Titel: | Sicherung der Schrauben an Kraftfahrzeugen. |
Autor: | Otto Steinitz |
Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 9 |
Download: | XML |
Sicherung der Schrauben an
Kraftfahrzeugen.
Von Dr.-Ing. Otto Steinitz.
STEINITZ, Sicherung der Schrauben an Kraftfahrzeugen.
(Nachdruck verboten.)
ATK. Gefährlicher als an ortsfesten Maschinenanlagen aller Art ist die
vorzeitige Lösung einer Schraubenverbindung an Kraftfahrzeugen, wo infolge der
raschen Ortsveränderung die gelösten Teile meist unwiederbringlich verlorengehen und
häufig Veranlassung zu Unglücksfällen geben. Dabei tritt an Kraftfahrzeugen ein
solcher Fehler ganz besonders leicht infolge der ungewöhnlich großen Erschütterungen
auf. Müssen schon alle anderen Konstruktionsteile des Fahrzeugs mit Rücksicht auf
die Erschütterungen bedeutend kräftiger gehalten werden, als es die rechnungsmäßige
Beanspruchung durch die normalen Betriebskräfte ergibt, so gilt das in viel höherem
Maße noch von denjenigen Stellen, an denen die Konstruktionsteile miteinander
verbunden sind. Die Verbindungsstellen sind bald nachgiebiger, bald starrer als die
Bauteile selbst, und es bilden sich daher an diesen Stellen besonders starke
Schwingungen oder Stellen höchster Kraftwirkung, die man in der Ausdrucksweise der
Schwingungslehre als „Knoten“ bezeichnet. Es kommt dazu, daß die meisten
Befestigungsarten zu ihrer Wirksamkeit die Reibung der aneinanderstoßenden
Konstruktionsteile benötigen, und daß die Reibung bekanntlich durch Erschütterungen
vermindert wird. Es ist aber möglich, den für das Festhalten der
Befestigungsschrauben notwendigen Reibungsschluß zu bewahren, wenn man von
vornherein die Anpressung der Befestigungsteile um soviel größer macht, als der
größten voraussichtlichen zeitweiligen Druck Verminderung durch Stöße entspricht.
Erweist sich die von einer Schraubenverbindung ausgeübte Kraft als zu schwach, so
ersetze man die Schrauben durch stärkere. Wo hierfür kein Platz vorhanden ist, kann
man sich helfen, indem man Eisenschrauben durch stählerne ersetzt. Nur wenn die
Schrauben an und für sich kräftig genug sind, hat es einen Zweck, sie gegen das
Lösen durch Erschütterungen zu sichern. Hierzu bietet sich eine überaus große Anzahl
von Möglichkeiten, die jedoch hinsichtlich ihrer Eignung für Kraftfahrzeuge, der
Sicherheit ihrer Wirkung und der Bequemlichkeit und Billigkeit der Anwendung sehr
verschieden sind.
Die Sicherung durch Nieten ist das typische Hilfsmittel „murksiger“ Arbeit. Es
wird dabei entweder der über, die Mutter vorragende Bolzenteil am ganzen Umfange
breitgeklopft oder auch nur durch Eintreiben einer Körnerspitze an einigen Stellen
des Umfanges Mutter und Bolzen eingebeult. Die letztere Art hat den Vorteil, daß man
bei Anwendung größerer Kräfte die Mutter doch noch lösen kann, während sonst
dazu Abfeilen des vernieteten Randes notwendig ist. Eine Schraubenverbindung wird ja
regelmäßig dort angewendet, wo zum Zwecke der Demontage wegen Reparatur, Reinigung
oder dergl. Lösbarkeit notwendig ist, und deshalb ist es widersinnig und
unzweckmäßig, sie nachträglich in eine Nietverbindung, die regelmäßig nicht lösbar
ist, umzuwandeln.
Die Sicherung durch Vorspannung ist von diesen Uebelständen frei und erfolgt entweder
durch federnde Unterlagscheiben oder durch Anwendung doppelter Muttern. Die ersteren
haben den Vorteil, daß sie durch ihre Zusammendrückung die Erreichung der richtigen
Anzugskraft erkennen lassen. Am besten ist es, beide Mittel gleichzeitig zu
verwenden, doch ist die Sicherheit auch dann noch nicht vollkommen, da durch
ungewöhnlich starke und lange Zeit wiederholte Stöße solche Verbindungen doch
gelockert werden können.
Textabbildung Bd. 339, S. 8
Schraubensicherung durch federnde Unterlagscheibe, Gegenmutter u.
Versplintung.
Textabbildung Bd. 339, S. 8
Einfaches Beispiel einer Schraubensicherung durch Verriegelung.
Die Sicherung durch Verstiftung erfordert allerdings einen Angriff des Materials, zu
dem ein Bohrer notwendig ist, ist aber zweifellos den bisher erwähnten Arten
vorzuziehen und wird auch viel zusammen mit der Vorspannung angewandt. Sie erfolgt
meistens durch einen Splint. Bei gewöhnlichen Muttern durchbohrt man diese gemeinsam
mit dem Kern oder setzt das Splintloch dicht vor die Mutter. Bei Kronenmuttern ist
es möglich, nachträglich den Anzug um ⅙ Umdrehung zu verändern, was bei den anderen
Arten der Splintsicherung nur unter Nacharbeit des Loches möglich ist.
An Stellen, die selten gelöst werden, wendet man wohl auch Verbohrungsschrauben an,
d.h. kleine Stiftschrauben, welche in der Richtung der Bolzenachse am
Gewindeumfange zwischen Mutter und Bolzen eingebohrt werden. Eine Bohrung brauchen
auch die Sicherungen mit hakenförmig gebogenen Federringen, welche um eine
kreisförmige Nut der Mutter gelegt werden und mit ihrem radial gebogenen Ende in die
Bohrung einhaken.
Unter der Bezeichnung „selbstspannende Schrauben“ werden neuerdings praktische
Bolzen angeboten, die geschlitzt sind und durch Einführung eines
Sperrschräubchens gespreizt werben können. Es wäre zu wünschen, daß es derartige
Schrauben überall wohlfeil zu kaufen gäbe; denn sie ergeben ohne Anwendung von
Werkzeugen, die dem Kraftfahrer unterwegs nicht zur Verfügung stehen, eine
Sicherung, die der Verstiftung gleichwertig ist.