Titel: Sparsame Temperaturwirtschaft.
Autor: K. Schreber
Fundstelle: Band 337, Jahrgang 1922, S. 51
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Sparsame Temperaturwirtschaft. Von Dr. K. Schreber. SCHREBER, Sparsame Temperaturwirtschaft. Verhältnis des Wertes der Arbeitseinheit zu dem der Wärmeeinheit. So lange die Kraftmaschinen reine Kraftmaschinen und die Heizungsanlagen reine Heizungsanlagen waren, genügte es zur Feststellung der Güte der Anlage, wenn man das Verhältnis der geleisteten Arbeit bezw. im anderen Falle der der Heizleitung zugeführten Wärme zum aufgewendeten Brennstoff, den sogenannten Gesamtwirkungsgrad feststellte. Seit aber der Kraftmaschinenbau in seiner Entwicklung soweit gekommen ist, daß es wirtschaftlich ist, Kraft- und Heizungsanlagen zu vereinigen, muß man sich zuerst über das Verhältnis der Einheit der Arbeit zur Einheit der Wärme klar werden, ehe man die Güte der Gesamtanlage beurteilen will. Es wird der Energiesatz von Robert Mayer vielfach so aufgefaßt, als ob Arbeit und Wärme äquivalent, gleichwertig seien. Wenn auch Mayer in der damals üblichen, mit Fremdwörtern überladenen deutschen Sprache das Wort äquivalent benutzt, so entspricht doch die diesem Wort jetzt meist untergelegte Auffassung der Gleichwertigkeit durchaus nicht der Ansicht Mayers. Mayer hat nur nachgewiesen, daß sich Wärme und Arbeit nach einem festen Maßverhältnis in einander verwandeln, daß sie gleich maß ig sind. Ueber das Wertverhältnis beider Einheiten zu einander hat er sich gar keine Gedanken gemacht. Diese finden wir zuerst bei ZeunerZeuner, Mech. Wärmetheorie 1866. 468, Techn. Therm. I. 1900. 429., der den Begriff des Arbeitswertes der Wärme schuf. Leider ist dieser Begriff so wenig in die Kreise der Ingenieure eingedrungen, daß man ihn kaum kennt, ja daß man ihn sogar mit der nach Arbeitseinheiten gemessenen Wärme verwechselt. Zucker und Kartoffeln werden beide nach kg gemessen, sind also gleichmaßig, aber noch lange nicht gleichwertig; wer das behaupten wollte, würde sich wahrscheinlich recht heftigen Widerspruch seiner Hausfrau zuziehen. 1 kg Zucker ist wertvoller als 1 kg Kartoffeln. Ebenso sind auch Arbeit und Wärme zwar gleichmaßig, beide lassen sich durch dasselbe Maß z.B. Kalorien, messen, aber gleichwertig sind sie bei weitem nicht: 1 cal Arbeit ist viel wertvoller als 1 cal Wärme. Wie nun der Physiologe ein Mittel zum Vergleich des Wertes der Mengeneinheit Zucker und Kartoffel im Nährwert hat, so muß auch für den Vergleich der Kalorie Arbeit und Kalorie Wärme ein Maßstab gesucht werden. Einen solchen findet man auf demselben Wege, auf dem ich zum Begriff des HeizungswertesGesundheitsing. 1920. 507. gekommen bin. Man nutzt die in der Kraftmaschine gewonnene Arbeit aus, um Wärme, welche als solche zwar in der Natur vorhanden, aber wertlos ist, zur Heizung von Räumen und für ähnliche Aufgaben brauchbar zu machen. Zu dem Zweck denken wir uns mit der gewonnenen Arbeit eine Kältemaschine betrieben, deren Verdampfer im Grundwasser liegt und deren Verflüssiger eine Temperatur hat, welche für die gestellte Aufgabe, z.B. zum Heizen von Räumen ausreicht. Die Leistungsziffer dieser Kältemaschine sei ε; dann entzieht die Kältemaschine der an sich weitlosen Grundwasserwärme ε cal. Gleichzeitig verwandelt sich dabei die aufgewendete Kalorie Arbeit ebenfalls in Wärme von der Verflüssigertemperatur, sodaß für jede aufgewendete Kalorie Arbeit ε + 1 Kalorieen Wärme der Heizleitung zugeführt werden. Es ist also 1 cala, wie ich zur