Titel: | Chemisch-technische Vorträge auf der Achema VI |
Autor: | K. |
Fundstelle: | Band 345, Jahrgang 1930, S. 224 |
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Chemisch-technische Vorträge auf der Achema
VIS. Dingler 1930 S. 36, 99.
Juni 1930.
Chemisch-technische Vorträge auf der Achema VI
Innerhalb der Achema und im Rahmen der Achema, von der Dechema, wurde eine Reihe
von technisch-wissenschaftlichen Vorträgen gehalten. Ueber einige derselben sei im
Nachstehenden kurz berichtet.
„Die Verwendung der Röntgenstrahlen in der technischen Materialprüfung“
behandelte Dipl.-Ing. A. Herr, Berlin.
Mit Hilfe der Röntgenstrahlen kann festgestellt werden, in welcher Weise ein
Werkstoff in seinen kleinsten Teilchen aufgebaut ist, welcher Erzeugung er entstammt
und welche Behandlung in mechanischer und thermischer Hinsicht er durchlaufen hat.
An sogenannten Texturdiagrammen läßt sich feststellen, ob ein Material gegossen,
gewalzt oder gezogen ist, ob es verspannt, verdreht, gestaucht usw. worden ist.
Während die
Röntgenspektroskopie vorerst noch auf das Laboratorium beschränkt bleiben wird, hat
die Diaskopie eine Ausbildung erfahren, die der Technik, insbesondere auch dem
chemischen Apparatebau, hervorragende Prüfmethoden zur Verfügung gestellt hat. Mit
den Elektronen-Röntgenröhren und Elektronen-Gleichrichterröhren ist es gelungen,
selbst Werkstoffe mit sehr hohen Atomgewichten zu durchstrahlen und die
Röntgenuntersuchung auch auf Werkstücke großer Ausdehnung auszudehnen. Bei der
Reichsbahngesellschaft werden nicht nur die laufenden Materialprüfungen in den
Werkstätten, sondern auch röntgenographische Untersuchungen unter freiem Himmel, auf
der Strecke und an Eisenbahnbrücken vorgenommen.
Dr. W. Busse, Hamburg, sprach über „Röntgenröhren für
Materialuntersuchung“. Einleitend wurden die an solche Röhren zu stellenden
Forderungen behandelt, die so gestaltet sein müssen, daß das gewonnene
Strahlenprodukt möglichst ökonomisch, gefahrlos und bequem ausgenützt werden kann.
Nur wenige zehntel Prozent der in den Kathodenstrahlen-Elektronen enthaltenen
Energie werden in Röntgenstrahlen umgesetzt, während der Rest als Wärme auftritt und
durch Wasserkühlung abgeführt werden muß. Von dieser Kühlung, sowie der
Hitzebeständigkeit des Anodenmaterials hängt die Belastbarkeit der Röhre ab.
Wichtige Bedingungen sind, möglichst hohe Belastbarkeit und möglichst kleiner
Brennfleck. Da sich diese eigentlich gegenseitig ausschließen, ist es besonders
wichtig, ein Optimum für beide herzustellen. Eine Lösung bildet der sogenannte
„Strichfokus“, d.h. ein Brennfleck von langgestreckter Rechteckform. Die
Gefahrlosigkeit wird durch besondere Schutzmaßnahmen, Bleimäntel u.a. erreicht. Der
Vortragende schildert Ausführungen der Firma C. H. F. Müller A. G., Hamburg, die
diese Bedingungen erfüllen, sowie die dazu gehörigen Röhren und Apparate.
„Die Korrosions-Kurzprüfung nach dem Verfahren Dr. Tödt und ihre praktische
Bedeutung für die Technik“ Dr.-Ing. G. Gollnow,
Braunschweig.
