Titel: | Die Drahtseilbahn auf die Zugspitze. |
Autor: | Bl. |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 173 |
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Die Drahtseilbahn auf die Zugspitze.
Die Drahtseilbahn auf die Zugspitze.
Während die Bahn nach der Jungfrau eine Bergbahn ist, ist die auf die Zugspitze
eine Personen – Seilschwebebahn. Sie führt auf den höchsten Berggipfel Deutschlands,
die 2964 m hohe Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen bzw. Ehrwald, und wird nach dem
System Bleichert-Zuegg ausgeführt. Die Trasse für diese Bahn geht von der Talstation
Obermoos, wohin von Ehrwald eine 3 km lange Automobilstrecke ausgebaut wurde, in
einer geraden Linie bis unterhalb des Westgipfels der Zugspitze. Die Gesamtlänge der
Zugspitzbalin beträgt 3380 m schief gemessen, der Höhenunterschied 1581 m, wobei nur
6 Stützen vorhanden sind, zwei Personenwagen im Pendelverkehr verkehren (jeder Wagen
faßt, außer dem Führer, 19 Personen) und die Dauer einer Fahrt 16 Minuten währt.
Die Talstation Obermoos liegt auf 1224 m Meereshöhe, ihr geräumiges Stationsgebäude
wird große Maschinen-, Warte- und Diensträume enthalten, auch Wirtschaftsräume und
Wohnräume für das Bahnpersonal und die Fremden. Auf seinen Bahnsteig strömt das
Publikum bei Ankommen eines Schwebebahnwagens und tritt von hier aus die
ungewöhnliche Reise an. Der wagerechte Abstand der Stationen beträgt rund 3000 m,
die durchschnittliche Bahnsteigung etwa 53 %, an der steilsten Stelle aber über 90
%.
Infolge des starken Antriebes wird mit 3,5-m-Geschwindigkeit gefahren und in etwa 16
Minuten die Bergstation erreicht.
In 160 m Entfernung von der Talstation steht die erste der 6 Stützen, ein Turm von 30
m Höhe; bis zur Stütze 2 sind es rd. 1100 m, die auf dem Seil durchfahren werden.
Stütze 2 wird 31,5 m hoch; dann nähern sich die Tragseile dem Boden und führen über
die nur 10–13 m hohen Stützen 3 und 4 hinweg. Links grüßen hier die Ehrwalder
Köpfe.
Etwas höher als die Wiener-Neustädter Hütte steht dann Stütze 5 mit 20 m Höhe und
wieder werden beinahe 1000 m in freier Spannweite bis zu Stütze 6 durchlaufen, hier
schwebt der vollbeladene Wagen 120 m über dem Erdboden und fährt dann erst in die
größtenteils in Fels gesprengte Bergstation ein. Von hier aus ist ein.
unvergleichlich schöner Ausblick über die Gebirgswelt, und ein bequemer Pfad führt
endlich zum Westgipfel der Zugspitze.
Jedes der 48 mm starken Litzenspiral-Tragseile (Herkulesbauart) wird in einem Stück
von 3500 m Länge angeliefert, ein Seil allein wiegt 35000 kg, rd. 40000 kg zusammen
mit dem eisernen Haspel, auf dem es von der Bergstation Ehrwald bis zur Talstation
gerollt wird. Das Zugseil, das die beiden Wagen über die Bergstation hinweg
verbindet, ist 28 mm stark und ebenfalls in einem Stück hergestellt, das Gegenseil
25 mm und das Hilfsseil 19 mm stark.
Die beiden Personenwagen fassen je 19 Fahrgäste und 1 Führer, sie sind sorgfältig
ausgestattet, besitzen einige Sitze und große Fenster, durch die derBlick
ungehindert über die herrliche Landschaft schweifen kann. Neben der Tür steht der
Wagenführer und neben ihm sind alle die Apparate für die Betätigung der Wagenbremse,
für die Telephon- und sonstigen Sicherheitseinrichtungen. Stets hängt die Kabine
senkrecht, da sie pendelnd am Laufwerk befestigt ist. Ihr Gewicht beträgt bei voller
Belastung etwa 2800 kg und verteilt sich auf 8 Räder und damit gleichmäßig auf das
Tragseil.
Der Antrieb der Zugspitzbahn erfolgt in der Talstation, und zwar sind die beiden
Antriebscheiben des Zugseiles durch Ausgleichgetriebe miteinander gekuppelt, wodurch
Schnürspannungen im Seil beseitigt und mit einer Spannvorrichtung auszukommen ist,
weil dabei die Gegenscheibe diese Tätigkeit mit übernimmt. Der Antrieb erfolgt durch
Gleichstrommotor, die Energie stammt aus dem Hochspannungsnetz des
Elektrizitätswerkes Reutte und ist Drehstrom von 8500 Volt Spannung. Diese wird
durch Transformator auf 220 Volt umgewandelt und der Strom einem Drehstrommotor
zugeführt, der die Gleichstromdynamo eines Umformer-Aggregates antreibt. Von ihr
werden die Antriebsmotoren getrieben und die Akkumulatorenbatterie geladen.
