Titel: Elektrische Zeitdienstanlagen bei der Eisenbahn.
Autor: Castner
Fundstelle: Band 340, Jahrgang 1925, S. 167
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Elektrische Zeitdienstanlagen bei der Eisenbahn. Von Dipl.-Ing. Castner. CASTNER, Elektrische Zeitdienstanlagen bei der Eisenbahn. Im Jahre 1898 wurde in Berlin eine Zeitsignalanlage durch die Firma Siemens & Halske eingerichtet, deren Zentrale sich im Schlesischen Bahnhof befindet. Diese Anlage, von deren Hauptuhr, der sog. M.E.Z. – (Mitteleuropäische Zeit) Uhr sämtliche mit Telegraphen-Einrichtungen versehenen bahnamtlichen Dienststellen der Preußischen Staatsbahnen morgens Punkt 8 Uhr dassog. „Zeitzeichen“ erhielten, hat sich viele Jahre hindurch auf das Vorzüglichste bewährt. Diese Zeitsignal-Einrichtung wird jetzt für den Reichsbahn-Direktionsbezirk Berlin durch eine Zentraluhrenanlage erweitert. Diese Anlage wurde dadurch erforderlich, daß eine täglich nur einmalige Zeitregulierung, die noch dazu nicht einmal auf die Uhren selbsttätig einwirkte, sich bei der durch den wachsenden Verkehr bedingten verdichteten Zugfolge als nicht mehr ausreichend erwiesen hatte. Um nun aber einen solchen Betrieb, wie auf der Berliner Stadt- und Ringbahn, für die nach Einführung der elektrischen Zugförderung ein Zugabstand von etwa 2 Minuten vorgesehen ist, reibungslos abwickeln zu können, ist natürlich die pünktlichste Einhaltung der Fahrzeiten die Hauptbedingung. Diese ist jedoch nur dann erfüllbar, wenn sämtliche Uhren unbedingt zuverlässig stets genau die gleiche Zeit anzeigen. Dies wiederum ist nur dadurch möglich, daß alle diese Uhren von einer einzigen Hauptuhr abhängig sind und von dieser aus vollkommen selbsttätig auf elektrischem Wege in Gang gehalten und somit auch reguliert werden. Textabbildung Bd. 340, S. 167 Abb. 1. Uebersichtsplan der elektrischen Zentraluhren anläge für den Reichsbahn-Direktions-Bezirk Berlin. Die elektrische Zentraluhrenanlage umfaßt, wie aus Abb. 1 hervorgeht, das gesamte Gebiet des Berliner Stadt-, Ring- und Vorortverkehrs. Hierfür sind insgesamt erforderlich: 1 Hauptzentrale, 6 Unterzentralen und 18 Relaisuhrenzentralen, so daß also für die an das Netz angeschlossenen mehr als 200 Bahnhöfe nur 25 Betriebsstellen notwendig sind. Die Hauptzentrale wurde auf dem Schlesischen Bahnhof eingerichtet, während die Unterzentralen, abgesehen von Friedrichstraße, dorthin verlegt wurden, wo zahlreichere Schienenwege zusammenlaufen, also nach Charlottenburg, Papestraße, Gesundbrunnen, Potsdam und Spandau. Textabbildung Bd. 340, S. 168 Abb. 2. Nebenuhrwerk mit Pendelanker (Permanenter Magnet abgenommen). Textabbildung Bd. 340, S. 168 Abb. 3. Nebenuhrwerk mit Pendelanker. Von ihnen dient Friedrichstraße dem Betriebe aller Stadtbahnuhren, wodurch eine Entlastung der Hauptzentrale erreicht wird. Die Unterzentralen sind in Anpassung an die Betriebsverhältnisse für 6 oder 4 Linien eingerichtet. Für die einzelnen Linien sind, falls die Stationen viele Nebenuhren haben, einfache, aus Relaisuhren bestehende Zentralen vorgesehen, die den Betrieb der Nebenuhren auf diesen bzw. der Uhren auf den nächstfolgenden Stationen übernehmen. Textabbildung Bd. 340, S. 168 Abb. 4. Nebenuhrwerk für Innenräume. Auch diese Relais uhrenzentralen sind,je nach den Betriebsverhältnissen, für eine oder mehrere Uhrenlinien ausgebildet. An die Hauptzentrale sind