind beim Zahnrad weitaus höher, als beim unmittelbaren Reibrad, da
sie nur durch bedeutende Fortschritte in der zwangläufigen Zahnradherstellung
überwunden werden konnten. Auf diesem Gebiete sind zahlreiche Meisterwerke der
Gestaltung und der Genauigkeitsarbeit entstanden, z.B. die Maschinen von Pfauter, Reinecker, Maag, Bilgram, Gleason, Böttcher, die zu den reizvollsten Maschinen der Gegenwart
gehören. Allerdings sind die Anforderungen an diese Maschinen bei raschlaufenden
Zahnrädern sehr hoch, denn eine einfache Rechnung zeigt, daß die durch Zahnfehler
hervorgerufenen positiven und negativen Massendrücke, die das Rad während des
Laufens sozusagen hin- und herbeuteln, mit dem Quadrate der Umfangsgeschwindigkeit
steigen. Steigt die Umfangsgeschwindigkeit auf das Zehnfache, so darf der Fehler nur
mehr ein Hundertstel betragen, um nicht höhere Massenkräfte zu erhalten. Aber nicht
nur die Größe der Massenkräfte, sondern auch ihre Zahl in der Zeiteinheit steigt, so
daß ihre Wirkung, die sich in Erschütterungen, Geräusch und Abnutzung, oft auch in
Resonanzschwingungen der ganzen. Wellenleitungen äußert, um so schwerer zu bekämpfen
ist. Bei raschlaufenden Zahnrädern spielen nicht mehr Zehntel, sondern Tausendstel
Millimeter eine Rolle. Die zahlreichen Mittel, Erschütterungen, Lärmen und jegliche Abnützungen der
Zahnräder zu bekämpfen, haben oft, aber noch nicht immer, zu vollem Erfolg geführt,
doch kann erst ein Maschinenteil, der keinerlei Abnutzung und Störung aufkommen
läßt, als wirklich vollkommen bezeichnet werden.
Die Anwendung der Zahnradumformer hat dank der Fortschritte des
Werkzeugmaschinenbaues und der Betriebserfahrungen, besonders in. den letzten 10
Jahren, außerordentliche Fortschritte gemacht. So ging z.B. die englische
Kriegsmarine 1916 für fast alle Schiffsbauten auf Dampfturbinenbetrieb mit
Zahnradumformer über, so daß Anfang 1920 fast 600 Getriebe in Dienst gestellt waren.
Der Schlachtkreuzer Ilood, z. Zt. das größte Kriegsschiff der Welt, erhielt 4
zweistufige Getriebs-Turbinen mit insgesamt 144000 PS und erreichte bei seiner
Probefahrt Anfang 1920 32 Knoten Geschwindigkeit. Vor allem aber hat sich der
gesamte Handelsschiffbau, allerdings nicht immer mit Erfolg, des Zahnradgetriebes
bemächtigt, so daß heute die Dampf-Kolbenmaschine auf dem Schiffe, soweit nicht
Dieselmotore in Betracht kommen, endgültig durch die hochtourige Turbine mit
Zwischengetriebe abgelöst sein dürfte. Dadurch sind Turbinendrehzahlen von 4000 und
5000 und eine Weiterentwicklung in jenen Bahnen möglich geworden, die der geniale
schwedische Ingenier de Laval bereits vor Jahrzehnten mit
seinen kleinen hochtourigen Turbinen von 20–30000 Umdrehungen in der Minute
beschritten hatte, der damals schon Zahnradgetriebe modernster Bauart anwendete. Daß
die raschlaufenden Schaufelradverdichter ebenfalls von den Erfahrungen und der
zunehmenden Beherrschung des Getriebes Nutzen ziehen, ist selbstverständlich.
Auf anderem Gebiete liegen die Fortschritte der mittelbar wirkenden Umformer. Die
Verwendung von Riemen und Seilen hat den Hauptvorteil, daß oft eine bedeutende
Entfernung zwischen den Wellen billig und bequem überwunden werden und gleichzeitig
eine Mehrfach-Umformung auf verschiedene Wellenleitungen stattfinden kann.
Der wirtschaftliche Wettbewerb zwischen Bändern aus Stahl, Leder, Geweben und
Kettenbändern untereinander und mit den Seilen aus Hanf und Baumwolle ist immer noch
lebendig. Allgemein aber ist für große Leistungen das Streben nach Schnellbetrieb,
also nach größten Stoffgeschwindigkeiten mit entsprechend geringerem Stoffbedarf.