Textabbildung Bd. 340, S. 173
Bei der Zugspitzenbahn ermöglicht eine sinnreiche Schaltung die Einhaltung jeder
Fahrgeschwindigkeit vom kleinsten bis zum größten Wert. Bis zu 100 PS sind vom
Hauptantriebmotor vorübergehend abzugeben, wenn ein vollkommen beladener Wagen
aufwärts, ein leerer abwärts fährt; im umgekehrten Fall gibt das Zugseil bis zu 50
PS Ueberschuß ab. Die freiwerdende Energie dient zum Aufladen der Batterie oder wird
ins Netz zurückgefördert. Bleibt der Drehstrom einmal aus, so benutzt man an seiner
statt zum Antrieb die Akkumulatorenbatterie, die sofort selbsttätig ohne
Fahrunterbrechung einspringt; im äußersten Fall nimmt man den 100pferdigen Oelmotor
in Betrieb, der bei Ausbleiben der Hochspannung die Gleichstromdynamo des Umformers
Aggregates antreibt, so daß auch ohne Netzenergie ein elektrisches Weiterfahren
möglich ist. Der Oelmotor kann auch unmittelbar auf das Antriebsvorgelege arbeiten.
Von einem besonderen Motor wird der Hilfsantrieb in Bewegung gesetzt, da er durch
Kupplung auch auf den Hauptantrieb wirken kann; er gibt eine weitere Reserve ab.
Zu diesen vielfachen Schaltungsmöglichkeiten, die schon eine
Betriebsunterbrechung so gut wie ausschließen, kommen dann noch weitere
Sicherheitsvorkehrungen, die das Benutzen der Bahn für die Fahrgäste vollkommen
gefahrlos machen. So klemmt sich bei Seilbruch der Wagen mit Sicherheit am Tragseil
fest, der Wagenführer steht immer mit demjenigen des anderen Wagens und mit den
Stationen in Sprechverbindung, gibt Warnungssignale an die Stationen, kann durch
Betätigung eines Druckknopfes vom fahrenden Wagen aus den Antriebsmotor stromlos
machen und die Bahn stillsetzen.
Vom Maschinisten im Führerstande der Talstation wird die Fahrgeschwindigkeit auf die
gewünschte Stufe gebracht, und es stehen ihm drei Bremsen dazu zur Verfügung, die
zum Teil durch Druck auf einen Knopf zum sofortigen Einfallen zu bringen sind. Kommt
der Wagen in die Nähe der Station, so ertönt im Maschinistenstand ein
Klingelzeichen, ein Relais tritt in Tätigkeit und zwingt den Führer, die
Fahrgeschwindigkeit zu verringern; steht er nicht ordnungsgemäß am Steuerkontroller
oder hat er das Klingelzeichen überhört, so bleiben die Wagen unmittelbar vor der
Einfahrt stehen, besondere Ausschalter verhindern dazu noch ein Ueberfahren der
Endstellung.
Herrschen orkanartige Windstöße im Bahngebiet, so geben Windmesser selbsttätig dem
Maschinisten akustische Zeichen, veranlassen ihn gegebenenfalls zur Verringerung der
Fahrgeschwindigkeit oder infolge besonderer Einstellung in Gefahrfällen selbsttätig
den Stillstand der Bahn.
Auf diese Weise ist der Betrieb der Bahn gesichert, aber ebenso sehr auch durch
die sorgfältige Prüfung aller ihrer Einzelteile in den Werken von A. Bleichert, die
die Zugbahn erbaut. Mit besonderen Maschinen erfolgt hier in monatelangen Versuchen
die Prüfung hinsichtlich des Verhaltens der Seile im Betrieb; erprobt wird u.a. auch
das Wirken der selbsttätigen Laufwerksbremse an einem hohen Mast, von dem ein
Tragseil steil geneigt zur Erde verläuft usw. Den Grund für einen sicheren Betrieb
legten auch die umfangreichen und schwierigen Vorarbeiten bei Errichtung der Bahn in
ihren Anfängen, der Aufstellung der Stützen im zerrissenen, steil ansteigenden
Gelände; mußte eine besondere Hilfsseilbahn neben der eigentlichen Trasse errichtet
werden, mm die Baustoffe nach den teilweise schwer zugänglichen Stützenpunkten und
der Bergstation zu schaffen. Es war ja alles Wasser, aller Sand für die riesigen
Fundamente der Stützen und Betonarbeiten in der Bergstation von unten herauf zu
fördern; die Spreng-, Fundament- und Hochbauarbeiten waren unter den ungünstigsten
Verhältnissen an oft fast unzugänglichen Orten auszuführen. Besonders schwierig war
das Hochziehen und Auflegen der Tragseile, wozu allein schon ein besonderer genau
ermittelter Arbeitsplan nötig war. Kurz, das Ganze stellt eine Ingenieurleistung
ersten Ranges dar, die hoffentlich nicht nur die Anerkennung im Inlande, sondern
auch im Auslande in den maßgebenden Kreisen finden wird. Jedenfalls ersteht eine
Verkehrsanlage, die sich den anderen Drahtseilbahnen würdig an die Stelle stellen
läßt.
Dr. Bl.