angeschlossen sämtliche Uhren der Stadt- und Ringbahn, diejenigen der meisten Fernbahnhöfe und die Uhren einer Reihe von Eisenbahnwerkstätten. Der Gesamtanlage ist das sog. sympathische System zugrunde gelegt, bei dem die Nebenuhren durch Stromstöße wechselnder Richtung von den Zentralen aus fortgeschaltet werden und zwar mit Rücksicht auf die dichte Zugfolge in halbminutlichen Abständen, so daß alle an die Uhrenlinie angeschlossenen Nebenuhren in der Zeitangabe untereinander und mit den Betriebsuhren unbedingt genau übereinstimmen. Die Nebenuhren haben hierbei kein selbsttätiges Uhrwerk, sondern nur ein polarisiertes Magnetsystem und ein einfaches Zeigerwerk. Abb. 2 und 3 zeigen ein solches Gangwerk, wie es hauptsächlich für solche Uhren mit Zifferblättern bis zu 2 m Durchmesser bestimmt ist, die sich im Freien befinden. Die Elektromagnetkerne dieses Uhrensystems sind mit entgegengesetzten Wicklungen versehen, so daß bei Stromdurchgang der Magnetismus in einem Magnetkern verstärkt, im anderen dagegen geschwächt wird. Der um einen Punkt schwingbar angeordnete aus weichem Eisen bestehende Anker a wird stets von dem in seiner Wirkung verstärkten Magnetkern angezogen. Hier bleibt er unter Einfluß des permanenten Magneten m so lange haften, bis der Stromschluß der nächsten halben Minute den anderen Magnetkern in entgegengesetzter Richtung erregt, wodurch der Anker von diesem Kern angezogen wird. Um diese Wirkung hervorzurufen ist demnach bei jeder neuen Kontaktgabe eine Umkehrung der Stromrichtung erforderlich. Die mit dem Pendalanker verbundenen Klinken k und k1 übertragen seine hin und her gehende Bewegung auf das Steigrad r so, daß die Zeiger der Uhr stets nur in einer Richtung fortbewegt werden. Textabbildung Bd. 340, S. 168 Abb. 5. Turmuhrwerk. Das auf Abb. 4 wiedergegebene Nebenuhrwerk ist in seiner Wirkung schwächer und wird daher für Uhren von kleinerem Durchmesser, also vornehmlich für solche in Innenräumen, verwendet, wofür sie durch ihren geräuschlosen Gang noch besonders geeignet sind. Für ganz große Uhren, sowie für solche, bei denen die Zeiger nicht durch eine Schutzscheibe vor den Einflüssen des Winddruckes, der Schneelast oder dergl. bewahrt werden, dient das Turmuhrwerk (Abb. 5). Dieses zeichnet sich gegenüber früheren derartigen Werken aus durch große Einfachheit und ferner dadurch, daß der Gewichtsantrieb durch einen kleinen Motorantrieb M ersetzt wurde. Die Steuerung einer solchen Uhr geschieht durch ein einfaches Nebenuhrwerk N, das wie eine gewöhnliche Nebenuhr an das Zentraluhrennetz angeschlossen ist und so die Zeiger halbminutlich fortschaltet. Außerdem sind diese Turmuhrwerke so eingerichtet, daß sie selbstätig auf die richtige Zeit wieder eingestellt werden, falls bei Ausbleiben des Starkstromes für den Motor die Uhr zurückgeblieben war, sobald die Störung behoben ist und der Starkstrom wieder eintrifft. Textabbildung Bd. 340, S. 169 Abb. 6. Hauptuhreazentrale Schlesischer Bahnhof. Die Verbindung der Nebenuhren mit der Hauptzentrale erfolgt durch Kabel. Die Uhren selbst sind hintereinander geschaltet. Zu ihrem Betriebe dient eine Akkumulatorenbatterie mit 60 Volt Spannung und einer Kapazität von 36 Amperestunden. Die Seele der ganzen Anlage ist die Hauptuhrenzentrale (Abb. 6), die, um einen unbedingt zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten, gewisse Sicherheitsmaßnahmen