Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 109, Jahrgang 1848, Nr. , S. 233
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Miscellen. Miscellen. Artesische Brunnen zu Venedig. Seither bezog Venedig seinen Wasserbedarf theils aus 144 öffentlichen und 1990 Privatcisternen, in welchen Regenwasser gesammelt wurde, theils aus der Seriole, einem Abzugscanal der Brenta, womit täglich viele Barken beschäftigt waren. Vom Jahr 1825–1830 ließ die österreichische Regierung mehrere, aber wegen des Flugsandes, den man in der Tiefe antraf, immer vergebliche Versuche zum Erbohren artesischer Brunnen anstellen. Alle Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg schien verschwunden, bis Hr. Degousée aus Paris im August 1846 auf dem Platze Santa-Maria-Formosa einen neuen Versuch unternahm. Nach sechsmonatlicher Arbeit erbohrte man in 61 Meter Tiefe ein hervorsprudelndes Wasser. Im April 1847 gelang der zweite Versuch auf dem Platze S. Paolo; die in 60 Meter Tiefe angetroffene Quelle liefert 250 Liter Wasser bis zu einer Höhe von 4 Meter über dem Boden. Gegenwärtig sind sechs artesische Brunnen vollendet und noch drei in Arbeit. Das Wasser enthält Kohlenwasserstoffgas und Kohlensäure; nachdem es aber diese Gase durch einiges Stehen an der Luft verloren hat, ist es vollkommen trinkbar und zu jedem häuslichen Bedarf tauglich, (Comptes rend., Bd. XXVI S. 50.) Die Patent-Steingußfabricate der HHrn. Gran und v. Bosse. Es gibt in der Geschichte der Wissenschaften und der Industrie nicht wenig Beispiele von wichtigen und erfolgreichen Erfindungen, die durch reine Zufälle veranlaßt wurden. Bald war es ein ungeahnter Fund an einem Orte, wo man nichts oder etwas Anderes suchte, oder ein glücklicher Griff aufs Gerathewohl in eine chaotische Masse gethan, der Neues oder Verlorengegebenes zum Vorschein brachte, bald ein an sich ganz gewöhnliches Ereigniß, das zu günstiger Stunde eine neue Idee in einem großartigen Geiste erweckte, oder auch wohl ein nie vorherzusehendes und noch weniger planmäßig zu bewirkendes Zusammentreffen verschiedenartiger Umstände, das auf Unbekanntes hinleitete. Nicht geringer aber ist auf der andern Seite die Zahl auch solcher Fälle, wo bedeutende Entdeckungen, resp. Erfindungen, Ergebniß und Folge langdauernder, mit Vorbedacht begonnener und planmäßig und unermüdlich fortgesetzter Anstrengungen oft nicht eines einzigen nur, sondern einer Reihe Gleichgesinnter gewesen sind, wo ein einmal ausgesprochener Gedanke, eine einmal aufgenommene Untersuchung, eine einmal angeregte Hoffnung, wenn auch vielleicht scheinbar vergessen oder aufgegeben, doch fortgelebt und lange Zeit hindurch im Stillen fortgewirkt hat, bis es endlich gelang alle Schwierigkeiten zu überwinden und das Ziel zu erreichen. Und eben hiervon liegt uns in der in Dresden (Alaungafse, Nr. 55 b) so eben eröffneten kostenfreien Ausstellung des Patent-Steingusses aus der für das Inland patentirten Fabrik der HHrn. Gran und v. Bosse ein neues Beispiel vor Augen. Dieser ganz neuen, für die gesammte Industrie höchst wichtigen Erfindung, worüber sich bereits die Gewerbvereine in Zittau und in Dresden sehr günstig ausgesprochen haben, möge noch etwas näher gedacht seyn. Die „Patent-Steingußfabricate“ werden auf kaltem Wege aus allen Arten Stein, Metall, Schlacken, Stein- und Braunkohlen, Asche u. dgl. hergestellt. Das Wie? ist nur den obengenannten Erfindern bekannt, welche dieß gegen ein angemessenes Honorar mitzutheilen bereit sind. Die „Patent-Steingußfabricate“ sind nämlich: 1) Marmor-Fußplatten, schöner und