Unterscheidung 1 Kalorie Arbeit bezeichnen will, so wertvoll wie ε + 1 calw, was Kalorie Wärme bezeichnen soll. ε + 1 ist das gesuchte Wertverhältnis. Setzt man als Temperatur des Grundwassers 0°, als die der Heizungsleitung 50° und nimmt für die Kältemaschine einen Carnotschen Umlauf an, so wird ε = 5,46. In diesem Falle ist also 1 cala = 6,46 calw. Das ist das Verhältnis bei Raumheizung. Bei Heizung für andere Zwecke erhält man andere Zahlen für ε; z.B. beim Heizen zum Eindampfen von Lösungen mit verdichtetem Schwaden. Ist die Heizfläche genügend groß, so kann man leicht einen Temperaturunterschied zu beiden Seiten der Heizfläche von nur 4° erreichen, und geht dann das Eindampfen bei 100° vor sich, so wird ε = 93, d.h. eine Arbeitseinheit ist in diesem Falle so wertvoll wie 94 Wärmeeinheiten. Diese Zahl wird anschaulicher, wenn man die üblichen Einheiten: PSst und kg Dampf einsetzt; es wird dann ε = 93 . 632/537 = 110, d.h. 1 PSst ist so wertvoll wie 110 kg Dampf. Die Verwertungszahlen. Da Wärme und Arbeit nur gleichmaßig, nicht gleichwertig sind, so ist beim Vergleich von Kraft- und Heizungsanlagen die rechnerische Behandlung etwas anders durchzuführen, als es bisher, wo jede Anlage für sich bestand, berechtigt war. Es muß von Anfang an der Arbeitswert der Wärme festgestellt werden, damit man überall erkennen kann, wie viel in Arbeit verwandelungsfähige Wärme nochvorhanden ist und wie viel durch nichtumkehrbare Vorgänge die Verwandelungsfähigkeit verloren hat. Es sei H der Heizwert eines Brennstoffes, d.h. die Wärme, welche beim Verbrennen von 1 kg in der Bombe und Abkühlen bis auf Zimmertemperatur frei wird, wenn der entstehende Wasserdampf dampfartig bleibt, G die beim Verbrennen auf dem Rost entstehende Gasmenge in Molen oder in kg, Cp = a + bT die Molekel- oder spez. Wärme je nachdem man die Gasmenge mißt, Tr die Rosttemperatur, Ta die atmosphärische Temperatur, ALg der in Wärmemaß gemessene Arbeitswert der HeizgaseSchreber, D. p. J. 1904, 166.. Dann ist: 1.     H = G (Tr – Ta) (a + b/2 [Tr + Ta]). 2. ALg = H – GTa (a lg Tr/Ta + b [Tr – Ta]). Ich habe das Verhältnis 3.                 AL5/H = αr das Ausnutzungsverhältnis durch den Rost genannt. Es gibt an, welcher Bruchteil der zugeführten Energie nach dem Vorgang auf dem Rost noch in Arbeit verwandelungsfähig ist. Um eine Anschaulichkeit von der Größenordnung von αr zu haben, schreibe ich eines der a. a. O. ausgerechneten Beispiele hier her. Es sei westfälische Steinkohle vom Heizwert 8080 cal/kg mit der 1,6fachen Luftmenge verbrannt; die Molenzahl wird C = 0,63, die Molekelwärme Cp = 6,870 + 0,001 516 T, die Rosttemperatur Tr = 1563 + 273, wenn ta = 20 ist. Mit diesen Zahlen erhält man αr = 0,661; d.h. kaum ⅔ der beim Verbrennen sich umsetzenden chemischen Energie kann nach dem Vorgang auf dem Rost noch in Arbeit verwandelt werden. Mit diesem Arbeitswert gelangen die Heizgase an die Kesselwand. An dieser findet eine Teilung der Wärmemenge in 2 Teile statt. Der eine, Hw, geht durch die Kesselwand in das Wasser über und bringt dieses zum Verdampfen; der andere, Hs, zieht durch den Schornstein ab. Ist tf die Fuchstemperatur, mit der die Heizgase vom letzten Teil der Heizfläche abziehen, so ist 4.      Hw = G (Tr – Tf) (a + b/2 [Tr + Tf]) 5.      Hf = G (Tf – Ta) (a + b/2 [Tf + Ta]). Beide zusammen ergeben, entsprechend dem Energiesatze, wieder die gesamte Wärmemenge H. Das Verhältnis 6.                