Titel: Polytechnische Schau.
Autor: A. Braun
Fundstelle: Band 342, Jahrgang 1927, S. 211
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Polytechnische Schau. (Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge – nur mit Quellenangabe gestattet.) Polytechnische Schau. mf. Fernsprechen nach Amerika. (Nachdruck verboten!) Zu Lande ist der Fernsprechverkehr auf unterirdischen Fernkabeln seit der Erfindung der Fernsprechverstärker fast auf unbegrenzte Entfernungen möglich. Dagegen kann man auf unterseeischen Kabeln, wenn ihre Länge 800 bis 1000 Kilometer übersteigt, nicht mehr sprechen. Wohl kann man durch Seekabel von 3000 bis 5000 Kilometer Länge telegraphieren, da die Telegraphenströme verhältnismäßig lang, vielleicht 1/10 bis 1/20 Sekunde, gleichmäßig fließen. Die Fernsprechströme dagegen sind Wechselströme, deren Schwingungsdauer oft kürzer als 1/1000 Sekunde ist. Die schnell aufeinanderfolgenden Wechselstromstöße der Sprache verpuffen gewissermaßen in der großen Kapazität langer Seekabel und kommen nicht mehr klar aus dem anderen Ende des Kabels heraus. Verstärkerämter aber, wie sie zu Lande alle 75 bis 150 Kilometer zur Auffrischung des Stromes eingeschaltet sind, sind in der Meerestiefe natürlich unmöglich. Daher ist die Sprechweite durch Seekabel auf einige 100 Kilometer beschränkt. Neuerdings hat jedoch die Funkerei einen Ausweg aus dieser Beschränkung gezeigt. Nachdem es gelungen war, amerikanische Rundfunkdarbietungen in Europa und europäische in Amerika aufzunehmen, lag der Gedanke nahe, diese Zufallsergebnisse durch planmäßigen Ausbau zu einem regelrechten beiderseitigen Fernsprechverkehr auszugestalten. Hierzu berufen war in erster Linie die englische Postverwaltung, da sie nach Amerika die kürzeste Entfernung zu überwinden hat und die Verbindung am leichtesten herstellen kann. Auch die Handelsbeziehungen und damit das Sprechbedürfnis sind zwischen England und Amerika besonders rege und durch die gemeinsame Sprache erleichtert. Dementsprechend hat das englische General Post Ofiice seit März 1926 allwöchentlich in dev verkehrsstillen Zeit von Sonnabend bis Sonntag Nacht Versuchsreihen durchgeführt. Als Sendestelle verwendet sie ihre neue Großfunkstelle Rugby, die etwa 120 Kilometer nordwestlich von London liegt. Dort steht ein Röhrensender von 200 Kilowatt, der also zwanzigmal stärker ist als die Rundfunksender, die man vorher gelegentlich über den Ozean hinweg gehört hatte. Ferner arbeiten die Engländer mit Wellen aus dem im Ueberseeverkehr bewährten Bereich zwischen 4000 und 6000 Meter, um die bei den kürzeren Rundfunkwellen beobachteten Schwinderscheinungen – „Fadings“ – zu vermeiden. Zurzeit arbeitet Rugby auf der Welle 4985 Meter, während die amerikanische Antwort auf einer nur wenig niedrigeren Welle zu hören ist. Man kann in Deutschland den englischen Sender mit jedem Röhrenempfänger entsprechenden Wellenbereichs sehr laut hören, muß aber etwas Ueberlagerung einstellen, um die Sprache deutlich zu machen. Ganz ohne Ueberlagerung bleibt die Sprache undeutlich. Dieses besondere Empfangsverfahren ist deshalb nötig, weil die Engländer, um die übrigen überseeischen Telegraphierdienste weniger zu stören, die Trägerwelle und das eine Seitenband ihrer Ausstrahlungen unterdrückt haben. Hierzu dienen Siebkreise, deren Theorie von dem deutschen Professor Wagner, dem jetzigen Präsidenten des Telegraphentechnischen Reichsamts, entwickelt worden ist. Trotz dieser Beschränkung hat es doch große Schwierigkeiten gemacht, dieses schmale Wellenband in der schon sehr dicht belegten mittleren Langwellenzone unterzubringen. Zwei englische Sender, einer in London und einer in Malta, sowie einer unserer Nauensender, haben ihre Wellen räumen müssen. und nur mit sehr großer Mühe hat unsere Reichspost für ihren Sender, der den Spaniendienst funkt, eine andere