bedeutend billiger als von natürlichem Marmor, bereits von dem Hofbaumeister v. Wolframsdorf u. A. angewandt; 2) Bimsstein; 3) Wetz- und Schleifsteine, in jeder Hinsicht den Erfordernissen entsprechend und um die Hälfte billiger als die natürlichen, bereits von den landwirthschaftlichen Vereinen zahlreich beachtet; 4) verschiedene Sorten Sandstein,“ an Dichtigkeit und Festigkeit die natürlichen übertreffend; 5) Mühlsteine, sehr dauerhaft; 6) verschiedene, wahrhaft vortreffliche Kunstgußgegenstände (Porträts, Rosetten, architektonische Verzierungen aller Art); letzterer in solcher Schönheit bisher noch nicht vorhanden gewesene Kunstartikel ist nicht nur ein Schmuck jedes Zimmers, sondern dürfte auch hauptsächlich den Bauherren und Baumeistern die beste Gelegenheit zur Entgegennahme dauerhafter und billiger architektonischer Verzierungen darbieten. Man beabsichtigt auf diese wichtige Erfindung ein Actien-Unternehmen zu begründen; die vielseitige Brauchbarkeit der obengenannten „Patent-Steingußfabricate“ läßt mit Sicherheit einen günstigen Erfolg von diesem Unternehmen erwarten. B. Anwendung des Mikroskops zur Erkennung von Pflanzenalkalien, insbesondere jener des Opiums. Professor Anderson in Edinburgh schlägt zu diesem Zwecke ein neues Verfahren vor. Man löst das Alkaloïd in verdünnter Salzsäure auf und setzt einem, auf eine Glasplatte gebrachten Tropfen dieser Lösung (behufs der Erkennung des Alkaloïds) einen Tropfen schwache Ammoniakflüssigkeit, oder um eine Schwefelcyanverbindung damit zu bilden, Schwefelcyankalium zu und bringt alsdann die Glasplatte in das Gesichtsfeld eines 250mal vergrößernden Mikroskops. Man bereite die Lösung nicht zu concentrirt, weil sonst die Krystalle wirre ausfallen und schwieriger zu bestimmen sind. Die verschiedenen Alkalien verhalten sich dabei wie folgt: Das salzsaure Strychnin gibt mit Ammoniak sogleich kleine, sehr deutliche, an Größe beinahe gleiche, prismatische Krystalle. Das schwefelblausaure Strychnin gibt bald einzeln, bald in unregelmäßigen Gruppen stehende, abgeplattete Nadeln, die in einem spitzen Winkel enden oder abgestumpfte Enden haben. Das Brucin gibt nach einigen Augenblicken unregelmäßig, sternförmig zusammengestellte Krystall-Gruppen; das schwefelblausaure Brucin krystallisirt in kleinen äußerst dünnen Büscheln. Die Morphinsalze geben mit Ammoniak rhomboedrische Krystalle. Das schwefelblausaure krystallisirt nicht. Das Narcotin gibt zweigartige Krystalle. Das schwefelblausaure ist amorph. Das Cinchonin bildet körnige Massen, die aus mehr oder weniger deutlichen nadelförmigen Krystallen bestehen, welche wie aus einem Mittelpunkt ausstrahlen, auch zuweilen wirre Körnchen. Das schwefelblausaure Cinchonin liefert sechsseitige Krystalle, mit unregelmäßigen und abgeplatteten rechtwinkligen untermengt. Das Chinin bildet einen amorphen Niederschlag; das schwefelblausaure kleine unregelmäßige Gruppen von nadelförmigen Krystallen, die jenen des Strychnins sehr ähnlich, jedoch länger und nicht so regelmäßig sind. Das Ammoniak ist ein sehr geeignetes Reagens, um diese Basen zu unterscheiden, indem das Strychnin mit demselben Krystalle gibt, das Chinin aber eine amorphe Masse. Atropin wird nur von Ammoniak amorph niedergeschlagen. Das Mikroskop wurde schon früher zu gerichtlich-medicinischen Untersuchungen angewandt; so auch zu jenen verdächtiger Opiumsorten. Obiges Verfahren setzt wohl einige Uebung vor der Anwendung voraus. (Journal de chimie médicale, Juni 1848.) Krystallisirte schweflige Säure. Wenn man einen Strom von schwefligsaurem