Hw/H = ηk ist der Kesselwirkungsgrad in der üblichen Bedeutung. Selbstverständlich wird an der Kesselwand auch der Arbeitswert in 2 Teile zerlegt. Der Arbeitswert der in den Schornstein abziehenden Gase ist wieder durch (2) gegeben, wenn man Tf anstelle von Tr setzt. Dieser Arbeitswert ist nicht verloren, sondern er erzeugt den Schornsteinzug. Wichtiger ist der Arbeitswert des im Kessel entstehenden Dampfes. Zur Vereinfachung der Rechnung setze ich trocknen Sattdampf von der Temperatur tk voraus. Ueber den Wert der Ueberhitzung vergl. Schreber, Theorie der Mehrstoffdampfmaschinen, 1903, S. 39. Nennen wir: ik die Erzeugungswärme des trocknen Sattdampfes bei tk, ie die Erzeugungswärme des Dampfes in dem Endzustand, den er durch adiabatische Dehnung von tk bis ta erreicht, iv die Erzeugungswärme des flüssigen Wassers, Flüssigkeitswärme bei ta, so ist die aus der Wärmeeinheit des Dampfes zu gewinnende Arbeit gegeben durch 7.             \eta_w=\frac{i_k-i_e}{i_k-i_v}. Damit wird der Arbeitswert ALw der dem Wasserdampf zugeführten Wärmemenge Hw: 8.          ALw = ηw . Hw = ηk . ηwH. Ich habe das Verhältnis ALw/ALg, in welchem der Arbeitswert der Heizgaswärme durch die Kesselwand ausgenutzt wird, das Ausnutzungsverhältnis durch die Kesselwand genannt 9.          αk = ALw/ALg. Vereinigt man (8) mit (9), so erhält man ALw/H = ηk . ηw = (ALw/ALg) (ALg/H) = αk . αr oder 10.         \alpha_k=\frac{\eta_k\,.\,\eta_w}{\alpha_r}. Dieses Ausnutzungsverhältnis durch den Kessel läßt besonders schön den Fortschritt in der Brennstoffverwertung erkennen, welche durch die Entwicklung des Kessels vom einfachen Kochtopf Saverys über den Kofferkessel, den Flammrohrkessel, den Wasserrohrkessel Dr. Albans zum jetzigen Starkdruckkessel gegeben ist. Aus Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum kann ich nur den einen Wert ausrechnen, welcher den jetzt üblichen Verhältnissen im Dampfmaschinenbau entspricht. Es sei die Fuchstemperatur tf = 200°, dann ist ηk = 0,898; dieser Wert erscheint sehr groß im Vergleich mit den in der Wirklichkeit beobachteten; das hat seinen Grund darin, daß aus Rücksicht auf die einfache Rechnung sämtliche Wärmeabwanderungen durch Leitung und Strahlung unbeachtet geblieben sind. Als Kesseltemperatur nehme ich tk = 200°, dann wird ηw = 0,357 und damit endlich ak 0.458. Bei unseren jetzigen besten Kesseln geht also weniger als die Hälfte des in der Wärme der Heizgase enthaltenen Arbeitswertes durch die Kesselwand hindurch, mehr als die Hälfte wird an ihr verwüstet. Für den weiteren Verfolg unserer Aufgabe müssen wir nun den Zweck kennen, dem die Anlage dienen soll: ob es eine reine Kraftanlage, eine reine Heizungsanlage oder eine vereinigte Kraft- und Heizungsanlage sein soll. Bei der reinen Dampfkraftanlage wird der Dampf aus dem Wärmeerzeuger, dem Kessel, dem Wärmeverwandler, dem Zylinder oder der Turbine, zugeführt. Um nicht die Rechnung durch die unvollständige Dehnung der Kolbendampfmaschine zu erschweren, setze ich überall Turbinendampfmaschinen voraus. Deren Entwicklung hat zwar einen sehr großen Fortschritt im Bau der Wärmeabführer, der Verflüssige, veranlaßt, aber so weit ist man doch noch nicht gekommen, daß man die atmosphärische Temperatur vollständig erreicht. Deshalb wird auch der nach (8) zu berechnende Arbeitswert des Dampfes noch in keiner Dampfmaschine erreicht. Nennen wir ie' die Erzeugungswärme des Dampfes in dem Endzustand, den er durch adiabatische Dehnung von tk bis tv, der Temperatur des Verflüssigers, erreicht, iv' die Flüssigkeitswärme bei tv, so kann eine Dampfmaschine, welche mit vollständiger Dehnung bis tv arbeitet, aus der Wärmeeinheit des Dampfes die Arbeit 11.          \eta_t=\frac{i_k-i'_e}{i_k-i'_v} erzeugen. Aus der Wärmemenge Hw, welche der Dampf aufgenommen hat, erhält man also die Arbeitsmenge ALt = ηtHw. Ich bezeichne das Verhältnis 12.           \alpha_t=\frac{A\,L_t}{A\,L_{\alpha}} als das Ausnutzungsverhältnis des Arbeitswertes des Dampfes durch die Dampfmaschine. Fassen wir die drei Ausnutzungsverhältnisse zusammen, so ist 13.          A\,L_t/H=\alpha=\alpha_t\,\alpha_k\,\alpha_r=\frac{\eta_t}{\eta_w}\,\eta_w\,\eta_k=\eta_t\,.\,\eta_k. α ist das Ausnutzungsverhältnis des Heizwertes des aufgegebenen Brennstoffes in der ganzen Anlage; es ist natürlich gleich dem Gesamtwirkungsgrad in der üblichen Bezeichnung. Damit wir diese in der Dampfmaschine gewonnene Arbeit mit der zu Heizungszwecken bestimmten Wärme vergleichen können, müssen wir sie nach der oben gegebenen Vorschrift in einer Kältemaschine benutzen, um Wärme aus dem Grundwasser auf Raumheizungstemperatur zu bringen. Mit dieser bekommen wir, wie schon oben festgestellt, für jede Arbeitseinheit (ε + 1) Wärmeeinheiten in die Heizleitung hinein. Die gesamte für die Heizung zur Verfügung stehende Wärme ist somit: Q = (ε + 1) ALt = (ε + 1) αH. Ich nenne das Verhältnis 14.          Q/H = v die Verwertungszahl des Brennstoffes in der Anlage und erhalte somit für die Verwertungszahl in einer Kraftmaschine 15.          vk = (ε + 1) α = ηk (ε + 1) ηt. Da α das Gesamtausnutzungsverhältnis ist, so dürfen wir hier ohne weiteres den durch Beobachtung gefundenen Gesamtwirkungsgrad einsetzen und erhalten dann durch unsere Gleichung nicht nur die rechnerische, sondern auch die wirkliche Verwertungszahl. Man kann diesen Gedankengang sogar noch weiter fortsetzen: Wenngleich (15) unter Zugrundelegung einer Dampfmaschine gewonnen worden ist, so enthält in der endgültigen Gleichung α doch nur das Verhältnis der endgültig gewonnenen Arbeit zu dem aufgewendeten Heizwert, ohne daß über den Weg der Verwandlung irgend etwas gesagt ist. Deshalb dürfen wir (15) auch sofort auf Maschinen mit geschlossener Feuerung anwenden. Wir beschränken uns aber für das Folgende auf Dampfmaschinen. Die zur Zeit besten Verflüssigerluftpumpen erreichen einen Druck von ungefähr 0,05 at, dem eine Sättigungstemperatur tv = 33° entspricht. Hiermit wird nach (11) ηt = 0,313 und nach (12) αt = 0,929, so daß schließlich nach (13) α = 0,281 ist; nach dieser Rechnung, in der von allen Wärmeabwanderungen abgesehen ist, kann also 0,281 des aufgegebenen Heizwertes in Arbeit verwandelt werden. Mit dem oben berechneten Wert ε = 5,46, den wir hier beibehalten, wird vk = 1,815, d.h. aus 1 kg Brennstoff mit dem Heizwert H kann man 1,815 H Wärmeeinheiten in die Heizleitung schaffen, wenn man den Umweg über eine Kältemaschine nimmt. Die Zahlen dieses Beispieles sind durch Abb. 1 wiedergegeben, in welcher Arbeitswert durch gekreuzte und nicht mehr in Arbeit verwandelbare Wärme durch einfache Schraffierung dargestellt sind. Beim Vorgang auf dem Rost wird der Arbeitswert αr = 0,661 erhalten; der nicht mehr in Arbeit verwandelbare Rest ist in 2 Teile zerlegt worden, damit er für das Folgende günstiger verteilt werden kann. Der schmalerne Teil geht von der Kesselwand in den Schornstein und nimmt dabei einen ganz schmalen Streifen Arbeitswert mit sich. Die große Unstetigkeit des Arbeitsflusses an der Kesselwand zeigt die große hier stattfindende Arbeitsverwüstung. Bei den hier vorausgesetzten einfachen