Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 167 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die bisherige Entwicklung der Gasturbine. Bald
nachdem die Dampfturbine ihre praktische Brauchbarkeit erwiesen hatte und in einer
Reihe von Betrieben anfing, der älteren Schwester, der Kolbendampfmaschine, den Rang
streitig zu machen, tauchten auch schon die Pläne zur Schaffung einer Gasturbine
auf, die neben der höheren Energieumsetzung der Verbrennungskraftmaschine den
Vorteil der rein umlaufenden Bewegung bot und damit zu einem weiteren wichtigen
Fortschritt im Kraftmaschinenbau berufen schien. Für die Ingenieure lag also
ein großer Reiz in dieser Aussicht, aber zugleich eine Aufgabe voll
außerordentlicher technischer Schwierigkeiten. Wie auf allen Gebieten der Technik,
und besonders auf dem des Kraftmaschinenbaues war auch hier der Anfang reich an
Mißerfolgen, die zunächst jeden geschäftlichen Gewinn ausschlössen. Um so mehr
verdient die zähe, unbeirrte Arbeit der Pioniere ihrer Sache unsere Bewunderung und
unsern Dank für die wertvollen Erkenntnisse und Erfahrungen, die auch ihre
fehlgeschlagenen Versuche uns verschafft haben. Im Folgenden sind nur die
praktisch ausgeführten Versuche mit Gasturbinen erwähnt, nicht auch die zahlreichen
nicht zur Ausführung gekommenen Vorschläge.
Eine der Hauptschwierigkeiten des Gasturbinenproblems liegt in den hohen
Verbrennungstemperaturen der Gasgemische, denen die Radschaufeln nur nach starker
Ermäßigung standhalten. Im Zylinder einer Kolbengas- oder Oelmaschine werden die
hohen Temperaturen wie auch die hohen Drucke viel leichter beherrscht. Wie bei den
Verbrennungskraftmaschinen mit Kolben- und Kurbeltrieb hat man zwei Wege zur
Erzeugung des Anfangsdruckes versucht, das Explosions- und das Gleichdruckverfahren,
also die plötzliche Druckbildung und diejenige unter allmählicher Verbrennung des
eingeführten Brennstoffes. In der letzteren Richtung bewegten sich die Arbeiten des
verstorbenen Ingenieurs Armangaud in Paris, der zusammen mit Lemale im Jahre 1906 an
zwei Versuchsgasturbinen von 25 und 300 PS Erprobungen vornahm. Zunächst benutzte er
eine kleine 25-PS-Lavaldampfturbine, die statt mit Dampf mit komprimierter Luft
betrieben wurde. Die Preßluft wurde von einem Kompressor geliefert, dessen
Wirkungsgrad genau bestimmt war. Die Luft wurde in einer Verbrennungskammer mit
Gasolindampf gemischt. Die Verbrennung des Gemischs, das durch einen elektrischen
Funken entzündet wurde, ging unter konstantem Druck von etwa 10 at vor sich. Durch
Einführung von Wasserdampf wurde die Temperatur von 1800° in der Verbrennungskammer,
die mit Karborund ausgefüttert war, auf 400° ermäßigt. Die heißen Gase expandierten
in einer Lavaldüse unter entsprechender Erniedrigung der Temperatur und Erhöhung
ihrer Strömungsgeschwindigkeit, mit der sie auf das Schaufelrad traten. Die Versuche
ergaben, daß zur Kompressionsarbeit der Luft die Hälfte der aus der Gasturbine
erzielten Leistung aufzuwenden war. Bei der 300-PS-Turbine war der eine Teil der
Verbrennungskammer mit Karborund ausgefüttert, der andere Teil hatte einen
Kühlmantel mit zirkulierendem Wasser, das auch die Düsen kühlte. Der sich dabei
bildende Dampf wurde dem Gasgemisch zugeführt, um die Verbrennungstemperatur zu
erniedrigen. Außerdem wurden Rad und Schaufeln noch gekühlt. Zur Beschaffung der
Preßluft von 8 at für diese Turbine diente ein auf der Turbinenwelle sitzender 4
stufiger Rateau-Kompressor mit einem Wirkungsgrad von 65 v. H. Die Turbine lief mit
4000 Umdrehungen i. d. Min. und verbrauchte 1,8 kg Leucht-Petroleum für 1 PSe in der
Stunde, war also bei diesem hohen Brennstoffverbrauch nicht wettbewerbsfähig. Die
Erzielung einer Leistung von 300 PS in einer Gasturbine bedeutete immerhin einen
Erfolg. Der vorzeitige Tod Armangauds verhinderte weitere Verbesserungen; die
Versuche mit Gleichdruckturbinen sind nicht weiter fortgesetzt worden.