Gas, welches zuvor gewaschen wurde, in eine concentrirte Auflösung dieses Gases leitet, deren Temperatur man so ziemlich auf 0° unterhält, so entsteht bald ein krystallinischer Niederschlag, welcher sehr rasch zunimmt; man kann auf diese Art in einigen Stunden mehrere hundert Gramme von den Krystallen erhalten. Wenn sie groß werden sollen, darf man die Gasröhre nicht in die Flüssigkeit tauchen lassen, weil sie durch deren Bewegung die Krystallisation stören würde. Man erhält auch schöne durchsichtige Krystalle, wenn man eine sehr concentrirte Auflösung von schwefliger Säure in einer Temperatur von 1 bis 2° C. über Null stehen läßt. Diese Krystalle enthalten über 28 Procent Wasser und scheinen der Formel SO2, 9 HO zu entsprechen. Sie enthalten etwa viermal mehr schweflige Säure als eine gesättigte Auflösung dieses Gases bei gewöhnlicher Temperatur. Wenn man diese Krystalle einer Temperatur über + 4° C. aussetzt, so zergehen sie, indem sie einen Theil ihrer Säure verlieren. J. Pierre. (Comptes rendus, Jul. 1848, Nr. 1.) Das Zinkweiß als Surrogat des Bleiweiß für Malerfarben Hr. Leclaire, ein Zimmermaler in Paris, welcher meistens zwei hundert Gehülfen beschäftigt, benutzt das Zinkweiß anstatt Bleiweiß und Farben mit Zink als Basis anstatt solcher mit Kupfer und Blei als Basis. Nach seinen Erfahrungen leistet das Zinkweiß dieselben Dienste wie das Bleiweiß, ohne dessen Fehler zu besitzen; es ist viel weißer als Bleiweiß; mit Oel angerieben und aufgetragen, reflectirt es das Licht, statt es zu absorbiren, es liefert feinere und durchsichtigere Töne, deckt besser und bei gleichem Gewicht eine größere Fläche; Schwefeldämpfe schwärzen es nicht wie die Bleifarben und bekanntlich ist seine Bereitung mit keiner Gefahr für die Arbeiter verbunden. Das Oel für die Zinkfarbe darf aber nicht mit Bleiglätte trocknend gemacht werden, weil sonst die Farbe durch Schwefelwasserstoff geschwärzt würde wie Bleiweiß. (l'Institut, 1848 Nr. 734) Die Anwendbarkeit des Zinkoxyds statt Bleiweiß in der Oelmalerei, welche in der letzten Zeit von Leclaire (im J. 1821 von Lassaigne) als etwas Neues vorgebracht wurde, ist schon seit dem Jahr 1782 bekannt, wo Guyton de Morveau die Vorzüge des Zinkoxyds vor dem Bleiweiß für Oelfarben in sanitätspolizeilicher, artistischer und ökonomischer Hinsicht auseinandersetzte. In Folge seiner Versuche kam es auch vielfach, namentlich in Dijon, für die Zimmermalerei in Gebrauch; wahrscheinlich war der damalige hohe Preis des Zinks die alleinige Ursache, daß seine Anwendung zu diesem Zweck nicht fortgesetzt wurde und sich nicht weiter verbreitete. (Comptes rendus, März 1848 Nr. 12 ) Ueber die in der chemischen Fabrik des Hrn. L. Unger in Eilenburg stattgefundene Explosion bei der Bereitung von holzessigsaurem Natron;von Ascan Conrad. Der in Folgendem beschriebene, in theoretischer, als auch in praktischer Hinsicht gleich merkwürdige Fall nöthigt mich, zur Veranschaulichung der mächtigen Wirkung der Explosion eine specielle Uebersicht der Lage, als auch der inneren Einrichtung der betreffenden Fabrikgebäude zu geben. Die in der Hinterstadt zu Eilenburg gelegene chemische Fabrik befindet sich hart am Mulde-Mühlgraben und besteht aus 2 Flügeln, von denen der eine 138′ lang, 18¼′ tief ist und mit der Vorderfront dem Süden zugekehrt ist. Vor ihm breitet sich die Mulde-Uferwiese aus und in directer Entfernung von circa 600 Schritten steht das Siechhaus. Dieser Flügel ist wiederum zusammengesetzt aus 3 Gebäuden, von denen das westlich gelegene in 2 Räumen die Niederlage, das mittlere das