Titel: Deutsche Bunsen-Gesellschaft.
Autor: K.
Fundstelle: Band 346, Jahrgang 1931, S. 118
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Deutsche Bunsen-Gesellschaft. Deutsche Bunsen-Gesellschaft. Die Deutsche Bunsen-Gesellschaft für angewandte physikalische Chemie, hielt ihre 36. Hauptversammlung vom 25. bis 28. Mai in Wien ab, wohin sie von der Stadt Wien und den dortigen Physikochemikern eingeladen war. Das wissenschaftliche Hauptthema, das von dem Vorsitzenden der Gesellschaft, Direktor Dr.Specketer, Frankfurt am Main, zusammen mit Geheimrat Tamman, Göttingen, vorbereitet war, lautete: Fortschritte der Metallkunde und ihre Anwendungen auf Leichtmetalle. Die weiteren Gebiete, die in nahezu 60 Vorträgen behandelt wurden, waren: Metallphysik und -Chemie, Rekristallisation, Technische Metallkunde, Allgemeine physikalische Chemie, Oberflächenchemie, Molekülstruktur, Kristallstruktur und Photeffekt. Im ersten Vortrage behandelte R. Becker, Berlin, Elektrische und magnetische Eigenschaften der Metalle. Die Metalle nehmen unter den festen und flüssigen Stoffen eine Sonderstellung ein, die nach den heutigen Vorstellungen durch die große Beweglichkeit der in ihnen enthaltenen Elektronen bedingt ist. Die klassische Theorie versagt in einzelnen Punkten und wird ergänzt durch die Quantenmechanik, diese ergibt auch eine vertiefte Theorie der elektrischen Leitfähigkeit. G. Masing, Berlin-Siemensstadt, berichtete über Ausscheidehärtung (Vergütung) insbesondere auf Grund der Erfahrungen an Leichtmetallen und an Legierungen des Berylliums. Vergütung heißt Steigerung der Festigkeitseigenschaften durch Wärmebehandlung, sie ist von außerordentlicher Bedeutung für die technische Verwendbarkeit von Leichtmetall-Legierungen. Man hatte diese auf die Ausscheidung einer zweiten Kristallart aus den Mischkristallen, in einer bestimmten, sehr feinen Verteilung, zurückgeführt. Mit Hilfe der Röntgenstrahlen ist es gelungen, diese zweite Kristallart in einigen Fällen nachzuweisen. Die Klärung der Vergütungsfrage gibt auch die Möglichkeit andere Eigenschaften der Metalle, wie elektrisches Leitvermögen, Ferromagnetismus usw. zu klären. Geheimrat Tamman, der während der Tagung seinen 70, Geburtstag feierte, sprach über Die Rekristallisation. Bei der Bearbeitung eines Werkstückes durch Walzen, Schmieden usw. wird seine Struktur wesentlich verändert, die einzelnen Kristalle werden, gedreht, verlängert und nach kristallographisch bestimmten Ebenen orientiert. Damit verändern sich auch die physikalischen und chemischen Eigenschaften des betreffenden Metalls. Wird nun die Temperatur des betreffenden Werkstückes erhöht, so beginnen zuerst die ursprünglichen Eigenschaften wiederzukehren, ohne daß sich vorerst diese Orientierung ändert. Erst bei weiterer Wärmezufuhr ergibt sich wieder eine regellose Orientierung der Körner, die dabei noch wachsen, wobei die letzten Spuren der Kaltbearbeitung wieder verschwinden. Für die technische Verwendung der Metalle und Legierungen sind diese Vorgänge von großer Bedeutung, da man nach ihrem Verlaufe, die Bearbeitung vornehmen muß, wenn man bestimmte Eigenschaften erreichen will. G. Sachs, Frankfurt am Main, behandelte Probleme der Metallkunde beim Aluminium und beiden Aluminiumlegierungen. Es wurden Aluminiumkristalle durch Rekristallisation hergestellt und ihre Eigenschaften mit denen anderer Metalle