Titel: | Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung von Kesselspeisewasser. |
Autor: | B. Preu |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 1 |
Download: | XML |
Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung
von Kesselspeisewasser.
Von B. Preu, Oberingenieur a. D.
PREU, Kritik der verschiedenen Methoden der Reinigung von
Kesselspeisewasser.
Die nicht hoch genug zu schätzende Wichtigkeit, welche der möglichst
vollständigen Reinigung des zur Kesselspeisung zur Verwendung kommenden Rohwassers
zumal bei der jetzigen Teuerung aller Materialien und Arbeits-Aufwendungen
zuzuschreiben ist, rechtfertigt es, wenn von objektivem Standpunkt aus die Vorteile
und Nachteile der einzelnen Systeme beleuchtet werden. Zu diesem Zwecke müssen vor
allem die Bedingungen aufgestellt werden, welche die vollständige Reinigung zu
erfüllen hat, um für den Betrieb und die Erhaltung der Kessel einen praktischen Wert
zu haben. In der Zeitschrift für angewandte Chemie, Jahrgang 33 Nr. 23 und 24, habe
ich die Leitsätze genannt, welche zur Richtschnur für die Ansprüche einer möglichst
vollkommenen Reinigung dienen sollten. Diese Leitsätze sind: 1. Die freie Kohlensäure und den Luftsauerstoff evt. auch Oel aus
dem Speisewasser zu entfernen. 2. Das Wasser
möglichst zu enthärten, d.h. von den schädlichen Kesselsteinbildnern möglichst
zu befreien. 3. von den zur Reinigung verwendeten
Chemikalien durch das Filtrat möglichst geringe Mengen in den Kessel zu
bringen. Von minderer Wichtigkeit ist die absolute Billigkeit der gewählten
Reinigungsmethode, da relativ die Methode die billigste ist, welche die angegebenen
Forderungen am vollkommensten erfüllt. Bei der folgenden Betrachtung, welche der
bekannten, in der Praxis eingeführten Systeme den festgelegten drei Bedingungen am
besten nachkommt, werde ich die Aufklärungen, welche einigen meiner in dem genannten
Artikel aufgestellten und als irrtümlich bezeichneten Behauptungen entgegengehalten
wurden, benützen. Zu 1. Von großer Bedeutung ist besonders die Entfernung des
Luftsauerstoffes aus dem zu reinigenden Wasser, sowie die Verhütung seines
Eindringens in die Leitungen auf dem Wege vom Reiniger zum Kessel, weil er im Kessel
zu Rostungen Veranlassungen geben kann. Seine Entfernung und zugleich die der freien
Kohlensäure gelingt durch Erhitzung des Wassers bis auf 70–80° C, da solches Wasser
nach Winkler in 1 l nur ca. 3 mg Sauerstoff gelöst enthalten kann. Die Frage ist
nun, wie diese Erwärmung auf die billigste Weise herzustellen ist. Stehen in dem
Betrieb genügende Abdampfmengen zur Verfügung, so wird man durch passend
konstruierte Vorwärmer eine Anwärmung auf ca. 50–60° wohl erzielen können. Eine
darüber gesteigerte Erhitzung ist einerseits nur durch entsprechend große
Abdampfmengen von höherer Temperatur zu erreichen, die nicht in allen
Betriebsfällen geschaffen werden können, andererseits würden sich bei dieser
Temperatur in den Vorwärmer-Apparaten beträchtliche Mengen von Kesselsteinbildnern
absetzen und diese Apparate in kurzer Zeit verschlammen. Aus diesem Grunde begnügt
man sich bei dem Kalk-Soda-Verfahren in allen seinen
verschiedenen Abarten mit Temperaturen von 50–60°, bei denen ca. 7 mg Sauerstoff
gelöst bleiben, die dann immer noch zu Corrosionen Veranlassung geben können, da sie
mit dem gereinigten Wasser in den Kessel gelangen. Steht kein Abdampf zur Verfügung,
so muß die Anwärmung durch Frischdampf geschehen, was bei den jetzt herrschenden