erforderlich machte. Sie besteht daher aus einer Betriebshauptuhr und zugehöriger Nebenuhr, sowie den nötigen Schalt- und Kontrollapparaten, die gemeinsam in einem Schalttafelaufbau angeordnet sind. Die Betriebsuhr 1 besteht aus einem massiven Regulatorwerk und Nickelstahl-Kompensations-Sekundenpendel. Mit dem Gehwerk steht ein Kontaktwerk in Verbindung. Dieses wird halbminutlich vom Gehwerk ausgelöst, wodurch gleich oft eine Welle einen Umlauf vollführt und dabei einen Kontakt zum Fortschalten der Nebenuhren herstellt. Die Kontaktvorrichtung wirkt jedoch nicht unmittelbar auf die angeschlossenen Nebenuhren, sondern zunächst auf 2 sog. Stromwenderelais 3 und 4, und zwar jede halbe Minute wechselnd auf das eine und auf das andere. Diese Stromwenderelais habeneine Reihe von Kontakten zu dem Zweck, beim Oeffnen und Schließen des Stromkreises in bestimmter Reihenfolge Widerstände einzuschalten, wodurch der Strom in 8 Stufen mit zu- und abnehmender Stärke ein- und ausgeschaltet wird. Durch ein Verzögerungsrelais 5 werden die Anker der Stromwenderelais so lange festgehalten, wie es der Länge und der Art der Leitung entsprechend erforderlich ist. Das Verzögerungsrelais kann demnach auch auf beliebige Zeit eingestellt werden; im vorliegenden Falle beträgt die Kontaktdauer 2 Sekunden. Die Schaltung der Stromwenderelais ist so eingerichtet, daß im Ruhezustande die Uhren kurzgeschlossen sind, so daß die Induktionsströme über einen widerstandslosen Weg verlaufen und somit auf die Nebenuhren nicht störend einwirken können. Durch die Stromwenderelais ist weiter der Vorteil gegeben, daß die Betriebsuhren vollkommen funkenlos arbeiten und bis 500 Nebenuhren gleichzeitig betrieben werden können. Für die Stromwenderelais und den Verzögerungsmechanismus sind Reserveapparate 6 und 7 bzw. 8 vorhanden. Textabbildung Bd. 340, S. 169 Abb. 7. Astronomische Präzisions-Pendeluhr. Textabbildung Bd. 340, S. 169 Abb. 8. Uhren-Unterzentrale, Bahnhof Charlottenburg. Wie oben erwähnt, sind die an die Zentrale angeschlossenen Nebenuhren in 6 Linien geschaltet. Dementsprechend sind auch 6 Kontrolluhren 9 vorhanden, um die Kontaktgabe nach den einzelnen Linien überwachen zu können. Durch die Hintereinanderschaltung ist zugleich erreicht, daß jeder etwa eintretende Drahtbruch sofort selbsttätig der Zentrale gemeldet wird. Für den Betrieb der Zentrale sind ferner einige Kippschalter vorhanden, die in Verbindung mit anderen Kippschaltern 10 zum Nachstellen der Nebenuhren in jeder Linie, zum Umschalten der Stromwenderelais und Verzögerungsmechanismen auf die gleichartigen Reserveapparate dienen. Textabbildung Bd. 340, S. 170 Abb. 9. Elektrische Nebenuhr im „Wagenbau“ der Eisenbahnwerkstätte Tempelhof. Textabbildung Bd. 340, S. 170 Abb. 10. Die elektrischen Nebenuhren im Anhalter Bahnhof. Sowohl die Betriebs-Hauptuhr, als auch die ihr vollkommen gleichartige Reserve-Hauptuhr 2 hat elektrischen Aufzug. Beide werden selbsttätig in übereinstimmendem Gange gehalten. Bei Störungen in der Betriebs-Hauptuhr schalten die Umschaltapparate 11 und 12 selbsttätig auf die Reserve-Hauptuhr um, die damit den vollen Betrieb der Anlage übernimmt. Die bisher genannten Einrichtungen werden ergänzt durch eine selbstätige Erdschluß-Anzeigevorrichtung 13,so daß etwaige Leitungsfehler sofort von selbst gemeldet werden. Ferner gehören zur Zentraleinrichtung die Apparate 14, 