Titel: Polytechnische Schau.
Autor: Kalpers
Fundstelle: Band 340, Jahrgang 1925, S. 188
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. Der Härtewechsel von Kupferlegierungen mit der Temperatur. Die folgende Untersuchung erstreckt sich auf gewöhnliches Messing, Sondermessing, Kupfer-Nickel, Neusilber, gewöhnliche Aluminium-Bronzen und Sonderaluminium-Bronzen. Die Versuche wurden von dem bekannten Metallurgen L. Guillet vorgenommen, der sich zur Aufgabe machte, den Härtegrad der genannten Kupferlegierungen in Abhängigkeit der Temperatur festzustellen. Die Bestimmung der Härte erfolgte nach dem Kugeldruckverfahren von Brinell. Die Versuchsstücke bestanden aus Zylindern von 11 bis 25 mm Durchmesser und 25 mm Länge. Jedes Stück wurde in einem vertikalen elektrischen Widerstandsofen erhitzt und durch eine Unterlage erhöht, so daß es sich in der isothermen Ofenzone befand. Zur Messung der Temperatur diente ein elektrisches Pyrometer. Die Temperatur selbst wurde, nachdem sie in der gewünschten Höhe erreicht war, 15 Minuten lang aufrecht erhalten, Der Kugeldruckapparat bestand lediglich aus einem vertikal geführten Schaft, der an seinem unteren Teil mit der Kugel, an seinem oberen Teil mit den die Belastung bildenden Platten versehen war. Im gegebenen Augenblick wurde der Schaft innerhalb des Ofens heruntergelassen, so daß sich die Kugel unterder bekannten Last in die Oberfläche des Versuchsstückes, das immer auf derselben Stelle im Ofen blieb, einprägte. Der einzig mögliche Fehler bestand in der Verwendung einer nicht vorgeheizten Kugel, die deshalb die Temperatur der Berührungsoberfläche erniedrigte. Einige Vorversuche zeigten, daß die Durchschnittstemperatur weniger als 5° abnahm für Temperaturen unter 400°, um etwa 10° für Temperaturen zwischen 500 und 700° und um 15° für Temperaturen zwischen 750 und 900°. Die Temperaturabnahme hängt dabei von dem Durchmesser des Kugeleindruckes ab, da die Abkühlung um so schneller vor sich geht, je größer die Berührungsoberfläche zwischen kalter Kugel und warmem Versuchsstück ist. In allen Fällen dauerte der Druck 2 Sekunden. 1. Versuchsserie: Kupfer-Zink-Legierungen. Alle Versuchsstücke dieser Gruppe waren gewalzt, mit Ausnahme der beiden letzten Legierungen, die in roh gegossenem Zustand untersucht wurden, da sie ein Walzen nicht zuließen. Ihre Zusammensetzung enthält Zahlentafel 1, die bei verschiedenen Temperaturen erzielten Härtegrade Zahlentafel 2. Tafel 1. Kupfer Zink Blei Eisen Zinn Innnge-samt Reines Kupfer A 99,93 99,93 Messing B 90,30   8,24 1,42 0,13 0,22 100,31      „       C 90,60   9,30 99,90      „       D 80,90 18,34 0,11 0,15 0,26 99,76      „       E 70,30 28,30 0,85 0,25 0,16 99,86      „       F 67,30 32,16 0,10 0,44 0      „       G 64,43 35,20 0,21 0,19 100,03      „       H 59,67 38,83 1,50 0      „       I 57,20 42,30 0,28 0,26 0,06 100,00      „       J 56,78 41,22 0      „       K 53,07 47,00 100,07 Tafel 2. Brinellhärte bei: 20° 250° 350° 450° 550° 650° 750° 800° 900° 950° Reines Kupfer A 42,1 34,0 30,2 26,1 22 17,4 14,3 9,5 7,7 4,7 Messing B   8,6 34,6 31,2 30,6 26,3 21,3 14,4 9,7 7,6      „       C 38,4 62,6 30,4 28,7 25,4 21,7 14,1 9,2 6,9      „       D 45,2 42,2 38,8 36,8 30,9 22,4 12,9 8,2      „       E 43,5 41,2 37,7 34,6 29,1 18,2   9,5 6,5      „       F 46,4 43,2 40,8 15,6 23,6 13,2   8,4 4,6      „       G 43,8 42, 39,8 34,4 22,7 13,3   7,8 3,8      „       H 60,5 55,2 48, 28,8 14,6   5,6   2,8      „       I 67, 60,7 39,8 19,6   5,   2,4      „       J 66 65 40, 17,1   4,8   3,3      „       K 59,8 56,3 36,1 14,7   