eigentliche Laboratorium ausmacht und das östliche verschiedene Maschinen, die durch ein Roßwerk getrieben werden, welches sich vor dem Hause befindet, enthält. Der zweite Flügel stößt mit seiner südlichen Giebelwand an die westliche des ersten. An der Außenseite der Vorderfront des Laboratoriums, ungefähr 2′ von der Eingangsthüre, befand sich in einem gemauerten Herde ein 1½′ tiefer und 2′ im Durchmesser habender gußeiserner Kessel, dessen Wandungen ¾″ dick waren und dessen Feuerungszug sich mit den Zügen dreier, von außen heizbarer, an der inneren Seite des Gebäudes gelegener Apparate in einer russischen Esse vereinte. Auf der entgegengesetzten Seite, ebenfalls im Innern, waren 5 Feuerungen, deren Züge in eine besteigbare Esse mündeten. Jede der Essen hatte eine Höhe von 35–40′. Der Dachstuhl des mittleren Gebäudes ragte in einer Höhe von 6′ über dem gußeisernen Kessel hervor, um ihn einigermaßen vor herabfallendem Regen zu schützen. Zwischen dem Dache und den Frontmauern, in Höhe der Stichbalken, etwa 8′, und durch das Haubendach war den sich entwickelnden Dämpfen ein Ausweg gestattet. Die Verbindung des Laboratoriums mit der Niederlage war durch zwei offene Bogengänge hergestellt. 70 Fuß seitwärts in gleicher Richtung mit den Fabrikgebäuden lag das Comptoirgebäude. Am 24. Jun. befand sich in oben beschriebenem gußeisernen Kessel eine holzessigsaure Natron-Lösung, dargestellt durch Zersetzung des holzessigsauren Kalkes mit schwefelsaurem Natron. Die heiß filtrirte Lösung, schon etwas abgeraucht, erfüllte den Kessel zu zwei Drittel und wurde durch einen zuverlässigen Arbeiter mittelst eines hölzernen Spatels bewegt. Urplötzlich erfolgte ein eigenthümlicher, dem Kanonendonner kaum vergleichbarer Knall, der, begleitet von einer ebenso momentanen Feuererscheinung, folgende Wirkung äußerte: der Kessel war zersprungen, die Stücke desselben nach allen Seiten geschleudert, die über demselben befindlich gewesenen Stichbalken herausgeworfen, das 8″ starke Rahmenstück zerbrochen, die russische Esse, sowie fast sämmtliche Herde zertrümmert, die Wände einige Zoll herausgetrieben, die besteigbare Esse von unten bis oben hinaus zerborsten, die Thüren und Utensilien zerstückelt, die Dielen des über der Niederlage befindlichen Bodens theils zersplittert, theils mit den Nägeln Herausgeriffen, die Ziegel abgedeckt und 200 Schritte, ja selbst 10½ Pfd. schwere Randsteine des Kessels 150 Schritte weit fortgeführt. Der hölzerne Spatel wurde noch brennend in einer Entfernung von 200 und einigen Schritten, der beim Rühren beschäftigt gewesene Arbeiter nur wenige Schritte vom Kessel entfernt, durch ein Stück des zersprungenen Kessels erschlagen, gefunden. Ein Mauerstein war mit solcher Gewalt gegen die östliche Giebelwand des Comptoirgebäudes geworfen, daß ein Stück desselben, gleich einer Kanonenkugel, darin sitzen blieb. In dem östlichen Theile des Gebäudes das aus Fachwerk besteht, waren die Felder 2″ aus den Riegeln getrieben, die Fenster zertrümmert und das Kreuz des einen, der östlichen Giebelwand zunächst gelegenen Fensters von außen eingedrückt; 2 Arbeiter, die sich auf der Treppe befanden, wurden herunter gehoben und nach ihren Aussagen durch einen aus den Schleußen des Roßwerkes kommenden blauen Dunst zum Fenster hinausgetrieben. In dem mehr geschützten zweiten Flügel waren nur die Fensterscheiben der Giebelwände zersprungen. Der Knall wurde in einer Entfernung von mehr als 2 Stunden gehört. Die Erschütterung war so heftig, daß sämmtliche Scheiben im Comptoirgebäude, so wie auch mehrere im Hospital