Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 177 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die ersten Kühlwagen der Deutschen Reichsbahn und ihre
Bedeutung für die Lebensmittelversorgung Deutschlands. (Reg.-Rat Laubenheimer in der Deutschen Maschinentechnischen
Gesellschaft.) Der Redner behandelte zunächst die Lebensmittelversorgung
Deutschlands vor dem Kriege und zeigte an der Statistik des Reichsgesundheitsamts,
daß die Fleischernährung in Deutschland selbst in dieser günstigen Periode nicht
einmal die für eine ausreichende Ernährung erforderliche Mindestmenge von 62,26 kg
für den Kopf der Bevölkerung erreichte; sie bewegte sich vielmehr in den Jahren
1904–1911 im Durchschnitt nur auf 53,9 kg, was nur die Hälfte des durchschnittlichen
englischen Fleischkonsums ausmachte. Aber selbst diese verhältnismäßig geringe
Eiweisernährung durch Fleisch konnte Deutschland nur zum Teil im Inlande und auch
hier nur unter Zuhilfenahme ausländischer Futtermittel erzeugen, wozu noch eine
beträchtliche Einfuhr lebenden Viehes und von frischgeschlachtetem Fleisch kam.
Heute ist diese Einfuhr infolge der Valutaverhältnisse fast unmöglich geworden. Noch
größer aber ist der Ausfall in der Fleischversorgung durch den Verlust der
landwirtschaftlich hochwertigen Gebiete in Nordschleswig, Elsaß-Lothringen und vor
allem im polnischen Korridor, wodurch eine Minderproduktion der eigenen Erzeugung
von 15–20 % eingetreten ist. Infolgedessen ist der Rückgang des Fleischkonsums sehr
beträchtlich. Das Jahr 1921 weist gegen das Jahr 1913 einen Rückgang von 48 %, das
Jahr 1922 sogar von 55 % auf, so daß nur noch 24,3 kg pro Kopf der Bevölkerung
verbraucht wurde, also nur 40 % des Sollverbrauchs. Dieser katastrophale Rückgang
des Fleischkonsums birgt große gesundheitliche Gefahren für die Nation, die sich in
verminderter Leistungsfähigkeit und geringem Widerstand gegen Erkrankungen,
insbesondere Tuberkulose äußern, was am deutlichsten durch die Zunahme der
Sterblichkeit erwiesen wird.
Als Mittel zur Abhilfe kommen in Betracht:
a) vermehrte inländische Aufzucht, die größere Einfuhr
ausländischer Futtermittel vorausgesetzt,
b) vermehrte Fleischeinfuhr, insbesondere von Gefrierfleisch,
was ebenfalls fremde Devisen beansprucht.
So ist die Fleischversorgung Deutschlands zur Valutafrage geworden. Der Redner zeigte
hier an einer bildlichen Darstellung den Zusammenhang zwischen Dollarstand,
Gefrierfleisch- und Frischfleischpreis und führte dann an weiteren graphischen
Darstellungen den Einfluß der älteren Kühltechnik und vor allem der modernen
Gefriertechnik, die es ermöglicht, das Gefrierfleisch aus Argentinien und Australien
einzuführen, auf die Gestaltung der englischen Fleischpreise vor dem Kriege aus.
Die Einfuhr des Gefrierfleisches, die; im Frieden verboten war, ist jetzt auch in
Deutschland nach anfänglichen Mißerfolgen so organisiert, daß sie in einwandfreier
hygienischer Weise sichergestellt ist. Aber die enorme Steigerung der Fleischpreise
machen die notwendige verstärkte Eiweisernährung weiter Volkskreise, denen nach der
schweren Kriegs- und Blockadezeit ein Ausgleich gegen die Unterernährung geschaffen
werden muß, immer schwieriger.
Der einzige Ersatz an Eiweisnahrungsstoffen für das ausfallende Fleisch, der ohne
Inanspruchnahme fremder Devisen in großem Umfange für die deutsche Ernährung
gewonnen werden kann, sobald Deutschland wieder über seine eigenen Kohlen verfügt,
ist der Seefisch, der infolgedessen als Volksnahrungsmittel eine ungleich größere
Bedeutung als vor dem Kriege erlangt hat.
