Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | W. Speiser |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 75 |
Download: | XML |
Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Schweißung gebrauchter eiserner Versand- und
Lagerbehälter für brennbare Flüssigkeiten. Es ist bekannt, daß die
Ausbesserung eiserner Benzin-, Benzol- und Oelfässer mittels des Schweißbrenners
besondere Vorsicht erfordert. Trotzdem auf diese Gefahren wiederholt hingewiesen
worden ist, wird von den mit solchen Schweißarbeiten betrauten Personen immer wieder
mit unglaublichem Leichtsinn vorgegangen, und es vergeht kaum ein Monat, ohne daß
die Unfallchronik über mehr oder weniger schwere Explosionen beim Ausbessern solcher
Behälter zu berichten weiß. Ganz besonders schwer war das Unglück, das sich vor
einigen Monaten im Hamburger Hafen bei Schweißarbeiten auf dem Tankleichter
„Saturn“ ereignet hat und wobei 8 Mann ums Leben kamen, 3 weitere
Personen schwer verletzt wurden und beträchtlicher Sachschaden entstand. Dies
veranlaßt uns, von neuem die Maßnahmen in Erinnerung zu bringen, die zur Verhütung
von Explosionen bei solchen Arbeiten zu treffen sind.
In eisernen Fässern und Behältern, die zur Lagerung oder zum Versand der oben
genannten brennbaren Flüssigkeiten benutzt werden, bleibt stets ein kleiner Rest
zurück, auch wenn die Behälter gut ausgeleert wurden und zwecks Lüftung einige Zeit
offen gestanden haben. Wenn nun ein solcher Behälter an irgendeiner Stelle mit dem
Schweißbrenner erhitzt wird, so verdampft der Benzin- oder Oelrest infolge der
strahlenden Wärme, die Oeldämpfe mischen sich mit der in dem Behälter enthaltenen
Luft und bilden ein explosives Dampf-Luftgemisch, das, sobald sein Zündpunkt
erreicht ist, mit lautem Knall explodiert, wobei gewöhnlich infolge der starken
Druckerhöhung der Faßboden herausgeschleudert wird. Die Gewalt dieser Explosionen
hat schon zahlreiche Unfälle mit schweren Verletzungen der Beteiligten oder gar
tödlichem Ausgang herbeigeführt.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß dieselben Gefahren auch beim Schweißen eiserner
Schwefelsäurefässer vorliegen. Hier besteht die Möglichkeit, daß die Säurereste
durch die zutretende Luftfeuchtigkeit verdünnt werden und daß die verdünnte
Schwefelsäure auf das Eisen unter Wasserstoffentwicklung einwirkt. Der Wasserstoff
bildet mit der Luft gleichfalls ein explosives Gemenge, das schon bei der Erhitzung
auf dunkle Rotglut (550–600°) detoniert.
Um derartige Explosionen zu verhüten, gibt es nur ein Mittel, und zwar die
Fernhaltung des Luftsauerstoffs, da nur durch dessen Eintreten in das Innere des
Fasses ein explosives Gemisch entstehen kann. Man hat daher vorgeschlagen,
Kohlensäure aus einer Stahlflasche in das Faß einzuleiten, bis alle Luft daraus
verdrängt ist, und erst hierauf mit der Schweißung zu beginnen. Dieses Verfahren hat
aber, abgesehen davon, daß es wegen des ziemlich beträchtlichen
Kohlensäureverbrauchs nicht gerade billig ist, den Nachteil, daß man nie ganz sicher
ist, daß auch wirklich alle Luft aus dem Fasse verdrängt ist. Ferner ist
verflüssigte Kohlensäure, zumal in kleineren Reparaturwerkstätten nicht immer zur
Hand, schließlich kann es auch vorkommen, daß die Kohlensäureflasche mit einer
Sauerstofflasche verwechselt wird, in welchem Falle die Folgen noch weit schlimmer
sein werden.
