Titel: | Vom Aluminium. |
Autor: | Weilburg |
Fundstelle: | Band 342, Jahrgang 1927, S. 78 |
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Vom Aluminium.
Ein zukunftsreicher Hundertjähriger.
Von Prof. Dr. Weilburg.
WEILBURG, Vom Aluminium.
mf. (Nachdruck verboten.) Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei, ja auch das
„flüssige Silber,“ wie man früher das Quecksilber nannte, sowie auch
manche allbekannte Metallzusammensetzungen, sogenannte Legierungen, wie namentlich
Messing und Bronze, sind schon seit dem Altertum bekannt und zu den mannigfachsten
Zwecken benutzt worden. Nur eins von den Metallen des alltäglichen Gebrauchs
verdankt seine Gewinnung der bewußten wissenschaftlich-chemischen Forschung: das
Aluminium. Fragen wir uns nach dem Grund, weswegen sich gerade dieses Metall, das ja
in seinen Verbindungen, wie z.B. Ton, von allen das bei weitem verbreiteste ist, der
Darstellung als Metall so lange entzog, so werden wir gleich auf eine
Grundeigenschaft des Aluminiums geführt: seine bei höheren Wärmegraden
außerordentlich starke Neigung zu Sauerstoff, die es ausschließt, das Metall auf dem
gewöhnlichen Wege zu gewinnen, nämlich durch sogenannte Reduktion, d.h. durch
Wegnahme des Sauerstoffs seiner Sauerstoffverbindungen durch Kohle. Indessen hat
diese große Neigung des Aluminiums, sich mit Sauerstoff zu verbinden, die seine
Darstellung in früheren Zeiten so außerordentlich erschwerte, eine wichtige
Anwendung gefunden: Mischen wir Aluminium mit Eisenoxydpulver und sorgen für die
nötige Erwärmung, so nimmt das Aluminium nicht nur dem Eisen den Sauerstoff weg,
sondern entwickelt dabei noch eine so gewaltige Hitze, daß Temperaturen bis zu 3000
Grad entstehen und damit eine bequeme Möglichkeit geboten ist. Eisen nach dem
sogenannten Thermitverfahren zusammenzuschweißen.
Die erste Darstellung des Aluminiums geschah durch den großen deutschen Chemiker
Wöhler in Göttingen. Er ist bekannt durch den zuerst durch ihn gelungenen Aufbau
einer organischen Verbindung aus anorganischen Stoffen und ferner auch durch seine
das ganze Leben hindurch treu bewährte Freundschaft mit unserem großen Justus
Liebig. Wöhler gewann nur winzige Mengen dieses neuen Metalls, und zwar dadurch, daß
er es durch metallisches Kalium aus seiner Chlorverbindung verdrängte, eine
Darstellungsart, die für Gewinnung im großen und für industrielle Zwecke in keiner
Weise in Betracht kommen kann. Eine Abscheidung des Aluminiums aus seinen sehr
häufig vorkommenden Verbindungen in großem Maßstab war erst möglich, als das
stärkste Trennungsmittel chemischer Verbindungen bekannt wurde und billig
hergestellt werden konnte, der elektrische Strom. Auch heutzutage lohnt die
Herstellung des Aluminiums am besten da, wo besonders starke Wasserkräfte zur
Erzeugung des elektrischen Stromes zur Verfügung stehen, wie z.B. beim Rheinfall bei
Schaffhausen und bei den Niagarafällen.
Welches sind nun die Eigenschaften, die das Aluminium zu einem so außerordentlich
wertvollen und brauchbaren Metall machen? Wir müssen solche Eigenschaften, die das
Metall von vornherein hat, die es sozusagen als natürliche Gabe mit auf die Welt
bringt, von solchen unterscheiden, die ihm an sich fehlen, aber durch geschickte
Behandlung, insbesondere durch Mischung mit anderen Metallen künstlich beigebracht
werden können. Zu den dem Aluminium an sich zukommenden Eigenschaften zählt vor
allem seine große Leichtigkeit – sein Gewicht beträgt nur etwa ein Drittel von dem
des Eisens – ferner seine bei niedrigen Temperaturen nur außerordentlich geringe
Neigung, sich mit Sauerstoff zu verbinden, und die damit in Verbindung stehende
Widerstandsfähigkeit gegenüber Säuren, die das Aluminium zu einem an der Luft sehr
haltbaren Metall machen, ferner seine leichte Walzbarkeit und sein gutes
Leitvermögen für elektrischen Strom, das, wenn wir von dem praktisch nicht in
Betracht kommenden Silber absehen, nur von dem des Kupfers übertroffen wird. Schon
diese Eigenschaften sichern dem Aluminium ein weites Anwendungsgebiet. Seine
Leichtigkeit macht es zu Geräten aller Art tauglich, seine bei gewöhnlicher
Temperatur große chemische Widerstandsfähigkeit sichert ihm ein Anwendungsgebiet im
kleinen in der Küche und im großen namentlich in Brauereien und ähnlichen Betrieben.