Es war deshalb für die Deutsche Reichsbahn, die als staatliches Transportunternehmen
außer den verkehrstechnischen auch allgemeine volkswirtschaftliche Aufgaben zu
erfüllen hat, eine Frage von größter Bedeutung, den Seefisch weitesten Volkskreisen
in einwandfreiem Zustande zugänglich zu machen.
Daß dies bisher noch nicht möglich war, war in der Hauptsache eine Transportfrage.
Die Versandschwierigkeiten waren im Sommer besonders groß und verursachten hohe
Kosten an Eispackung. Auf große Entfernungen mußten zum Teil 60 % Eis und 40 % Fisch
geladen werden.
Es mußte deshalb als wirtschaftliche Forderung angesehen werden, neue Wagen zu bauen,
die
1. die Versandmöglichkeit der Seefische zu allen Jahreszeiten
auf jede Entfernung von der Nordsee innerhalb Deutschlands, Oesterreichs und der
Schweiz sicherstellen und
2. mit einem Mindestaufwand an Eis auskommen, da das
mitgeführte Eis nur bis 20 % der Ladung frachtfrei befördert wird.
Eine Verbesserung der thermischen Eigenschaften der Wagen ermöglicht also eine
Eisersparnis und größere Fischladung.
Das zweite Volksnahrungsmittel, dessen Mindererzeugung eine wesentliche Verteuerung
verursacht hat, ist die Milch, die jetzt den Großstädten auf viel weitere
Entfernungen zugeführt werden muß, als es im Frieden der Fall war. Je knapper aber
die Bestände sind, um so mehr Sorgfalt wird für eine gesicherte Verfrachtung
notwendig.
Bisher besaß die Deutsche Reichsbahn Kühlwagen im modernen kühltechniscen Sinne
überhaupt nicht. Die Verfrachtung der leicht verderblichen Lebensmittel geschah
entweder in weiß angestrichenen bedeckten Güterwagen oder in den sogenannten
Wärmeschutzwagen, die als Isolation lediglich zwei Luftschichten bei dreifacher
Holzverschalung führten. Die Deutsche Reichsbahn hat sich deshalb entschlossen, eine
ganz neue Kühlwagenbauart auf modernen kältetechnischen Grundlagen zu entwickeln,
und hat zunächst 300 solcher Wagen gebaut, von welchen 180 zum Transport von
Seefischen und 120 zur Beförderung von Milch in Betrieb genommen sind.
Die Konservierung der leicht verderblichen Lebensmittel auf ihrem Transport kann nur
dadurch sichergestellt werden, daß man den Fäulnisbakterien die Lebensbedingungen,
in der Hauptsache Wärme, Feuchtigkeit und neue Bakterienzufuhr, abschneidet. Der
Innenraum der Wagen muß also kühl, trocken und luftundurchlässig sein. Allein der
Fisch macht in bezug auf Trockenheit eine Ausnahme, weil hierdurch Gewichtsverluste
eintreten. Der Seefisch bleibt solange frisch, wie er im Eis liegt.
Eine gute thermische Ausstattung des Fischwagens, um das Eis zu erhalten, ist also
ein Haupterfordernis. Das beste thermische Isolationsmaterial bilden die kleinen
ruhenden Luftpartikel, wie sie im Kork, Torf, Filz, Glasgespinst, Schlackenwolle
u.a.m. enthalten sind. Für einen Kühlwagen treten als besondere Forderungen an ein brauchbares
Isolationsmaterial auf:
1. geringe Wärmeleitfähigkeit,
2. möglichste Leichtigkeit des Isolationsmaterials (geringes
totes Gewicht),
3. Freisein von hygroskopischen Eigenschaften,
4. genügende Festigkeit.
Nach sehr eingehenden Versuchen in der chemischen Versuchsanstalt des Eisenbahn –
Zentralamts kamen nur zwei Isolationsmaterialien für Kühlwagen in Betracht,
Korkplatten und die Torfoleumleichtplatten der Torfoleumwerke in Poggenhagen, Pr.
Hann., die beide eine Wärmeleitziffer von 0,04 K/Std. und die geringsten
hygroskopischen Eigenschaften aufwiesen.
