Titel: | Das neue Druckluftversatzverfahren im Bergbau. |
Autor: | Balduin Ernst |
Fundstelle: | Band 343, Jahrgang 1928, S. 246 |
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Das neue Druckluftversatzverfahren im
Bergbau.
ERNST, Das neue Druckluftversatzverfahren.
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Wer schon einmal Gelegenheit hatte, ein Bergwerk zu befahren, der kennt auch die
hohe Bedeutung, die dem Versatz zukommt, Während der Stollen an einer Stelle immer
weiter in den Berg vorgetrieben wird, ist an einer anderen eine Gruppe Arbeiter
damit beschäftigt, die alten Strecken mit taubem Nebengestein auszufüllen, „zu
versetzen“, damit die darüber liegenden Schichten nicht einstürzen. Über den
Wert des Versatzes entscheidet seine Dichtigkeit. Je dichter er ausfällt, um so
widerstandsfähiger ist er natürlich gegenüber dem Druck der hangenden Schichten, um
so geringer dementsprechend die Gefahr ihres Zubruchgehens mit seinen oftmals
verhängnisvollen Folgen an der Oberfläche und im Bergwerk selbst, um so größer aber
auch die erreichbare Abbaubreite und damit die mögliche Förderziffer der Grube.
Früher wurde der Versatz allgemein im Handbetrieb eingebracht, und so macht man es
auch heute noch vielfach. Die durch einfache Schüttung loser Stoffe erreichbare
Dichte ist naturgemäß. gering. Bei Schieferton z.B. werden nachträgliche
Zusammendrückungen bis zur Hälfte des ursprünglichen Rauminhalts beobachtet. Bessere
Erfolge erzielt man mit der aus groben und feineren Stoffen ausgeführten trockenen
Bergemauerung, die aber, wie man sich leicht denken kann, besonders zeitraubend und
kostspielig ist. Langsames Vorschreiten der Versatzarbeit drückt auf die Förderhöhe;
deshalb hat man seit langem nach einem anderen Ausweg gesucht. Eine gewisse
Erleichterung bringen die neueren Bergeversatzmaschinen, bei weitem leistungsfähiger
aber ist das seit 1901 auch in Deutschland, anfangend in Oberschlesien, in
steigendem Maße aufgenommene Spülversatzverfahren, das zuerst wohl in amerikanischen
Anthrazitgruben erprobt worden ist. In diesem Falle werden die Versatzstoffe, Sand,
Waschschlamm usw. durch Wasser in langen Rohrleitungen in die unterirdischen
Hohlräume eingeschlemmt, wobei es sich als dichte, betonartige Masse, deren
nachträgliche Zusammendrückung nur selten 1/10 übersteigt, in den Grubenbauen ablagert. Zu
diesem Vorteil hoher Festigkeit kommt noch die Raschheit und Billigkeit hinzu, die
es vor dem Handversatz voraus hat.
Das Spülversatzverfahren hat nun aber auch einen Fehler, der mitunter schon zu recht
unliebsamen Störungen und Unzuträglichkeiten in den Gruben geführt hat: das mit dem
Versatz in die Baue gelangende Wasser sitzt nach der Ablagerung aus der
Füllmasse allmählich ab und kann unter Umständen große Verunreinigung und
Verschlammung der Zugangsstrecken verursachen, ganz abgesehen davon, daß es
naturgemäß laufend durch starke Pumpen wieder zur Oberfläche emporgehoben werden
muß. So ergab sich der Gedanke, es statt mit Wasser mit dem Luftzug zu versuchen.
Druckluftanlagen zur Beförderung leichterer aber auch schwererer Güter sind heute
bekanntermaßen durchaus nichts Ungewöhnliches. Um den Ausbau eines Versatzverfahrens
auf dieser Grundlage hat sich die Torkret GmbH, in Berlin besondere Verdienste
erworben.