15 und 16 zum Aufladen der Betriebsbatterie und der gleich großen Wechselbatterie. Die Batterie wird durch den Schalter 16 ohne Stromunterbrechung umgeschaltet, so daß ein Ausbleiben des Stromstoßes von der Hauptuhr nicht vorkommen kann. Bei einer derart wichtigen diejenige des Reichsbahn. Die Zentraluhrenanlage, wie sie rektionsbezirkes Berlin darstellt, muß natürlich auf die höchste Ganggenauigkeit der Betriebs-Hauptuhr und aller von ihr abhängigen Nebenuhren der größte Wert gelegt werden. Von einer unmittelbaren Synchronisierung der Hauptuhr von der Sternwarte aus wurde abgesehen, da eine solche nicht die Genauigkeit im Gange der Uhren gewährleistet, wie sie durch Ausstellen einer besonderen Präzisionsuhr erreichbar ist. Wichtig ist es jedoch, das Zeitzeichen der Sternwarte zum Vergleichen mit dem Gange dieser Präzisionsuhr zu erhalten. Die astronomische Präzisions-Pendeluhr, System Dr. Richter (Abb. 7), ist in einem staubdichten Glasgehäuse mit Metallsäulen untergebracht, in einem Räume von gleichmäßiger Temperatur in erschütterungsfreier Lage aufgestellt und gegen das Eindringen von Sonnenstrahlen geschützt. Infolge der eigenartigen Bauart der Hemmvorrichtung schwingt das Pendel vollkommen frei, da es mit dem Uhrwerk nur durch die Aufhängefeder in Verbindung steht, durch die es auch den Antrieb erhält. Durch Verwendung eines erstklassigen Nickelstahl-Kompensations-Pendels wird eine Ganggenauigkeit von mindestens + 1 Sekunde für den Tag gewährleistet. Die Uhr hat elektrischen Aufzug, der unter Vorschaltung eines entsprechenden Widerstandes an die Akkumulatorenbatterie der Uhrenanlage angeschlossen ist. Endlich ist die Uhr mit einem elektrischen Zweisekunden-Kontakt zum Vergleich mit der Sternwartezeit und zur Synchronisierung der Hauptuhren ausgerüstet. Sympathische Uhren auf sehr große Entfernungen unmittelbar von einer Zentrale aus zu betreiben, ist deshalb nicht empfehlenswert, weil hierfür verhältnismäßig hochgespannte Ströme erforderlich sind und ein Leitungsnetz dieser Art zu teuer wird. Deshalb werden vom Schlesischen Bahnhof aus nur die Uhren der Bahnhöfe der nächstgelegenen Gleisstrecken unmittelbar betrieben, während auf größere Entfernungen abschnittsweise Unterzentralen bezw. Relaisuhrenzentralen eingerichtet wurden. Hierbei sind alle Unterzentralen untereinander und mit der Hauptzentrale zwangläufig so verbunden, daß unbedingte Gewähr für dauernde Uebereinstimmung im Gange aller Uhren gegeben ist. Textabbildung Bd. 340, S. 171 Abb. 11. Relais-Uhrenzentrale „Anhalter Bahnhof.“ Der wesentliche Unterschied zwischen einer Unterzentrale und der Hauptzentrale liegt in der anderen Einrichtung der Betriebs-Hauptuhr. Bei ersterer wird nämlich eine sog, Relais-Hauptuhr mit elektrischem Pendelantrieb und Relais-Einrichtung verwendet. Diese ist an die Nebenuhrleitung der Hauptzentrale angeschlossen und erhält wie die Nebenuhr einen Stromstoß zur Einstellung der richtigen Zeit, und zwar schon dann, wenn im Gange dieser Relais-Hauptuhr Unterschiede von selbst nur 1 Sekunde gegenüber der Betriebs-Hauptuhr der Hauptzentrale eingetreten sind. Textabbildung Bd. 340, S. 171 Abb. 12. Schalttafel-Aufbau der Sternwartezeit-Registriereinrichtung. Die Relais-Hauptuhr betätigt ihrerseits gleichartige Stromwenderelais, wie in der Hauptzentrale, und diese bewirken die Fortschaltung aller an die Unterzentralen