Kohlenpreisen sehr hohe Kosten mit sich führen würde. Wegen der mit dieser hohen
Erwärmung verbundenen großen Vorteile wird nun aber von den Kessel-Revisionsvereinen
die Erwärmung des Rohwassers im Reiniger bis auf 80 Gr. C. auf jeden Fall, auch wenn
er mit höheren Kosten verbunden ist, angeraten. Durch das Permutit-Verfahren selbst wird das Rohwasser nicht vom Sauerstoff befreit,
da ja die Reinigung nach diesem Verfahren auf kaltem Wege vor sich geht, und das
Wasser bei einer Temperatur z.B. von 10° 11 mg Sauerstoff binden kann. Zu
berücksichtigen ist allerdings dabei, daß das auf kaltem Wege gereinigte Wasser vor
der Speisung in den Kessel entsprechend angewärmt werden muß, was dann von selbst
zur teilweisen Entfernung des Luftsauerstoffes führt. Am günstigsten verhält sich zu
deren Forderung das sog. Neckarverfahren von Ph. Müller
G. m. b. H., das als sein charakteristischstes Merkmal die continuierliche
Schlammrückführung eingeführt hat. Auf die Hauptzwecke, die damit erreicht werden
sollen, komme ich später zu sprechen. Mit der continuierlichen Rückführung des sehr
heißen Kesselschlammwassers, das bei 9 at Ueberdruck eine Temperatur von 176°, bei
15 at Ueberdruck eine solche von 200° erreicht, in den Reinigungs-Apparat wird als
Nebenwirkung die Weiterwärmung des auf 40–60° vorgewärmten Wassers auf 70–80°
gewonnen, also dadurch die möglichst weitgehende Entlüftung des Wassers erzielt.
Einen Nachteil dieses Verfahrens würde es, wie schon beim Kalk-Soda-Verfahren
angedeutet, bedeuten, wenn kein Abdampf zur Vorwärmung benützt werden könnte, da
dann größere Mengen von Schlammwasser dem Kessel entzogen werden müßten, um die
vorgeschriebene Temperatur von 80° zu erhalten. Damit wären natürlich Wärmeverluste
und höherePumpenleistungen verbunden. Immerhin würde man nicht wie beim
Kalk-Soda-Verfahren Frischdampf zu Hilfe nehmen müssen.
An dieser Stelle ist die Besprechung am Platze, wie man sich gegen die Einwirkung des
Luftsauerstoffes, wenn er nun doch in größerer oder kleinerer Menge in den Kessel
gelangt, schützen kann. Nach den neuesten Beobachtungen, die ich dem Werke von
Dipl.-Ing. Karl Schmid, Oberingenieur des Württ.
Revisions-Vereins, entnehme, trägt zum Schütze gegen Rostbildungen und Auffressungen
im Kessel eine bestimmte Alkalität des Kesselwassers bei. Der zur Schutzwirkung
erforderliche Mindestzusatz von Soda bzw. Aetzalkalien, der auch als Schwellenwert
der Alkalität bezeichnet wird, entspricht einem Gehalt von 0,4 bis 0,6 g, also im
Mittel 0,5 g Aetznatron im 1, dem 1,85 g Soda entsprechen. Sehr eingehende und
lehrreiche Versuche über die Schutzwirkung der Sodalösungen stammen von Prof. Heyn und Dipl.-Ing. Bauer vom
K. Material-Prüfungs-Amt Groß-Lichterfelde. Während darnach die Schutzwirkung der
Sodalösung bei Zimmertemperatur erst bei mindestens 10 g Na2CO3 (Soda) im 1
einsetzt, kann sich dieser Zusatz bei 95° auf 1 g ermäßigen lassen. Trotzdem nun ja
im Kessel andere Bedingungen des Druckes, der Temperatur, der Mischungsverhältnisse
verschiedener gelöster Salze herrschen, hat Schmid doch eine praktische Bestätigung
der genannten Versuchsergebnisse auch für diese Verhältnisse gefunden. Ja, er gibt
an, daß unter gewissen Verhältnissen eine starke Alkalität die Entstehung von
Anfressungen selbst in Gegenwart ganz erheblicher Mengen von Chlor und
Sulfatverbindungen verhindern könne. Es ist dies wahrscheinlich darauf
zurückzuführen, daß unter den im Kessel herrschenden Wärme- und Druckverhältnissen