Dieser Schnellbetrieb aber verlangt Maßnahmen gegen das Strecken des Bandes durch
Fliehkraft, einen Uebertragungsstoff von überall gleichbleibender Dicke, Masse und
Elastizität, und eine Reibungsübertragung durch Haft-Fette, deren
Flüssigkeitsreibung sich nach neueren Versuchen mit der trocknen Reibung des Stoffes
selbst äußerst vorteilhaft vereinigt.
Geschwindigkeiten bis 45 m/sek werden bereits häufig durchgeführt, größere bis 60 m immer noch ausnahmsweise oder bei
Versuchen. Für noch größere Geschwindigkeiten bis 100 m wäre das Stahlband das
aussichtsreichste Mittel, wenn es gelänge, eine auch hierfür einwandfreie Verbindung
ohne Aenderung von Masse und Festigkeit des Bandes herzustellen. Umformer von
mehreren 1000 PS sind mit Lederriemen und Hanfseilen ausgeführt, Riemenbreite von 1½
bis 2 m und mehr, Riemendicke bis zu vierfacher Lederstärke. Gegenüber dem Zahnrad
bleibt aber der Nachteil bestehen, daß selbst bei gleichen Umfangsgeschwindigkeiten
der Riemen fünf- bis zehnmal breiter ausfällt, und kleine Scheibendurchmesser wegen
der Biegungsbeanspruchung bei Leder und Stahlband sehr ungünstig sind.
Schließlich streifte der Redner noch kurz den Stand der sogenannten
hydraulischen Umformer, die als dynamische Umformer mit Schaufelradpumpe und -Motor
oder als statische Umformer mit Kolben- oder Kapselpumpe und entsprechendem Motor
betrieben werden. Erstere Bauart wurde in Deutschland von Föttinger in Verbindung mit der Vulkanwerft bis zu größten Leistungen
durchgebildet, letztere hauptsächlich durch Lentz
gepflegt und neuerdings für zahlreiche Anwendungsgebiete durchgearbeitet. Trotz
ihrer größeren Verluste ist der Vorteil der Umschaltbarkeit der Drehrichtung und
teilweise auch der Drehzahlen für ihre Wahl vielfach ausschlaggebend. Allen Bauarten
ist eine gewisse Unempfindlichkeit, Freiheit von Erschütterungen, Geräusch und
Abnutzung, und eine große Betriebssicherheit zuzuerkennen, welche eine weitere
Entwicklung sehr begünstigen.
Die vorgeführten Beispiele gaben dem Redner zum Schlusse Gelegenheit, zu betonen, daß
alle Fortschritte nur schrittweise durch abwechselnde Beobachtung und gründliche
Durchdenkung der Erscheinungen, also Praxis und Theorie, gewonnen werden konnten;
dazu sind vor allem notwendig wagemutige und erfindungsreiche Schöpfer der
Gelegenheiten zur Erfahrung und ihre kundigen Verwerter.
Elektrische Härte-, Glüh- und Einsatzöfen. Der in D. p.
J., Heft 15, vom 30. Juli d. Js. auf Seite 239 dargestellte elektrische Härte-, Glüh- und Einsatzofen wird nicht wie angegeben von der Firma Bartz & Bolle
in Berlin hergestellt und vertrieben, sondern von der Norddeutschen Maschinenfabrik G. m. b. H. in Pinneberg (Holstein) gebaut und von der Firma C. Störtländer & Co., in Hamburg vertrieben.
Preger.
Metalltechnik.
Chemische Reaktion an Kristallen und ihre feinbauliche
Deutung. Von Geh.-Rat Prof. Dr. Rinne, Leipzig.
(Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde.) Die Kristalle stellen
eine Aggregationsform dar, bei der die Teilchen in dreidimensional-periodischer
Folge in „Raumgitterart“ angeordnet sind. Die Kristallgestalten sind der
äußere Ausdruck des kristallinen Mikrokosmos, seine Stereochemie deutet sich bereits
in der Anlage der Kristallflächen und -kanten an. Eine glänzende Bestätigung haben
die Vorstellungen vom Bau der Kristalle in den Arbeiten von M. von Laue gefunden, der die Beugungsbilder der Röntgenstrahlen durch
Kristallplatten entdeckte. Die zierlichen Erscheinungen sind geradezu ein Symbol der
Atomanordnung. Kein Zweifel kann nunmehr an der Natur der Röntgenstrahlen als
zartester Wellenbewegung, an dem Vorhandensein der Atome und an dem Raumgitterbau
der Kristalle bestehen.