angeschlossenenNebenuhren, so daß eine unbedingt genaue Zeitübereinstimmung mit den Uhren der Hauptzentrale gewährleistet ist. Abb. 8 zeigt die für 6 Linien eingerichtete Unterzentrale des Bahnhofes Charlottenburg. Links im Schalttafelumbau befindet sich die Relais-Hauptuhr, rechts die Reserveuhr mit Sekundenpendel. Die wichtigsten Apparate der Unterzentrale sind neben den beiden Uhren die Stromwenderelais und der Verzögerungsmechanismus. Da diese Apparate häufig ohne Aufsicht sind, wurde die Einrichtung getroffen, daß alle diese Apparate bei einer etwaigen Störung selbsttätig auf die zugehörigen Reserveapparate umgeschaltet werden. Die Relais-Uhrenzentrale besteht in ihrer einfachsten und am häufigsten angewendeten Form lediglich aus einer Relais-Hauptuhr (wie auf den Unter-zentralen) und der zugehörigen Batterie- und Ladeeinrichtung. Diese Relais-Hauptuhr wird in einem Wandgehäuse untergebracht und bewirkt die gleichzeitige Fortschaltung aller Nebenuhren auf dem Bahnhofe, auf dem sie sich befindet, oder auch der Nebenuhren mehrerer Bahnhöfe. Die Relais-Einrichtung wird an die zunächstliegende Nebenuhrenlinie angeschlossen, so daß wieder eine genaue Zeitübereinstimmung mit der Betriebsuhr der Hauptzentrale erreicht ist. Auch in den Eisenbahnwerkstätten befinden sich diese Relaisuhren, wobei zugleich vielfach die Pausensignalanlagen an die Uhrenzentrale angeschlossen sind. Abb. 9 zeigt die Nebenuhr im „Wagenbau“ der Eisenbahnwerkstätte Tempelhof und Abb. 10 elektrische Nebenuhren im Anhalter Bahnhof. Die zu letzteren gehörige Relaisuhren-Zentrale ist auf Abb. 11 wiedergegeben. Hier ist, wie auch auf anderen wichtigen Bahnhöfen, neben der Relais-Hauptuhr eine Reserve-Hauptuhr aufgestellt worden. Beide sind in je einem Standgehäuse untergebracht, das gleichzeitig Stromwenderelais kleinerer Ausführung zum Betriebe einer größeren Anzahl von Uhreneinheiten enthält. Diese Einrichtung kommt überall dort zur Anwendung, wo eine größere Anzahl von Nebenuhren betrieben werden soll oder wo mehrere Schienenwege zusammenlaufen, so daß eine Unterteilung der Nebenuhren auf mehrere Linien erforderlich wird. Die Sternwarte-Zeitdienstanlage gewährleistet, wie bereits erwähnt, die größte Genauigkeit in der Angabe der M.E.Z. und bildet somit einen wesentlichen Bestandteil der beschriebenen elektrischen Zeitsignal- und Zentraluhrenanlage. Maßgebend für den richtigen Gang aller Uhren ist die astronomische Präzisions-Pendeluhr, die durch eine dauernde Zeitvergleichung in Uebereinstimmung mit dem Ergebnis des Sternwarte-Zeitdienstes gehalten wird. Diese Präzisionsuhr hat einen Zweisekunden-Kontakt, der zum Vergleich mit der Sternwartezeit und zur Synchronisierung der M.E.Z.-Uhr (Zeitsignal-Uhr) und der Betriebs- bezw. Reserve-Hauptuhr der Zentraluhrenanlage dient. Um diese Genauigkeit noch weiter unter Kontrolle zu halten, ist eine Registriervorrichtung angebracht, durch die auf einem ablaufenden Papierstreifen die Sternwartezeit, die die Sternwarte Babelsberg täglich meldet, registriert und mit dem Gange dieser Uhren auf 1/10 Sekunde Genauigkeit verglichen wird. Dieser Vergleich wird dadurch vervollständigt, daß auch die M.E.Z.-Uhr und die Hauptuhr der eigentlichen Uhrenzentrale im gegebenen Augenblick ein Zeitzeichen auf denselben Papierstreifen geben. Die hierzu erforderlichen Apparate sind, wie Abb. 12 zeigt, in einem Schalttafel-Aufbau untergebracht. Im unteren Teile des Feldes befindet sich der Sternwartezeit-Registrierapparat. Durch nur wenige Apparate und eine einfache Einrichtung an der M.E.Z.