Die ersten Vorentwürfe wurden nach den Richtlinien des Eisenbahn-Zentralamts von den
Wagenbauanstalten
Eisenbahn-Verkehrsmittel A. Q. Wagenbau Wismar,
Waggonfabrik Gebrüder Gasteil, Mainz-Mombach,
Hannoversche Waggonfabrik (Hawa), Hannover-Linden,
Waggonfabrik Uerdingen (Rhein) und
Waggon- und Maschinenbau A. G. (Wumag), Görlitz ausgearbeitet.
Zu den ersten Versuchsausführungen wurden die Bauarten Uerdingen und Wismar gewählt,
die beide ein eisernes Fachwerkgerippe des Wagens tragen, in welches der Holzkasten
als Füllung eingesetzt ist. Hierdurch war es möglich geworden, einen im Interesse
der Erhaltung der Isolation sehr stabilen Wagenkasten zu bekommen und das
Eigengewicht günstig zu stellen.
Während der alte Wärmeschutzwagen bei nur 10 Tonnen Ladegewicht rund 18 Tonnen wiegt,
hat der neue Kühlwagen bei 21 qm Ladefläche und 15 Tonnen Ladegewicht nur rund 16
Tonnen Eigengewicht.
Die Isolation besteht im Dach und in den Wänden aus 12 cm starken, im Fußboden aus 10
cm starken Kork- oder Torfoleumplatten, die beiderseits mit Giantpapier der
Ruberoidgesellschaft gegen Luft- und Feuchtigkeitsdurchgang geschützt sind. Hierbei
ist sorgsam darauf Bedacht genommen, daß keine metallische Verbindung die Isolation
durchdringt. Auf Lüftung, welche Wärme und Feuchtigkeit in den Wagen trägt, ist ganz
verzichtet, auf gute Entwässerung und dichten Türverschluß besonders Bedacht
genommen. Der Eisbehälter ist nach amerikanischem Vorbild durch eine Isolationswand
mit oberem Lufteintritt und unterem Luftaustritt im Interesse einer Kältezirkulation
ausgerüstet worden.
Zum Studium der Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse auf der Reise sind in zwei
Wagen je vier selbstregistrierende Thermographen und ein Hygrograph angebracht
worden, um aus ihren Aufzeichnungen die erforderlichen Unterlagen für die Ausbildung
des zukünftigen Einheitswagens zu gewinnen.
Nach den bisherigen Versuchen verhält sich der Eisverbrauch der weiß gestrichenen
N-Wagen zu den alten Wärmeschutzwagen und den neuen Kühlwagen wie 7 : 5 : 3, was bei
den heutigen hohen Preisen des Kunsteises eine wesentliche Ersparnis bedeutet.
Der Redner behandelte dann zum Vergleich die sehr interessanten Versuche, die bei den
Eisenbahnverwaltungen der Vereinigten Staaten von Nordamerika in umfangreichster
Weise mit Aufwendung hoher Mittel durch eine Reihe von Jahren durchgeführt wurden
und schließlich zu der Einheitsbauart des amerikanischen Kühlwagens geführt haben.
Die Deutsche Reichsbahn hat jetzt mit den neuen Kühlwagen ebenso wie in Amerika
die Möglichkeit geschaffen, Lebensmittel auf weite Entfernungen einwandfrei zu
verfrachten. Die Kühlwagen können aber ihre segensreiche Wirksamkeit nur dann voll
entfalten, wenn die Lebensmittel in einwandfreiem Zustande zur Verfrachtung kommen.
Sie können die Waren wohl konservieren, aber nicht regenerieren. Auch in dieser
Beziehung können die Einrichtungen in Amerika zum Vorbild dienen, wo in
sorgfältigster Weise die leicht verderblichen Genußmittel vor der Verladung und nach
der Entladung behandelt werden. Der Redner entwickelte nach diesen Vorbildern neue
Vorschläge für die Heranführung der Milch zu den Großstädten in vorgekühlten Wagen
und für den beschleunigten Umschlag der Seefische bei niedriger Temperatur aus den
Eisbehältern der Fischdampfer in das Eis der Kühlwagen durch eine modern
kühltechnische Gestaltung der Auktions- und Packhallen, was bei dem bevorstehenden
großzügigen Ausbau unseres größten deutschen Fischereihafens Geestemünde für die im
nationalen Interesse sehr wünschenswerte Entwicklung unserer Hochseefischerei von
größter Bedeutung ist. Zum Schluß knüpfte der Redner an ein Wort des
Reichswirtschaftsministers Robert Schmidt vom 25. 10.