Spaltungen von Soda in Kohlensäure und Aetznatron entstanden, welch' letzteres auf
die in Lösung befindlichen Chloride und Sulfate einwirkt. Besonders nachteilig ist
die Zersetzung des Magnesiumchlorids in Salzsäure und Magnesiumoxychlorid, da
Salzsäure das Eisen angreifen würde. Während nun die Salzsäure durch den
Sodaüberschuß neutralisiert wird, setzt sich das freie Aetznatron mit
Magnesiumoxychlorid und auch Magnesiumsulfat in Magnesia-Hydrat und Glaubersalz um,
welch ersteres sich als ungefährlicher Schlamm abscheidet. Von vielen Empirikern
wird ein Alkaligehalt des Speisewassers als sehr bedenklich angesehen. Nach Schmid
ist diese Furcht vor dem Alkaligehalt von Soda im Kessel nicht begründet. Die ganz
richtige Beobachtung, daß Ausrüstungsteile, insbesondere Wasserstandsvorrichtungen,
wenn sie nicht, wie es häufig geschieht, nach Vorschrift aus reinem, sondern aus
zinkhaltigem Rotguß hergestellt sind, von sodahaltigem Speisewasser stark
angegriffen werden, hat schon die irrige Meinung, daß Soda auch die Wandungen des
Kessels angreift, hervorgerufen. Die Unrichtigkeit dieser Meinung geht
unwiderleglich daraus hervor, daß eiserne Gefäße ohne weiteres zur Herstellung von
Soda verwendet werden. Dagegen wird Zink durch Soda aufgelöst, daher sind
zinkhaltige Ausrüstungsgegenstände gegen die Einflüße von Soda nicht
widerstandsfähig. In richtiger Erkenntnis dieser Tatsache hat man zur Herstellung
der Hahngehäuse Stahlguß, zur Herstellung der Reiber Schmiedeeisen gewählt. Ist nun
ein Ueberschuß von Soda günstig, so ist dagegen ein Ueberschuß von Aetzkalk zu
vermeiden, weil er die Schlammbildung und damit die Gefahr der Kesselsteinbildung
erhöht und zu Ablagerungen auf den Feuertafeln, Wasserröhren und anderen
empfindlichen Teilen und damit zu kostspieligen Ausbesserungen Anlaß gibt. Es darf
deshalb beim Kalksoda-Verfahren nur so viel Aetzkalk Kessel vorhanden sein, daß
er durch die im Ueberschuß befindliche Soda gebunden werden kann, die dabei in
Aetznatron umgewandelt wird. Die Untersuchung des gereinigten Wassers, auf das wir
noch später zu sprechen kommen, soll also außer Aetznatron nur freies kohlensaures
Natron ergeben.
Eine weitere wichtige Rolle spielt die Soda in diesem Verfahren und auch in dem
Neckarverfahren noch in der Unschädlichmachung der letzten Reste von Oel in
ölhaltigem Wasser, also vor allem im Condensat, das aus dem Abdampf der
Dampfmaschine, wenn eine solche im Betriebe ist, stammt und trotz der sorgfältigsten
Reinigung in Oelabscheidern hartnäckig besonders das in Emulsion befindliche Oel
zurückhält. Das Kondensat wird ja wegen seiner vollkommenen Härtefreiheit, mit
Zusatzwasser gemischt, mit Vorliebe zum Kesselspeisen verwendet, sollte aber, wie
das Zusatzwasser von seiner Härte, so von seinen Resten von Oel ganz befreit werden.
Durch die Behandlung des Gemenges im Reinigungsapparat mit Soda wird das Oel
verseift und durch ein Filter entfernt. Hierin liegt ein nicht zu unterschätzender
Vorteil des Kalk-Soda- und des Ph. Müllerschen Verfahrens vor dem
Permutit-Verfahren, bei dem doch auch die Heranziehung des beim Betrieb entfallenden
Condensats keinesfalls umgangen werden darf. Da bei diesem Verfahren das Oel nicht
zu beseitigen ist, gelangt se mit dem Speisewasser in den Kessel. Ueber die
Einwirkungen von Oel auf das Kesselinnere sind allerdings die Ansichten geteilt.
Sicher ist, daß Zusammenballungen von Oeltropfen auf einer Stelle der
Kesselwandungen zu Beulenbildungen, ja zu Explosionen führen können.