2,5   1,4 Wenn man diese Werte graphisch aufträgt, so ergeben sich bemerkenswerte Kurven: 1. Der Härtewechsel von reinem Kupfer verläuft ziemlich linear; 2. die Messingproben B, C, die sich in kaltem Zustand durch eine etwas niedrigere Härte als das Kupfer unterscheiden, besitzen zwischen 350 und 700° höhere Härten und oberhalb 700° gleiche Härten wie das Kupfer; 3. die Legierungen D, E, F und G bilden eine Gruppe mit fast gleichen Härteeigenschaften in kaltem Zustande. Die Kurven ihres Härtewechsels mit der Temperatur verlaufen fast ähnlich. Für alle diese Legierungen besteht ein nur verhältnismäßig schwacher Härteunterschied bis zu 450°, der aber von da ab schnell zunimmt. Die an Zink reicheren Legierungen F und G dieser Gruppe zeigen im übrigen einen schnelleren Härtesturz; 4. die Legierungen H, I, J und K stellen eine andere Gruppe mit sehr hohen Kalthärten dar, bei denen die Härte von 250° ab sehr schnell fällt; 5. im allgemeinen läßt sich die Beobachtung machen, daß die Härte bei hoher Temperatur fast umgekehrt im Verhältnis zur Härte bei gewöhnlicher Temperatur steht; 6. wenn man schließlich die Härtewerte bei hoher Temperatur betrachtet, ein Umstand, der von wesentlichem Interesse für gewisse mit hohen Temperaturen arbeitende industrielle Zwecke ist, so ergibt sich, daßa) die Legierungen I und K oberhalb 550° eine schwache Härte aufweisen, die man bei Legierung H erst bei 650° findet, bei den anderen Legierungen sogar erst ab 800°;b) die Härte 7,5 erreicht wird bei 480° von Legierung K, bei 530° von Legierung I, bei 630° von Legierung H, bei 760° von Legierung G und F, bei 820° von Legierung E und bei rund 900° für Kupfer und die Legierungen B, C und D. 2. Versuchsserie: Nickel-Messing. Aus Zahlentafel 3 und 4 gehen die Zusammensetzungen und die erzielten Härtegrade dieser Legierungen hervor. Tafel 3. Kupfer Zink Nickel Blei Eisen Zinn Insges. Nickel-Messing I 51,07 39,78   6,07 2,30 0,50 0,17   99,89 Nickel-Messing II 45,75 41,18 10,22 2,21 0,50 0,15 100,04 Tafel 4. Brinellhärte bei: 20° 250° 350° 450° 550° 650° 750° 800° Nickel-Messing I 72,8 64,0 56,8 39,4 20,3   8,0 3,0 2,0 Nickel-Messing II 88,0 79,8 70,5 52,3 28,8 14,8 4,8 2,9 Bemerkenswert erscheint der hohe Bleigehalt von über 2 %. Das Kennzeichnende dieser Versuchsgruppe besteht darin, daß die Härte sich um so besser bei hoher Temperatur erhält, je größer sie bereits bei gewöhnlicher Temperatur ist, je niedriger also der Gehalt an Kupfer ist. 3. Versuchsserie: Kupfer-Nickel und Neusilber. Es wurden folgende 2 Legierungen gewalzt und geglüht und folgende Härtewerte ermittelt: Tafel 5. Kupfer Nickel Zink Eisen Insgesamt Kupfer-Nickel I 77,94 20,16   1,69 99,79 Neusilber II 54,12 19,74 25,45 0,36 99,67 Tafel 6. Brinellhärte bei: 20° 250° 350° 450° 550° 650° 750° 850° 950° Kupfer-Nickel I 62,8 55,5 51,7 50,6 45,8 40,1 31,5 22,1 14,7 Neusilber II 73,3 71,1 65,6 59,8 52,4 46,9 31 17,9 Man kann hier die Beobachtung machen, daß die Neusilberkurve, die im Anfang über der Kupfer-Nickel-Kurve verläuft, bei 750° die letztere kreuzt und sich von ihr nach unten etwas trennt. 4. Versuchsserie: Kupfer-Zinnlegierungen (Bronzen). Zahlentafel 7 und 8 zeigen wieder die Analysen und Härtezahlen für diese Legierungsgruppe bei verschiedenen Temperaturen. Tafel 7. Kupfer Zinn Zink Bronze I 55,91   3,52 0,48 Bronze II 90,00   9,41 0,51 Bronze III 84 16 Bronze IV 80 20 Tafel 8. Brinellhärte bei: 20° 250° 350° 450° 550° 650° 750° 850° 900° Bronze I   48,2 42,4 40,2 36,8 32,2 28,9 20 Bronze II   63,7 55,1 50,3 49,1 43,5 36 21 Bronze III   65,6 55 53,3 42,6 26,2 13,6   6,9 Bronze IV 107,8 90 85,2 67 18   5,7   2,4 Nach diesen Ergebnissen fällt die Härte um so schwächer, je niedriger der Zinngehalt ist und weiter nehmen die Härten bei den Legierungen I und II in fast geradlinig verlaufenden Kurven ab, während sie bei den Legierungen III und IV bei 400° ziemlich, schroff fallen, nachdem sie noch vor dieser Temperatur ähnlich wie die Legierung I und II verlaufen. 