1922 an: „Es war ein Zeichen intensivster Wirtschaftsführung, daß vor dem Kriege
in den beiden Industrieländern Deutschland und England der Fleischverbrauch
verhältnismäßig einen hohen Stand hatte. Gesteigerte Leistungen, besonders der
handarbeitenden Bevölkerung, sind nur bei günstigem Ernährungszustand zu
erwarten. So ist der furchtbare Rückgang unseres Fleischverbrauchs nicht nur vom
hygienischen Standpunkte aus zu werten, sondern er stellt, wirtschaftlich
gesehen, eine Gefahr für die Gegenwart und die Zukunft unserer
Wirtschaftsleistung dar.“ Da der Vergrößerung unseres Fleischbedarfs aber
beträchtliche Schwierigkeiten entgegenstehen, andererseits aber im Seefisch eine
unerschöpfliche Reserve als Eiweißersatznahrung zur Verfügung steht, so heißt es
jetzt, alle Mittel in Bewegung zu setzen, hier eine wirksame Abhilfe gegen eine
weitere Unterernährung unseres Volkes zu schaffen. Es handelt sich dabei um eine
Aufgabe, die nicht allein von größter finanzieller Tragweite ist, sondern die ein
Problem von eminenter volkswirtschaftlicher Bedeutung und höchstem vaterländischem
Interesse darstellt.
Das Speicherproblem in der Dampfwirtschaft. In Nr. 8 der
Zeitschrift „Stahl und Eisen“ behandelt Kieselbach
verschiedene Möglichkeiten der Wärmespeicherung bei Dampfbetrieben, die in allen
Fällen ungleichmäßiger Dampferzeugung und -Bedarfs große Vorteile bringt. Als
einfachste Wärmespeicher sind im Kesselbau schon immer große Dampfräume und vor
allem große Wasserräume angewendet worden. Eine besonders zweckmäßige Speicherung,
bei der nicht wie bei den Dampf- und Wasserraumspeichern erst nach einem gewissen
Druckabfall Dampf geliefert wird, findet durch Speisen des Kessels bei hohem Druck
und geringem Dampfbedarf statt (Abgabe der damit dem Kessel zugeführten Energie
durch Dampfbildung unter annähernd konstantem Druck). Die Speisewassermenge von der
Temperatur des Kesselwassers zwischen dem niedrigsten und höchsten Wasserstand
ergibt die mögliche Speicherwirkung. Bei 12 Atm Betriebsdruck und 40°
Speisewassertemperatur enthält jedes Kubikmeter Kesselwasser 193700 – 40100 = 153600
W. E. Diese ganze Wärmemenge wird zur Dampfbildung bei annähernd gleichbleibendem
Druck verwendet, wenn die Speiseraumfüllung (zwischen dem niedrigsten und höchsten
Wasserstand) sich um 1 cbm verkleinert. Dem gegenüber stehen zur Dampfbildung bei
einem Großdampfraumkessel bei Senkung des Druckes von 12 auf 9 Atm nur etwa 1000 W.
E. und beim Großwasserraumkessel nur etwa 15000 W. E. zur Verfügung. Bisher ist
diese günstige Wirkung des Speiseraumes zur Speicherung wenig benutzt worden. Sie
beruht darauf, daß die ganze im Kesselwasser enthaltene und durch Heizung zugeführte
Wärme bei Unterbrechung der Speisung zur Dampfbildung verwendet wird. Allerdings
findet nicht wie bei Großwasserraumspeichern eine plötzliche starke Dampfbildung
statt, die aber auch nur in wenigen Fällen nötig ist. Man kann aber nötigenfalls,
wenn man einen mäßigen Druckabfall zuläßt, die Wirkungen beider Speicherarten mit
einander verbinden. Der Speiseraumspeicher ist ein ausgesprochener
Hochdruckspeicher. Niederdruckspeicher kommen regelmäßig nur für überschüssige
Abdampfungen in Frage, die meist zu Heizzwecken, in geringem Umfang auch zur
Krafterzeugung Verwendung finden. Als Mitteldruckspeicher hat der Ruths-Speicher
Bedeutung erlangt, der durch Benutzung von Zweidruckdampfturbinen in sehr
vollkommener Weise eine selbsttätige Anpassung an die Dampfschwankungen erzielt.