Zweckmäßiger und auch billiger ist es daher, das gründlich ausgespülte und gelüftete
Faß vollständig mit Wasser zu füllen, dann 1 Liter wieder abzugießen, die
auszubessernde Stelle nach oben zu kehren und hierauf zu schweißen. Durch das
Ablassen von etwa 1 Liter Wasser wird erreicht, daß die Schweißstelle innen nicht
vom Wasser benetzt ist, da sonst das Schweißen erschwert und die Arbeitsdauer
verlängert wird. Auf alle Fälle muß man hierbei aber darauf Bedacht nehmen, daß
während des Schweißens unter Umständen in dem Fasse Wasserdampf gebildet wird,
wodurch ein Ueberdruck entsteht. Um dies zu verhindern, darf also das Faß auf keinen
Fall fest verschlossen sein. Damit trotzdem das Wasser nicht auslaufen kann, bringt
man in dem Spundloch mittels einer Stopfbüchse drehbar ein knieförmig gebogenes Rohr
an, das beiderseits offen ist, und dreht das Faß so, daß die auszubessernde Stelle
am höchsten liegt. Das äußere Ende des Knierohres wird so weit gedreht, daß das
Wasser gerade bis zum Rohrende reicht. Wird nun während des Schweißens Wasserdampf
entwickelt, so kann der Dampfdruck jeweils eine entsprechende Menge Wasser aus dem
offenen Knierohre herausdrücken. Dieses von der Firma Vondran in Halle a. S. angegebene Verfahren hat sich, wie Gewerberat FischerMaschinenbau,
6. Jahrg. S 804 (1924). angibt, als sehr zuverlässig erwiesen.
Noch einfacher gestaltet sich die Arbeit, wenn man an Stelle des starren Knierohres
in dem Spundloch einen biegsamen Metallschlauch befestigt. Wenn das Faß, wie oben
angegeben, nicht mehr als 1 Liter Luft enthält, wird sich mit dieser Anordnung jede
gefahrvolle Explosion mit Sicherheit vermeiden lassen, da sich ein explosives
Gemisch unter diesen Bedingungen nicht in nennenswertem Umfang zu bilden vermag{PROBLEM}Verweiss für Fußnote 2 fehlt in
Vorlage{PROBLEM} a. a. O..
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, daß nur die Schweißung solcher Fässer, die
niedrigsiedende Flüssigkeiten, wie Benzin oder Benzol, enthielten, Gefahren in sich
birgt, daß dagegen Fässer, die zum Versand von Treiböl, Paraffinöl oder
Steinkohlenteeröl benutzt wurden, ohne besondere Vorsichtmaßregeln ausgebessert
werden können. Eine einfache Ueberlegung zeigt, daß dies nicht der Fall ist. Die
genannten Oele haben einen Siedepunkt, der zwischen 200–350° liegt. Diese Temperatur
erreicht die Faßwand aber in der Umgebung der Schweißstelle sehr schnell, so daß
dort an der Wandung haftende Oelreste alsbald verdampfen und mit der Luft, die im
Rasse enthalten ist, ein explosives Gemisch bilden, das nicht weniger gefährlich
ist als ein Benzindampf-Luftgemisch. Dies beweist auch ein Unfall mit tödlichem
Ausgang, der sich in einer Werkstätte in Dresden vor einigen Jahren beim Schweißen
eines eisernen Teerfasses ereignet hat. Gerade solche Fässer, die Teer und andere
schwere Oele enthielten, sind mit besonderer Vorsicht zu behandeln, da diese Oele
nie ganz wasserfrei sind und daher Anrostungen an den Faßwandungen hervorrufen.
Derartige Roststellen bilden häufig mit dem Oel Verkrustungen und saugen das Oel,
worauf auch Gewerberat Fischer hinweist, schwammartig in sich auf. Hierdurch wird
die Entfernung des Oeles durch Ausblasen mit Luft oder durch Ausspülen mit Wasser
sehr erschwert, und auch hier lassen sich nur bei vollständiger Füllung des Fasses
mit Wasser, wie oben angegeben, Schweißungen gefahrlos ausführen.
Sander.