Den weitesten Ueberblick über die allgemeinen physikalischen Verhältnisse der
feinbaulichen Gebilde gewährt die Betrachtung der Wandlungen, die sich in der
Materie ereignen, wenn sie aus dem Zustand der Gase als durcheinander
„nomadisierender“ Teilchen in den der Flüssigkeit und schließlich in den
Zustand des Kristallinen mit seiner Raumgittteranordnung übergeht. Zwischenstufen
mit einseitig parallel gerichteten Molekülen sind die flüssigen Kristalle.
Unterabteilungen gliedern die Aggegratzustände. Beim kristallinen Material sind das
die bei den Metallen und besonders beim Eisen so bedeutsamen polymorphen Modifikationen. Im
Röntgenbilde treten solche Wandlungen sehr anschaulich hervor.
Die chemischen Eigenschaften der Legierungen. Von Geh.-Rat
Prof. Tammann, Göttingen. (Hauptversammlung der Deutschen
Gesellschaft für Metallkunde.) An Legierungen, die ununterbrochene
Mischkristallreihen bilden, ändern sich die physikalischen Eigenschaften, wie
Dichte, Festigkeit, Harte, elektrisches Leitungsvermögen usw., gleichmäßig mit der
Zusammensetzung. Das chemische Verhalten ändert sich, dagegen sprungweise, eine
merkwürdige Erscheinung, die vom Vortragenden entdeckt worden ist. Dieses Verhalten
der Mischkristalle brachte der Redner in Beziehung zum Aufbau des Raumgitters und
begründete damit die beobachteten Gesetzmäßigkeiten.
Gegenwart und Zukunft der deutschen Aluminiumindustrie.
Von Dr.-Ing. Sterner-Rainer.
(Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft für Metallkunde). Während das deutsche
Reich vor dem Kriege mit Ausnahme des Werkes bei Rheinfelden in Baden von etwa 800 t
jährlicher Leistung kein Aluminium erzeugendes Werk besaß, haben sich unter dem
Druck des Krieges in überraschend kurzer Zeit die Anlagen von Rummelsburg bei
Berlin, Horrem bei Köln, Bitterfeld, Grevenbroich a. d. Erft, das Lautawerk in der
Lausitz und Steeg bei Goysern am Hallstedter See entwickelt. Gleichzeitig sind die
Pläne zum bayerischen Aluminiumwerk bei Mühlendorf entstanden. Die Werke in
Rummelsburg und Horrem sind inzwischen wieder zum Erliegen gekommen, in der
Erzeugung stehen zurzeit außer Rheinfelden die Werke Bitterfeld mit 4000 t, das
Erftwerk mit 14000 t und das Lautawerk mit derselben Leistung. Sämtliche während des
Krieges entstandenen Werke werden mit Strom aus Kraftwerken versorgt, die auf der
Verwendung von Braunkohlen begründet sind. Nur das Innwerk, das sich zurzeit im Bau
befindet, wird Wasserkräfte verwenden. Das auf den Hütten benutzte Herstellverfahren
ist bis auf unwesentliche Aenderungen heute noch immer dasselbe wie vor 30
Jahren.
Die schwierigste Aufgabe für den Metallhüttenmann ist es, jederzeit mit Sicherheit
fehlerlose Barren für die weitere Verarbeitung des Aluminiums zu gießen. Namentlich
ist bei der Aluminiumherstellung der Temperaturmessung besondere Aufmerksamkeit zu
schenken. Was die Weiterverarbeitung des Aluminiums betrifft, so sind über den
Einfluß der Walztemperatur, der Walzrichtung, der Größe der Stiche, der Abmessungen
und Umlaufgeschwindigkeiten der Walzen, der Glühdauer und Glühtemperatur fast keine
wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt. Bei der Verarbeitung des Aluminiums zu
Blechen gehen die Ansichten darüber, wo man die Ursachen festgestellter Mängel
suchen soll, wirr durcheinander. Die Verwendungsmöglichkeit für Aluminiumbleche ist ins Ungeahnte gestiegen.
Ebenso umfangreich ist das Verzeichnis der Verwendung für Draht, Rohre, Gußwaren,
Körner und Pulver aus Aluminium.
Ungewiß dagegen ist die Zukunft der Aluminium erzeugenden
Industrie, da die ausländischen Werke in vieler Beziehung, namentlich aber im
Rohstoffbezug, deutschen Werken gegenüber in bevorzugter Lage sind. Gelingt es uns
dagegen, was nicht von der Hand zu weisen ist, deutschen Ton wirtschaftlich auf
reine Tonerde zu verarbeiten, so würden die Verhältnisse wesentlich anders liegen.
