Titel: Ueber die Grundwasserversorgung der Städte.
Autor: Samter
Fundstelle: Band 340, Jahrgang 1925, S. 193
Download: XML
Ueber die Grundwasserversorgung der Städte. Von Regierungsbaumeister a. D. Samter, Zivilingenieur in Berlin. SAMTER, Ueber die Grundwasserversorgung der Städte. Durch die große Hitze und die damit verbundene Trockenheit dieses Sommers, die uns zur Sparsamkeit im Gebrauch des Trink- und Badewassers mahnte, ist die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die Einrichtung der zentralen Wasserversorgungsanlagen einschließlich ihrer Bezugsquellen gelenkt worden. Von letzteren ist es eine, die für städtische Wasserversorgungseinrichtungen vorherrschend geworden ist, das Grundwasser. Dieses gewährt vor anderen Bezugsquellen den Vorteil völliger Keimfreiheit, wenn es in entsprechender Tiefe und vor allen Dingen an solchen Stellen gefaßt wird, wo es unter dem Schutz undurchlässiger Schichten gegen schädigende Einflüsse gesichert ist. Wie die Erfahrung und Beobachtung lehrt, dringt der nicht unmittelbar oberirdisch abgeleitete Teil des atmosphärischen Niederschlagwassers unter dem Einfluß der Massenbeschleunigung in den Erdboden ein und fließt innerhalb desselben weiter. Er erhält noch Zuschüsse durch Wassermengen, die durch Verdichtung des Wasserdampfs der im Erdinnern befindlichen Luft entstehen. Eine derartige sogenannte Grundwasserbewegung kann nur eintreten, wenn die betreffenden Schichten poröse Beschaffenheit besitzen, sich also aus Sand oder Kies zusammensetzen, während Tonboden als fast undurchlässig angesehen werden kann. Diese undurchlässigen Tonschichten (Bild 1) bilden die Sohle, mitunter auch die Decke eines Grundwasserstroms, auf dessen Anzapfung, wie bereits erwähnt, in überwiegendem Maße die städtische Wasserversorgung beruht. Textabbildung Bd. 340, S. 193 Abb. 1. Als geeignetster Fassungskörper, um Grundwasser aus wasserführenden Sanden und Kiesen zu gewinnen, dient heutzutage der Rohrbrunnen. Seine Leistungsfähigkeit vollzieht sich in guter Annäherung an gewisse mathematische Gesetze, die im folgenden eine eingehende Würdigung erfahren sollen. Textabbildung Bd. 340, S. 193 Abb. 2. Abbild. 2 stellt einen kreisförmigen Brunnen dar, der mit durchlässigen Wänden bis zur undurchlässigen Schicht heruntergeführt ist, somit nur durch seinen Mantel Wasser aufnehmen kann. In der Entfernung von der Zylinderachse ist diese Mantelfläche F = 2 π • x z; in der Zeiteinheit wird daher, wenn mit v die Geschwindigkeit bezeichnet wird, eine gewisse Menge Q = 2 π x • z • v hindurchtreten. Bezeichnet weiter k einen sogenannten Durchlässigkeitsbeiwert, der in der Hauptsache von der Korngröße des Bodenmaterials abhängt und durch Versuche an Ort und Stelle ermittelt werden muß, so kann man die Geschwindigkeit proportional dem Gefälle, d.h. v=k\,\cdot\,\frac{d\,z}{d\,x} setzen und erhält: Q=\pi\,k\,x\,\cdot\,\frac{d\,(z^2)}{d\,x}, wofür man auch \frac{Q}{\pi\,k}\,\frac{d\,x}{x}=d\,(z^2) schreiben kann. Unter Berücksichtigung der aus der Abbildung ersichtlichen Integrationsgrenzen ist \frac{Q}{\pi\,k}\,\int\limits_r^R\,\frac{d\,x}{x}=\int\limits_h^H\,d\,(z^2), woraus sich \frac{Q}{\pi\,k}\,\mbox{log}\,n\,\cdot\,\frac{R}{r}=H^2-h^2 ergibt oder auch Q=\frac{\pi\,k\,(H+h)\,(H-h)}{\mbox{log}\,n\,\cdot\,R-\mbox{log}\,n\,\cdot\,r} In dieser Gleichung gibt H die Mächtigkeit der wasserführenden Schichten im unbeeinflußten Grundwasserstrom an und h den Wasserstand im Brunnen während seiner Beanspruchung. R ist derjenige Abstand vom Brunnen, in welchem sich der gesenkte Wasserspiegel wieder an den natürlichen anschmiegt. Denkt man sich jetzt an die Stelle des Brunnens vom Durchmesser 2r einen solchen vom Durchmesser 2r1 gesetzt, und erzeugt man in diesem die gleiche Spiegelsenkung, so verhalten sich die Ergiebigkeiten \frac{Q_1}{Q}=\frac{\mbox{log}\,n\,\cdot\,R-\mbox{log}\,n\,\cdot\,r}{\mbox{log}\,n\,\cdot\,R-\mbox{log}\,n\,\cdot\,r_1}, da k, H und h unverändert bleiben. Setzt man z.B. R = 1000 m; r = 0,05 m; r1 = 0,5 m (d.h. zehnmal so groß), so ist \frac{Q_1}{Q}=\frac{\mbox{log}\,n\,\cdot\,1000-\mbox{log}\,n\,\cdot\,0,05}{\mbox{log}\,n\,\cdot\,1000-\mbox{log}\,n\,\cdot\,0,5}=\sim\,1,3 Das Ergebnis besagt, daß ein gemauerter Brunnen von 1 m lichtem Durchmesser bei gleicher Absenkung des Grundwasserspiegels nur 30 % mehr Wasser liefert als ein Rohrbrunnen von 10 cm Durchmesser. Um die doppelte Wassermenge bei sonst gleichen Umständen zu erhalten, müßte man, wie die Rechnung leicht ergibt, einen Brunnen von rd. 14,2 m Durchmesser konstruieren. Man gelangt daher zu dem überraschenden Schluß, daß bei ununterbrochener Beanspruchung die Leistungsfähigkeit von zwei Rohrbrunnen mit je 0,1 m lichtem Durchmesser dieselbe ist wie die eines gemauerten Brunnens von 14,2 Durchmesser. Daß letzterer indessen bei nicht ständiger Wasserentnahme einen Wasserspeicher darstellt, der in Zeiten stärkerer Inanspruchnahme der Leitung sich als sehr nützlich erweist, soll nicht verschwiegen werden. Man hat jedoch, wie die weiteren Ausführungen zeigen werden, andere, vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt betrachtet, zweckmäßigere Einrichtungen getroffen, die eine sichere Lieferung der erforderlichen Wassermengen, zu Zeiten stärkster Rohrnetzbelastung gewährleisten. Das oben entwickelte Ergiebigkeitsgesetz für die Wasserfassung kann noch in anderer Form zum Ausdruck gebracht werden. Faßt man den Wert \frac{\pi\,k}{\mbox{log}\,n\,\cdot\,\frac{R}{r}} zu einer konstanten Größe k0 zusammen, setzt man ferner (siehe Abb. 2) die Größe H = h + s, also h = H – s, so vereinfacht sich der Ausdruck für die Wasserfassung zu Q = k0 (2H – s). s. Wenn sich z.B. in einem besonderen Falle die Mächtigkeit der wasserführenden Schicht zu H = 6 m und der Beiwert k0 zu 2,5 ergeben hat, so wird bei einer Absenkung um 1 m Q = 2,5 (2 • 6 – 1) • 1= 27,5 Liter/sec., bei einer Absenkung um 4 m Q = 2,5 (2 • 6 – 4) • 4 = 80 Liter/sec.      sein. Mit der Stärke der Absenkung wächst naturgemäß die Ergiebigkeit der Anlage. Richtiger ist es aber, das hydraulische Gleichgewicht so wenig wie möglich zu stören und die Absenkung des natürlichen Grundwasserspiegels auf ein Maß von ungefähr 1½ bis 2 m zu beschränken. Denn große Absenkungen verursachendie Trockenlegung des wasserführenden Untergrunds bis in erhebliche Tiefen, so