Elektrischer Antrieb von Schüttelrutschen und Schrämmaschinen
unter Tage. Um die nötige Förderleistung im Bergbau zu erzielen und dem
Hauer die Gewinnungsarbeiten möglichst zu erleichtern, ist die Zahl der beim Abbau
benutzten Maschinen sehr vergrößert worden und zwar dient als Hilfskraft im'
rheinisch-westfälischen Kohlenbergbau die mit Rücksicht auf ihre Einfachheit und
Schlagwettersicherheit fast ausschließlich angewandte Druckluft. Die starke Zunahme
solcher Maschinen zeigt die folgende Tabelle:
Arbeitsmaschinen
1914
1924
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Bohrhämmer, Abbauhämmer und Kohlehacken
15400
61600
Bohrmaschinen
100
3000
Schrämmaschinen
280
1160
Schüttelrutschenantriebe
2200
6900
Förderhaspel
10100
17000
Mit dieser Entwicklung des maschinellen Vorortantriebes sind natürlich die Kosten für
die Aufwendungen des Bergbaues hinsichtlich der erforderlichen Druckluft sehr
gewachsen, während diejenigen für den elektrischen Antrieb für diese Maschinen in
Rheinland-Westfalen mit Ausnahme für 332 Haspeln zurückgeblieben sind, obwohl bei
ihm der Energieverbrauch nur 15. bis höchstens 20 v. H. desjenigen der Druckluft
beträft. Wurde doch nach den Untersuchungen der Druckluftverhältnisse auf 26 Gruben
in Rheinland-Westfalen gefunden, daß im Mittel 25 v. H. der gesamten Dampferzeugung
für die Herstellung von Druckluft gebraucht wird und von der über Tage gewonnenen
Druckluft nur 35–40 v. H. in den Arbeitsmaschinen verwendet werden, denn 25–30 v. H.
gehen infolge Undichtigkeiten der Leitung und der Rest infolge unwirtschaftlicher
Verwendung der Druckluft für Sonderbewetterung verloren; bei den zahlreichen Haspeln
müßten für 1 PS nutzbare Leistung, am Seil gemessen, im günstigsten Fall 7 PS, im
ungünstigsten aber 17 PS über Tage für Drucklufterzeugung aufgewendet werden. Man
fürchtet eben noch immer die Gefahren des elektrischen Antriebes infolge
Funkenbildung und doch sind diese Befürchtungen bei richtiger Ausführung der Anlage
unberechtigt (s. H. 5/6 der Siemens-Zeitschrift 1925). W. Philippi nennt an dieser
Stelle alle die Vorsichtsmaßnahmen für schlagwettersichere elektrische Ausführungen,
wie Erdung aller der zufälliger Berührung; ausgesetzten Teile einer elektrischen
Anlage, Unterbringung einer guten Erdleitung in den biegsamen Kabeln usw. Bei
Apparaten, wie Schaltern und Anlassern im Abbau, also in niedrigeren Strecken als 1
m, wird man ohne Oel auskommen müssen entsprechend den dort nötigen niedrigen
Spannungen (höchstens 500 V) und Motorleistungen (40 PS), oder mit Rücksicht
auf die Spannung Oelschalter bzw. Oeltransformatoren kleiner Leistung nehmen und sie
in feuersicheren Räumen aufstellen.
Philippi zeigt das Wie an zwei Beispielen, dem Schüttelrutschantriebe und der
Schrämmaschine. Die Schüttelrutschen dienen zur Beförderung der Kohle von der
Abbaustelle nach einer mit Gleisen ausgerüsteten Strecke, wo die Kohle in Wagen
ausgeschüttet wird und diese zu Zügen zusammengestellt von einer Lokomotive zum
Schacht befördern werden. Die üblichen Förderrinnen liegen in sehr niedriger Bauhöhe
und besitzen einen sehr einfachen Antrieb; sie haben in den niedrigsten Strecken mit
Bauhöhen von etwa 60 cm und weniger noch Platz und schaffen die abgebaute Kohle ohne
Hilfe der Häuer aus dem Abbau heraus in die Wagen, indem sich die in der Rinne
liegende Kohle allmählich weiterbewegt in einem gewissen Sinne, wobei die
Geschwindigkeit der Rinne in der Förderrichtung plötzlich auf Null heruntergeht
rutscht das in ihr liegende Fördergut um etwa 10–20 cm je nach der Neigung der Rinne
vorwärts; für den Rückwärtshub genügt es, daß er nach einer solchen Geschwindigkeit
ausgeführt wird und die in der Rinne liegende Kohle nicht wieder zurückgeworfen
wird. Ein derartiges Bewegungsgesetz durch Umwandlung aus der gleichmäßigen
Drehgeschwindigkeit des Elektromotors zu erreichen ist bereits auf verschiedenem
Wege eingeschlagen worden, durch Einschaltung von Federn in die Verbindung zwischen
Förderrinne und Kurbelzapfen des Antriebes u. ä. Die Bauhöhe eines dazu nötigen
Antriebes ist gering, der Wirkungsgrad günstig, der Energieverbrauch gering und der
geräuschlose Gang läßt verdächtige, auf Verschiebungen der Kohle hindeutende
Geräusche im Flöz leicht bemerken. Bei überlasteter Förderrinne bleibt auch der
Elektromotor nicht wie ein Druckluftmotor in der Drehzahl zurück und veranlaßt so
keinen starken Rückgang in der Förderung, sondern zieht gleichmäßig durch.