Steht aber zeitweise Ueberschuß von Hochdruckdampf zur Verfügung, so läßt sich
dieser nur durch Drosselung, also mit Energieverlust, im Mitteldruckspeicher
aufnehmen. In einem praktischen Fall wird mit einem Ruth-Speicher eine
Leistungserhöhung um 12 ½ v. H. erzielt. Die Anwendung eines Speiseraumspeichers
ließe eine Steigerung um 18 v. H. zu und erspart noch die Aufstellung einer
Pendelturbine. Die Dampfspeicherfrage hat namentlich im Berg- und Hüttenwesen, in
der chemischen und mit ihr verwandten Industrie, in der Textil- und Papierindustrie
Bedeutung.
Meuth.
Weltzeituhren. Zur jeweiligen Bestimmung der Ortzeit
verschiedener Städte und Länder könnte man je eine besondere Uhr auf jeden dieser
Orte einstellen, wie es in den Uhren-Familien geschieht, wo eine große Uhr die Lokalzeit
anzeigt und von einem Kranz kleiner Uhren mit den Ortzeiten vieler fremder Städte
umgeben ist.
Eine solche Uhr hat mehrere Zifferblätter, nur ein gemeinsames aber die polytopische oder Weltzeituhr, von der R. Hirsch in H. 1
des 3. Jahrg. der Siemens-Zeitschrift einige gesetzlich geschützte Neuerungen
angibt. So gibt es eine Weltzeituhr, bei der die Stundenzeiger unmittelbar auf einer
Weltkarte aufgetragen sind, die sich entsprechend der Erddrehung von West nach Ost
entgegengesetzt dem Sinne des Uhrzeigers einmal in 24 Stunden innerhalb eines
24stündigen, feststehenden Zifferblattes dreht. Infolge der eigenartigen Projektion
der Erdoberfläche läßt sich schnell eine Stadt auffinden und durch Aufzeichnen der
Weltkarte auf transparenten Untergrund leicht die eine Hälfte der Erde ständig im
Licht, die andere in Dunkelheit halten. Die jeweils untere Hälfte der Scheibe wird
nämlich von hinten beleuchtet, so daß die Tag- und Nachtgrenze als eine über die
Erdscheibe hinwegführende Dämmerungslinie erscheint. Auch die Zeit der Tag- und
Nachtgleiche, des Sommer-Solstitiums und Winter-Solstitiums, läßt sich durch
Verschiebung der Beleuchtungsgrenzen darstellen. So läßt sich auf einen Blick
übersehen, ob z.B. Sende- oder Empfangsstation der drahtlosen Telegraphie zur Zeit
des Verkehrs schon in der Dämmerung lagen oder nicht, und das ist für den drahtlosen
Telegrammverkehr sehr wichtig, da er am zweckmäßigsten außerhalb der
Dämmerungszeiten erfolgt.
Neben den Weltzeituhren mit 24stündigem Zifferblatt gibt es noch solche mit
12stündigem, die ebenfalls Tag- wie Nachtzeit ablesen lassen, die polytopischen Uhren mit Zeitspirale (D. R. P. 324191).
Jede dieser Uhren hat einen normalen Stundenzeiger für die Ortzeit und mehrere mit
ihm verbundene und mit ihm sich drehende Stundenanzeiger. Sie sind in richtigem
Winkelabstande von ihm entfernt, so liegt der Stundenzeiger für London 30 Grad
entfernt vom Berliner usw. und die anderen derart, daß ihre Fußpunkte auf einer
Spirale mit zwei Windungen liegen. Der Stundenzeiger irgendeiner Uhr mit 12stündigem
Zifferblatt hat nämlich eine doppelt so große Geschwindigkeit wie die eines Punktes
der Erdoberfläche, so daß auf der Uhr der Unterschied von 30 Grad zwischen London
und Berlin auf dem Globus nur 15 Grad beträgt und der Stundenzeiger von Berlin mit
dem seines Antipodenpunktes zusammenfällt.