daß Zerstörungen des Naturbilds die unausbleibliche Folge sind. Ein diesbezügliches Beispiel liefert u.a. der Berliner Grunewald, wo in der Gegend des Schlachtensees und der Krummen Lanke die noch vor 30 Jahren recht erfreuliche Vegetation hauptsächlich infolge zu starker Absenkung des natürlichen Grundwasserspiegels, und nur zum geringeren Teil durch den sonntäglichen Millionentritt der Großstadtbewohner, fast ganz verschwunden ist. Senkt man in einem gleichmäßigen Grundwasserstrom von größerer Ausdehnung zwei Brunnen in solchem Abstande ab, daß in der Mitte zwischen ihnen keine oder nur eine unwesentliche Veränderung des Grundwasserspiegels erfolgt (Abb. 3), so wird bei einer Entnahme von \frac{Q}{2} auch die Spiegelsenkung in ihnen nur halb so groß sein, als wenn man aus einem einzigen derartigen Brunnen die Wassermenge Q absaugen würde. Aus diesen Erwägungen ist man dazu übergegangen, eine Reihe von Brunnen zu schlagen und so die zusammenhängende Sicker- oder Siebfläche eines Brunnens in eine Reihe von Einzelbrunnen aufzulösen. Diese Einzelbrunnen beansprucht man so wenig wie möglich, damit nicht infolge zu großer Strömungsgeschwindigkeit des Wassers durch die Sand- oder Kiesfilter die feinen in der Schwebe gehaltenen Körner fortgerissen werden und ein Versanden und somit Versagen des Brunnens mit der Zeit eintritt. Nach Mitteilungen der Hydrologen Thiem und Prinz rechnet man mit einer mittleren Ergiebigkeit eines Rohrbrunnens von 3 und 5 Sek-Liter bei einem Durchmesser von 150 bis 200 mm. Der Abstand der Brunnen wird bei neueren Ausführungen zwischen 10 und 25 m gewählt, lieber dieses Maß wird seltener gegangen, weil dann die Möglichkeit besteht, daß Grundwassermengen zwischen zwei Brunnen ungefaßt hindurchströmen und für die Anlage verloren gehen. Genauere Zahlen lassen sich naturgemäß nur von Fall zu Fall auf Grund eingehender Untersuchung der Bodenverhältnisse ermitteln. Textabbildung Bd. 340, S. 194 Abb. 3. Legt man die genannten Zahlen zugrunde, so würde für eine mittlere Stadt von 50000 Einwohnern die Größe der Wasserversorgungsanlage folgendermaßen errechnet werden: Der Bedarf an Trink- und Brauchwasser beträgt pro Einwohner und Tag im Mittel rd. 100 Liter. Daher ist der mittlere Tagesverbrauch Qm = 50000 • 100 Liter oder = 5000 cbm. Aus Gründen besonderer Sicherheit ist jedoch nicht mit diesem Betrage zu rechnen, sondern mit der Zahl des stärksten Tagesbedarfs, die sich auf Qmax = 1,5 Qm = 7500 cbm beläuft. Wenn angenommen wird, daß die Pumpenanlage diesen Höchstbedarf in 16 Arbeitsstunden fördern soll, so ist die sekundliche Wassermenge \frac{7500}{3600\,\cdot\,16}=0,130\mbox{ cbm} oder 130 Sek-Liter. Daher sind bei einer Rohrbrunnenergiebigkeit von 5 Sek-Liter: \frac{130}{5}=26 Rohrbrunnen zu schlagen. Da das Pumpwerk allein den jeweiligen Schwankungen im Verbrauch nicht zu folgen vermag, werden Sammelbehälter an höchster Stelle des Versorgungsgebiets angelegt werden müssen, deren Wasserinhalt für die Zeit der Außerbetriebsetzung in der Nacht ausreicht, oder aus denen Wasser auch am Tage zu den Zeitpunkten höchster Inanspruchnahme entnommen wird. Für die vorliegenden