Tonerdewerke sowie namentlich unsere Hochschulen widmen der Lösung dieser Frage
viel Zeit und Mühe. In der Frage der Kraftversorgung unserer Aluminiumhütten äußerte
der Redner die Ansicht, daß die Verlegung unserer Aluminiumwerke nach dem Süden
Deutschlands wegen der dort vorhandenen Wasserkräfte ein Erfordernis der Zukunft
sei. Namentlich in den Alpen stehen uns in reichem Maße Wasserkräfte zur Verfügung.
1 KWh würde heute trotz des teuren Ausbaues nicht über 5 Pfg. zu stehen kommen. Eine
große Hilfe könnte unserer Aluminiumindustrie in dem Kampf um ihren Bestand
erstehen, wenn man das Hüttenverfahren verbessern könnte. Es wird auch nicht an
Versuchen fehlen dürfen, Aluminium auf thermischem Wege in geeigneten Einrichtungen
zu gewinnen. Im Zusammenhang damit müssen auch die Vergütungs- und
Veredelungsverfahren für Aluminium erkannt, vermehrt und verbessert und so die
Möglichkeiten, neue wertvolle Legierungen zu erhalten, erweitert werden. Wichtig
ist, daß die großen Mengen verunreinigten Altmetalls, darunter auch die Abfälle,
wofür wir heute noch keine Möglichkeit der Verwendung und Aufarbeitung haben, wieder
in den Kreislauf der Herstellung und Verarbeitung zurückgeführt werden. Der Redner
wies darauf hin, daß wir in der Kenntnis des Aluminiums schon jetzt weiter wären,
wenn unter Ueberwindung der üblichen Geheimniskrämerei auch nur die schlechten
Erfahrungen, die oft unter erheblichem Kostenaufwand an einer Stelle gemacht werden,
der Allgemeinheit mitgeteilt würden, damit überflüssige Arbeit erspart werden
könnte. Hierin müßte unbedingt eine Verbesserung Platz greifen, wenn die deutsche
Aluminiumindustrie vorankommen soll. Schon heute können wir unsere
Aluminiumindustrie nicht mehr aus unserm Wirtschaftsleben hinwegdenken. Sie ist ein
wesentlicher Teil unserer Erzeugung geworden und wird es noch mehr werden, wenn wir,
gefördert durch zweckentsprechende wirtschaftspolitische staatliche Maßnahmen, die
angeführten Wege der Entwicklung erfolgreich beschreiten.
Turbinentechnik.
Die neuere Entwicklung der Wasserturbinen. Von Prof.
Dr.-Ing. Dister Thoma, München. (Hauptversammlung des
Vereins deutscher Ingenieure 1921). Mit der Francis-Turbine beherrscht man heute
einen Bereich von den kleinsten Gefällen an bis über 200 m Höhe mit völliger
Sicherheit. Die Verbesserungen, die auf Grund jahrzehntelanger Erfahrungen
angebracht worden sind, werden an den großen Zwillingsturbinen des Untrawerkes in
Schweden mit ihren Saugkrümmern von 6 auf 4,9 m im Lichten und ihrer durch den
doppelten Krümmer ohne mittleres Lager frei durchgehenden Welle besprochen. Ein
weiterer Fortschritt, der für senkrecht angeordnete Turbinenwellen bestimmend
gewesen ist, war die Entwicklung der Drucklager nach dem System Michel. Trotz dieser
Vollkommenheit der technischen Entwicklung läßt sich aber nicht verkennen, daß die
Theorie der Francis-Turbinen noch auf unsicheren Grundlagen ruht. Das zeigt sich
schon darin, daß man den schädlichen Einfluß der Saugrohrkrümmer falsch eingeschätzt
und erst durch viele Versuche festgestellt hat, daß man den Krümmer sowie jeden
unsymmetrischen Einfluß auf das Laufrad vermeiden muß. Aus dieser Erkenntnis sind
Turbinen hervorgegangen, bei denen das Spiralgehäuse an ein gerades, kegeliges, in
ein Unterwasserbecken ausgießendes Saugrohr anschließt. Ein weiterer Anlaß, die
heutige Turbinentheorie zu ergangen, hat sich ergeben, als man mit dem Bedürfnis nach
höheren spezifischen Drehzahlen dazu überging, auch die Umfangsgeschwindigkeiten zu
steigern. Während man bis dahin beim Entwurf der Schaufeln von der Annahme ausging,
daß jedem Wasserteilchen die relative Bahn zum Laufrade genau vorgeschrieben sei,
mußte man bei gesteigerten spezifischen Drehzahlen und entsprechend z1nehmenden
Relativgeschwindigkeiten des Wassers im Laufrade die Länge oder die Zahl der
Schaufeln weitgehend verringern, um die Reibungsverluste in erträglichen Grenzen zu
halten. Dadurch ergeben sich verhältnismäßig weite Schaufelkanäle mit ganz
unsicherer Wasserführung, die der früheren Theorie nicht mehr entsprechen. Dennoch
wäre falsch, daraus zu schließen, daß diese neueren Turbinen eine unvollkommene
Wirkung ergeben. Einen entscheidenden Schritt in dieser Richtung hat zuerst
Professor Dr. Kaplan, Brünn, getan, dessen
Turbinenkonstruktion auch in den Vereinigten Staaten Nachahmung gefunden hat. Bei
der Kaplanturbine stehen die Schaufeln so weit auseinander, daß sie sich unmittelbar
gegenseitig nur wenig beeinflussen, und die Strömung im Bereich einer Schaufel
verläuft ähnlich wie die Strömung um eine Flugzeugfläche im unbegrenzten Luftraum.