Mit der Explosionsgasturbine haben sich namentlich Karovodine und Holzwarth versucht.
Ersterer erhielt mit einem Turbinenrad von 150 mm ⌀ bei 10000 Umdrehungen i. d. Min.
eine effektive Leistung von 1,6 PS. Die Turbine besaß 4 wassergekühlte
Explosionskammern, von wo aus das explosible Gemisch nach dem Entzünden durch
Lavaldüsen dem Rad zuströmte. Darnach entstand in der Verbrennungskammer ein
Unterdruck von 0,15 at, der jedesmal nach einer Explosion das Nachströmen von Luft
und verdampftem Petroleum in die Explosionskammer bewirkte, wo die Zündung
stattfand. Der Druck stieg auf 1⅓ at, so daß für das Durchtreiben der Gase durch das
Rad nur ein geringer Ueberdruck zur Verfügung stand. Der Prozeß wiederholte sich
jedesmal nach einer Zeitdauer von 0,025 Sekunden; es wurden sonach 40
Explosionen in der Sekunde erzielt. An einer gleichgroßen Turbine Laval'scher Bauart
hat Baudegat ebenfalls eine effektive Leistung von 1,6 PS erzielt mit einem
Brennstoffverbrauch von 3 kg Petroleum für die eff. PS und Stunde. Die kleine
Explosionsturbine brauchte also fast das Doppelte wie die Gleichdruckturbine von 300
PS. Der Rauminhalt jeder Verbrennungskammer betrug 230 ccm, jede Düse hatte eine
Länge von 3 cm und einen Durchmesser von 16 mm.
Abweichend von den vorgenannten Versuchen zum Bau einer Gasturbine hat Holzwarth bei
seiner 1000-PS-Turbine die stehende Bauart mit senkrechter Welle zur Ausführung
gebracht; die von der Turbine unmittelbar angetriebene Dynamo war über der Turbine
angeordnet. Die erste Versuchsturbine, die im Jahre 1910 in Mannheim entstand, hatte
zwei umlaufende und eine feststehende Schaufelreihe, ähnlich wie bei der
Curtisturbine. Die Verbrennungskammern, im ganzen 19, waren paarweise im Kreise
angeordnet und enthielten jeweils im untern Teil Gas- und Luftansaugeventil und im
oberen Teil die Düse mit vorgeschaltetem Durchlaßventil. Luft und Gas wurden von
einem rotierenden Kompressor in die Verbrennungskammern geschafft, der seinerseits
von einer Dampfturbine (Dampf aus den Abgasen der Gasturbine erzeugt) angetrieben
wurde. Die Wirkungsweise dieser Turbine ist folgende: Die in die Verbrennungskammer
eingeführte Druckluft treibt zunächst die Rückstände der vorangegangenen Verbrennung
hinaus und kühlt zugleich die Kammer und die Schaufeln. Alsdann wird Gas eingeführt,
wobei das der Düse vorgeschaltete Ventil geschlossen bleibt. Dieses öffnet sich erst
wieder unter dem Explosionsdruck des elektrisch entzündeten Gasgemisches und läßt
die in der Düse expandierenden Gase auf die Schaufeln treten. Infolge der
Druckabnahmen schließt sich das Ventil allmählich wieder, läßt aber vorher noch Luft
zur Kühlung und Ausspülung durch. Nachdem es sich geschlossen hat, wiederholt sich
das Spiel mit einer neuen Gasfüllung und Zündung.