Die unter 2 angeführte Bedingung der möglichsten Enthärtung des Rohwassers wird am vollkommensten durch
das Permutit-Verfahren, das ich ja nicht weiter zu beschreiben brauche, erfüllt. Die
Schattenseiten, die sich bei seiner ersten Einführung in die Praxis zeigten, wurden
zum Teil beseitigt, die freie Kohlensäure, die auf das Permutitfilter einen sehr
schädlichen Einfluß ausüben würde, wird durch einen Zusatz von Marmor in das
Permutit-Filter neutralisiert. Bei den Umsetzungen im Permutitfilter wurde nun aber
durch Versuche von Dr.-Ing. Rob. Mezger in Stuttgart im
Laboratorium des Gaswerkes die Beobachtung gemacht, daß ein mit Permutit gereinigtes
Wasser, nachdem in ihm infolge Erschöpfung des Permutitfilters Härte nachzuweisen
war, zuerst und zwar in wachsender Menge, nur Magnesiahärte aufwies, lange ehe das
Wasser die ersten Spuren Kalkhärte zeigte. Die Magnesiahärte im Filterwasser
überschritt sogar nicht unerheblich den ursprünglich im Rohwasser vorhandenen
Magnesiahärtegrad. Eine Erklärung hierfür ist nach dem Berichte von Dr.-Ing. Mezger
in der Zeitschrift „Wasser und Gas“ darin gefunden worden, daß das zu Beginn
der Filtration neben dem Kalziumzeolith gebildete Magnesiumzeolith in der
Erschöpfungsperiode des Permutits sein Magnesium wiederum gegen das im Rohwasser
nachdrängende Kalzium austauschte und so mit dem im Filterwasser entstehenden
löslichen Magnesiumsalz den Magnesiumgehalt des Rohwassers noch erhöhte. Zur
quantitativen Feststellung dieser Erscheinung vorgenommene Versuche ergaben unter
anderem die für die Technik wichtige Tatsache, daß bei der Permutitwasserenthärtung
bei einem Ueberstehen des Filters, wie es bei Unachtsamkeit des Filterwärters
vorkommt, zunächst nur Magnesiahärte in den Kessel gelangt und nur
Magnesiumverbindungen als Kesselsteinbildner in Betracht kommen können,sofern das Rohwasser
überhaupt einen Gehalt an Magnesiumsalz aufgewiesen hat. Dies ist aber nach der
Ansicht von Dr. Mezger als ein Vorzug des Permutit-Verfahrens anzusehen, da es dem
natürlichen Unsicherheitsfaktor der Bedienungsleute dadurch einen Riegel vorschiebt,
daß es bei den gewöhnlich etwas magnesialhaltigen Speisewässern zuerst einen
ungefährlichen Kesselsteinbildner, wie es die kohlensaure Magnesia ist, in den
Kessel eintreten läßt, sofern das Permutitfilter über Gebühr beansprucht worden ist.
Dagegen wird man einzuwenden haben, daß als Hauptvorzug des in Rede stehenden
Verfahrens die weitgehendste Enthärtung des Rohwassers bezeichnet wird. Und diese
weitgehendste Enthärtung wird durch die schwierig zu erkennenden
Erschöpfungsperioden des Permutitfilters, denen auch durch Benützung eines zweiten
Filters nicht sofort abgeholfen werden kann, und durch die vorher geschilderte
Beobachtung, nach der sich entsprechende Härtemengen der Enthärtung entziehen,
wesentlich geschwächt. Immerhin ist nicht zu bestreiten, daß beim Permutit-Verfahren
bei sorgfältiger Wartung im Kessel die verhältnismäßig geringsten Schlammengen sich
absetzen werden. Welchen Umfang diese Schlammbildungen aber annehmen können, geht
daraus hervor, daß aus jedem cbm Wasser von 1° Carbonat – Härte pro Std. 17,9 g Kalk
oder 15,0 g kohlensaure Magnesia sich absetzen. Gips-Ablagerungen sind bei keiner
der Reinigungsmethoden zu befürchten, da ja sowohl beim Kalk-Soda-Verfahren als bei
dem Neckarverfahren von Th. Müller stets mit
Ueberschüssen von Soda gearbeitet wird. Alle diese Schlammbildungen, die um so
reichlicher ausfallen, mit je höheren Hältegraden das gereinigte Wasser in den