Nach Ansicht des Vortragenden ist aber die Anwendbarkeit solcher Schaufeln auf
Turbinen mit sehr hoher Umfangsgeschwindigkeit beschränkt, und man kann daher nicht
hoffen, mit Hilfe dieser Bauart auch die Wirkungsgrade langsam laufender Turbinen zu
erhöhen. Anderseits erwecken die günstigen Wirkungsgrade, die man von dieser Turbine
gerade bei außerordentlicher Schnelläufigkeit erwarten darf, die Aussicht, bei
kleinen Gefällen erfolgreich in Wettbewerb treten zu können, was für die Ausnutzung
der in Deutschland verfügbaren Wasserkräfte von großer Bedeutung ist. Im weiteren
Teil seines Vortrages bespricht der Redner dann eine Reihe neuerer amerikanischer
Bauarten von Turbinen und weist zum Schluß auf die von Lawaczeck vorgeschlagenen Umformeranlagen hin, bei denen das
Turbinenlaufrad mit einem Pumpenlaufrad vereinigt und das so erzeugte Druckwasser in
eine abseits stehende, mit dem Stromerzeuger gekuppelte Turbine geleitet werden
soll. Solche Anlagen können für Wasserkräfte in Betracht kommen, bei denen der
größte Teil der Kosten auf Maschinenanlagen entfallen würde, um die Baukosten zu
verbilligen.
Wärmetechnik.
Drosselwirkung und Zustandsgleichung. (Dr. K. Schreber, Z. S. f. komprimierte und flüssige Gase, 21.
Jahrgang.) Schon kurz nachdem man die Körperlichkeit der Luft überhaupt erkannt
hatte, gab Boyle in dem nach ihm benannten Gesetz die Beziehung zwischen Druck und
Raumumfang der Gase, das dann Anfang 1800 durch Gay-Lussac durch die Festlegung der Temperaturzählung zur bekannten
Zustandsgleichung der Gase erweitert wurde: pv = RT; p der Druck, v der Raumumfang,
R ein Festwert, der für alle Gase derselbe ist, wenn man nach Molen zählt und T die
Temperatur mit 273° für den Schmelzpunkt des Eisens, die sogenannte Amontonsche oder
absolute Temperatur.
Für die allermeisten Arbeiten, in denen mit Gasen gerechnet wird, genügt diese
einfache Zustandsgleichung, aber gerade für das jetzt so wichtige Gebiet der
flüssigen Luft ist sie ungenügend, und man hat sich deshalb bemüht, eine bessere zu
entwickeln. Einen ersten Erfolg in dieser Richtung hatte van der Waals: Die Beobachtungen von Andrews an
Kohlendioxyd, im pv-Netz dargestellt, ergeben Temperaturlinien, welche aus drei
Teilen bestehen. Der, mit starken Drucken beginnende, erste Teil ist eine stetig
gekrümmte Linie, welche den flüssigen Zustand darstellt; der mit einem Knick
ansetzende zweite Teil ist geradlinig und gibt das Mischgebiet flüssig-gasig; der
dritte, ebenfalls mit einem Knick ansetzende, ist wieder stetig gekrümmt und gibt
den gasigen Zustand. James Thomson zeigte, daß man den
mittleren geradlinigen Teil durch einen stetig gekrümmten ersetzt denken könne,
welcher die beiden anderen stetig verbindet. Kurze Zeit darauf gab dann van der
Waals von den Anschauungen der kinetischen Gastheorie ausgehend eine
Zustandsgleichung der Gase, welche für die Linien unveränderter Temperatur auf einen
ebensolchen Linienzug führte. Sie hat deshalb ein sehr großes Ansehen erlangt,
obgleich man schon sehr bald erkannte, daß sie zahlenmäßig nicht stand hielt.
