Titel: Fortschritte in der Erzeugung von Oberflächen. Blankhärten und Blankglühen.
Autor: W. Beck
Fundstelle: Band 343, Jahrgang 1928, S. 138
Download: XML
Fortschritte in der Erzeugung von Oberflächen. Blankhärten und Blankglühen. Fortschritte in der Erzeugung von Oberflächen. Eine rasche Einwanderung von Kohlenstoff zwecks Oberflächenhärtung weichen Eisens und eine Einwanderung wesentlich über 0,2 mm hinaus ist in Cyanidschmelzen erst bei höheren Temperaturen zu erzielen. Die alten Cyanhärteflußbäder waren nur bis 830° C verwendbar, weil sie bei höheren Temperaturen rasch verdampfen bzw. sich zersetzen. Ein rascher, tiefer und stärker einsetzendes und bei Temperaturen bis zu 950° C brauchbares, schlammfreies Bad ist in „Durferrit-Cyanhärtefluß III“ gefunden worden. Um den angestrebten Effekt und gleichzeitig andere, anschließend geschilderte Vorteile zu erreichen, sind für die Zementation in Cyanhärtefluß III zunächst solche Stähle vorgeschlagen worden, die einen möglichst hohen Umwandlungspunkt haben. Für unlegierten Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,06 bis 0,10% liegt der Umwandlungspunkt bei 930° C. Setzt man solchen Stahl bei 930 (– 950)° C ein, so erhält man in einer halben Stunde 0,4 mm Zementiertiefe, in zwei Stunden 1 mm, und schreckt man ihn von 930° C aus – d.h. direkt aus dem Zementierbad – ab, so erhält man einen zähen, feinkörnigen, bruchsicheren Kern. Dieses Abschrecken nach dem Einsetzen nach Erhitzung bis wenig über den Umwandlungspunkt – d.h. auf 930–950° C – bedeutet also für den nichtzementierten Kern dieses kohlenstoffarmen Einsatzmaterials eine Zähhärtung. Die Oberfläche des Werkstückes ist glashart. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei solchen legierten Stählen, für die vom Stahlwerk bisher ein besonderer Zähhärtungsprozeß bei Temperaturen über ca. 900 bis 930° C vorgeschrieben war. Da diese legierten Stähle laut ausdrücklicher Angabe der Stahlwerke ein kürzeres Erhitzen auf etwa 930° C vertragen und im Cyanhärtefluß III-Bad die Zementationsdauer bei 930° C gegenüber dem Einsetzen in Härtepulvern usw. wesentlich abgekürzt ist, wird für diese legierten Stähle mit hohen Zähhärtungstemperaturen die Vereinigung des Zementations- und des Zähhärtungsprozesses vorgeschlagen: solche legierten Stähle können also im Cyanhärtefluß III-Bad bei ca. 930° C. eingesetzt und direkt aus dem Bad in Oel abgeschreckt und dabei zähgehärtet werden. Diese Aussparung eines ganzen Arbeitsganges hat allgemein Beifall gefunden (vergl. auch Prospekt der englischen Stahlfirma VICKERS: legierter Stahl mit 3% Ni/Einsatztemperatur 930° C). Einsetzen von Stählen höherer Festigkeit mit niedrigeren Zähhärtetemperaturen: Wenn man aus irgendwelchen Gründen unlegierten Stahl mit mehr als 0,10% C einsetzen muß, so kann man – vor allem komplizierte Teile – nur versuchsweise bei 930° C einsetzen (Verzugsgefahr), muß die Teile im Bad – d.h. mit diesem – etwas erkalten lassen und dann erst aus dem kälteren Bad (etwa 880–900° C) heraus abschrecken, um auch hier einen möglichst zähen Kern zu erhalten. Ganz allgemein müssen solche Stähle größerer Festigkeit besser bei etwas niedrigerer Temperatur und dafür etwas länger eingesetzt werden, um die gleiche Einsatztiefe zu