Der elektrische Antrieb besteht außer bei Förderrinnen über etwa 100 m aus einem
Drehstrom-Kurzschlußläufermotor von etwa 6–8 kW, der mit einem gewöhnlichen
schlagwettersicheren Ständerschalter ein- und ausgeschaltet wird und so eine
schlagwettersichere Ausführung zuläßt; bei größerer Leistung bedarf es eines
Schleifringmotors mit sicher eingekapselten Schleifringen wie Anlasser in einem
Gehäuse, dessen Wandungen einen inneren Ueberdruck von 8 at aushalten können.
Schrämmaschinen dienen zum Abbau sehr niedriger Flöze (bis etwa 45 cm) und erfordern
bei elektrischem Antrieb sehr niedrige Motoren, die schlagwettersicher gebaut sein
müssen; es wird bei einer Motorleistung von etwa 40 PS eine Bauhöhe von etwa 40 cm,
bei etwas kleineren Motoren eine noch geringere Bauhöhe erforderlich sein. Mit
Rücksicht auf die starke Staubentwicklung müssen die Motoren bei der Schrämmarbeit
vollständig eingekapselt sein und so gebaut, daß die Abführung der im Motor
erzeugten Verlustwärme durch Strahlung möglich ist. Philippi verweist auf eine
Stangenschrämmaschine mit schlagwettersicher gekapseltem Drehstrommotor mit
Kurzschlußläufer und einer Leistung von 30 PS mit Kühlrippen. Dieser ist ein
einfacher Drehstrommotor, der fast immer in Sterndreieckschaltung angelassen wird,
da ein Anlaufen mit voller Belastung nicht erforderlich ist. Bei dem Anlaßschalter
liegen die Kontakte in einem kräftigen gußeisernen Gehäuse und dessen Wandungen sind
für einen inneren Ueberdruck von 8 at bemessen, dessen Deckel haben breite Flanschen,
wie sie für schlagwettersichere Schalter usw. nötig sind.
Neuerdings verwendet man auch bei den in der Nähe des Abbaues benutzten kleinen
Förderhaspeln mit einer Motorleistung von 5–10-PS Motore mit Kurzschlußläufer, und
es bewährte sich zwecks Erzielung eines genügenden Anfahrmomentes (es soll
wenigstens etwa 30 v. H. über dem normalen liegen) ein Motor mit Wirbelstromläufer,
der ein 1,4faches Anfahrmoment bei etwa 3,5fachem Anfahrstrom leicht erreichen
läßt.
Für die Vorortbetriebe sind die biegsamen Kabel die wichtigsten, da sie bei den
kleinen Bohrmaschinen wie bei den Schrämmaschinen, die meist ihren Aufstellungsort
wechseln müssen, erforderlich sind. Hierbei bewährten sich am besten die
Gummischlauchkabel, denn sie sind mechanisch widerstandsfähig, nicht so leicht durch
Steinschlag oder andere Einwirkungen zu beschädigen und auch genügend biegsam. Sie
bedürfen der Einführung einer guten Erdleitung, muß doch jede Beschädigung des
Kabels unbedingt zu einer Auslösung des an der Verteiltungsstelle liegenden, mit
einem Erdungsauslöser versehenen Hauptschalter führen. Von den Zubehörteilen sei
erwähnt der schlagwettersichere Sicherungskasten, dessen Deckel nur geöffnet werden
kann, wenn der mit ihm verbundene Drehschalter geöffnet ist, und nur bei offenem
Schalter geschlossen werden kann. Schlagwettersicher ist auch der Drehschalter mit
Anschlußdose.