-Uhr wird erreicht, daß auch alle Fernsprechteilnehmer des Reichsbahn-Direktionsbezirks Berlin stets die genaue Zeit in Minuten und Sekunden erhalten können, um so auch solche Uhren in ihrem Gange vergleichen zu können, die an die Zentraluhrenanlage noch nicht angeschlossen sind. Diese Einrichtung wirkt, nachdem am Fernsprechschrank der betr. Teilnehmer mit der zugehörigen Klinke verbunden ist, vollkommen selbsttätig. Die Minuten werden durch kurze Summerstöße und die letzten 10 Sekunden derMinute durch kräftige Kondensator-Entladungen, die im Telephon ein scharf hervorgehobenes Knacken erzeugen, dem Teilnehmer übermittelt. Mittels der Telephonstation an der Schalttafel können die Zeitzeichen gleichzeitig abgehört werden. Wenn der Fernsprechteilnehmer seinen Hörer auflegt bezw. anhängt, erscheint in üblicher Weise im Fernsprechschrank das Schlußzeichen und die Verbindung kann getrennt werden. Textabbildung Bd. 340, S. 172 Abb. 13. Werk der Betriebshauptuhr. Textabbildung Bd. 340, S. 172 Abb. 14. Uhrwerk der M. E. Z.-Uhr. Die Gangkontrolle der astronomischen Uhr, der beiden Hauptuhren und der M.E.Z.-Uhr geschieht vollkommen selbsttätig alle 24 Stunden, und zwar morgens um 4 Uhr. Die Betriebs-Hauptuhr und die Reserve-Hauptuhr geben jede Sekunde, und die astronomische Präzisionsuhr gibt alle 2 Sekunden einen Einstich auf den Registrierstreifen, während von der M.E.Z.-Uhr und der Sternwarte-Uhr die 60. Sekunde, also genau der Zeitpunkt 4 Uhr 0 Minuten 0 Sekunden, registriert wird. Aus der Lage dieser Einstiche bezw. der sog. Nullpunkte der Betriebs-, Reserve- und astronomischen Präzisionsuhren sind Unterschiede im Gange selbst auf die kleinsten Bruchteile einer Sekunde festzustellen. Nach Bedarf können die genannten vier Uhren auch stündlich untereinander verglichen werden, wozu man nur einen Schalter umzulegen braucht. Um zu vermeiden, daß auch nachmittags 4 Uhr die Leitung von der Sternwarte, die im allgemeinen dem Telegraphenverkehr dient, abgeschaltet wird, ist Vorsorge getroffen, daß die betr. Verbindung nur alle 24 Stunden geschlossen wird. Textabbildung Bd. 340, S. 172 Abb. 15. Zentralraum der Zeitdienstanlagen im Telegraphenzimmer des Schlesischen Bahnhofs. Abb. 13 zeigt das Werk der Betriebs-Hauptuhr der Zentraluhrenanalge und Abb. 14 dasjenige der M.E.Z.-Uhr. Auf beiden sind auch die Anordnungen der einzelnen Kontakte deutlich zu erkennen. Sämtliche Schalttafel-Aufbauten sind, wie aus Abb. 15 hervorgeht, in einem besonderen abgegrenzten Räume im Telegraphenzimmer des Schlesischen Bahnhofes gemeinsam untergebracht. Die beschriebene Zentraluhren- und Zeitsignalanlage befindet sich nunmehr seit reichlich 2 Jahren in ununterbrochenem Betriebe und hat bisher zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet. Auf alle Fälle hat sie durch die peinlich genaue Uebereinstimmung aller angeschlössenen Uhren wesentlich beigetragen zur Aufrechterhaltung des geregelten, pünktlichen Betriebes, wie auch zur Erhöhung der ganzen Betriebssicherheit. Ohne diese Zentraluhrenanlage würde die Bewältigungeines solchen auf die Minute eingestellten Riesenverkehrs, wie ihn die Berliner Stadt-, Ring- und Vorortsbahnen zu verzeichnen haben, eine Unmöglichkeit sein.