Titel: | Das Rhei-Ventil, ein neues Absperrventil. |
Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 50 |
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Das Rhei-Ventil, ein neues
Absperrventil.
Das Rhei-Ventil, ein neues Absperrventil.
Eine bemerkenswerte Neuerung im Armaturenbau zeigte die Firma Schäffer &
Budenberg auf der Leipziger Messe in Halle 21: Das Rheiventil.
Textabbildung Bd. 339, S. 49
Dieses Ventil zeigt eine grundlegende Aenderung der bisher
üblichen Konstruktion und bedeutet eine Umwälzung im Armaturenbau. Ohne Rücksicht
auf althergebrachte Konstruktionsformen, die häufig mehr der Gewohnheit als der
klaren Ueberlegung entsprungen sind, wurde beim Rhei-Ventil bei allen Einzelheiten
die technisch beste Lösung angestrebt. Gründliche Ueberlegungen, sorgfältige
Versuche, genaue Berechnung führten zur Konstruktion dieses Ventiles.
Textabbildung Bd. 339, S. 49
Beachtenswert ist besonders die neue Gehäuseform. Die nebenstehenden Abbildungen
zeigen die bisher üblichen Ventilgehäuse und daneben das Gehäuse des Rhei-Ventiles.
Die Abbildungen bringen eine photographische Wiedergabe der wirklichen Strömung, wie
sie sich im Inneren eines Ventilgehäuses einstellt. Das erste Gehäuse hat die
bekannte eiförmige Kastenform, und im Inneren senkrechte Stege zur Aufnahme des
Dichtungsringes. Das zweite Gehäuse hat ebenfalls die Eiform, aber unter 45° schräg
liegende Stegwände. Das dritte Gehäuse zeigt die Rhei-Konstruktion, bei der an
Stelle eines eiförmigen Kastens strömungsgerecht ausgebildete Röhren zu sehen
sind.
Während in den beiden Gehäusen alter Konstruktion die Strömung vollständig
zerflattert – man beachte den zerklüfteten Innenraum, die Prallwände, an denen sich
die Flüssigkeit staut, die toten Ecken, in denen die Flüssigkeit herumwirbelt – zeigt das
Rhei-Gehäuse von Eintritt bis Austritt eine gleichmäßige und geschlossene
Strömung.
Die Vorteile dieser neuen Strömungsform sind so groß, daß man mit Recht von einer
Umwälzung im Ventilbau sprechen darf. Während die alten Ventile einen Druckverlust
von etwa 0,4 atü aufweisen, also etwa soviel Druckverlust wie eine gerade
Rohrleitung von 30–50 m Länge, hat das Rhei-Ventil um 50% weniger Druckverlust.
Diese Zahl ist sehr beachtenswert, wenn man überlegt, daß bei Kraftanlagen viele
Hunderte von Ventilen in die Leitungen eingebaut sind. Jedes einzelne Ventil
bedeutet eine Verlustquelle, und es liegt im Sinne der modernen Energiewirtschaft,
solche Verlustquellen möglichst klein zu halten. Während man sonst im Maschinenbau
bekanntlich gegen jedes Prozent Energieverlust kämpft, ja sogar Bruchteile von
Prozenten herauszuholen sich bemüht, war man im Ventilbau bisher recht großzügig.
Der Beweis ist das Rhei-Ventil, bei dem es gelungen ist, durch eine prinzipielle
Konstruktionsänderung einen um 50% geringeren Widerstand des Ventiles gegenüber der
alten Konstruktion zu erzielen.
Textabbildung Bd. 339, S. 50
Auch die anderen Teile des Absperrventiles haben beim Rhei-Ventil eine neuartige
Durchbildung erfahren. So wurde der bisher übliche Säulenaufsatz aufgegeben und
dafür der viel stabilere Bügelaufsatz gewählt, der außerdem eine exakte Führung der
Spindel erlaubt und damit ein gutes Dichthalten des Ventiles verbürgt. Vorstehende
Abbildung zeigt den Unterschied zwischen Säulenaufsatz und Bügelaufsatz.
Besondere Sorgfalt wurde auf die für die Lebensdauer und für die
Betriebssicherheit in erster Linie wichtigen Teile gelegt, nämlich auf die
Abdichtung zwischen Sitz und Kegel und auf die Stopfbüchse. Hier wurden neue, bisher
im Armaturenbau nicht bekannte Werkstoffe eingeführt, welche ein absolutes
Dichthalten des Ventiles selbst bei angestrengtestem Betrieb, bei Drücken bis 200
atü und bei Temperaturen bis 500° C gewährleisten. Ebenso gründlich wurde die Frage
der Stopfbuchse behandelt. Die Stopfbüchse ist gut zugänglich, läßt sich leicht
nachverpacken, und wird durch Klappschrauben angezogen. Die Stopfbüchse läßt sich
sogar während des Betriebes erneuern, da der Kegel eine besondere Abdichtung nach
oben besitzt, durch welche beim Hochschrauben der Spindel der Packungsraum vom
Innenraum des Ventiles abgeschlossen wird.
Die vorstehende Abbildung zeigt eine Gesamtdarstellung des Rhei-Ventiles im Schnitt.
Die Ventile werden für alle Drücke bis 100 atü in den Nennweiten 10–200 mm gebaut,
sowohl mit Anschlußmaßen nach Din-Normen, als nach den alten Normalien von 1882 und
1900. Für geringere Drücke bis 16 atü werden die Ventile aus Gußeisen hergestellt,
darüber aus Elektrostahlguß.
Außer den Absperrventilen werden auch Rückschlagventile, Kreuzventile,
Wechselventile, Ventile für die chemische Industrie, für Bergbau usw. in der
Rhei-Konstruktion ausgeführt.
Diese kurzen Darlegungen mögen genügen, um zu zeigen, daß das Rhei-Ventil einen
bedeutenden technischen Fortschritt darstellt, ein erfreulicher Beweis für den
Pioniergeist, der allerorts in unserer deutschen Industrie lebendig ist.