Notwendig wind die Elektrisierung der Vorortbetriebe infolge des starken Anwachsens
des Druckluftbetriebes der Kohlenzechen, deren Druckluftanlagen ungünstig arbeiten
infolge des schlechten Wirkungsgrades der Drucklufterzeugung an sich, des
ungünstigen Wirkungsgrades der Druckluftmotoren und der sehr schwierigen
Instandhaltung der langen Druckluftleitung. Diese Uebelstände lassen sich nur durch
Elektrisierung der Vorortbetriebe beseitigen, beträgt doch der Energieverbrauch beim
elektrischen Antrieb im Durchschnitt nur etwa ⅙ desjenigen mit Druckluft. Sind die
Antriebsmaschinen auch beim elektrischen Antrieb teurer, so werden die Kosten dafür
durch die geringeren Kosten für die Kabel und Generatoren ausgeglichen. Allerdings
bestehen für elektrischen Antrieb noch keine brauchbaren elektrischen Bohrhämmer und
Kohlehacken, sie müssen noch mit Druckluft betrieben werden; aber diese Maschinen
verbrauchen nur wenig Druckluft und diese läßt sich in kleinen, in der Nähe des
Abbaues stehenden Einzelkompressoren mit elektrischem Antrieb erzeugen.
Schon gibt es in den niederschlesischen und sächsischen Steinkohlengruben mit ihren
schlagenden Wettern umfangreiche elektrische Anlagen für die Vorortbetriebe, die
einwandfrei arbeiten; ebenso existieren welche in dem englischen Kohlenbergbau und
auch Rheinland-Westfalen ist dabei, den elektrischen Antrieb beim Abbau
einzuführen.
Ueber maschinelle Abbauförderung siehe auch die Ausführungen in „Elektrizität im
Steinkohlenbergwerk“ (herausgegeben von der AEG), wonach die rotierende
Bewegung des Motors bei den Schüttelrutschen unter Zwischenschaltung von Zahnrad-
oder Schneckenradübersetzung durch geeignete Getriebe in die Schüttelbewegung
verwandelt wird. Bekannt wurden bereits eine größere Anzahl von Konstruktionen, die
den Betriebsanforderungen genügen und für Gruben ohne Druckluftanlagen erst die
Verwendung von Schüttelrutschen gestatten. Das Anlassen des Motors erfolgt hier
in der Regel durch einen einfachen Schalter unter Vermeidung eines elektrischen
Anlassers und nur in seltenen Fällen durch einen Sterndreieckschalter; die Bedienung
elektrischer Schüttelrutschen besteht aus äußerst einfachen Schaltvorgängen und der
Anschluß des Antriebes ist auch weniger geschulten Arbeitskräften möglich.
Dr. Bl.
Die Verwendung von Sauerstoff und sauerstoffreicher Luft bei
der Roheisenerzeugung. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat man bereits an
verschiedenen Orten Versuche angestellt über die Wirkung einer
Sauerstoffanreicherung des Gebläsewindes beim Hochofenbetrieb. So hat bereits auf
dem III. Internationalen Kältekongreß in Washington 1913 Claude auf die
bemerkenswerten Ergebnisse hingewiesen, die auf dem belgischen Hüttenwerk
Ougrée-Marihaye beim Betrieb eines Hochofens mit Wind von 23% Sauerstoffgehalt sowie
eines kleinen Versuchofens mit reinem Sauerstoff erzielt worden sind. Diese und
andere Versuche wurden durch den Weltkrieg unterbrochen. In den letzten Jahren hat
man aber namentlich in Amerika die Frage der Sauerstoffverwendung für metallurgische
Zwecke wieder aufgegriffen und in erster Linie die wirtschaftliche Seite dieser
Frage eingehend studiert, und zwar unter Teilnahme amtlicher Stellen, wie des Bureau
of Mines in Washington, das auch einen ausführlichen BerichtF. W. Davis, The use
of oxygen or oxygenated air in metallurgical and allied processes. (Report
of the Committee for the application of oxygen or oxygenated air) Washington
1923, Bureau of Mines, Department of the Interior. Serial Nr. 2502. 48
Seiten. hierüber veröffentlicht hat. Aber auch auf deutschen
Hüttenwerken wurden in letzter Zeit umfangreiche Versuche in dieser Richtung
ausgeführt, wie der Vortrag von Direktor BrüninghausA. Brüninghaus, Die
Gewinnung und Verwendung von Sauerstoff angereicherter Luft im
Hüttenbetriebe. Stahl und Eisen 1925, S. 737–748. auf der letzten
Tagung des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute gezeigt hat.