Die für den Druckluftversatz erforderliche Einrichtung entspricht weitgehend der
eines Betonspritzers, wie er zur Erzeugung besonders fester Betonbelege verwendet
wird. Den Hauptteil bildet die aus zwei übereinander gestellten Trommeln bestehende
Versatzmaschine, von denen die obere als Fülltrichter, die untere als
Arbeitsbehälter dient. Im Unterteil befindet sich ein Fächerrad, das durch seine
Drehung die gleichmäßige Zuführung des Sandes in die anschließende Rohrleitung
besorgt, während der unter Druck eintretende Luftstrom die Versatzkörner mit großer
Geschwindigkeit schwebend bis in die Abbaue trägt. Der Betrieb geht in der Weise vor
sich, daß der in den oberen Behälter geschüttete Versatzstoff durch Öffnung eines
mittleren Verbindungsventils in den Arbeitskessel abgelassen wird. Hierauf wird das
Mittelventil geschlossen und die Maschine wird in Bewegung gesetzt, während
gleichzeitig von oben in den geöffneten Füllkessel neuer Stoff eingebracht wird. Auf
diese Weise ist ein dauernder und ununterbrochener Versatzbetrieb möglich. Um die
Spritzwirkung des austretenden Sandstrahls zu erhöhen, ist am Mündungsende der
Rohrleitung eine Düse angebracht, mit der eine Wasserzuleitung verbunden ist, die
gerade genügt, um dem durch die Leitung heranschwebenden Stoff eine genügende
Klebkraft zu verleihen. Das Versatzgut erhält hierdurch wie beim Spülverfahren eine
betonartige Beschaffenheit und steht in hohen steilen Böschungen, ohne daß man dabei
den Nachteil, den Überschußwasser mit sich bringt, in Kauf zu nehmen braucht. Dies
gilt zumal in den Fällen, wo man den Betriebsdruck der Preßluft auf über 0,5 bis 1,5
Atmosphären einstellt, wodurch dem austretenden Versatzgut eine Geschwindigkeit von
20 Metern in der Sekunde mitgeteilt
wird. Um den Versatz in allen Ecken und Winkeln gut verteilen zu können, wird
an die Rohrleitung meist eine Gummischlauchendigung angeschlossen. Der
Rohrverschleiß bleibt bei dem neuen Verfahren, wie die Versuche gelehrt haben, in
durchaus erträglichen Grenzen, da die Körner bei der hohen gleichmäßigen
Luftgeschwindigkeit im wesentlichen schwebend durch die Rohre getragen werden.
Gefährdet sind hauptsächlich die Rohrkrümmungen, denen man vorteilhaft keine zu
scharfe Biegung gibt. Als Schutzpolster werden Gummifutter oder reine Gummikrümmer
verwendet, weil Gummi infolge seiner Nachgiebigkeit dem Angriff der aufprallenden
Körner gut standhält. Auch beim Spülversatz ist ja das Durchscheuern der Rohre eine
leidige Begleiterscheinung, der man z.B. durch Einbau von auswechselbaren Porzellan-
und Eichenholzfütterungen zu begegnen sucht. Neben Sand, der sich als der beste
Blasversatz erwiesen hat, haben sich auch andere Stoffe, z.B. Waschschlamm, bewährt.
Die Korngröße des Versatzes soll zur Erzielung eines reibungslosen
Betriebsganges nicht über ein Drittel des Rohrdurchmessers hinausgehen, darf aber
auch nicht zu tief sinken, damit Verstaubungen der Leitungswände vermieden
werden.
Während die Spülversatzmaschinen regelmäßig über Tage angeordnet werden, hat man sich
mit dem Blasversatz noch nicht so weit vom Abbau entfernen können und muß sich
vorläufig mit der Aufstellung der Maschine unter Tage in einigen hundert Metern
Abstand begnügen. Dabei können naturgemäß seine Vorzüge nur teilweise zur Geltung
kommen. Trotzdem zeigt sich heute schon, daß er dem einfachen Bergeversatz weit
überlegen und dem Spülversatz in jeder Beziehung gleichwertig ist. Dies gilt für
seine Leistungsfähigkeit und Billigkeit, die Festigkeit seiner Blasablagerung und
den Geräteverschleiß, während als ein besonderer Vorteil die mit seiner Einführung
verbundene Entlastung der Pumpen zu buchen ist.
Dr. Balduin Ernst.