Nach Ueberwindung großer Schwierigkeiten konnte die Versuchsturbine schließlich mit
Koksgeneratorgas in Betrieb genommen werden. Bei Benutzung aller 10
Verbrennungskammern wurde dabei ein höchster Explosionsdruck von 3,2 at (Ueberdruck)
erreicht, der sich bei 5 Kammern auf 6,5 und bei 4 Kammern auf 7,4 at steigerte, bei
einer Leistung von 180 bzw. 145 bzw. 122 PS. Bei 10 Kammern betrug die Leistung
einer Kammer etwa nur die Hälfte wie bei 4 Kammern. Holzwarth führte dies auf eine
ungünstige gegenseitige Beeinflussung durch Interferenz zurück. Infolge davon konnte
die normale Leistung bei dieser ersten Versuchsturbine nicht erreicht werden.
Näheres hat Holzwarth in seinem Buche „Die Gasturbine“, München, R.
Oldenbourg, mitgeteilt. Das Gewicht der Turbine betrug 25½ t, mit Dynamo und
Ekonomiser 53½ t, würde also bei tatsächlicher Leistung von 1000 PS durchaus mit
Kolbendampf- und -gasmaschinen wettbewerbfähig sein. Ueber die mögliche Ausnutzung
in seiner Turbine hatte Holzwarth zu große Hoffnungen. Wenn auch bei der ersten
Turbine die tatsächlich erreichte Ausnutzung sehr weit hinter dem nach Holzwarth
theoretisch möglichen Wirkungsgrad zurückblieb, so brachten doch seine Arbeiten
einen großen Fortschritt und bildeten für die weiteren Versuche eine wertvolle
Vorarbeit.
Im Jahre 1914, kurz vor Kriegsausbruch, wurde eine zweite Holzwarth-Versuchsturbine
von der Maschinenfabrik Thyssen & Co. in Mülheim (Ruhr) gebaut, ebenfalls für
1000 PS und mit stehender Bauart. Die Versuche mit dieser Turbine wurden durch den
Krieg unterbrochen und erst 1918 wieder fortgesetzt. Diese Versuche bezweckten u.a. die
Steigerung des Explosionsdruckes durch Erhöhung des Ladedruckes; es wurden jetzt
mittlere Explosionsdrucke von 12 und 14 at abs. erzielt. Ferner wurde zur
Verringerung der Wärmeverluste die Abkürzung der Expansionszeit angestrebt, die
jetzt noch 0,1 Sek. beträgt gegenüber 0,02 Sek. bei raschlaufenden
Kolbenölmaschinen. Ein weiteres umfangreiches Studium verlangte die Frage des
Materials und der Befestigung der Radschaufeln. Am besten bewährte sich die
Ausführung der Schaufel aus weichem Elektroeisen mit Kappe und Fuß aus einem Stück
wie bei der Laval-Turbine. Für die Gestaltung der Düse hat die auch im
Dampfturbinenbau bewährte Lavaldüse mit möglichst kleinem Austrittswinkel die besten
Resultate ergeben. Das sinnreiche Ventil zum Abschluß der Düse gegen den
Verbrennungsraum wurde ebenfalls verbessert, insbesondere durch Einführung einer
Belastung durch Oeldruck statt durch eine Feder. Es ergab dies eine einfachere
Bauart und einen regelmäßigeren Verlauf der Verpuffungen.