brauchbare Welle finden können. Die englischen Funksprechversuche haben erfreulicherweise eine einwandfreie Verständigung über den Ozean erreicht. Sehr bald ist es auch gelungen, diese Funksprechlinie mit den Fernsprechnetzen zu verbinden, so daß englische Zeitungsmänner von ihren Londoner Hausanschlüssen aus mit New-Yorker Berufsgenossen sprechen konnten. So konnte die englische Post zu Beginn des Jahres 1927 den überseeischen Fernsprechverkehr durch ein Gespräch ihres Königs mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten eröffnen und für die Allgemeinheit freigeben. Die Gebühr von 15 Pfund, also etwa 300 Mark, für ein Dreiminutengespräch – für jede weitere Minute 5 Pfund = 100 Mark mehr – muß angesichts der Größe der Leistung noch als sehr niedrig bezeichnet werden. Den deutschen Leser interessiert natürlich besonders die Frage, ob wir auch von einer deutschen Funkstelle aus mit Nordamerika fernsprechen können: Technisch wäre es natürlich ohne weiteres möglich, z.B. Nauen für einen solchen Dienst auszubauen. Wir müßten allerdings dort einen sehr viel stärkeren Sender als Rugby, etwa einen von 400 Kilowatt, aufstellen, weil wir nach Amerika eine größere Entfernung und namentlich mehr Landstrecke zu überfunken haben. Auch die amerikanische Gegenfunkstelle müßte entsprechend größer und teurer werden. Dadurch wäre die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unserer Funksprecherei von vornherein in Frage gestellt. Außerdem würden wir viel größere Schwierigkeiten zur Freimachung des nötigen Wellenbandes haben als das politisch viel mächtigere England. Schließlich würde ein solcher überstarker Sender mitten in Europa noch viel mehr Telegraphier- und Rundfunkdienste stören, als es Rugby schon getan hat. Die Entwicklung der Kurzwellenfunkerei mahnt zur Vorsicht bei so großen Langwellenplänen. Es ist nicht unmöglich, daß die Kurzwellen, die gelegentlich schon ganz schwachen Sendern Verständigung um die Erde herum geschenkt haben, in wenigen Jahren die Herstellung einer unmittelbaren Sprechverbindung nach Amerika mit weit weniger Energieaufwand und billigeren Antennen möglich machen werden. Die Zurückhaltung der Reichspost ist daher durchaus berechtigt. Ist es doch zu erwarten, daß ein Anschluß Deutschlands an die soeben! eröffnete englische Funkspruchlinie viel billiger kommen und wirtschaftlicher sein wird. Das Mittel dazu bietet das europäische Fernkabelnetz, das es, rein technisch betrachtet, bereits heute möglich machen würde, einen deutschen Fernsprechteilnehmer so mit Rugby zu verbinden, daß er nach Amerika sprechen kann. Man darf hoffen, daß dieser Dienst binnen Jahresfrist durch Vereinbarungen unserer Reichspost mit England geregelt und dem deutschen Fernsprechteilnehmer zur Verfügung gestellt sein wird. Sieht man von der Kurzwellenfunkerei ab, so geht die Entwicklung entschieden in der Richtung, daß man die Fernkabel für die Landstrecken so weit wie möglich ausnutzt und die Funkstellen beiderseits möglichst weit an die Küste vorschiebt. Hiernach würde die Funksprechlinie der Zukunft zwischen Irlands Westküste und Neufundlands Ostspitze verlaufen und beiderseits durch Fernkabel an die festländischen Netze angeschlossen sein. Abgesehen von der hierdurch erreichten geringeren Funkweite und größeren Betriebssicherheit, werden hierdurch auch die Störungen, die diese starken Funkdienste auf die festländischen Funkstellen ausüben, sehr verringert. Selbstverständlich sind dann an jeder Sendestelle mehrere Sender und Antennen erforderlich, damit man ebenso, wie auf einem mehrpaarigen Kabel mehrere Ferngespräche geführt werden können, auch mehrere Funkgespräche gleichzeitig abwickeln kann. Die technische Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte hat uns so Ungeheures an neuen Errungenschaften gebracht, daß wir das Wundern fast verlernt