verglichen, es ergab sich so eine große Aehnlichkeit mit Metallen von gleichem Gitterbau, wie Kupfer, Silber, Gold. Bei Legierungen ergeben sich aber andere Eigenschaften vor allem in bezug auf die Festigkeit. Namentlich bei Gußlegierungen haben die unvermeidlichen Gaseinschlüsse einen nachteiligen Einfluß. Die korrosionschemische Wirkung von Zusätzen zum Aluminiumist noch nicht zu übersehen, ungünstig wirken vor allem Kupfer und Eisen, die durch andere Metalle (z.B. Natrium) zum Teil kompensiert werden können. Guter Korrosionsschutz kann durch eine elektrolytisch erzeugte Oxydschicht erreicht werden. P. Beck und M. Polanyi, Berlin-Dahlem, Ueber Rückbildung des Rekristallisationsvermögens durch Rückformung wiesen nach, daß Aluminium-Einkristalle, die über einen zylindrischen Dorn gebogen und nachher ausgeglüht waren, eine Rekristallisation erleiden, die aber durch Zurückbiegen zum Teil oder ganz wieder aufgehoben werden kann. Prof. Billiter, Wien, berichtete über Stand und Aussichten der technischen Elektrochemie. Die Vorteile, die elektrolytische Verfahren bei der Raffination von Metallen bieten, haben ihre Bedeutung wesentlich erhöht. Die größte Bedeutung hat die Kupferraffination auf diesem Wege, denn fast alles Kupfer wird so raffiniert, Gold und Silber meist im Zusammenhang mit dem Kupfer. 20 v. H. der Weltproduktion an Zink werden elektrolytisch gewonnen. In gewissem Umfange auch Zinn. Nickel wird in Amerika elektrolytisch raffiniert, wobei ganz ansehnliche Leistungen aufgewendet werden müssen. Auch die Raffination von Blei hat sich vergrößert. Die Galvanotechnik hat an Umfang und Bedeutung zugenommen, namentlich auch in bezug auf die Herstellung von Fertigprodukten auf elektrolytischem Wege, (z.B. Kupfer- und Nickelrohre). Die elektrolytische Wasserzersetzung hat einen bedeutenden Umfang erlangt. Die Alkalichloridzerlegung stellt eine bedeutende Industrie dar, es werden etwa 40 % der Weltproduktion an Aetzkali auf diesem Wege hergestellt, wäre der Absatz für Chlor und Chlorprodukte nicht ein beschränkter, so würde sich diese Zahl noch erheblich vergrößern. Von Wichtigkeit ist neuerdings namentlich die Schmelzflußelektrolyse für die Gewinnung von Leichtmetallen geworden, Aluminium, Beryllium, in beschränkterem Umfange Kalzium, Barium und Lithium werden so hergestellt. Natrium wird in großen Mengen nach den Verfahren von Ciba und Downs durch Schmelzflußelektrolyse erzeugt. Elektroschmelzzement ist ein Material, das noch eine Zukunft haben dürfte. A. König, Karlsruhe, behandelte Elektrolytische Verchromung von Leichtmetallen. Das Chrom eignet sich besonders zur Oberflächenbehandlung von Leichtmetallen, es ist heute gelungen, festhaftende Ueberzüge zum Beispiel auf Aluminium und seinen Legierungen zu erzielen. Die näheren Bedingungen und Verfahren hierzu werden erläutert. H. Röhrig vom Lautawerk gab einen Abriß über Elektrolytisch erzeugte oxydische Ueberzüge auf Aluminium und schilderte die Eigenschaften der so erzeugten Schichten, die auch imprägniert und gefärbt werden können. Von Bedeutung ist neuerdings auch die Glimmlichtelektrolyse über die A. Klemenc, Wien berichtete. Bei der Reduktion von Salpetersäure werden bei der Glimmlichtelektrolyse salpetrige Säure, Stickoxyd und Stickoxydul erhalten. Das führt zum Schluß, daß hierbei eine Wasserstoff-Metallphase entsteht. M. Centnerszwer, teilte