Kessel gelangt, werden nun durch die starken Wallungen des verdampfenden
Kesselwassers so lange im Wasser suspendiert gehalten, bis sie sich durch die
continuierliche Verdampfung konzentriert haben, und bis das Schlammwasser durch sein
spezifisch größeres Gewicht nach unten strebt. Dieses nach unten sich
konzentrierende Schlammwasser, in dem sich auch die gelösten Salze befinden, muß von
Zeit zu Zeit abgelassen werden. Daß damit mehr oder minder große Wärmeverluste,
denen ebenso große Kohlenverluste entsprechen, verbunden sind, ist
selbstverständlich. Zugleich wird auch Soda verloren, die immer wieder durch
dieselbe Menge frischer Soda ersetzt werden muß. Würde dieser Schlamm zu lange im
Kessel gelassen und bei Stillständen sich nach und nach an den Wandungen besonders
am Boden absetzen, so läuft man die Gefahr der Kesselsteinbildung. Jedenfalls würde
die Wärme-Transmission abnehmen und die Verdampfungsziffer sinken, was wieder
größeren Kohlenverbrauch verursacht. Dieser Nachteil wird durch die continuierliche
Schlammrückführung von Ph. Müller G. m. b. H. aufgehoben,
welche den Hauptzweck verfolgt, die sich bei der Verdampfung konzentrierenden
Schlamm- und Soda-Partien im Schlammwasser in den Reiniger zurückzuführen. Dagegen
wurde nun der triftig erscheinende Einwand erhoben, daß zur vollständigen Entfernung
des Schlammes Schlammwasser bis zu 30 v. H. der stündlichen Kesselspeisung entzogen
werden müßte, wobei bedeutende Wärmeverluste und stark erhöhte Pumpenleistungen
nicht zu vermeiden seien. Die nicht zu leugnenden günstigen Wirkungen der
continuierlichen Schlammrückführung würden dadurch vollständig paralysiert, ja in
ihr Gegenteil verwandelt. Demgegenüber ist an der Hand von Berechnungen über die
abzuführende Schlammenge nachzuweisen, daß Fälle, in denen bis zu 30 v. H. und mehr
der Speisewassermengen beim Neckarverfahren durch die Schlammrückführung
zurückgeführt werden, nur dort möglich sind, wo das Verfahren nicht
vorschriftsmäßig gehandhabt wird. Da das nach diesem Verfahren gereinigte Wasser mit
höchstens 2° Carbonathärte in den Kessel gelangt, werden im m3 stündlich 17,92 =
35,8 g Kalkhärte sich absetzen. Bei einer Stundenspeisung von beispielsweise 20 cbm
werden also 716 g abgeschieden, die in derselben Menge Wasser suspendiert sein
mögen, so daß ca. 1432 l Schlammwasser abzuziehen wären. Dies würde in der Tat
höchstens 7 v. H. der Speisewassermenge betragen. Man wird sich dann allerdings bei
einer Vorwärmung des Rohwassers auf 60° mit einer Weitererwärmung auf \frac{190\,\times\,1400+60\,\times\,18600}{20000}=\mbox{ ca. }70^{\circ}
begnügen müssen. Diese Berechnung zeigt aber auch, wie wichtig es für das
Neckarverfahren ist, Rohwasser möglichst hoch vorzuwärmen. In ihren Prospekten weist
ferner die Patentinhaberin darauf hin, daß mit dem Schlammwasser als Nebenwirkung
die in demselben konzentrierte Soda in den Reinigungs-Apparat zurückgebracht wird.
Die Rückführung der Soda deutet nun auf eine Aehnlichkeit mit dem
Regenerativ-Verfahren von Sulzer & Reuchlin hin. Infolgedessen wurde behauptet, daß das
Neckarverfahren nichts anderes sei als eine Abart des Regenerativverfahrens. Dagegen
hebt die Firma hervor, daß die auf Grund der Patenterteilungen abgegebenen Gutachten
zum Schlusse kommen, daß das Neckar-Verfahren als Abblasevorrichtung zum dauernden
Abführen des Schlammes in den Reiniger gegenüber dem alten Regenerativ-Verfahren
unbedingt neu sei und zugleich für eine rationelle Reinigung des Kessels als
bahnbrechend bezeichnet werden müsse.