haben, und so wird mancher Leser vielleicht denken: Nun kann man eben bis Amerika sprechen! Ihm möchte man aber doch die Bitte nahe legen, einmal über die Größe des Gedankens nachzudenken, daß in wenigen Jahren jeder auf der Erde lebende Kulturmensch mit jedem anderen Kulturmenschen wird sprechen können! O. Fulda. mfl. Dampfkessel für 224,2 Atmosphären. (Nachdruck verboten!) Die Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure berichtet über die beiden Bensonkessel, die bis jetzt ausgeführt worden sind und meldet, daß ein dritter, größerer, in der Ausführung begriffen ist. Da es sich dabei um eine ganz merkwürdige Sache handelt, soll darüber berichtet werden: Es ist ja bekannt, daß man zu immer höheren Dampfspannungen übergeht, um die Wirtschaftlichkeit der Dampfkraftanlagen zu erhöhen. Früher waren 12 bis 14 Atmosphären schon viel – heute arbeitet z.B. das Großkraftwerk Klingenberg in Berlin-Rummelsburg mit 35 Atmosphären, während sich die Dampftechniker schon lange mit 60, ja mit 100 Atmosphären beschäftigen. Mark Benson – übrigens kein Agelsachse, wie man nach dem Namen annehmen sollte, sondern ein Tscheche – hat nun einen großen Schritt weiter getan und ist gleich auf 224,2 Atmosphären gegangen. Diese Zahl ist sonderbar, und man wird sich fragen, warum nicht auf die runden Zahlen von 200 oder 250? Nun, mit dieser Zahl von 224,2 hat es seine eigene Bewandtnis: Es ist ja bekannt, daß Wasser desto später siedet und sich in Dampf verwandelt, je höher der darauf lastende Druck ist. Auf hohen Bergen z.B. siedet es schon bei so niedriger Temperatur, daß man Eier im Dampfkochtopf, also unter künstlichem Druck kochen muß, weil sonst das Eiweiß nicht gerinnt. Bei Atmosphärendruck siedet das Wasser bekanntlich bei 100 Grad, bei einer Atmosphäre Ueberdruck erst bei 119,6 Grad, bei zwei Atmosphären bei 132,8 Grad usw., bei 10 Atmosphären beispielsweise erst bei 183,1 Grad. Wenn man aber nun den Druck durch Erwärmung des Wassers über die sogenante kritische Temperatur, also über 374 Grad, auf mehr als 224,2 Atmosphären steigen läßt, so geht alles Wasser in den Dampfzustand über, und keine noch so große Druckerhöhung kann es wieder zu Wasser zusammendrücken, während dies bei niedrigeren Temperaturen durch Drucksteigerung möglich ist. Wenn wir Wasser in einem offenen Kochtopf, also unter Atmosphärendruck sieden lassen, so bemerken wir, daß es vom Beginn des Siedens an noch recht lange dauert, bis wir alles Wasser verdampft haben, daß wir also bis zur Erreichung dieses Zieles noch recht viel Wärme zuführen müssen – mehr als die Wärmemenge, die wir brauchen, um es zum Sieden zu bringen. Wir brauchen z.B. 80 Kalorien, um 1 Liter Wasser von 20 Grad Wärme auf 100 Grad zu erwärmen, und dann noch rund 540 Kalorien, um dieses Kilogramm Wasser in 1 Kilogramm Dampf zu verwandeln. Je mehr Wärme wir nun dem Wasser zuführen, ehe es siedet, desto weniger Wärme brauchen wir ihm dann zuzuführen, bis es ganz verdampft ist, und es ist offenbar, daß bei einer Erwärmung auf 374 Grad unter dem kritischen Druck von 224,2 Atmosphären überhaupt keine Wärmezufuhr zur Verdampfung mehr nötig ist: Das gesamte Wasser geht bei Ueberschreitung dieser Temperatur auf einmal in Dampf über. Nun muß man sich aber nicht vorstellen, daß dies mit einem Kesselzerknall verbunden sein müsse: Der aus dem Wasser von 374 Grad unter dem kritischen Druck gebildete Dampf nimmt nicht mehr Raum ein als das Wasser von 374 Grad, ja, er sieht auch gar nicht anders aus als Wasser mit Schlieren. Das mag zunächst merkwürdig erscheinen, denn die meisten Leute denken sich unter Dampf so etwas wie Nebel: So sieht aber nur der mit Luft gemischte, schon abgekühlte Auspuffdampf aus, der schon beginnt, kleine Wasserbläschen zu bilden und sich niederzuschlagen. Der Dampf in einem Dampfkessel ist unsichtbar und durchsichtig, und wenn man