Versuchsergebnisse über das Verhalten von reinem Aluminium gegen Säuren und Basen mit, es wurden die Lösungsgeschwindigkeiten von 99 und 99,95 % Aluminium untersucht. In Salpetersäure ist erst nach Tagen eine Gewichtsabnahme festzustellen, nur in Salzsäure kann eine solche direkt gemessen werden. In Schwefelsäure war die Lösungsgeschwindigkeit noch geringer, als in Salpetersäure. In Natronlauge und Ammoniak dagegen löst sich das reinste Aluminium recht rasch auf. Die Auflösung von Aluminium in alkalischen Lösungen behandelte G. Schikorr, Berlin-Dahlem. Der Gehalt an Verunreinigungen (Eisen und Silizium) erwies sich als unwesentlich für die Reaktionsgeschwindigkeit. Bei der Auflösung in Natronlauge ist die Auflösungsgeschwindigkeit der Oxydhaut für die Lösungsgeschwindigkeit maßgebend, dies ist ein anodischer Vorgang. Dann beginnt eine lebhafte Wasserstoffentwicklung. Die Einteilung der Korrosionserscheinungen an Metallen in zwei Klassen: 1. Korrosion unter Entwicklung von gasförmigem Wasserstoff, 2. Korrosion unter Oxydation von kathodisch entstehendem atomarem Wasserstoff, genügt nicht und bedarf einer Erweiterung. P. Kubelka, Aussig, berichtete über Adsorption und Kapillarkondensation.“ Beim Gleichgewichte zwischen einem Kapillargebilde, (Kieselsäuregel (Silikagel), aktiver Kohle, usw.); und einem Gase, spielt neben der Adsorption auch die Kapillarkondensation eine ausschlaggebende Rolle, bei letzterer wird das Gas in den Kapillaren in tropfbar flüssiger Form festgehalten. Die Existenz der Flüssigkeit unterhalb des Taudruckes wird durch eine Dampfdruckerniedrigung an den stark konkav gekrümmten Menisken ermöglicht, die die Flüssigkeitin den engen Kapillaren aufweist. Wichtig ist die Aufgabe, festzustellen, bis zu welchen Grenzbedingungen die Kapillarkondensation gegenüber der Adsorption überwiegt. Jedenfalls spielt sie eine viel größere Rolle, als man bisher annahm. W. Schmidt, Bitterfeld, besprach die Technologie und Anwendung des Elektronmetalls. Unter diesem Namen werden Legierungen zusammengefaßt, die auf der Magnesiumbasis aufgebaut sind, ihr spez. Gewicht liegt bei 1,8. Die Hauptkomponenten sind Aluminium, Zink, Mangan, auch Silizium. Diese Legierungen überziehen sich an der Luft mit einer Oxydschicht, ähnlich wie das Aluminium und sind gegen alkalische Lösungen und Flußsäure beständig. Das vor allem für die Flugzeug-, Automobilindustrie, Verkehrswesen und allgemeinen Maschinenbau, wichtige Metall wird als Sand-Kokillen- oder Spritzguß hergestellt. Im ersteren Falle werden „grüne“, d.h. nasse Formen verwendet. Die Bearbeitung des Elektrometalls kann mit spanabhebenden Werkzeugen sehr gut und mit großer Geschwindigkeit erfolgen, das Walzen erfolgt bei Temperaturen von 280° bis 350° je nach der jeweiligen Zusammensetzung. Seine Festigkeitseigenschaften und geringes spez. Gewicht erlauben bei Verwendung als Konstruktionsmaterial erhebliche Gewichtsersparnisse. Im Vorstehenden konnte natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus der Reichhaltigkeit der Vorträge gegeben werden. Die Versammlung zeigte die enge Zusammenarbeit Deutschlands und Oesterreichs auf ihren wissenschaftlichen Arbeitsgebieten und ferner die enge Verbindung von Wissenschaft und Praxis auf dem Gebiete der physikalischen Chemie und damit auch die Bedeutung der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für diese. K.