Zur Feststellung der Tageszeit eines Ortes hat man nur die Spiralbahn der Fußpunkte
aller Zeiger zu beachten, bis man den Fußpunkt des betreffenden Stundenzeigers zur
gegebenen Zeit gefunden hat, überschreitet man dabei die Zahl 6, so ist ein Wechsel
der Tageszeit eingetreten.
Zum Stundenzeiger der Ortzeit gehört der Minutenzeiger (sie sind daher am besten
beide von gleicher Farbe), er zeigt auf Weltzeituhren für Länder nach Zonenzeiten
gleichmäßig die Minuten für sämtliche Stundenzeiger an.
Solche Weltzeituhren fertigt die Uhrenabteilung der Siemens & Halske A.-G. in
zwei Typen an, die eine mit einem transparenten Zifferblatt von 50 cm, die andere
mit einem Metallzifferblatt von 100 cm Durchmesser. Angeschlossen werden die
Weltzeituhren an eine Hauptuhr, deren Fortschaltung von einem Werke auf elektrischem
Wege erfolgt, oder sie werden als Taschenuhren oder als Uhren mit Feder- oder
Gewichtsantrieb in Tätigkeit gehalten. Für eine derartige Taschenuhr wird der
Spiralzeiger aus einem Stück in Massenfabrikation gestanzt und kann von jedem
Uhrmacher auf die Uhr aufgesetzt werden. Je nach Wunsch lassen sich die Zeiger für
verschiedene Städte zusammenstellen, und so kann jede beliebige normale 12stündige
Wand- oder Taschenuhr in eine Weltzeituhr umgewandelt werden, ohne daß die Uhr
irgendwie in ihrer Gehäusekonstruktion oder ihrem inneren Aufbau geändert zu werden
braucht.
Dr. Bl.
Wärmewirtschaft im Bauwesen. Die Knappheit und der hohe
Preis der Brennstoffe in Deutschland hat heute mehr denn je den Blick auf
wirtschaftliche Brennstoff-Ausnutzung gelenkt. In der Industrie sind auf diesem
Gebiete in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht worden, wenn auch noch sehr
viele unwirtschaftliche, Wärme vergeudende Anlagen bestehen, deren Umbau oder Ersatz
durch bessere, teils durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sich gegenwärtig
verbietet, sehr oft aber auch durch mangelhafte Einsicht der Unternehmer verhindert
wird. Der größte Verschwender von Wärme und somit von Brennstoffen ist jedoch der
Hausbrand, bei dem allerdings die Verhältnisse auch besonders schwierig liegen. Nur
weitgehende und stete Aufklärungsarbeit in den Kreisen der Verbraucher, wie auch in
denen der Architekten und der Hersteller von Heizanlagen kann hier Besserung bringen
und den Ergebnissen erfolgreicher wissenschaftlicher Forschungen Eingang
verschaffen. Ueber die grundsätzlichen Maßnahmen zur Erzielung
wirtschaftlicher Brennstoffausnutzung berichtet Baurat Dipl.-Ing. de Grahl in der „Brennstoff- und Wärmewirtschaft“,
Heft 5, 1923. Die erste Bedingung, Wärmeverschwendung zu vermeiden, ist
wärmetechnische Durchbildung der Gebäude. Das Einschalten von angeblich isolierenden
Luftschichten zwischen den Mauern bringt zwar Ersparnis an Baustoffen, bietet aber
geringen Wärmeschutz, da die Luft an der Innenwand sich erwärmt und aufsteigt und
ihre Wärme dann an die kalte Außenmauer wieder abgibt, wobei sie an dieser
herabsinkt, also einen Kreislauf ausführt. Horizontale Unterteilung der
Luftschichten zwecks Verminderung ihrer Höhe verringert die durch diesen Kreislauf
auftretenden Wärmeverluste. Die Herren Professor Dr. Knoblauch, Professor Schachner
und Dr.-Ing. Hencky in München haben nun durch Zusammenstellung ihrer Forschungen
und Erfahrungen nachgewiesen, wie schon durch eine wärmetechnisch günstige
Grundrißlösung große Brennstoffersparnisse erzielt werden können. Dadurch, daß man
Treppenhäuser, Korridore und Nebenräume möglichst zwischen die bewohnten Räume und
die Außenwände legt, daß man mehrere Häuser an einander baut, und zwar wiederum die
bewohnten Räume Wand an Wand nach innen, die Nebenräume nach außen, werden