Die teilweise Rückführung der im Kessel nicht verbrauchten Soda erfüllt nun aber auch
die Forderung von Leitsatz 3, nach der die zu starke Anreicherung von Soda in heißem
Wasser, in dem auch Glaubersalz, Kochsalz und andere löslichen Salze gelöst sind,
vermieden wird. Konzentrationen von löslichen Salzen von 1½–2° Beaumé geben zum
Schäumen und Spucken des Kesselwassers Veranlassung. Bei dem Permutitverfahren
gelangen, wenn nicht durch ein Vorreinigungsverfahren in einem dem Permutitfilter
vorgebauten Cylinder der doppelkohlensaure Kalk durch Zusatz von Aetzkalk
niedergeschlagen wird, durch die Umsetzungen im Permutitfilter neben Glaubersalz
bedeutende Mengen von Soda in den Kessel, die durch Abblasen und zeitweise gänzliche
Erneuerungen des Wasserinhaltes unschädlich gemacht werden müssen. Die Vorreinigung
bedeutet also einen ganz wesentlichen Fortschritt des Permutitverfahrens, das
dadurch trotz der Complikation der Reinigung und der hohen Anschaffungskosten wegen
seiner schon hervorgehobenen Vorzüge wieder neuen Boden zu gewinnen suchte. Die
Schwierigkeiten in der Wertung solcher komplizierfen Anlagen aber auch die hohen
Kosten derselben werden dem im Wege stehen.
Mag man nun zu diesem oder jenem Reinigungsverfahren greifen, so hängen deren
Ergebnisse ganz bedeutend von der Sorgfalt der Wartung und der gewissenhaften
Einhaltung der hierfür gemachten Vorschriften ab. Da es nicht selten vorkommt, daß
die Beschaffenheit des Rohwassers wechselt, und daß darnach beim Kalk-Soda-Verfahren
die Dosierungen stetig geändert werden müssen, so ist eine häufige Untersuchung des
Rohwassers nötig, und da auch die Alkalität des Kesselwassers und ihre Art, wie wir
gezeigt haben, von größter, ja ausschlaggebender Wichtigkeit ist, müssen auch die
Prüfungen des Kesselwassers, die nicht ganzeinfacher Natur sind, sich nach dieser Richtung
erstrecken. Wie die Erfahrung zeigt, ist diese Ueberwachung für die Betriebsleitung
auch bei größter Aufmerksamkeit sehr häufig infolge mangelnder Gewissenhaftigkeit
der Wartung unausführbar, jedenfalls sehr schwierig. Die Folge davon ist, daß die
Ergebnisse der Reinigung dann sehr weit hinter den in sie gesetzten Erwartungen und
den bei der Ausführung des Apparates gegebenen Garantien zurückbleiben und in
zahlreichen Fällen zu Enttäuschungen und zum Aufgeben dieser Reinigungsmethoden
führen. In weitaus günstigerer Lage befindet sich auch hierbei das Neckarverfahren,
das keine bestimmte Dosierung, sondern einfach nach dem ersten, dem Härtegrad
entsprechenden Soda-Zusatz die Wiederholungen desselben vorschreibt, wenn die Härte
des Wassers im Reiniger 1° und im Kessel 2° Härte übersteigt, was durch einfache
Titrierung mit einer Seifenlösung nachzuweisen ist. Damit hält sich die
Soda-Alkalität, die ja auch dadurch kontrolliert wird, stets in den richtigen
Grenzen, und die Untersuchung auf die Aetzkalk-Alkalität fällt ganz weg, da ja kein
Aetzkalk verwendet wird. Dies dürfte auch neben dem Vorteil der steten Entschlammung
des Kessels der Grund sein, warum so manche Anlagen des Soda-Kalk-Verfahrens in
solche des Neckarverfahrens umgebaut werden. Beim Permutit-Verfahren ist es, wie wir
schon früher gezeigt haben, unerläßlich, den sog. Erschöpfungszustand stets im Auge
zu behalten. Dazu tritt die Verschlammung der Filter und die Notwendigkeit der
Regenerierung mit Kochsalz, sobald die Erschöpfung bemerkt wird. Da hierzu 2 Filter
und seit neuerer Zeit ein Vorreiniger angeschafft werden müssen, verteuert dies, wie
schon bemerkt, die Anlagekosten und erhöht die Umständlichkeit und Schwierigkeit der
Wartung.
(Schluß folgt.)