Verhältnissen findet in der Turbinendampfmaschine keine Arbeitsverwüstung statt, wohl aber wird ein recht schmaler Teil des Arbeitswertes mit der nicht verwandelbaren Wärme in den Verflüssiger entlassen. Textabbildung Bd. 337, S. 53 Abb. 1. Soll nur geheizt werden, so wird der Dampf unmittelbar der Heizung zugeführt, ohne durch eine Kraftmaschine zu gehen. Des bequemeren Vergleiches wegen nehme ich einen Kessel mit demselben Druck an wie bei der Kraftanlage, dann ist der Arbeitswert der Heizgase, der des Dampfes, die in den Schornstein abziehende Wärme und deren Arbeitswert derselbe wie bei der reinen Kraftanlage. Dagegen wird jetzt gleichzeitig mit der unverwandelbaren Wärme der gesamte Arbeitswert des Dampfes der Heizleitung zugeführt und dort verwüstet. Diese erhält also nicht mehr Wärme als der Dampf im Kessel erhalten hat, d.h. Q = ηkH und 16.          vh = ηk. Abb. 2 zeigt den Fluß der Arbeit und der Wärme durch die Anlage in derselben Weise wie in Abb. 1. Der Vergleich der der Heizleitung zugeführten Wärme in beiden Abbildungen zeigt deutlich die Vorteile des Umweges über die Kraftmaschine: Die Verwertungszahl ist hier nur die Hälfte von der bei der Kraftanlage. Es wird hier der ganze Temperaturunterschied zwischen der des Rostes und der der Heizleitung ungenutzt gelassen, verwüstet. Textabbildung Bd. 337, S. 53 Abb. 2. Als man in der Entwicklung der Kraftmaschinen bis zu einer gewissen Stufe gelangt war, konnte man daran denken, diesen in der Heizungsanlage nicht genutzten Temperaturunterschied zur Krafterzeugung zu verwenden. Die vereinigten Kraft- und Heizungsanlagen sind, wenn man in der Richtung der Bewegung des Energieträgers durch die Anlage vor sich geht, so eingerichtet, daß die Kraftanlage der Heizungsanlage vorgeschaltet ist. Es findet Vortemperaturverwertung statt. Mit Bewußtsein ist eine solche Anlage, soweit mir bekannt, zuerst im Stuttgarter Stadtbad von EberleEberle, Z. d. bayr. Rev. Ver. 1910. 96. eingerichtet worden. Auf dem Rost und an der Kesselwand treten durch diese Erweiterung der Aufgabe der Anlage keine Aenderungen gegenüber den beiden besprochenen Einzelanlagen ein. Aber die Dampfmaschine kann jetzt den Arbeitswert nicht mehr so weit ausnutzen wie in der reinen Kraftmaschine, denn es soll der Abdampf der Heizleitung zugeführt werden. Es sind also in (11) die der Temperatur der Heizleitung, 50°, zugehörigen Werte von ie' und iv' einzusetzen. Ist das nur eine bei der zahlenmäßigen Berechnung eintretende Aenderung, so erhalten wir auch eine Aenderung der Gleichungen, wenn wir die Verwertungszahl berechnen. Da hier der Abdampf in die Heizleitung geführt wird, so ist die dieser zugeführte Wärmemenge gegeben durch Q = (Hw – ALt) + G + ALt = Hw + G = (ηk + αε) H so daß 17.      vv = ηk + αε = ηk (1 + ηtε). Nehmen wir als Temperatur der Heizleitung wieder 50°, so wird ηt = 0,280, α = 0,252 und damit v = 2,270. Der Fluß der Arbeit und der Wärme durch die Anlage wird durch Abb. 3 gegeben. Bei der reinen Kraftmaschine hatten wir eine merklich kleinere Verwertungszahl bekommen. Das ist nur die Folge der zur Erzielung einer einfachen Rechnung gemachten Annahme. Würden wir dort 2 Kältemaschinen aufstellen, von denen die eine die in den Verflüssiger abgehende Wärme von 20° wieder verwendungsfähig macht, während die andere mit dem noch verbleibenden Rest der Arbeit Wärme aus dem Grundwasser entnimmt, so würden wir dort genau dieselbe Verwertungszahl finden wie hier. Da es aber zunächst nur darauf ankommt, einen festen