Berechnet man die in ihr vorkommenden Festwerte aus den Beobachtungen des flüssigen
Zustandes, so erhält man ganz andere Zahlen, als bei der Berechnung aus den
Beobachtungen des gasigen Zustandes, trotzdem sie doch den Uebergang aus dem
flüssigen in den gasigen Zustand darstellen soll. Schon Clausius hat deshalb versucht, diese Gleichung abzuändern, und seit dieser
Zeit ist die Zahl der Abänderungsvorschläge ständig gewachsen, ohne zu einem Erfolg
zu führen.
K. Schreber hat nun versucht, auf einem anderen Wege zu einer Zustandsgleichung zu
gelangen. Schon Lord Kelvin hat nachgewiesen, daß, wenn die Gase nicht der einfachen
Zustandsgleichung folgen, auch der Ueberströmungsversuch von Gay-Lussac nicht genau sein kann, sondern daß
man bei sorgfältiger Beobachtung eine Temperaturänderung der Luft muß feststellen
können, wenn diese aus einem Raum mit starkem Druck in einen mit schwachem
überströmt. Er hat aus den allgemeinen Sätzen der Wärmelehre die folgende Gleichung
abgeleitet:
\left(\frac{d\,T}{d\,p}\right)_p=\frac{A}{c_p}\,\left[T\,\left(\frac{d\,v}{d\,T}\right)_p-v\right]
wo A die Wärmeumrechnungszahl und cp die spez. Wärme des Gases bei unverändertem Druck ist. Die
Differentiation links ist bei unverändertem Wärmeinhalt i vorzunehmen. Schreber setzt zur Abkürzung für den
Differentialquotienten links ω und für pv/T = P, dann ist nach leichter
Umbildung:
1) \omega=-\frac{A}{c_p}\
\frac{T^2}{p}\,\left(\frac{d\,P}{d\,T}\right)_p
Die Drosselwirkung ist also wesentlich vom Verlauf der Linien
gleichen Druckes im P-T-Netz abhängig. Einem Größtwert von P entspricht ω = 0, beim
Durchschreiten des Größtwertes ändert also ω sein Vorzeichen, die Erwärmung geht in
eine Abkühlung über. Nur wenn die Drosselwirkung eine Abkühlung bringt, kann das Gas
nach dem Verfahren von Linde verflüssigt werden. Man nennt die Punkte mit ω = 0
Umkehrpunkte.
Schreber hat für sämtliche vorhandenen brauchbaren Beobachtungen an Luft P berechnet
und in ein P-T-Netz eingetragen. Aus dieser Darstellung der vorhandenen
Beobachtungen läßt sich leicht für die Umkehrpunkte von ω eine Ellipse ableiten, aus
der dann folgt:
2)
\omega\,c_p=\frac{A}{T^2}-\frac{B\,p^2}{T^2}-C.
Diese Gleichung gibt die Abhängigkeit der Drosselwirkung von Druck und Temperatur.
Sie ist an Beobachtungen zu prüfen.
Setzen wir 2) in 1) ein, so ergibt sich durch Integration die
Zustandsgleichung:
3)
p\,v=R\,T+p\,\left(C-1/8\,\frac{A-B\,p^2}{T^2}\right)
Soviele Beobachtungen über den Zustand der Luft nun auch vorliegen, einwandfrei sind
nur recht wenig. Es bleiben nur die Beobachtungen von Holborn und Schultze, die sich vorzüglich durch die Gleichung
darstellen lassen. Schließlich geben auch noch die Beobachtungen von Holborn und Jacob über die
Abhängigkeit der spezifischen Wärme der Luft vom Druck ein Mittel, die Gleichung zu
prüfen. Auch hier sieht man eine weit innerhalb der Grenzen der Genauigkeit der
Beobachtung bleibende Uebereinstimmung zwischen Gleichung und Beobachtung.