erhebliche Brennstoffersparnisse erzielt. Bei sonst gleichen Verhältnissen sinkt der
Kohlenverbrauch, der bei einem Einzelhaus z.B. 3200 kg im Jahre beträgt, auf 2200 kg
jährlich, also nahezu um ein Drittel, wenn man vier Einzelhäuser an einanderreiht
und die bewohnten Räume zusammenlegt. Einen sehr günstigen Einfluß hat die innere Isolierung der Außenwände. Diese kann leicht durch
Verwendung eines Innenputzes auf Rohrgeflecht erreicht werden. Die Innenisolierung
hat den Vorteil, daß sich die innere Wandfläche rasch erwärmt und die Wärme nach
außen wenig abgeleitet wird. Aeußere Isolierung der Wand ist zu verwerfen, da
hierbei die Wand ungünstig als Wärmespeicher wirkt. Zu diesen Forderungen rein
baulicher Art treten nun noch die nach wärmetechnisch günstig arbeitenden
Heizanlagen. Bei Heizkörpern von Zentralheizungen hat sich die Wärmespeicherung
nicht als günstig erwiesen. Bei Heizkörpern mit großem Verhältnis von Wasserinhalt
zur Heizfläche ist die Erwärmung ihres Wasserinhaltes und damit ihre Wärmeabgabe in
der Zeiteinheit viel geringer als bei solchen, wo die Heizfläche groß ist im
Vergleich zum Wasserinhalt. Dadurch wird die Anheizperiode unangenehm verlängert.
Man greift deshalb heute immer mehr zu Heizkörpern mit geringem Wasserinhalt. Von
besonderer Wichtigkeit ist ihre Aufstellung; diese muß unter allen Umständen frei
erfolgen, da die Radiatoren sonst bis 40 % und mehr ihrer Wärmeabgabe verlieren.
Häufig stehen die Heizkörper in Fensternischen, die eine sehr dünne Wand haben. Die
dadurch bedingten Warmeverluste muß man durch gute innere Isolation dieser
Nischenwände vermeiden. Rohrleitungen sind nach Möglichkeit nicht in Schlitzen in
der Außenmauer, sondern in solchen der Innenwände zu verlegen, da die Ansicht, in
Mauerschlitzen trete keine wesentliche Abkühlung ein, irrig ist. Ist die Verlegung
in Außenmauerschlitzen unumgänglich, so sind die Rohre gut zu isolieren.
Besondere Aufmerksamkeit ist dem Heizkessel zu schenken. Dabei ist zu bemerken, daß
die spezifische Leistung des Kessels in Wärme-Einheiten pro Quadratmeter Heizfläche
in Abhängigkeit von der Heizflächenbeanspruchung in kg Koks pro Quadratmeter
Heizfläche bis zu einem Maximum steigt, dann aber wieder rasch sinkt. Das heißt, die
beste Leistung wird bei einem bestimmten Koksverbrauch erzielt; stärkere Forcierung
des Kessels setzt durch die zunehmenden Kaminverluste die spezifische Leistung
wieder herab. Versuche haben ergeben, daß das Maximum der spezifischen
Kesselleistung etwa bei 1 bis 1,5 kg stündlichen Koks Verbrauchs pro Quadratmeter
Heizfläche liegt. Ueber den Einfluß der Heizrohrverteilung hat Baurat de Grahl
umfangreiche Versuche angestellt. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß die Verteilung
der Rohrleitungen auf dem Dachboden wärmetechnisch bedeutend günstiger ist als die
Verteilung im Keller. Das heiße Wasser wird in einem Rohr von großem Querschnitt zum
Dachboden geführt; es erleidet infolgedessen nur geringe Geschwindigkeits- und
Abkühlungsverluste. Dadurch wird die Wärmeabgabe der Heizkörper erhöht. Ueber die
Lage des Heizkessels ist zu sagen, daß der Abstand von Kesselmitte bis zum untersten
Heizkörper möglichst groß sein soll, da hierdurch die Umlaufgeschwindigkeit des
Wassers und damit die Wärmeabgabe der Heizkörper steigt. Die Kesselsohle ist also
möglichst tief zu legen. Die Feuerzüge der Kessel sind in kurzen Abständen zu
reinigen, um einen guten Wärmedurchgang zu gewährleisten. Es ist zu hoffen, daß die
genannten Maßnahmen dazu beitragen, die Wärmeverluste auf daß unvermeidbare
Mindestmaß herabzudrücken und dadurch auch im Hausbrand eine wirtschaftliche
Ausnutzung unserer wertvollen Brennstoffe zu erreichen.