das weiß, so kann man sich schon eher vorstellen, daß so stark zusammengedrückter Dampf das Aussehen des Wassers hat. Diese Art der Dampferzeugung hat nun einen großen Vorzug vor der bisherigen Art: Wenn man nämlich Wasser in einem Gefäß, z.B. in einem Dampfkessel, kocht, so bilden sich im Innern des Gefäßes, da, wo es außen vom Feuer beleckt wird, Dampfblasen zwischen dem Wasser und der Gefäßwand; diese Dampf blasen sind deshalb vom Uebel, weil Dampf ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, der das Uebertreten der Wärme aus der erhitzten Gefäßwand in das Wasser erschwert, so daß sich die Gefäßwand überhitzen kann, namentlich wenn sie noch stark mit Kesselstein behaftet ist. Das kann natürlich zu einem Zerknall des Kessels führen. Wenn aber nach dem Bensonverfahren gar kein Sieden des Wassers eintritt, so tritt auch keine Dampfblasenbildung ein, und der Wärmeübergang von der Gefäßwand in das Wasser das diese Wand dauernd innig berührt, ist vorzüglich. Die Folge ist, daß man durch eine sehr kleine Heizfläche viel Wärme in das Wasser überleiten kann. Nun hat man also Dampf von 374 Grad und 224,2 Atmosphären Druck. Dieser Druck ist aber zu hoch für Dampfmaschinen, die man bis jetzt nicht für viel mehr als 100 Atmosphären bauen kann, denn die uns zur Verfügung stehenden Werkstoffe setzen uns darin eine Grenze. Also entspannt man den Dampf, indem man ihn sich ausdehnen läßt. Bei der Entspannung sinkt aber die Temperatur des Dampfes, so daß sich etwa fast die Hälfte des Dampfes wieder in Wasser verwandeln würde. Um dies zu verhüten, führt man dem Dampf vor der Entspannung weiter Wärme zu, und zwar so viel, daß sich seine Temperatur auf 400 Grad steigert: Läßt man nun den Druck von 224,2 auf 100 Atmosphären sinken, so hat der Dampf 311 Grad und ist gerade gesättigt, d.h. er scheidet noch kein Wasser ab, würde dies aber bei weiterer Entspannung oder Wärmeentziehung tun. Diesen „trockenen“ Dampf von 311 Grad erhitzt man nun abermals auf 400 Grad und läßt ihn in diesem Zustand in die Hochdruckturbine eintreten. Da er sich infolge seiner Ausdehnung in der Turbine gegen Ende wieder abkühlt und sich infolgedessen zum Teil niederschlagen würde, bekommt er vor dem Durchströmen der letzten Stufen nochmals eine Aufladung mit Wärme auf 350 Grad. Die ganze Kesselanlage ist überhaupt keine Kesselanlage im gewöhnlichen Sinn: Es ist einfach ein langes Rohr, das in mehreren Windungen in den Flammen einer Oelfeuerung liegt. In das eine Ende des Rohres wird von einer Pumpe mit einem Druck von 224,2 Atmosphären fortlaufend Wasser hineingedrückt, das an der Stelle, wo es 374 Grad warm und zu Dampf geworden ist, durch eine Verengung gedrosselt und so unter dem erforderlichen Druck gehalten wird: Dahinter kann sich der Dampf dann unter der oben beschriebenen weiteren Wärmezufuhr ausdehnen. Die erste Versuchsanlage wurde 1924 in England in Betrieb genommen. Dann erwarben die Siemens-Schuckert-Werke, die die Vorteile des Verfahrens sofort erkannt hatten, die Patente und bauten eine eigene Anlage in ihrem Kraftwerk in Siemensstadt bei Berlin, die Ende 1924 in Betrieb kam und seitdem etwa 2000 Stunden gearbeitet hat. Die Versuchsergebnisse waren so günstig, daß zurzeit eine weit größere Anlage gebaut wird. Und nun wird der Leser denken, ein Kessel mit so unerhört hohen Drucken müsse ungeheuer gefährlich sein: Das Gegenteil ist der Fall: Der Kessel – wenn man die Rohrschlangen so nennen will – enthält eine so geringe, schnell durchfließende Wassermenge, daß die darin enthaltene Energie trotz des hohen Druckes und der hohen Temperatur nur ganz gering ist. Das ist nicht etwa Theorie: Bei einem Versuch, der aber Verhältnisse schuf, wie sie im. regelmäßigen Betriebe nicht vorliegen, platzte ein Rohr. Dieser Bruch hatte nur zur Folge, daß das Feuer ausgeblasen wurde und wurde lediglich