Titel: Zuschriften an die Schriftleitung.
Autor: K. Schreber
Fundstelle: Band 339, Jahrgang 1924, S. 207
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Zuschriften an die Schriftleitung. (Ohne Verantwortung der Redaktion.) Zuschriften an die Schriftleitung. In Ihrem Hefte Nr. 17 vorn September 1924 ist eine Abhandlung erschienen, unter dem Titel „größerer oder kleinerer Heizwert“, von Herrn Dr. K. Schreber, der meines Erachtens nach vom Standpunkte des Ingenieurs nicht unwidersprochen bleiben kann. Daß der Verfasser des Artikels kein Ingenieur ist, geht aus dem Titel der Abhandlung ohne weiteres hervor, denn der Ingenieur bezeichnet den Heizwert als „oberen oder unteren Heizwert“, und ist auch bei den Ingenieuren ein lebhafter Streit darüber entstanden, ob der untere, oder der obere Heizwert in Rechnung gesetzt werden soll. Dieser Streit ist meiner Ansicht nach vollkommen überflüssig, denn es kann für den Ingenieur, für solche Prozesse, bei denen die Verbrennungsprodukte als Gase abgehen, also das entstandene Wasser als Wasserdampf, unbedingt nur der untere Heizwert in Frage kommen, denn an und für sich ist doch jeder Versuch nur ein Vergleichsobjekt und dieses Vergleichsobjekt muß auf eine allgemein gültige Grundlage gestellt werden und dies kann für den Fall nur der untere Heizwert sein, denn in dem Verbrennungsprozesse, der Abgase erzeugt, kann niemals die Verdampfungswärme des Wassers eine Rolle spielen. Also fällt sie vollständig außerhalb der Betrachtung und selbstverständlich müssen auch die Brennstoffe für diese wärmetechnischen Vorgänge nach dem unteren Heizwerte gekauft werden, falls wir bei unserer Brennstoffverfassung jemals soweit kommen, was bei dem heutigen scharfen Wettbewerbe der Brennstoffe untereinander bei zielbewußter Haltung der Brennstoffkäufer wohl zu erreichen möglich erscheint, aber in jedem Falle wird bei der Auswahl der Brennstoffe der zielbewußte Feuerungstechniker dem Brennstoffe den Vorzug geben, der die höchste Wirtschaftlichkeit in der betreffenden Anlage erreicht. Da er in derselben niemals die Verdampfungswärme ausnutzen kann, wird er feststellen: 1.) den unteren Heizwert der zum Vergleich herangezogenen Brennstoffe, 2.) den Preis für 1000 WE des unteren Heizwertes, und 3.) den Prozentsatz der wirklich nutzbar gemachten Wärmeeinheiten, womit er dann die ihn einzig und allein interessierende Zahl erhält, 4.) den Preis für 1000 im Prozesse nutzbar verwendeten WE. Meiner Ueberzeugung nach ist der Streit um den oberen und unteren Heizwert vollkommen überflüssig. Hochachtungsvoll                                                 A. B. Helbig. Antwort auf Vorstehendes. Ich halte es für das wichtigste Kennzeichen eines Ingenieurs, daß er sich in seiner Sprache ebenso richtig und eindeutig ausdrückt wie in seiner Zeichnung. Oben, unten sind Angaben der senkrechten Richtung wie vorn, hinten und rechts, links die Angaben der beiden wagerechten Richtungen sind; alle sechs ohne irgendwelche Maßangabe: Oberes Stockwerk, unteres Stockwerk. Maßangaben in senkrechter Richtung enthalten hoch, niedrig und flach, tief: Ein hoher Schornstein ein niedriger Schornstein, ein flacher, ein tiefer Schacht. Das obere Stockwerk ist niedrig, das untere Stockwerk ist hoch. Man verstärkt die Maßangaben: sehr hoch, sehr tief usw., aber niemals sehr oben sehr unten. Oben und unten sind nur Richtungen ohne irgendwelches Maß. Flächeninhalte werden durch weit und eng gegeben: eine weite, eine enge Bohrung. Rauminhalte bezeichnet man mit groß und klein: ein großes Haus, ein kleines Haus. Der Heizwert ist der Inhalt eines Brennstoffes an Wärmeeinheiten, also muß man von einem großen und einem kleinen Heizwert sprechen, aber niemals einen Heizwert oben am Schornstein, einen anderen unten im Aschenkasten suchen. Ich weiß sehr wohl, daß es viele Ingenieure gibt, welche die Sauberkeit ihrer Zeichnung nicht auf die Sprache übertragen, sondern hier sehr nachlässig sind. Daß man aber diese Nachlässigkeit geradezu zu einem Kennzeichen des Ingenieurs macht, ist doch wohl etwas eigenartig. Ich bin überzeugt, daß Herr H. hiermit recht wenig Zustimmung finden wird. Zur Sache selbst habe ich nicht viel zu bemerken, denn ich müßte dann im wesentlichen das wiederholen was ich schon gesagt habe; nur auf eine Bemerkung möchte ich hinweisen. Ich habe in meiner kleinen Anregung schon selbst davon gesprochen, daß bei den jetzigen Feuerungen die Heizgase nicht bis auf Zimmertemperatur abgekühlt werden und habe die Gründe dafür angegeben. Herr H. behauptet aber „daß die Verdampfungswärme niemals ausgenützt werden kann. Daß es in seiner Feuerung nicht möglich ist, glaube ich gern; aber sollte es nicht möglich sein, daß einer unserer Schüler noch einmal ein Mittel findet, diese Ausnutzung zu erreichen? Ich wenigstens hege stets die Hoffnung, daß meine Schüler klüger sein werden als ich, und bestrebe mich, ihnen das Erkennen von Aufgaben, die einen Fortschritt bringen, zu erleichtern. Das geschieht z.B. wenn wir mit dem größeren Heizwert rechnen. Dann sehen sie am kleinen Wirkungsgrad der Feuerung, daß ihnen die Aufgabe obliegt, für die Ausnutzung den Verflüssigungswärme zu sorgen. Um den Fortschritt zu beschleunigen ist also das Rechnen mit dem größeren Heizwert unbedingt nötig. Alles was Herr H. zugunsten des kleineren Heizwertes sagt, gilt genau mit demselben Recht auch für den größeren. Dieser bietet dieselbe bestimmte Grundlage für Vergleiche und der Wert eines Brennstoffes läßt sich mit ihm ebenso gut feststellen wie mit dem kleinen. Im Grunde genommen unterstützt also Herr H. meinen Vorschlag. Dr. K. Schreber.