Verhältnisse wird man die Größe des Behälters so bemessen, daß 25 Prozent des mittleren Tagesbedarfs, d.h. 1250 cbm, von ihm aufgenommen werden können. Was die Arbeitsleistung der Förderanlage anbelangt, so ist zu deren Ermittelung noch die Kenntnis der Förderhöhe sowie der in den Hauptrohrleitungen auftretenden Widerstände notwendig. Bezeichnet Hs die Saughöhe, Hd die Druckhöhe, also H = Hs + Hd die gesamte hydrostatische Förderhöhe, sind ferner hs bezw. hd die den Widerständen in der Saug- und Druckleitung entsprechenden Flüssigkeitshöhen in Meter Wassersäule, so ist die manometrische Förderhöhe Hmax = H + hs + hd Bezeichnet ferner γ das spezifische Gewicht des Wassers (1000 kg/cbm), Q die sekundlich zu fördernde Menge in cbm, η den Gesamtwirkungsgrad des aus Antriebsmotor und Pumpe bestehenden Aggregats, der bei neuzeitlichen Konstruktionen von Hochdruckkreiselpumpen zu 0,75, bei Kolbenpumpen noch höher angenommen werden kann, so ist die Antriebsleistung in Pferdestärken: N=\frac{\gamma\,\cdot\,Q\,\cdot\,H_{man}}{75\,\cdot\,\eta} Beträgt die manometrische Förderhöhe bei unserem Beispiel 80 m, so wird N^{PS}=\frac{0,130\,\cdot\,1000\,\cdot\,80}{75\,\cdot\,0,75}=\sim\,185\mbox{ PS} Man wird zwei Pumpen mit einer Antriebsleistung von je rd. 100 PS. wählen, um im Falle des Versagens der einen immer noch mit der anderen arbeiten zu können. Noch besser ist natürlich die Aufstellung eines dritten Aggregats als Reserve. Textabbildung Bd. 340, S. 195 Abb. 4. Die Ausführung der Grundwasserfassungen erfolgt vielfach so, daß man die einzelnen Brunnen unmittelbar durch Saugleitungen mit den Pumpen verbindet. Zweckmäßiger ist die Einschaltung eines Sammelbrunnens, aus welchem die Pumpen durch die Saugleitung das Wasser heben, während die Verbindung der Rohrbrunnen mit dem Sammelbrunnen durch Heberleitungen erfolgt. Dadurch wird erreicht, daß die Wassergeschwindigkeit in den Heberleitungen konstant erhalten wird. Außerdem läßt die Heberleitung eine größere Saugwirkung als die Saugleitung der Pumpen zu und kann daher höher gelegt werden, als dies bei den Saugleitungen sich ermöglichen läßt. Im übrigen werden die Rohrbrunnen so angeordnet, daß die Verbindungslinie ihrer Mitten ungefähr senkrecht zur Strömungsrichtung des Grundwassers liegt. Die Abbildung 4 bringt schematisch die Anordnung der Rohrbrunnenanlagefür eine kleinere Stadt zur Darstellung. Die Wasserfassung besteht hier aus 5 Rohrbrunnen, die zu zwei Gruppen von je 2 bezw. 3 Brunnen vereinigt sind, so daß die Anlage in zwei voneinander getrennte Flügel zerfällt, die durch Vermittelung einer Heberleitung in einen gemeinsamen Sammelbrunnen münden. Von diesem aus wird dann die Förderung des Wassers in das Versorgungsgebiet durch das Pumpensaugrohr vorgenommen. Textabbildung Bd. 340, S. 195 Abb. 5. Abbildung 5 zeigt die Konstruktionseinzelheiten eines Thiem'schen Rohrbrunnens älterer Bauart, der beim Bau des ersten Leipziger Grundwasserwerks Verwendung gefunden hat. Die lichte Weite des Brunnens beträgt 150 mm, Er besteht aus einem gußeisernen Filterkorb von etwa 3 m Länge, der mit seinem Boden ein einziges Gußstück bildet und von einem verzinnten