So gut die erhaltene Zustandsgleichung auch den Zustand der Luft darstellt, soweit er
für die Luftverflüssigung in Frage kommt, vollständig ist sie doch noch nicht:
Denken wir uns in der, dieses Journal 1920, S. 225, dargestellten Fläche des
Wasserdampfes, die ja, wenn auch mit anderen Zahlenwerten für Luft gilt, die untere
FlächeVergl. D. p. J. 1920, S. 251: „Das Bild ist um 100° zu drehen in der
Richtung ⃕“. nach vorn und links hinreichend erweitert,
so liegt die gefundene Umkehrpunktellipse ganz weit vorn auf dieser Erweiterung. Wie
James Thomson gezeigt hat, kann man sich die
abwickelbare Fläche des Mischgebietes durch eine stetig gekrümmte ersetzen, welche
einen stetigen Uebergang zwischen der nach vorn steil abfallenden oberen und der
unten liegenden Fläche vermittelt: oben hängt eine Schneewehe über den Abgrund
herüber und unten hat ein Bach den Abhang unterhöhlt. Ergänzt man die Zustandsfläche
auch beim Uebergang fest-flüssig in derselben Weise, so erhält man für jede Linie
unveränderten Druckes bei jeder dieser Ergänzungen noch je einen Größt- und einen
Kleinstwert von P, die wieder einen Umkehrpunkt ω = 0 bedingen. Die vollständige
Gleichung für ω zerfällt also in 3 Aeste, von denen der eine das oben behandelte
Ellipsenviertel ist. Der zweite ist eine parabelartige Linie, deren Achse ungefähr
mit der Druck-Temperaturlinie im p-T-Netz, der Spurlinie der abwickelbaren Fläche,
zusammenfällt. Der dritte ist eine Linie, welche zur Gleichgewichtslinie
fest-flüssig dieselbe Beziehung hat, wie der zweite zur Gleichgewichtslinie
flüssig-gasig. Vom dritten Ast weiß man zur Zeit noch garnichts und vom zweiten sehr
wenig. Der Weg bis zur vollständigen Erkenntnis der Zustandsgleichung der Stoffe ist
also noch recht lang, obgleich man ihn jetzt hypothesenfrei vor sich sieht. Der
Einfluß dieser beiden Aeste auf den Zustand der Luft ist aber nur sehr gering und
deshalb reicht die oben aufgestellte Zustandsgleichung für fast alle zur Zeit
nötigen Rechnungen aus.
Ersparnisse durch Verminderung der Widerstände in
Dampfleitungen. Es wurde von berufener Seite schon früher darauf
hingewiesen, daß bedeutende Ersparnisse erzielt werden können, wenn bei der
Fortleitung von Dampf nur Konstruktionsteile mit geringem Widerstand zur Verwendung
gelangen. (Vergl. D. p. J., Band 336, Seite 188.) Nunmehr entwickelt O. Denecke in Heft 26 der Zeitschrift
für Dampfkessel und Maschinenbetrieb einige Formeln, die es dem Ingenieur
möglich machen, bei Umbauten und Neuentwürfen ohne Mühe rechnungsmäßig
festzustellen, in welchem Maße sich die Kosten vermindern infolge der Verkleinerung
des Widerstandes in der Leitung. Er berechnet den Druckabfall durch Reibung ΔR
in kg/m2 nach der bekannten, im Taschenbuche
„Hütte“ angegebenen Näherungsformel
\Delta\,R=\beta\,\gamma_m\,\frac{l}{10\dcm}, wo β die
Reibungswiderstandszahl, γm das mittlere spezifische
Gewicht des Dampfes in kg/cm3, 1 die Länge der
Rohrleitung in m, dem deren Durchmesser in cm und v die mittlere
Dampfgeschwindigkeit in m/sek. bezeichnet. Nennt man ferner Q das stündlich aus der
Rohrleitung austretende Dampfgewicht in kg und Q' die Niederschlagsmenge während
desselben Zeitraumes, so ist
Q+\frac{Q}{2}=\frac{\pi}{4}\,\left(\frac{dcm}{100}\right)^2\,v\,\gamma_m\,3600.
Hieraus läßt sich v entwickeln und in die erstgenannte Beziehung einsetzen. Es
ergibt sich
\Delta\,R=\frac{1,251\,\beta\,l}{\gamma_m\,d^5cm}\,\left(Q+\frac{Q'}{2}\right).
Da nun
\left(Q+\frac{Q'}{2}\right)^2=Q^2\,\left(1+\frac{1}{2}\,\frac{Q'}{q}\right)^2\,\sim\,Q^2\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right)
gesetzt werden kann, so folgt
\Delta\,R=\frac{1,251\,\beta\,l}{\gamma_m\,d^5cm}\,.\,Q^2\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right).