Weg der Berechnung der Verwertungszahl zu finden zum Zweck des Vergleiches der verschiedenen Arten von Anlagen, so soll es bei der ersten Berechnung bleiben. In Deutschland sind Heizleitungen mit Dampf von 50° recht selten. Man hat meist Dampf von atmosphärischem Druck in der Heizleitung. Wir müssen also noch ein Beispiel durchrechnen, in welchem 100° als die kältere Grenztemperatur der Kraftmaschine eingesetzt wird. Für die aus dem Grundwasser entnommene Wärme behalten wir 50° als heißere Temperatur bei und kümmern uns hier nicht um die bauliche Schwierigkeit, die Heizleitung in 2 Teile mit verschiedener Temperatur teilen zu müssen. Die zum Betrieb der Kältemaschine verwendete Arbeit wird ja in der Wirklichkeit doch anders verwendet; ihre Zuführung zur Kältemaschine geschieht nur in Gedanken, um die Berechnung der Verwertungszahl zu ermöglichen. Bis an die Turbinendampfmaschine heran bleibt alles wie in den bisherigen Beispielen mit Kraftmaschinen. Dort wird aber jetzt ηt = 0,195, damit αt = 0,577; G = 0,959 H und v = 1,853; vergl. Abb. 4. Die Zahlen sowohl wie die Abb. 3 und 4 zeigen den Einfluß des weiter ausgenutzten Temperaturunterschiedes in sehr lehrreicher Weise. Im zweiten Beispiel ist der Temperaturunterschied von 100° bis 50° unausgenutzt geblieben, während er im ersten Beispiel zur Arbeitsleistung herangezogen worden ist. Der Erfolg ist die größere Verwertungszahl, deren Herkunft man in dem schmaleren an der Wand der Heizleitung verwüsteten Streifen Arbeit erkennt. Man muß den Temperaturunterschied von 100° bis zu der für die Heizleitung unbedingt erforderlichen Temperatur möglichst zur Arbeitsleistung heranziehen: man muß sparsame Temperaturwirtschaft treiben. Das in der üblichen Wärme Wirtschaft so viel benutzte Wärmediagramm, Darstellung des Flusses der Wärme durch die Anlage, läßt diese Aufgabe nicht erkennen. Erst das Aufzeichnen des Flusses der Arbeit durch die Anlage, wie ich es schon früherD. p. J. 85. 1904. 113. vorgeschlagen, in Verbindung mit dem Wärmefluß, wie es die hier gegebenen Abb. zeigen, bringt deutlich die Verwüstung von Arbeitswert durch nicht ausgenutzte Temperaturunterschiede zur Anschauung. Man vergleiche die Arbeitsverwüstung an der Heizfläche in den Abb. 2 und 3, und man wird begreifen, warum im letzten Falle die Verwertungszahl soviel größer ist. Der Vergleich beider Abb. läßt den Wert der sparsamen Temperaturwirtschaft sofort sehen. Erst die Einzeichnung des Flusses der Arbeit in den Fluß der Wärme gibt ein vollständiges Bild der richtig geleiteten Energiewirtschaft. Textabbildung Bd. 337, S. 54 Abb. 3. Textabbildung Bd. 337, S. 54 Abb. 4. Die hier gestellte Forderung, vorhandene Temperaturunterschiede möglichst zur Arbeitsgewinnung auszunutzen, kann man besser als durch Abdampf erfüllen, wenn man, wie das ja auch schon vielfach geschieht, vor dem Verflüssiger einen Temperaturaustauscher anordnet, welcher die Temperatur des Abdampfes an Wasser oder eine ähnliche Flüssigkeit überträgt, die dann durch die Heizleitung fließt. Hier kann man die Forderung der möglichsten Temperaturausnutzung sehr leicht erfüllen, indem man bei geringem Wärmebedarf die Temperatur der Heizleitung kälter einstellt als bei großem und die Kraftmaschine immer bis an diese Temperatur heran arbeiten läßt. Man nähert sich dann je nach dem Wärmebedarf entweder der Abb. 3 oder 4. Die gewonnene Arbeit wird in der Wirklichkeit natürlich nicht wie hier einer Kältemaschine zugeführt, sondern dient zum Antrieb der Arbeitsmaschinen.