Die Ende 1919 an dieser Versuchsturbine vorgenommenen Versuche mit Koksofengas von
3860 Kal./cbm Heizwert ergaben bei Betrieb mit allen 10 Verbrennungskammern eine
Höchstleistung von 984 PS bei einem stündlichen Gasverbrauch von 630 cbm
entsprechend einem Wärmeverbrauch von 2415000 Wärmeeinheiten; das entspricht einem
Wärmeverbrauch von 2450 Einheiten pro PS und Stunde und einer Umsetzung der
Wärmeenergie in Nutzarbeit von 26 v. H. Bei einer Belastung von ¾ der normalen
betrug der Wirkungsgrad noch 21,8 v. H. und bei ¼ noch 10,8 v. H. Die zur
Verdichtung von Wind, Luft und Gas aufgewendete Energie betrug 5,7 v. H. der
Abgaswärme. Die Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß sich der zum Betrieb der
Hilfseinrichtungen nötige Kraftbedarf aus der Abgaswärme der Turbine decken
läßt.
Durch die ausdauernden Bemühungen Holzwarths ist die Gasturbine heute schon zu einer
betriebsfähigen Kraftmaschine geworden, die hinsichtlich ihrer thermischen
Ausnutzung der Brennstoffenergie zwischen der Kolbengasmaschine und der Dampfturbine
steht. Die Eisenbahnverwaltung hat in richtiger Erkenntnis der Wichtigkeit dieser
Frage für die elektrische Zugförderung und die damit zu schaffenden elektrischen
Großkraftwerke, für die ein Betrieb durch Gasturbinen in Frage kommt, eine größere
Gasturbine für schweres Treiböl in Auftrag gegeben, die z. Z. im Versuchstadium sich
befindet. Die Beschaffung einer weiteren 4500-PS-Gasturbine ist von der
Eisenbahnverwaltung in Aussicht genommen. Mitteilungen darüber bleibt einem weiteren
Bericht nach Abschluß der Versuche vorbehalten.
Meuth.
Wärmetechnische Ueberwachung der Betriebe. Um Vorschläge
für die Verbesserung der Wärmewirtschaft machen zu können, muß man zunächst bei dem
zur Untersuchung gelangenden Falle die Verlustquellen feststellen. Zu diesem Zwecke
ist vor allem die Wägung der verbrauchten Kohle und die Ermittlung ihres Heizwertes
nötig. Sodann ist der Wärmeverlust durch Leitung und Strahlung sowie die Menge des
Unverbrännten in der Schlacke und den Abgasen zu bestimmen. Ueberdies kommt die
Eigenwärme der letzteren erheblich für die Beurteilung des Ausnutzungsgrades in
Frage. Sie ist das Produkt von Temperatur, spezifischer Wärme und Menge der Abgase.
Erstere kann durch Thermometer oder Pyrometer gemessen werden. Ueber die spezifische
Wärme liegen umfangreiche Versuchsergebnisse vor. Die Menge der Abgase findet man
wohl am besten rechnerisch. Bedeutet K die in der Zeiteinheit verbrannte
Kohlenmenge, C den Kohlenstoffgehalt des Brennmateriales in Prozenten, A die
Abgasmenge in der Zeiteinheit, a den Kohlenstoffgehalt der Abgase in m3 bezogen auf 0° und 760 mm, t die Gastemperatur,
cp die spezifische Wärme bei unverändertem Druck für 1 m3 bezogen auf 0° und 760 mm, so kann man schreiben KC = Aa oder
A=\frac{KC}{a}. Es läßt sich also leicht die Menge der Abgase berechnen, wenn C und a
bekannt ist. Man kann den letztgenannten Wert bei Voraussetzung, daß keine
unverbrannten Produkte vorhanden sind, aus dem Kohlensäuregehalt der Abgase
bestimmen. Zu dessen Ermittlung werden seit geraumer Zeit die
„Orsat-Apparate“ benutzt. Man mißt bei ihnen das Gasvolumen, absorbiert
die Kohlensäure durch Alkali und stellt den Rauminhalt des Gasrestes fest.