5. Versuchsserie: Gewöhnliche Aluminium-Bronzen. Vier Versuchsstücke wurden geprüft, die neben Kupfer und Aluminium nur sehr schwache andere Bestandteile enthielten. Tafel 9. Kupfer Alu-minium Silizium Zinn Eisen Inns-gesamt Aluminium-Bronze I 95,36 3,82 0,90 100,08         „             „      II 95,90 4,07 0,08 100,06         „             „      III 93,05 6,75 0,27 100,07         „             „      IV 90,04 9,76 0,22 100,02 Tafel 10. Brinellhärte bei: 20° 250° 350° 450° 550° 650° 750° 850° 950° Aluminium-Bronze I 39,4 33,8 31,4 31,4 31,4 22,4 17,6 13,2         „             „      II 38,1 29,6 28,4 59,2 29 27,4 17,2         „             „      III 34,9 34,4 31,4 31,4 31,8 29,7 16,5   8,2 39,4 32,4 30,4 31,6 31,5         „             „      IV 76,7 71,1 65,1 61 40,5 25,4 14,2   7 2,9 Zu beachten ist der Silizium-Gehalt der beiden ersten Legierungen, der davon herrührt, daß diese Bronzen einen Zusatz von Kupfer-Silizium erhielten. Die Ergebnisse dieser Versuche lassen sich dahin kurz zusammenfassen, daß die von einem Bestandteil gebildeten Aluminium-Bronzen bis 550° keine schnelle, diejenigen oberhalb 550° eine sehr schnelle Härteabnahme erfahren, ferner, daß die Aluminium-Bronzen mit 2 Bestandteilen (Kupfer = 90 %) von 450° ab sehr schnell die Härte wechseln. 6. Versuchsserie: Sonderaluminium-Bronzen. Die Untersuchung der folgenden Legierungen erfolgte im gegossenen Zustande: Tafel 11. Kupfer Alu-minium Silizium Eisen Mangan Nickel Insges. Silizium-Aluminium-    Bronze I 93,23   5,61 1,31 100,17 Silizium-Aluminium-    Bronze II 95,02   2,54 2,59 100,15 Eisen-Aluminium-    Bronze I 89,78   7,64 2,12 0,49 100,03 Eisen-Aluminium-    Bronze II 84,57 10,55 4,22 0,74 100,08 Nickel-Aluminium-    Bronze III 88,79   7,22 Spuren 4,01 100,02 Die 3 letzten Legierungen wurden dem Druck von 500 kg einer 10-mm-Kugel unterzogen. Tafel 12. Brinellhärte bei. 20° 250° 350° 450° 550° 600° 650° 700° 750° 800° 850° 900° 950° Silizium-Aluminium-    Bronze I   34,4 26,8   23,6 19,4 26,1 28 17,2 14,5   6,3 Silizium-Aluminium-    Bronze II   59,4 51   48,4 40,2 32,4 20 15 10,6 Eisen-Aluminium-    Bronze I 125 84,5   82,5 80, 69,8 54 34,5 20 11,5 10,5 Eisen Aluminium-    Bronze II 131 25,2 117,5 96,6 79,6 14,5   9,8 Nickel-Aluminium-    Bronze III   89 83,8   81,9 79 76,5 65 39 21,5 12,5   9 Die Silizium-Aluminium-Bronzen zeigen deutlich den Einfluß der Zusammensetzung. Die Härte der ersten Legierung erhält sich bis 650 °, abgesehen von einigen Ungleichmäßigkeiten, die von der Verwendung des gegossenen Metalles herrühren. Bei der zweiten Legierung ist eine sehr schnelle und gleichmäßige Härteabnahme festzustellen. Die beiden Eisen-Aluminium-Bronzen, die etwas Mangan enthalten, besitzen bei gewöhnlicher Temperatur fast die gleiche Härte, jedoch erfolgt der Härtesturz bei. der zweiten Legierung bedeutend schneller als bei der ersten, indem die zweite Legierung bei 700° eine niedrigere Härte aufweist, als die erste bei 950°. Dasselbe gilt für die Nickel-Aluminium-Bronze, die ihre Härte bis etwa 550° behält. (Revue de Metallurgie.) Dr.-Ing. Kalpers. Berichtigung: In Heft 12, Ste. 138, 14. Zeile von unten lies: cbm/qkm.