erreichen. Natürlich sind sie an sich schwerer aufzukohlen. Hochlegierte Chromnickeleinsatzstähle, wie z.B. RAE 3 und RAE 5, dürfen weder bei 930° C eingesetzt, noch von dieser Temperatur zähgehärtet werden (Verzugsgefahr). Das Einsetzen muß hier unter 930° C erfolgen. Eine gewisse Erhöhung der Einsatztemperatur gegenüber den alten, langsam arbeitenden Einsatzverfahren ist aber auch hier gestattet. Einen zähen Kern erhält man bei solchen Stählen durch mehrstündiges Glühen bei 600–650° C, unter Ausgleich der durch langes, höheres Glühen im Einsatz erworbenen Sprödigkeit. Daran anschließend folgt die Endhärtung von den vom Stahlwerk vorgeschriebenen Temperaturen. Endhärtung und Vergütung der Randzone je nach Beanspruchung und Stahlsorte: Bei geringsten Ansprüchen an die Zähigkeit der Einsatzschicht selbst begnügt man sich bei Einsatzstählen mit hohen Zähhärtungstemperaturen (z.B. 930 bis 950° C) mit Einsetzen bei Zähhärtetemperaturen und einmaligem Abschrecken direkt aus dem Bad von 930–950° C aus in Oel, Wasser oder Salzwasser – je nach Stahlsorte und Form der Werkstücke –. Der Kern wird dabei zäh. Bei größeren Ansprüchen vergütet man die Randzone durch nochmaliges Erhitzen desselben Werkstückes auf 740° C und höher, je nach Stahlsorte, und Abschrecken in Wasser oder Salzwasser. Denn gleichgültig, ob legierter oder unlegierter Stahl vorliegt, immer wird das Abschrecken von ca. 930° C für die gekohlte Randzone zu schroff sein, wenn an sie größere Ansprüche gestellt werden. Bekanntlich muß die Abschreckung von Stahl von um so niedrigeren Temperaturen erfolgen, je höher z.B. der C-Gehalt ist (bei unlegierten Stählen mit 0,10% C von ca. 930° C, mit 0,9% von ca. 760° C). Für die Einsatzschichten kommen deshalb dieselben, niedrigeren Abschrecktemperaturen wie für unlegierten, kohlenstoffreichen Werkzeugstahl in Frage; sie liegen unter 800° C, für die legierten Stähle meist zwischen 760 und 840° C, je nach Zusammensetzung. Diese Temperaturen schreiben die Stahlwerke genau vor und sie sollten stets eingehalten werden – was am exaktesten in Salzbädern möglich ist – also auch bei der Endhärtung resp. Vergütung der Randzone von zementierten Stählen. Härte- und Erhitzungs- resp. Zähhärtung- und Vergütungsbäder ohne Entkohlungswirkung: Es empfiehlt sich für alle obengenannten Vergütungsprozesse ganz allgemein auch dort, wo noch im Einsatzpulver eingesetzt wird, weil im Cyanhärtefluß III-Bad noch keine größere Tiefe als 1 mm zu erreichen ist – alle Erhitzungen im Durferrit-Cyanhärtefluß III-Bad unter Zusatz von billigem Durferrit-Glühsalz I vorzunehmen, weil dann neben raschester, exaktester Temperaturübertragung eine Entkohlung bzw. Oxydation, Zunderbildung und Wiedererweichung der Stahloberfläche vermieden wird. Das gilt auch für Härtung von Werkzeugstahl, Feilen usw., Anlassen von im Chlorbariumbad erweichtem Schnelldrehstahl usw. Die Teile werden auf dem Wege vom Bad ins Abschreckwasser durch die dünne, reduzierend wirkende Salzhaut vor Entkohlung geschützt. Schnelldrehstahl erfährt trotz der niedrigen Anlaßtemperatur sogar eine Nitrinerhärtung. Die Anwendung von starkwirkenden Durferrit-Salzen geschieht am besten in öl-, gas- oder elektrischbeheizten Durferrit-Spezial-Salzbadöfen. Dr. W. Beck, Frankfurt a. M.