Vermittelst einer sinnreich erdachten Vorrichtung wird die Größe des nicht
absorbierten Gasrestes in wählbaren Zeitabständen in Form einer vertikalen Linie
verzeichnet. Eine durch Prof. Strache, Wien, entworfene, als „Autolysator“
bezeichnete Vorrichtung stellt den Kohlensäuregehalt durch eine zusammenhängende
Linie dar. In ähnlicher Weise werden die Untersuchungsergebnisse durch den erst
kürzlich auf den Markt gekommenen „Unographen“ veranschaulicht. Bei kleineren
Feuerungsanlagen konnten sich die automatisch registrierenden Apparate nicht recht
einführen, da es an Personal zur Wartung fehlt. Dieser Umstand veranlaßte Strache
und Kling zum Entwurf des Taschengasprüfers „Siccus“. Bei ihm schickt man das
zu untersuchende Gas durch einen Pumpenzylinder, wodurch eine bestimmte Menge
abgemessen wird. Nun sperrt man durch Drehung eines Hahnes die Zu- und Ableitung des
Gases und verbindet den Pumpenzylinder mit einem trockenen Natronkalk enthaltenden
Absorptionsgefäß. Infolge einer Auf- und Abbewegung des Pumpenkolbens tritt das Gas
in das Gefäß ein und wird daselbst von Kohlensäure befreit. Hierdurch verringert
sich die Menge des Gases, und dessen Druck nimmt ab. Ein Manometer zeigt die
Verminderung der Spannung an. Es ist somit, wie man leicht erkennt, nicht schwierig,
die Vorrichtung mit einer Skala zu versehen, an welcher man den der Druckabnahme
entsprechenden Kohlensäuregehalt ablesen kann. Jeder Arbeiter ist imstande, den
Taschengasprüfer zu handhaben, Eine Analyse dauert wenige Sekunden.
Wie oben bereits erwähnt wurde, ist zur Berechnung der Abgasmenge A auch die Kenntnis
des Wertes C notwendig. Man findet denselben durch die Verbrennungsanalyse. Ferner
wird die Kohlenmenge K durch Wägung bestimmt. Der Feststellung von A steht somit
nichts mehr im Wege, und der Wärmeverlust durch die Abgase ergibt sich aus der
Formel W = Atcp, sofern man t mit Hülfe eines Pyrometers mißt.
Auch beim Generatorbetrieb läßt sich der Taschengasprüfer „Siccus“ verwenden.
In den dort entstehenden Gasen ist ein geringer Kohlensäuregehalt erwünscht. Ferner
muß der Wasserstoffgehalt ermittelt werden. Zu diesem Zwecke verwendet man den
„Densographen“. Seinem Entwürfe lag folgender Gedanke zu Grunde: Entfernt
man aus dem Generatorgas die Kohlensäure, so bleibt im wesentlichen nur Kohlenoxyd,
Stickstoff und Wasserstoff übrig. Da nun die beiden erstgenannten Bestandteile die
gleiche Dichte haben, so findet man den Wasserstoffgehalt durch Feststellung der
Dichte des kohlensäurefreien Gases. Zur Bestimmung des Heizwertes der im Generator
entwickelten Gase dient seit langer Zeit das Junkersche „Kaloriometer“. Es
ist wegen des
Wasserzu- und -ablaufes nicht ortsbeweglich. Auch muß es durch eine ständig
brennende Flamme bedient werden, die das Generatorgas nicht immer gibt. Weniger
bekannt ist das „Kaloriskop“. Bei diesem erfährt eine mit Quecksilber
gefüllte Glaskugel durch die Entzündung eines abgeschlossenen Gasluftgemisches eine
Temperaturerhöhung. Die infolgedessen eintretende Ausdehnung des Quecksilbers ist
ein Maß des Heizwertes.