Aus dieser Formel erhält man für l(1\ m\
d^3cm=\frac{1,251\,\beta\,Q^2}{\gamma\,R}\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right)
sowie
R=\frac{1,251\,\beta}{\gamma_m\,dcm}\,.\,\left(\frac{Q}{d^2cm}\right)^2\,.\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right),
sofern R=\frac{\Delta\,R}{l} ist. Für jeden Einzelwiderstand an
beliebiger Stelle x der Rohrleitung ergibt sich ein Druckabfall
\Delta\,\zeta_x=\zeta\,.\,\frac{{v_x}^2}{2\,g}\,\gamma_x,
wenn ζ die Einzelwiderstandszahl darstellt. Führt man für vx den Wert Qx ein,
so folgt \Delta\,\zeta_x=\frac{0,64\,{Q_x}^2}{\gamma_x\,d^4cm}.
Wird ferner für alle Einzelwiderstände ζ1, ζ2 usw. der Mittelwert γx = γm und
Q_x=Q+\frac{Q'}{2} gesetzt, erhält man
Z=\Sigma\,\Delta\,\zeta=\frac{0,64}{\gamma_m\,d^4cm}\,\left(Q+\frac{Q'}{2}\right)^2\,\Sigma\,\zeta
oder
Z=\frac{0,64}{\gamma_m\,d^4cm}\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right)\,\Sigma\,\zeta
beziehungsweise
Z=\frac{0,64}{\gamma_m}\,\left(\frac{Q}{d^2cm}\right)^2\,.\,\left(1+\frac{Q}{Q'}\right)\Sigma\,\zeta.
Da nun nach der oben entwickelten Gleichung für
R\,\frac{Q^2\,.\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right)}{\gamma_m\,d^4cm}=\frac{dcm\,.\,R}{1,251\,\beta}
ist, kann man schreiben
Z=\frac{0,51}{\beta}\,dcm\,\Sigma\,\zeta\,R. Der
Gesamtdruckabfall durch Reibung und Einzelwiderstände wäre Δ = Δ R + Z oder nach
Einsetzung der gefundenen Werte
\Delta=R\,.\,\left(l+\frac{0,51}{\beta}\,dcm\,\Sigma\,\zeta\right).
Nennt man den zweiten Summanden in der Klammer l ζ, so ergibt sich Δ = R . (l + l
ζ). Nunmehr besteht die Möglichkeit, rechnerisch festzustellen, in welcher Weise
sich durch Verkleinerung der Einzelwiderstände der Rohrdurchmesser und die Kosten
der Rohrleitung vermindern. Es sei gegeben Q, l und der zulässige Druckabfall Δ =
p2 – p1. Den
denkbar kleinsten Durchmesser erhält man, wenn Σ ζ = 0 wird. In diesem Falle ist
R_0=\frac{\Delta}{l}, und d0,
läßt sich nach der oben für d3cm angegebenen
Gleichung feststellen, wobei das Glied
\left(1+\frac{{Q'}^0}{Q}\right) infolge seiner geringen Größe
vernachlässigt werden kann. Für ein beliebiges Σ ζ folgt durch Vereinigung der Formeln für
Rund
\Delta\,\frac{\Delta}{l+l\,\zeta}=R=\frac{1,251\,\beta}{\gamma_m\,d^5cm}\,Q^2\,.\,\left(1+\frac{Q'}{Q}\right),
während bei
\Sigma\,\zeta=0\,\frac{\Delta}{l}=R_0=\frac{1,251\,\beta}{\gamma_m\,{d_0}^5}cm\,Q^2\,\left(1+\frac{Q_0}{Q}\right)
war. Eine Division beider Ausdrücke liefert
\frac{d^5cm}{{d_0}^5cm}=\frac{l+l\,\zeta}{l}\
\left(\frac{1+\frac{Q'}{Q}}{1+\frac{{Q_0}'}{Q}}\right). Nun ist
hinreichend genau 1+\frac{Q'}{Q}=1+\frac{Q'}{Q}.Daher wird
\left(\frac{dcm}{d_0cm}\right)^5=1+\frac{l\,\zeta}{l}=1+\frac{0,51}{\beta\,l}\,dcm\,\Sigma\,\zeta
oder
\frac{dcm}{d_0cm}=\left(1+\frac{0,51}{\beta\,l}\,\Sigma\,\zeta\right)^{1/5}
bzw.
\Sigma\,\zeta-\left[\left(\frac{dcm}{d_0cm}\right)^5-1\right]\,\frac{\beta\,l}{0,51\,dcm}.
Diese Formeln gestatten eine Lösung der gestellten Aufgabe. Denecke veranschaulicht dies an der genannten Stelle durch ein
Zahlenbeispiel. Er veröffentlicht überdies ein Schaubild, aus dem sich für alle
Betriebsverhältnisse ablesen läßt, welcher Rohrdurchmesser infolge Veränderung der
Einzelwiderstände erforderlich wird.
Schmolke.