Die Vorgänge, die sich beim Betrieb eines Hochofens mit reinem Sauerstoff sowie beim
Zusatz von nur wenigen Prozenten Sauerstoff zur Gebläseluft abspielen, hat Prof. Dr.
R. Schenck einer näheren Betrachtung unterzogen, wobei er zu recht interessanten
Ergebnissen gelangt. Von vornherein ist klar, daß beim Betrieb eines Hochofens mit
reinem Sauerstoff eine beträchtliche Koksersparnis zu erwarten ist, denn der
Kokskohlenstoff hat im Hochofen nicht nur die Aufgabe, das oxydische Eisenerz zu
kohlenstoffhaltigem Eisen zu reduzieren, sondern auch durch Verbrennung die für die
Aufrechterhaltung der Temperaturen notwendigen Wärmeeinheiten zu liefern. Da nun bei
der Umwandlung der Kohle in Kohlenoxyd für jede Tonne Koks 1,35 t Sauerstoff
verbraucht werden, die in der Luft durch 4,5 t Stickstoff verdünnt sind, so wird
durch diesen Stickstoffballast, der zwangläufig miterhitzt werden muß, ein recht
beträchtlicher Teil der aufgenommenen Wärme, und zwar annähernd 40% von der
Verbrennungswärme des Kokses, mit den Gichtgasen in nicht unmittelbar verwertbarer
Form abgeführt. Dieser Wärmeverlust wird vermieden, wenn man den Hochofen mit reinem
Sauerstoff betreibt.
Bei der Verbrennung von Koks in reinem Sauerstoff werden sehr hohe Temperaturen
erreicht, die unter Umständen Betriebsstörungen infolge von übermäßig großer
Reaktion- und Schmelzgeschwindigkeit, wahrscheinlich auch eine Beschädigung der
feuerfesten Ausmauerung des Ofens verursachen werden. Doch kann man auf einfache
Weise diesem Nachteil dadurch abhelfen, daß man die Gichtgase des Ofens wieder in das Gestell
einführt. Zur Mäßigung der Ofentemperaturen kann man auch auf die jetzt notwendige
Vorwärmung des Windes verzichten; der Wegfall der Winderhitzer wäre zweifellos ein
großer Vorteil. Beim Betrieb mit reinem Sauerstoff wird weiter die von den
Gebläsemaschinen zu bewegende Windmenge erheblich verringert, so daß diese Maschinen
in kleineren Abmessungen gebaut werden können und weniger Energie zum Antrieb
erfordern. Hand in Hand mit der Verringerung des Koksverbrauches erfährt auch die
Schwefelmenge, die aus dem Koks in das Eisen übergeht, eine Abnahme, so daß also ein
wertvolleres Roheisen erzeugt wird. Vielleicht wird infolge der Abwesenheit von
Stickstoff im Ofen auch die Bildung des lästigen Hochofenzyankaliums verhindert.
Die Möglichkeit, durch Anwendung von Sauerstoff sehr hohe Temperaturen zu erreichen,
kommt der Erzeugung von Ferrolegierungen, wie Ferromangan, Ferrosilizium und wohl
auch Ferrochrom, sehr zu statten, und auch hier wird der Koksverbrauch wesentlich
geringer sein als bisher. Der Sauerstoffhochofen wird ein kohlenstoffärmeres
Roheisen und ein höherwertiges Gichtgas liefern, das durch einen hohen
Kohlenoxyd-Partialdruck ausgezeichnet ist Dies hat eine Erhöhung der
Reaktiongeschwindigkeit zur Folge, es wird also in der Zeiteinheit eine größere
Menge Erz reduziert. Infolge ihres hohen Kohlenoxydgehaltes stellen die Gichtgase
aus einem mit Sauerstoff betriebenen Hochofen ein wertvolles Industriegas dar, das,
sofern es dem Hochofen selbst nicht wieder zugeführt wird, zur Erzeugung von Energie
oder von sehr hohen Temperaturen verwendet werden kann.