Naturgemäß wäre es recht vorteilhaft, wenn man die aus dem Kohlensäuregehalt
errechnete Gasmenge durch Messung nachprüfen könnte. Leider weisen die zu diesem
Zwecke entworfenen Vorrichtungen manche Mangel auf. Am besten dürfte sich der
Pintsch'sche „Teilstrommesser“ bewähren, sofern größere Widerstände zulässig
sind. Er drosselt den Gasstrom durch Verengung, leitet einen Teilstrom ab und mißt
diesen durch einen gewöhnlichen Gasmesser. Ebenso wichtig wie die
Geschwindigkeitsbestimmung ist die Ermittlung der Zugwirkung des Schornsteins.
Hierzu bedient man sich unter anderem der Manometer und Zugdifferenzmesser. Die
verwendeten Vorrichtungen sollten, sofern es sich vermeiden läßt, nicht mit
Flüssigkeit gefüllt sein, da sie in diesem Falle Wartung wegen des Nachfüllens
erfordern. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß der Entwurf trockener
Zugdifferenzmesser gewisse Schwierigkeiten verursacht, wenn die Zugwirkung gering
ist. Einen Standpunkt großer Vollkommenheit hat die Temperaturmessung erreicht. Man
benutzt bis 500° Thermometer aus Glas, bis zu 750° solche aus Quarz. An die bis 700°
ausreichenden Metallthermometer schließen sich an die elektrischen
Widerstands-Pyrometer, das Le Chateliersche Thermoelement
und das Wannersche optische Pyrometer, sofern es sich um
Ermittlung sehr hoher Wärmegrade handelt. Alle sind durchaus brauchbare Instrumente.
Die Strahlung und Wärmeableitung ist eine bisweilen nicht unbeträchtliche
Verlustquelle, die meist nur als Restglied bestimmt wird. In diesem treten
naturgemäß alle Fehler der anderen Messungen auf. Die Folge davon ist, daß
hinsichtlich der Größe der an letzter Stelle genannten Verluste vielfach Unklarheit
besteht und Isoliermittel verwendet werden, welche ihre Aufgabe ungenügend erfüllen.
Die Aufstellung von Wärmebilanzen ist unbedingt notwendig, trotzdem sie sich oft
recht mühevoll gestaltet. Es kann keinesfalls als hinreichend bezeichnet werden, daß
man lediglich die Wärmeabfuhr durch die Abgase als bekannteste Verlustquelle
ermittelt und auf Grund dessen den Nutzeffekt abschätzt. Auch ist die einmal
festgestellte Wärmebilanz nicht als maßgeblich für alle Zeiten zu betrachten. Sie
wird wesentlich durch die Betriebsführung und die Art der verwendeten Brennstoffe
beeinflußt. Als solche kamen früher fast nur Stein- und Braunkohle, Koks, Torf sowie
Holz in Betracht. Jetzt entzieht man der Kohle durch Extraktion den Montanwachs ohne
Zerstörung. Durch Bertinierung treibt man Wässerdampf und Kohlensäure zwecks
Erhöhung des Heizwertes aus. Durch Verschwelung wird neben den Teerdestillaten Halb-
und Grudekoks gewonnen. In Generatoren erfolgt die restlose Ueberführung von Kohle
in Gas. Minderwertige, staubförmige Brennstoffe werden durch Brikettierung
verwendbar gemacht. Man benutzt somit sehr verschiedenartiges Feuerungsmaterial.