Eine Reihe von Untersuchungsmethoden und Theorien sind der Wissenschaft zu den heute
so wichtigen Korrosionsstudien zur Verfügung gestellt worden. Die wichtigste dieser
Theorien ist die elektrochemische. Die Korrosion wird hier als Oxydation oder
Auflösung des Metalls unter gleichzeitiger Wasserstoffionen-Ausscheidung erklärt. An
korrodierenden Metallflächen sind gewissermaßen galvanische Elemente in großer Zahl
vorhanden. Man nennt diese Lokalelemente oder Mikroelemente. Dr. Tödt gelang es vor
kurzem, eine Versuchsanordnung zu schaffen, bei der die Stromstärke als direktes Maß
für die Korrosion ermittelt wird. Man kann so z.B. bei Eisen die Korrosion direkt in
g/m2 und Tag ablesen. Ebenso kann man
verschiedene Prüfstücke unter gleichen Bedingungen untersuchen und zuverlässige
relative Korrosionswerte ermitteln. Verschiedene vorgeführte Versuche zeigten, daß
das Korrosionsmeter nach Dr. Tödt ein unentbehrliches Hilfsmittel für die
Technik geworden ist.
Dr. Rud. Rüter, Frankfurt a. M., wies in seinem Vortrage
„Ueber die schnelle Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes durch Messung der
Dielektrizitätskonstante“ auf die Wichtigkeit der Feuchtigkeitsbestimmung,
bzw. des Wassergehaltes bei industriellen wie landwirtschaftlichen Produkten hin.
Das vom Vortragenden entwickelte Verfahren benützt die Erscheinung, daß die
Dielektrizitätskonstante (DK) bei wasserfreien Stoffen im allgemeinen niedriger ist,
als bei feuchten, zur Messung, indem er die zu untersuchenden Materialien zwischen
die Elektroden eines Kondensators bringt und dessen Kapazität mittels eines
besonders konstruierten Präzisionsgerätes, des „DK-Apparates“ bestimmt. Der
Wassergehalt kann dann entweder direkt an einem Skalenkopf abgelesen oder einer
Eichkurve entnommen werden. Die Zeitdauer einer solchen Bestimmung beträgt 1–2
Minuten. Man kann so im Fabrikbetrieb, den Feuchtigkeitsgehalt einzelner Stoffe
fortlaufend automatisch kontrollieren und registrieren. Der „DK-Apparat'“ hat
bei dem bekannten Preisausschreiben des Braunkohlenindustrievereins den ersten Preis
erhalten.
„Ueber einige neuere Fortschritte in der Beherrschung hoher Temperaturen“
berichtete Dr. Eugen Ryschkewitsch. Die Arbeiten der
Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt, vorm. Roeßler in Frankfurt a. M., werden
geschildert. Die Beherrschung hoher Temperaturen erfordert einerseits
hochfeuerfestes Material und andererseits Methoden zur Erzeugung hoher Hitzegrade.
Hohe Feuerbeständigkeit haben die reinen Oxyde Al2
O3, MgO, ZrO2,
BeO, ThO. Bei den beiden ersteren wird im elektrischen Ofen reduzierend geschmolzen,
wobei ein Teil der Unreinigkeiten verdampft bzw. oxydiert und leicht entfernt werden
kann. Am schwierigsten zu behandeln ist das Zirkonoxyd, das in verschiedenen
Modifikationen auftreten kann, deren richtige Auswahl ein Brennen bei
verhältnismäßig niedriger Temperatur zuläßt. Geräte aus Zirkonoxyd können bis 2000°,
ja, unter Umständen bis 2500° verwendet werden. Das Berylliumoxyd läßt sich
ebenfalls zu Geräten verarbeiten, die bis 2000° verwendbar sind. Thoriumoxyd geht
bis 2500°. Um diese Temperaturen ausnützen zu können, sind natürlich auch
entsprechende Oefen erforderlich. Die Oberflächenverbrennung, deren Wesen und
Anwendung der Vortragende schildert, gibt hierzu Mittel und Wege. Man kann so mit
Generatorgas von 1350 kcal/m3 auf 1950° und mit
Stadtgas auf über 2000° kommen.
„Neue hochfeuerfeste temperaturwechselbeständige Massen für den
Laboratoriumsbedarf“ behandelte Dr. Hermann
Schiller. Man versteht darunter solche, die über 1600° hinaus verwendbar
sind. Erst 1915 war es gelungen, solche Massen auch gasdicht herzustellen.