Die zweite Möglichkeit, den Hochofen nicht mit reinem Sauerstoff zu betreiben,
sondern nur den Wind mit einer geringen Menge Sauerstoff anzureichern, wird
verschieden beurteilt. Hier ist die Frage von Bedeutung, wie hoch der
Sauerstoffgehalt des Windes gesteigert werden muß, damit die Winderhitzer wegfallen
können. Nach der Ansicht amerikanischer Fachmänner genügt hierfür ein
Sauerstoffgehalt der Luft von 28 oder besser von 30%. In diesem Falle soll die
Leistung des Ofens um etwa 18% steigen, und die Roheisenkosten sollen dank der
erzielten Koksersparnis um etwa 7% geringer sein. Hierzu kommt noch der oben bereits
erwähnte Vorteil des geringeren Schwefelgehaltes im Roheisen.
Der Besitz einer Sauerstoffanlage ermöglicht einem Hochofenwerk auf alle Fälle, den
Gang der Hochöfen voll zu beherrschen und Störungen rasch zu beseitigen, indem der
Gebläseluft je nach Bedarf mehr oder weniger Sauerstoff zugemischt wird. Auf diese
Weise lassen stich die Temperaturen oberhalb der Formen nach Belieben regeln und die
Leistung der Oefen läßt sich so der Zusammensetzung der Beschickung anpassen. Durch
eingehende Versuche müssen die theoretischen Schlüsse geprüft und die Bedingungen
ermittelt werden, unter denen der alte Lufthochofen noch wirtschaftlich bleibt oder
durch den Sauerstoffhochofen ersetzt wenden kann. (Stahl und Eisen, 44. Jahrg., S.
521–526.)
Sander.
Bakelit – Hartpapier – Novotext. Im Jahre 1907 stellte der
Amerikaner Baekeland ein künstliches Harz unter dem Handelsnamen Bakelit her als
Kondensationsprodukt von Formaldehyd und Karbolsäure. Die Vereinigung der
Ausgangsstoffe erfolgt in mehreren Stufen, und zwar bildet sich zunächst ein
zähflüssiges Harz, das als Bakelit A bezeichnet wird und das noch in Alkohol,
Natronlauge und anderen Lösungsmitteln löslich ist. Dieses Bakelit A wird
sodann erwärmt und geht in einen Zustand B über, in dem es nicht mehr löslich und
auch nicht mehr schmelzbar ist, es wird jedoch in der Wärme noch weich und knetbar
und quillt in gewissen Lösungsmitteln auf. Erst bei weiterer Behandlung wird der
Zustand C erreicht, in dem das Harz hart und unlöslich in fast allen gebräuchlichen
Lösungsmitteln wird.
Dieses Kunstharz hat eine sehr vielseitige Verwendung in erster Linie in der
Elektrotechnik gefunden. Man braucht es als Bindemittel für verschiedene Füllstoffe
und erhält so überaus hochwertige Isolierstoffe. Das Bakelit wird im Zustand A
bezogen, zum Gebrauch in Alkohol gelöst und erst im Verlauf der Fabrikation durch
Erhitzung unter Druck in den Endzustand übergeführt. Pasten mit Füllstoffen wie
Sägemehl und dergl. werden dabei in Formen gepreßt und ergeben isolierende
Formstücke wie Schalterdeckel, Steckdosenteile u. ä. Besonders wertvoll ist die
Verkittung einzelner Papierlagen durch Bakelit; das entstehende Erzeugnis wird
allgemein als Hartpapier bezeichnet und kommt von den verschiedenen Fabriken unter
den verschiedensten Wortmarken wie Pertinax, Repelit, Bituba usw. in den Handel.
Maßgebend für die elektrisch-isolierenden Eigenschaften und auch für die mechanische
Festigkeit, die bei den hochwertigen Sorten ganz überraschend hoch ist, ist neben
der selbstverständlichen Sorgfalt bei der Herstellung das Verhältnis des
Papierinhalts zum Harzinhalt, ferner, eng damit zusammenhängend, die Dicke und
Oberflächenbeschaffenheit des verwendeten Papiers.
Dieses Hartpapier, das von der verwendeten Karbolsäure her stets durch einen
charakteristischen Geruch gekennzeichnet ist, wird in Platten verschiedener Dicke
(bis zu etwa 40 mm) hergestellt, aus denen Einzelteile in ähnlicher Bearbeitung wie
Holz herausgeschnitten werden können. Durch geeignete Formgebung der Einzelteile und
Zusammenkitten durch Bakelit, gegebenenfalls wieder unter Druck und Wärme, können
auch vielgestaltige Körper größerer Abmessungen hergestellt werden.