Daher kann man sich gegenwärtig nicht mehr auf die Feststellung von Wassergehalt,
Asche und Heizwert beschränken. Auch die Elementar-Analyse auf Kohlenstoff,
Wasserstoff, Stickstoff und Schwefel reicht nicht aus. Es ist auch notwendig, das
Verhalten des Brennstoffes beim Erhitzen zu bestimmen. Es zersetzt sich nämlich
die Kohle zunächst in Gas, Teer, Koks und wässerige Destillate. Hierüber gibt
die Immediat-Analyse Aufschluß. Sie läßt jedoch nichts in bezug auf den
Verbrennungswert der gasförmig entweichenden Produkte erkennen. Dieser könnte mit
Hülfe des oben genannten Kaloriskops ermittelt werden. Man entgast Kohle durch
Erhitzung in einem kleinem Röhrchen und fängt den entstehenden Teer auf, während das
Gas in das Kaloriskop tritt, dort mit Luft gemischt und entzündet wird. Der Heizwert
kann nunmehr unmittelbar abgelesen werden. Auch die Bestimmung des
Schlackenschmelzpunktes ist unter Umständen sehr wichtig. Ferner besitzt der
Belähungsgrad eine große Bedeutung für den Generatorbetrieb. Der Gehalt an
verbrennlichem Schwefel wird gefunden, indem man Kohle im lebhaften Sauerstoffstrom
zur Entzündung bringt und den Gehalt an schwefeliger Säure in den Abgasen
feststellt. Sehr bedeutungsvoll ist naturgemäß die Untersuchung der Kohle auf
gewinnbare Nebenprodukte, wie Paraffin, Leucht- und Heizöl, Montanwachs, Ammoniak
und Urteer. Besonders die Menge des letztgenannten Stoffes ist von Wichtigkeit, da
dieser das Ausgangsprodukt für Erzeugnisse wie Phenole, Schmieröle oder Asphalt
bildet. Ein Wechsel des zur Feuerung benutzten Brennstoffes macht stets auch einen
Wechsel in der Betriebsweise nötig. Eine Vorausberechnung der Wärmebilanz bei
Verwendung bestimmter Kohlensorten ist unbedingt erstrebenswert. Hand in Hand mit
ihr soll der Versuch gehen. Auf diesem Wege dürfte man am schnellsten zur
Feststellung von Fehlern bei der praktischen Prüfung oder in der Berechnung
gelangen. Es empfiehlt sich, dafür zu sorgen, daß durchgeführte Verbesserungen
dauernd erhalten bleiben. Die Einführung von Ersparnisprämien erscheint zu diesem
Zwecke geeignet. Auch vor durchgreifenden Verbesserungen darf man heute nicht
zurückschrecken, da selbst hohe Kosten bei den gegenwärtigen Kohlenpreisen im Laufe
weniger Jahre amortisiert sind. Sehr nutzbringend dürfte die Einrichtung besonderer
Abteilungen für Feuerungs- und Gastechnik an den Hochschulen wirken, denn der
Wärmeingenieur bedarf einer gründlichen Ausbildung nicht nur auf technischem,
sondern auch auf chemischen Gebiete. Ferner wäre es zu begrüßen, wenn maßgebende
Stellen auf die Industrie in dem Sinne einzuwirken suchten, daß es üblich wird, beim
Entwürfe und der Errichtung von Neuanlagen das Gutachten eines behördlich
anerkannten Wärmeingenieurs einzufordern. (Strache in Heft 16 und 17 von
Elektrotechnik und Maschinenbau.)
Schmolke.
Bindung des Kokerei-Ammoniaks nach dem
Ammoniaksodaverfahren. Die Herstellung von Ammoniaksulfat war vor dem
Kriege für die Kokereien das Gegebene, da das Verfahren sehr einfach ist und
Schwefelsäure billig und in ausreichender Menge vorhanden war. Als im Kriege die
Pyriteinfuhr stockte und dadurch die Beschaffung von Schwefelsäure immer schwieriger
wurde, suchten die Kokereien nach anderen Verfahren zur Bindung des Ammoniaks, wobei
Bedingung war, daß eine billige Rohstoffquelle für den Ersatz der Schwefelsäure
gefunden und ein Düngesalz erzeugt wurde, das hinter dem Sulfat nicht zurückstand.
Ein solches Salz war das Chlorammonium. Von der Gesellschaft für Kohlentechnik in
Dortmund wurden, wie Prof. Dr. Häußer in der Zeitschrift „Glückauf“
berichtet, Versuche über die Herstellung von Chlorammonium ausgeführt, und zwar
suchte man zunächst als Chlorquelle die Endlaugen der Kaliindustrie, die etwa 30 v.