Parey.
20. Jahresversammlung des Vereins Beratender Ingenieure (V. B.
J.). Der Verein, in welchem nur unabhängige lediglich eine reine beratende
Tätigkeit ausübende Ingenieure und Architekten zusammengeschlossen sind, hielt am 2.
Juli in Berlin seine 20. Jahresversammlung ab. Der Vorsitzende Beratender Ingenieur
V. B. J. Plümeccke, Berlin-Steglitz, wies in seiner
Begrüßungsansprache auf die ernsten Zeiten hin, die das Deutsche Volk z. Z.
durchlebt. Der Forderung des Feindbundes, den passiven Widerstand an der Ruhr
aufzugeben, müßte im Interasse der Erhaltung- unserer Wirtschaft ein entschiedenes
„Nein“ entgegengesetzt werden, da ihre Erfüllung gleichbedeutend sei mit
der Auslieferung unserer gesamten Industrie. Unter der ungeheueren Teuerung leidet
auch der freie Berufsstand der unabhängigen Ingenieure im hohem Maße wenngleich sich
die Erkenntnis der Notwendigkeit unparteiischer Beratung vor, während und nach der
Ausführung technischer Anlagen aller Art sowie in allen technisch-wirtschaftlichen
Fragen im Volke immer mehr und mehr Bahn bricht. Die Verhandlungen zeigten die
Wichtigkeit der Aufgaben, welche der Ingenieur als reiner Berater im Interesse der
Allgemeinheit zu leisten berufen ist. Die Geschäftsstelle des Vereins wurde nach
Berlin W 66, Mauerstr. 81 (Dr. Lux), verlegt.
Der Senat der Technischen Hochschule Stuttgart hat am 27.
Juni 1923 dem Direktor der Siemens & Halske A.-G., Dipl.-Ing. Alfred Hettler, in Anerkennung seiner ausgezeichneten
Verdienste um die deutsche Wissenschaft und Technik auf dem Gebiete der
Schwachstromtechnik die Würde eines Dr.-Ing. e. h. verliehen.
Hettler nahm nach vollendetem Studium an der Technischen Hochschule Stuttgart 1882
bei der Maschinenfabrik L. A. Riedinger in Augsburg die Stellung eines ersten
Elektrotechnikers an, half bei der Gründung einer elektrotechnischen Abteilung und
baute sie weiter aus. 1887 wurde er als Oberingenieur bei der Firma Mix & Genest
angestellt und führte dort die Massenfabrikation von Telephonteilen mit
solchem Erfolge ein, daß man den Betrieb wesentlich erweitern mußte. Der
Vielfachumschalter für die Fernsprechämter ist nach seinen Konstruktionen hier zum
ersten Mal in Deutschland gebaut worden. Als Vorstandsmitglied schied Hettler Ende
1902 aus dieser Firma aus und trat 1903 bei der Siemens & Halske A.-G. ein. Ihm
war die Aufgabe gestellt, die Massenfabrikation von Telephon- und Meßgeräteteilen
auszubauen und hinsichtlich Güte und Genauigkeit zu verbessern. Es wurde ihm
1904 die Leitung der gesamten Fabrikation übertragen und die von ihm geleitete
Massenfabrikation erreichte einen solchen Umfang, daß man ohne Erweiterungen nicht
mehr auskommen konnte. Obwohl kein Bauingenieur, schuf er den Entwurf zu dem
jetzigen Wernerwerk, das allgemein als das Muster eines vergrößerungsfähigen
Fabrikgebäudes angesehen wird. Im Jahre 1921 wurde er von der Firma zum Direktor
ernannt.