Kupferdrahtgewebe umgeben ist, welches, den Eintritt von Sand in das Innere verhindern soll. An den Filterkorb schließt sich nach oben hin ein ebenfalls gußeisernes Futterrohr an, in dessen Innerem sich das Saugrohr befindet, welches mit der Heberleitung in Verbindung steht. Um ein Abreißen der Saugwassersäule während des Betriebes mit Sicherheit zu verhüten, ist ein Rückfallventil mit Schieber eingebaut. Für die Beobachtung des Grundwasserspiegels dient ein besonderes Peilrohr aus Messing, welches das Saugrohrkniestück des Brunnens durchdringt. An denjenigen Stellen, wo das Eindringen von Leckluft in den Rohrbrunnen zu befürchten ist, sind Dichtungen aus Gummischnurringen aus bestem Paragummi vorgesehen, die im Betriebe einwandfreies Verhalten gezeigt haben. Diese erste Leipziger Grundwasserfassung ist, wie nebenbei bemerkt wird, eine der größten ihrer Art zur Zeit der Herstellung gewesen. 225 Rohrbrunnen sind an eine zweiflüglige Heberleitung von 2½ Kilometer Länge angeschlossen. Die Ergiebigkeit der Wasserfassung beträgt 30000 cbm pro Tag bei sehr geringer Beanspruchung des Einzelbrunnens. Textabbildung Bd. 340, S. 196 Abb. 6. Aus besonderen Gründen erfolgt bei den neueren Ausführungen der Anschluß des Brunnens an die Heberleitung vielfach gemäß Abb. 6 derart, daß die Rohrbrunnenachse in mehr als drei Meter Abstand von derjenigen der Heberleitung angeordnet ist. Veranlassung dazu gibt der Umstand, daß bei den erforderlichen Entsandungen des Rohrbrunnens vor der Betriebsübergabe sich in der unmittelbaren Umgebung des Brunnens trichterförmige Einsenkungen ausbilden, die eine allzunahe liegende Heberleitung gefährden können. Langjährige Erfahrungen haben schließlich zu derjenigen Ausbildung des Thiemschen Rohrbrunnens geführt, die durch Abbildung 7 zur Darstellung gelangt ist. Abgesehen von denjenigen Verbesserungen der Konstruktion, die durch die Beschriftung der Zeichnung schon hervorgehoben sind, ist zu erwähnen, daß am untern Ende des Brunnens ein kurzes Futterrohr angeordnet ist, worin sich der mitgerissene Sand während des Betriebes ablagern kann, um bei der Reinigung durch eine Ventilbüchse entfernt zu werden. Das Saugrohr kann ohne Betriebsstörung und ohne Erdaushub herausgenommen werden, um das Brunneninneresofort reinigen zu können. Es ist jetzt aus Kupfer hergestellt, weil dieses sich gegenüber den Angriffen des kohlensäurehaltigen Wassers als widerstandsfähiger erwiesen hat. Textabbildung Bd. 340, S. 196 Abb. 7. Der Einbau derartiger Brunnen geschieht in der Weise, daß zunächst der Boden durch Ventilbohrer ausgehoben und ein Futterrohr abgesenkt wird, welches bei Brunnen von 150 mm lichter Weite nur einen Durchmesser von 250 mm zu haben braucht. In das jetzt hergestellte Bohrloch wird der Rohrbrunnen so tief hinabgesenkt, daß der Filterkorb sich in der erforderlichen Tiefe befindet. Nunmehr wird das Futterrohr so weit hochgezogen, daß die Maschen des Filterkorbs frei werden. Von Interesse dürften noch einige Mitteilungen über die Einrichtungen der Förderanlage selbst sein, welche für neuzeitliche Wasserversorgung in Frage kommen. Als Beispiel ist ein in Süddeutschland erbautes Werk