H. Chlormagnesium enthalten, zu benutzen. Die Umsetzung zwischen Ammoniak und
Chlormagnesium ist jedoch nicht vollständig, wie auch Versuche von Precht
ergaben; es entsteht hierbei ein Doppelsalz von nur geringem Stickstoffgehalt.
Zweckmäßiger erschien daher die Umsetzung von Ammoniak und Kohlensäure mit Kochsalz,
wie sie bei dem Solvay-Verfahren seit langen Jahren gebräuchlich ist. Dieses
Verfahren liefert neben Soda eine Endlauge, die das gesamte eingeführte Ammoniak in
Form von Chlorammonium und daneben noch größere Mengen von unzersetztem Kochsalz
enthält. Man konnte daran denken, diese Laugen zur Gewinnung von festem
Chlorammonium einzudampfen und den Ammoniakbedarf für die Sodagewinnung durch
Verwendung von verdichtetem Gaswasser zu decken, statt wie bisher das Ammoniak aus
den Endlaugen durch Kochen mit Kalkmilch zu regenerieren. Die Endlauge enthält 16–18
v. H. Chlorammonium und 8–10 v. H. Kochsalz. Beim Kochen dieser Lauge verändert sie
sich in der Weise, daß sie nachher etwa gleichviel Chlorammonium, und Kochsalz
enthält, wobei der größte Teil des letzteren in fester Form ausgeschieden wird. Der
Kohlenverbrauch für das Eindampfen der Lauge beträgt etwa 2,4 t auf 1 t Ammoniak,
wobei als Nebenprodukt etwa 2,2 t Kochsalz gewonnen werden. Verfasser gibt eine
Kostenberechnung für die Gewinnung von Chlorammonium nach diesem Verfahren, woraus
ersichtlich ist, daß die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens gegenüber der bisher
üblichen Gewinnung von Ammoniumsulfat auch bei einem event. Rückgang der
Schwefelsäurepreise gesichert ist.
Ungeklärt blieb vorerst die Frage, welches Material für die Eindampfgefäße für die
Chlorammoniumlauge zu verwenden ist. Denn dieses Salz hat die Eigenschaft,
schon bei verhältnismäßig niedriger Temperatur in seine Bestandteile, Ammoniak und
Salzsäure, zu dissoziieren, wodurch die Eindampfgefäße stark angegriffen werden. Zur
Klärung dieser Frage wurde Ende 1919 eine größere Versuchsanlage errichtet, in der
verschiedene Materialien ausprobiert wurden. Auf Grund der hierbei gemachten
Erfahrungen steht eine technisch brauchbare Lösung dieser Frage in Aussicht. Es hat
sich bei diesen Versuchen ferner als zweckmäßig erwiesen, nur einen Teil des
Chlorammoniums aus der Lauge zu gewinnen und auf die Abscheidung des Kochsalzes ganz
zu verzichten. Bei einer größeren Anlage wird man schließlich darauf Bedacht nehmen
müssen, den erforderlichen Heizdampf zunächst zur Krafterzeugung zu verwenden,
wodurch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens noch wesentlich günstiger wird. Es
dürfte sich somit empfehlen, das Kokerei-Ammoniak in Form von verdichtetem
Ammoniakwasser an die bestehenden Sodafabriken zu liefern zwecks Verarbeitung auf
Clorammonium durch Eindampfen der Sodaendlaugen. (Glückauf 1921, S. 1200–1203.)
Sander.
Die Leipziger Herbstmesse (Allgemeine Mustermesse mit
Technischer Messe und Baumesse) findet vom 27. August bis 2. September 1922 statt.
Von einer Verlängerung der Technischen Messe über die Allgemeine Mustermesse hinaus
wird diesmal abgesehen.