als Zischen bemerkt: Der austretende Dampf zog durch den Schornstein ab. Aus dem Rohr wurde 1 Meter herausgeschnitten und ein neues Stück mit Thermit eingeschweißt, und der Kessel war wieder betriebsfähig. Man könnte also eine solche Anlage sogar unbedenklich unter bewohnten Räumen aufstellen, was bei anderen Kesseln nicht gerade empfehlenswert ist, da man dabei leicht einmal einem „Fliegerunfall“ zum Opfer fallen könnte. Das steht außer Zweifel: Mit dem Benson-Dampferzeugungsverfahren ist ein ganz neuer, ungemein viel versprechender Weg beschritten, der die Dampferzeugung erheblich wirtschaftlicher zu gestalten geeignet ist, nicht nur, weil die Erzeugung so hoch gespannten Dampfes an sich vorteilhafter ist, sondern auch, weil die ganze Kesselanlage klein und deshalb billig wird. Es ist ein kühner Sprung, von den jetzt üblichen Dampfspannungen gleich auf 224,2 Atmosphären zu gehen, nach den bisherigen Ergebnissen darf man aber die Siemens-Schuckert-Werke zu dem Entschluß beglückwünschen, die Gedanken Bensons gefördert und in größerem Maßstabe in die Wirklichkeit umgesetzt ZU haben. Karl Brand mfo. Trockenes Eis. (Nachdruck verboten!) Als Kühlmittel für den Versand von leicht verderblichen Lebensmitteln hat man neuerdings in Amerika mit bestem Erfolg feste Kohlensäure verwendet. Diese kann man durch plötzliche Entspannung flüssiger Kohlensäure erzeugen. Läßt man beispielsweise die flüssige Kohlensäure aus einer der allbekannten Kohlensäureflaschen, wie sie für Bierdruckapparate im Gebrauch sind, unter Kippen der Stahlflaschen ausströmen, so verdichtet sich ein Teil der Flüssigkeit zu Schnee. Der Gefrierpunkt der Kohlensäure liegt bei 58 Grad Kälte, beim Kohlensäureschnee sinkt die Temperatur durch die Verdunstungskälte noch tiefer, etwa bis auf 70 bis 80 Grad Celsius Kälte. Man hat also in der festen Kohlensäure ein vorzügliches und viel wirksameres Kälteerzeugungsmittel als im Eis. Gegenüber diesem hat die feste Kohlensäure den Vorzug, daß sie unmittelbar aus dem festen in den gasförmigen Zustand übergeht. Dabei wird der Umgebung sogar etwa die doppelte Wärmemenge wie beim Schmelzen des Eises entzogen. Die Verdunstung fest gepreßten Kohlensäureschnees geht auch nur verhältnismäßig langsam vor sich. Bei einem Temperaturunterschied gegenüber der Außenluft von rund 100 Grad Celsius verliert die Masse in größeren Packungen täglich nur etwa 1/20 ihres Gewichts. Diese zahlreichen Vorteile wiegen den höheren Preis auf, vor allem wo es nunmehr nach mancherlei Fehlschlägen gelungen ist, durch weitgehende Anwendung von Kreislaufvorgängen und wärmetechnische Verbesserungen das Herstellungsverfahren wirtschaftlicher als bisher zu gestalten. Bei der Darstellung geht man von Koks aus, der zu Kohlensäure verbrannt wird. Diese ist jedoch zunächst noch zu unrein; sie wird daher zuerst unter Verwendung von Soda in doppeltkohlensaures Natron überführt, aus dem man sie wieder, nunmehr rein, durch Erhitzen austreibt. Hierauf wird sie in bekannter Weise bei hohem Druck verflüssigt und dann in einem besonderen Entspannungsgefäß zu Schnee verdichtet. Es gelingt hierbei, etwa ⅓ der Flüssigkeit in Schnee zu verwandeln; das überflüssige kalte Gas wird wiederum dem Verdichter zugeführt, wobei es zugleich zur Vorkühlung des neu entwickelten Gases nutzbringend verwendet wird. Der erzeugte Kohlensäureschnee wird in Pressen zu handelsfähigen Blöcken geformt, die in Holzkisten versandt werden. Der erhebliche Energiebedarf der ganzen Anlage, insbesondere für die Verflüssigungsvorrichtungen, kann zum großen Teil aus der bei der Verbrennung des Kokses erzeugten Wärme gedekt werden. Durch diese weitgehende Einschränkung von Verlusten ist es möglich geworden, das „Trockeneis,“ wie es in Amerika genannt wird, zu einem mit dem gewöhnlichen Eis wettbewerbsfähigen Preis in den Handel zu bringen. A. Braun.