herausgegriffen, das vor einigen Jahren dem Betrieb übergeben wurde und aus mannigfachen Gesichtspunkten zu den bedeutendsten Anlagen auf dem vorliegenden Gebiet in Deutschland zu rechnen ist. Es handelt sich um die Förderanlage der Württembergischen Landesversorgung, welche ein Gebiet von 4400 Quadratkilometern mit einer Bewohnerzahl von rund einer halben Million einschließlich der Stadt Stuttgart vollständig bzw. zuschußweise mit Wasser beliefert. Hierbei wurde der Ort Niederstotzingen als zweckmäßig für die Errichtung der Zentrale angesehen, da in seiner Nähe Grundwasserströme nachgewiesen wurden, die für die geforderte Leistung von mindestens 1000 Liter/Sek. zur Anzapfung geeignet schienen Textabbildung Bd. 340, S. 197 Abb. 8. Aus 127 Rohrbrunnen, die bis auf eine Tiefe von 17 m reichen, in Abständen von je 50 m angeordnet sind und eine Filterweite von 300 bis 500 mm besitzen, wird die erforderliche Wassermenge gewonnen. Fünf Hochdruckkreiselpumpen mit zwei Stufen, die insgesamt eine Antriebsleistung von ca. 5000 PS erfordern und durch Drehstrommotoren angetriebensind (Abb. 8), können im Höchstfalle bei gleichzeitigem Arbeiten eine Wassermenge von 8450 cbm in der Stunde in die Rohrleitungen werfen, wobei sich die manometrischen Förderhöhen zwischen 106 und 148 m bewegen. Die Pumpen sind von der Firma Klein, Schanzlin & Becker Akt.-Ges. in Frankenthal gebaut, während die elektrische Ausrüstung von den Siemens-Schuckert-Werken in Berlin geliefert wurde. Die größte Pumpe drückt 2300 cbm/St. auf eine manometrische Förderhöhe von 137 m mit einem Energiebedarf von, 1500 PS. Der Wirkungsgrad dieser Pumpe errechnet sich daher zu: \eta=\frac{2300\,\cdot\,1000\,\cdot\,137}{3600\,\cdot\,75\,\cdot\,1500}=\sim\,0,80 Er ist bei den andern Pumpen ungefähr ebenso hoch. Wiewohl Kolbenpumpen gegenüber Kreiselpumpen einen größeren Wirkungsgrad ergeben und das Ansaugen bei ihnen keine Schwierigkeiten bereitet, sind letztere gewählt worden wegen ihres geringen Raumbedarfs, der wesentlich kleineren Anschaffungskosten, der einfacheren Bedienung und nicht zum wenigsten aus der Erwägung, daß die Strömung des Wassers durch die an und für sich schon stark beanspruchten Hauptdruckleitungen im Gegensatz zu den mit wechselnder Kolbengeschwindigkeit arbeitenden Kolbenpumpen fast völlig gleichmäßig und stoßfrei erfolgt. Angesichts des großen Umfangs der Anlage – die am weitesten abgelegene Anschlußgemeinde ist von Niederstotzingen in der Luftlinie 105 km entfernt – ergeben sich naturgemäß recht beträchtliche Widerstände in den Rohrleitungen. In der 36 km langen Druckrohrleitung von 900 mm Durchmesser, die von Niederstotzingen quer durch die schwäbische Alp bis zu dem ersten Hochbehälter von 12000 cbm Fassungsvermögen führt, beträgt dieser Widerstand, in m Wassersäule ausgedrückt, bei einer Wassergeschwindigkeit von 0,7 m in der Sekunde überschläglich 0,03\,\cdot\,\frac{36000\,\cdot\,0,7^2}{0,9\,\cdot\,2\,g}=30\mbox{ m}. Man hat bei dieser Anlage den Wert der hydraulischen Widerstände zuerst sogar überschätzt und erst nach einem gründlichen Umbau der Pumpenanlage die guten Ergebnisse erhalten, die bereits hervorgehoben wurden.