Die mechanische Beanspruchung solcher Erzeugnisse muß natürlich dem inneren Aufbau
Rechnung tragen; während die Druck-, Biegungs- und Zugfestigkeit außerordentlich
hoch ist, sind die Hartpapiererzeugnisse naturgemäß einigermaßen empfindlich gegen
Abnutzung durch Schaben und Scheuern auf Flächen parallel zur Papierschichtung.
Flächen, auf denen die Papierschichtung senkrecht steht, sind solchen Abnutzungen
erheblich weniger ausgesetzt. Ein ganz besonderer Vorzug der
Bakelitpapiererzeugnisse liegt für viele Zwecke in der fast völligen
Unempfindlichkeit gegen Feuchtigkeit, Nässe und Oele. Ist diese Eigenschaft schon
für die Verwendung als elektrischer Isolierstoff außerordentlich wichtig, so spielt
sie auch in mechanischer Hinsicht und in bezug auf die Dauerhaftigkeit der
Erzeugnisse häufig eine wesentliche Rolle.
Seit etwa Jahresfrist kommt nun ein neuer Werkstoff in den Handel, der ebenfalls auf
der Verwendung von Bakelit in Verbindung mit Faserstoffen beruht. Im Gegensatz aber
zu dem harten und starren Papier wird für dieses „Novotext“ eine
Gewebeeinlage benutzt, die zwar ebenfalls außerordentlich fest ist, dennoch aber
vermöge ihrer inneren Elastizität ein großes Dämpfungsvermögen für Schwingungen hat,
die in den Werkstoff eingeleitet werden. Diese Eigentümlichkeit in Verbindung mit
den Vorzügen des Bakelit-Hartpapiers geben dem „Novotext“ eine besondere
Eignung für bestimmte Verwendungszwecke, unter denen besonders die
Zahnradherstellung zu nennen ist. Für schnellaufende Zahntriebe und Ritzel ist die
Dämpfung von Schwingungen ganz besonders wichtig, weil sonst Geräusche entstehen und
Schwingungen auch auf die Gegenräder übertragen werden, Erscheinungen, die nicht
allein störend wirken können, sondern in jedem Falle einen Energieverlust
bedeuten.
Im Gegensatz zu Rohhautritzeln sind metallische Seitenscheiben für Novotexträder
nicht erforderlich. Für den Einbau werden einige bemerkenswerte Einzelheiten
angegeben. Abgesehen von der gewöhnlichen Befestigung des Rades auf einem
zylindrischen oder kegligen Wellenstumpf mit dem üblichen Federkeil, ist bei großen
Belastungen die Anordnung von ein oder zwei Entlastungskeilen notwendig. Räder
geringen Durchmessers und großer Bohrung, also mit wenig Zahnkranzfleisch, würden
bisweilen durch Keilnuten zu sehr geschwächt werden; in diesem Falle wird ein
Aufbringen von Novotexträdern mit gezahnter Bohrung auf entsprechend gezahnte Wellen
empfohlen (Abb. 1).
Textabbildung Bd. 341, S. 78
Abb. 1.
Metallbuchsen und -naben können bei einzelnen Preßteilen während der Herstellung
eingepreßt werden, und zwar ist die Befestigung so dauerhaft, daß ein Lockerwerden
im Betriebe nicht zu befürchten ist (Abb. 2 und 3). Derartige
Formteile, wie sie in Abb.
2 und 3
dargestellt sind, dürfen indessen nicht aus vollen Platten durch Ausdrehen
hergestellt werden, weil dadurch das Gefüge des Werkstoffs zerstört wird. Die
Verzahnung geschieht wie bei Metallrädern, im allgemeinen nach dem Abwälzverfahren;
Schrägverzahnung ist besonders geeignet. Bei der ersten Inbetriebsetzung werden die
Novotexträder mit einer Paste aus Graphit und Schellacklösung geschmiert, beim
weiteren Betriebe ist auf gute und dauernde Schmierung des Rades mit guten Oelen zu
achten.
Textabbildung Bd. 341, S. 78
Kordelung nach AEG-Vorschrift.
Dipl.-Ing. W. Speiser.