Durch seine leichte Walzbarkeit hat es das sogenannte Stanniol, d.h. das zu
papierartig dünnen Metallblättern ausgewalzte Zinn, z, B. zum Einwickeln der
Schokolade, fast völlig verdrängt; in der physikalischen Wissenschaft greift man,
wenn es sich darum handelt, die Durchdringungsfähigkeit von Strahlen durch dünne
Metallblätter zu prüfen, immer zum Aluminium. Seine Leitfähigkeit für den
elektrischen Strom läßt es zu einem, wenn auch vorläufig noch nicht gefährlichen, so
doch immerhin schon beachtenswerten Wettbewerber des Kupfers heranwachsen.
Insbesondere müssen wir Deutsche bei allen diesen Anwendungen immer im Auge
behalten, daß wir in bezug auf die meisten anderen Metalle, so namentlich in bezug
auf Kupfer, und seit dem Versailler Frieden, der uns das Haupteisenland Lothringen
raubte, auch in bezug auf Eisen, wenig günstig gestellt sind, während wir in der
Gewinnung des Aluminiums an zweiter Stelle stehen, da wir hierin nur von Amerika
übertroffen werden.
Von Natur ungünstige Eigenschaften des Aluminiums sind seine geringe Festigkeit und
die Schwierigkeit, es in Formen zu gießen. Aber auch hier wußte die Technik Rat. Es
war wiederum eine deutsche Erfindung, durch Zusatz geringer Mengen von Magnesium die
Festigkeit des Aluminiums so zu erhöhen, daß es auch für den Maschinenbauer einen
hochwertigen Baustoff abgab. Diese Aluminiumart führt den Namen Duralumin. Seine
Feuerprobe bestand das Duralumin beim Bau der Zeppelinluftschiffe, und seitdem
verschaffte ihm der immer weitergehende Bedarf an Luftschiffen und Flugzeugen weite
Anwendungsgebiete. Angeregt durch diesen Fortschritt hat man auch mit immer
weitergehendem Erfolge erforscht, welche Aenderungen in den Eigenschaften des
Aluminiums durch Zusatz anderer Metalle, wie namentlich Kupfer und Zink, erzielt
werden. Eine große Zahl solcher Legierungen, wie z.B. Aludur, Skleron, Aeron,
Lautal und in jüngster Zeit Constructal, sind bekannt geworden, und es ist auch
gelungen, das Aluminium in gießbarer Form herzustellen. Wenn man bedenkt, wie
ungeheuer mannigfaltig die Arten des Eisens sind, wie stark seine Eigenschaften
durch ganz geringfügige Zusätze fremder Bestandteile verändert werden, einer Wie
langen Entwicklung es bedurfte, bis diese verschiedenen Eisenarten in ihren
Eigentümlichkeiten erforscht waren und wie unendlich viel Arbeit hierauf seit
Jahrhunderten verwendet worden ist, so wird man mit Recht behaupten dürfen, daß auch
die Gewinnung neuer Formen des Aluminiums, durch fremde Zusätze sowohl als auch
durch bestimmte Bearbeitungsarten, erst in den Anfängen steht.
Man liest von Zeit zu Zeit trübgestimmte Erörterungen über den Raubbau, den das
Menschengeschlecht augenblicklich an den für seine Wirtschaft wichtigsten und leider
nur in beschränkter Menge vorhandenen Rohstoffen, nämlich Kohle und Eisen, treibe,
und einer wie traurigen Zukunft es aus diesem Grunde entgegengehe. So wenig es
unsere Aufgabe ist, uns die Köpfe unserer Ururenkel zu zerbrechen, so kann man
demgegenüber doch darauf hinweisen, daß uns auch noch andere Energiequellen, außer
der Kohle, zur Verfügung stehen, und daß uns die Natur in dem in fast unbegrenzter
Menge vorkommenden Aluminium ein Metall gegeben hat, das die Wissenschaft und die
Technik dann, wenn die gebieterische Not es verlangen sollte, zu einem ebenbürtigen
Nachfolger des jetzt weltbeherrschenden Eisens entwickeln wird.