(Pythagoras-Masse von W. Haldenwanger.) Diese Masse besitzt einen Segerkegel von
36/37, d.h. etwa 1800°, man kann sie also zwischen 1700 und 1750° noch verwenden.
Mit Schutzrohren aus dieser Masse konnte man mit Platin-Platinrhodiumelementen bis über 1600°
messen. Es traten aber auch Forderungen nach temperatur-wechselbeständigen Massen
auf. Der Anteil des ungelösten Quarzes bei fast jeder feuerfesten Masse
beeinträchtigt die Temperaturwechselbeständigkeit. Das Silimantin der oben genannten
Manufaktur hat einen stark reduzierten Quarzgehalt, das noch vorhandene ist beim
Brand der artig in Lösung gebracht, daß es kaum mehr einen Einfluß auf die
Temperaturwechselbeständigkeit ausüben kann. Es kommt daher für
Pyrometerschutzrohre, Glührohre und für Isolationsteile für Elektroofen in Frage.
Eine weitere solche Masse ist das Silicarbin, das infolge seiner niedrigen
Wärmeleitfähigkeit und geringen Ausdehnungskoeffizienten sehr große
Temperaturwechselbeständigkeit zeigt, es kann überall da verwendet werden, wo es auf
letztere, nicht aber auf gute elektrische Eigenschaften ankommt.
Prof. Dr.-Ing. R. Plank, Karlsruhe, sprach über „Die
gegenseitigen Beziehungen zwischen der Kältetechnik und der chemischen
Industrie“. Er beschrieb die verschiedenen Kältemittel, wie Aethan,
Aethylen, Propan, Schweflige Säure, Methylchlorid, Aethylchlorid und Isobutan. Bei
Turbokompressoren kommen Stoffe mit höherem spezifischen Gewicht, wie Dichloräthylen
und Dichlormethan in Frage, ferner Aethylchlorid und Methylbromid. Weder giftig noch
brennbar sind die Chlor-Fluor-Methane. Die chemische Industrie bedient sich der
künstlichen Kälte bei der Verflüssigung von Gasen, der Erstarrung von Flüssigkeiten,
der Kristallisation von Salzen aus Mutterlaugen und der Zersetzung von flüssigen
und gasförmigen Gemischen in ihre Bestandteile. Z.B. Chlorverflüssigung,
Herstellung fester Kohlensäure, Rohölraffination, Koksofengaszerlegung u.a.m.
Ein weiteres Kapitel aus der Kältetechnik enthielt der Vortrag von Dipl.-Ing. F. B.
Krull, Berlin. „Silica-Gel und Stand der Technik
seiner industriellen Anwendung.“
Das Silica-Gel, ein Körper von sehr großer Adsorptionskraft, ist ein wichtiges
Material für die chemische und verwandte Industrien geworden. Gas- und
Lufttrocknungsanlagen für die verschiedensten Zwecke wurden ausgeführt. Wichtig ist
die Anwendung desselben zur Wiedergewinnung von Lösungsmitteln. Seine Bedeutung als
Kontaktträger geht daraus hervor, daß 1 gr dieser Substanz infolge der
mikroskopischen Poren eine Oberfläche von 450 m2
darstellt. Ein Sondergebiet ist die Verwendung in der Kälteindustrie, in
Eisenbahnkühlwagen, wie Kühllastwagen. Die Verwendung dieses Materials, so.
umfangreich sie bereits ist, stellt erst einen Anfang dar.
Aähnliche Verwendung hat die sogenannte „Aktive Kohle“, deren Anwendung zur
Reinigung von Wasser, von Dr. Bailleuil und zur Gewinnung
von Lösemitteln und Wiedergewinnung derselben, wie Benzol usw., von Dipl.-Ing. Reisemann behandelt wurde.
Wie bereits erwähnt, stellt das Vorhergehende nur eine kleine Auslese aus dem
reichhaltigen Vortragsprogramm der Achema, bzw. Dechema, dar.
K.