und anderen entfernt liegenden Gebäuden zersprangen, daß auf dem Markte, mitten in der Stadt, Thüren und Fenster aufsprangen und Möbel und Hausgeräthschaften bewegt wurden. Die nach der Detonation am Boden des Kessels sich befindende Masse, von der ich auch Hrn. Prof. Erdmann ein Stück zur Untersuchung überreichte, ist etwa 1½″ dick, krystallinisch und eine schichtweise Ablagerung daran zu gewahren. Die Analyse ergab: Schwefelsaures Natron als Hauptbestandtheil, Chlornatrium, kohlensaure Kalkerde, Kohle und Sand, Spuren von essigsaurem Natron, phosphorsaurem Natron und schwefelsaurer Kalkerde. Da das zur Lösung angewendete Muldewasser wenig kalkhaltig ist und nur Spuren von Gyps im Bodensätze sind, so scheint die kohlensaure Kalkerde ein secundäres Product zu seyn. Schließlich erlaube ich mir die ergebene Bitte an die Herren Chemiker, mir ihre Ansichten über die Ursache dieser heftigen Explosion mitzutheilen, um dadurch dem Praktiker Mittel an die Hand zu geben, weiterem Unglück bei der Bereitung dieses Salzes vorzubeugen. Nachschrift. Zur Erklärung der beschriebenen merkwürdigen Explosion möchte wohl die Thatsache von Wichtigkeit seyn, daß die am Boden des Kessels gefundene Masse, da, wo sie am Kessel anlag, in einer Dicke von 2–3 Linien verkohlt erscheint. Möglich, daß der Boden des Kessels bis zum Glühen erhitzt und bereits eine Reduction von Schwefelnatrium eingetreten war, während sich noch wässerige Flüssigkeit über der abgesetzten Kruste befand, durch deren Zusammentreffen mit der glühenden schwefelnatriumhaltigen Masse die Explosion entstand. Es ist bekannt, mit welcher Heftigkeit sich manche Pyrophore beim Zusammentreffen mit Wasser entzünden und explodiren. Erdmann. (Journal für praktische Chemie, 1848 Nr. 11.) Ueber die Ausfüllung des Mantels der sogenannten feuerfesten Kassenschränke; von Professor Dr. Remigius Fresenius. Die Meinungen sind getheilt, welche Substanz zur Ausfüllung des Mantels feuerfester Kassenschränke die geeignetste seyn möchte; ob es besser sey, den Mantel einfach zu machen, oder denselben durch Zwischenwände zu theilen u. s. w. — diese Fragen sind für den praktischen Werth der sogenannten feuerfesten Behältnisse von Bedeutung, und aus dem, was bis jetzt über die Wärmeleitungsfähigkeit u. s. w. der zur Ausfüllung geeigneten pulverförmigen Substanzen bekannt war, können dieselben nicht mit Zuverlässigkeit beantwortet werden. Ich unternahm es daher, den wahren Sachverhalt durch neue Versuche festzustellen. Dieselben beziehen sich 1) auf den relativen Werth des Holzkohlenpulvers, der Holzasche, des gebrannten Gypses und der Steinkohlenlösche als Ausfüllungsmittel des Mantels; 2) auf den relativen Werth eines einzigen Mantels zu einem durch Zwischenwände und eine Luftschicht getheilten. I. Der Apparat, mit welchem ich die auf den ersten Punkt bezüglichen Versuche unternahm, bestand in einem hohlen, unten durch einen ebenen Boden verschlossenen, oben offenen Cylinder von dünnem Eisenblech (Durchmesser 3 Zoll, Höhe 2½ Zoll), in welchem mittelst dreier Drähte ein dem ersten ähnlicher, aber kleinerer Cylinder (Durchmesser 2 Zoll, Höhe 2 Zoll) in der Weise eingehängt wurde, daß der größere einen Mantel um den kleineren bildete. Aus den angegebenen Verhältnissen erhellt, daß der Zwischenraum zwischen beiden Cylindern unten und auf den Seiten gleich war und ½ Zoll betrug. Der Zwischenraum wurde nun nach der Reihe a) mit Holzkohlenpulver, b) mit Buchenholzasche, c) mit gebranntem Gyps, d) mit Steinkohlenlösche unter Aufklopfen angefüllt. Der kleinere Cylinder enthielt feinen trockenen Sand und in dessen Mitte ein durch ein Stativ gehaltenes Thermometer. Auf die Mitte der Grundfläche des äußern Cylinders ließ ich bei den vier unmittelbar nacheinander angestellten Versuchen eine mit gleichbleibender Stärke brennende Weingeistlampe aus stets gleicher Entfernung einwirken. a) Versuch mit Kohlenpulver. Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach   0 Minuten   17° Cels   — Nach   5 Minuten   24° Cels   7° Nach 10 Minuten   46° Cels 22° Nach 15 Minuten   63° Cels 17° Nach 20 Minuten   78° Cels 15° Nach 25 Minuten   90° Cels 12° Nach 30 Minuten   99,5° Cels   9,5° Nach 30,5 Minuten 100° Cels   0,5°. b) Versuch mit Buchenholzasche. Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach 0 Minuten   17,5° Cels   — Nach 5 Minuten   23,5° Cels   6° Nach 10 Minuten   43° Cels 19,5° Nach 15 Minuten   64° Cels 21° Nach 20 Minuten   85° Cels 21° Nach 25 Minuten 104° Cels 19° Nach 30 Minuten 119° Cels 15° c) Versuch mit gebranntem Gyps. Zeit Thermometerstand. Differenzen. Nach 0 Minuten   17,5° Cels   — Nach 5 Minuten   23° Cels   5,5 Nach 10 Minuten   43° Cels 20° Nach 15 Minuten   64° Cels 21° Nach 20 Minuten   80° Cels 16° Nach 25 Minuten   95° Cels 15° Nach 30 Minuten 105,5° Cels 10,5°. d) Versuch mit Steinkohlenlösche. Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach 0 Minuten 17,5° Cels Nach 5 Minuten 24,5° Cels Nach 10 Minuten 48° Cels 23,5° Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach 15 Minuten   74,5° Cels 26,5° Nach 20 Minuten   98° Cels 23,5° Nach 25 Minuten 112,5° Cels 14,5° Nach 30 Miunuten 132° Cels 19,5°. Bei halbstündiger Einwirkung einer gleichen Wärmequelle wurde somit der Inhalt des innern Cylinders erhitzt, bei Ausfüllung des Mantels mit Kohlenpuler von 17° auf   99,5° mit Gyps von 17,5° auf 105,5° mit Asche von 17,5° auf 119° mit Lösche von 17,5° auf 132° oder der Inhalt des innern Cylinders wurde bei gleicher Wärmezuführung von 17,5° auf 100° Cels. erwärmt bei Lösche in 20,7 Minuten bei Asche in 24 Minuten bei Gyps in 27,5 Minuten bei Kohlenpulver in 30,5 Minuten Aus den angeführten Versuchen ergibt sich somit für die Praxis der unmittelbare Schluß, daß von den vier geprüften Substanzen, Kohlenpulver den meisten, Lösche den geringsten Schutz gewährt. Diese Thatsache wird bei den Siedepunkt des Wassers übersteigenden Temperaturen sich mit noch größeren Unterschieden darthun, da schon aus den bei den Versuchen angegebenen Differenzen zu ersehen ist, daß bei Kohle die verhältnißmäßige Wärmeleitungsfähigkeit in besonders merklichem Grade abnimmt, je höher die Temperatur steigt. II. Der Apparat, mit welchem ich die auf den zweiten Punkt bezüglichen Versuche anstellte, bestand aus vier Cylindern von Eisenblech und zwar aus den zwei zuvor beschriebenen und zwei größeren. Sie waren in der Art ineinander gehängt, daß drei, unten und auf den Seiten gleich weite (½ Zoll betragende) Zwischenräume entstanden, während die oberen Ränder alle in einer Ebene lagen. — Der innere Cylinder enthielt, wie bei der ersten Versuchsreihe, Sand und ein Thermometer, der innere und äußere Zwischenraum wurde bei dem nunmehr zu beschreibenden Versuche mit Kohlenpulver angefüllt; der mittlere blieb leer und wurde oben durch einen Blechring verschlossen. — Als Wärmequelle wendete ich eine große Weingeistlampe mit doppeltem Luftzuge an. Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach 0 Minuten   18,5° Cels. NachNachNachNachNachNach 51015202530 MinutenMinutenMinutenMinutenMinutenMinuten   19,5°  23°  30°  41°  52,5°  65° Cels.Cels.Cels.Cels.Cels.Cels.   1°  3,5°  7°11°11,5°12,5° in 5 Minuten. NachNachNach 405060 MinutenMinutenMinuten   87°106°120° Cels.Cels.Cels. 22°19°14° in 10 Minuten. Es wurden jetzt die zwei mittleren Cylinder herausgenommen und der kleinste in den größten gehängt, so daß nur ein Zwischenraum entstand, welcher so groß war, als zuvor die drei zusammen; er wurde ganz mit Kohlenpulver angefüllt, und der Apparat derselben großen Weingeistflamme bei vollkommen gleicher Stärke und Entfernung ausgesetzt. Zeit. Thermometerstand. Differenzen. Nach 0 Minuten   16° Cels.   — NachNachNach 51015 MinutenMinutenMinuten   17,75°  22°  28,5° Cels.Cels.Cels.   1,75°  4,25°  6,5° in 5 Minuten. Nach 25 Minuten   60° Cels. 31,5° (in 10 Minuten.) Nach 37 Minuten   82° Cels. 22° (in 12 Minuten.) Nach 50 Minuten   91,5° Cels.   9,5° (in 13 Minuten.) Nach 60 Minuten 100° Cels.   8,5° (in 10 Minuten.) Demnach wurde der Inhalt des innersten Cylinders bei einstündiger Einwirkung einer gleichen Hitze ohne trennende Lustschicht von 16° auf 100°, mit trennender Luftschicht von 18,5° auf 120° erhitzt; oder der Inhalt des innern Cylinders wurde bei gleicher Wärmezuführung von 18,5° beziehungsweise 16° auf 100° gebracht mit trennender Luftschicht in 47 Minuten, ohne trennende Luftschicht in 60 Minuten, Demnach nützt eine Luftschicht und die Zwischenwände, welche die Arbeit weit umständlicher machen und sehr vertheuern, für die Abhaltung der Wärme nicht allein nichts, sondern sie sind nachtheilig — und als Endresultat meiner Versuche ergibt sich somit, daß der Mantel eines feuerfesten Kassenschranks am besten ohne Zwischenwände gemacht und mit trockenem Holzkohlenpulver fest angefüllt wird. Daß der Schutz gegen von außen wirkende Wärme um so kräftiger ist, je weiter der Mantel, je dicker somit die Kohlenpulverschicht, ergibt sich von selbst. (Mittheil. für den Gewerbverein des Herz. Nassau, 1848, S. 1.) Aufbewahrung der Oelfarben für Maler. Eine recht bequeme Weise, Oelfarben aufzubewahren, namentlich für solche, welche dieselben beim Portraitiren anwenden, dieselben daher oft mit sich nehmen und das viele Mischen aller Nüancen aus nur wenigen Grundfarben der in solchen Fällen höchst wichtigen Zeitersparniß halber gern vermeiden, ist folgende: man läßt kleine, etwa 4 Zoll lange, ¼ bis ⅓ Zoll weite Glasröhren von nicht zu dünnem weißen Glase an dem einen Ende bis auf eine Oeffnung von höchstens ½ Linie Durchmesser vor der Glasbläserlampe zulaufen, klebt ein kleines Stückchen Papier darauf, füllt die Röhren mit den verschiedenen mit Oel angeriebenen Farben, und setzt oben einen gut passenden Korkstopfen auf. Beim Gebrauche darf man nur auf den Korkstopfen mit einem runden Holzstifte, der wenig dünner als der innere Raum der Glasröhre ist, drücken, um aus der unteren Oeffnung die Farbe herauszupressen. Die Farben halten sich in der Glasröhre noch unveränderter als in Blasen, die ganze Einrichtung ist reinlicher, in einer kleinen Blechbüchse leicht zu transportiren und die Nüance jeder Farbe kann ohne Mühe stets leicht erkannt und verglichen werden. (Böttger's polytechn. Notizblatt, 1848 Nr. 8.) Die Jungermannia albicans ist jodhaltig. Apotheker van der Mark in Lüdenscheid (Preußen) suchte, durch den Geruch veranlaßt, Jod in der genannten Pflanze, wovon er 4 Unzen mit Natron einäscherte. Der Rückstand der wässerigen Auflösung der Asche, in Alkohol gelöst, nahm mit Stärkmehl und ein paar Tropfen Salpetersäure sogleich eine blaue Farbe an Silberlösung gab einen blaßgelben Niederschlag, welcher sich in Ammoniak zum Theil nicht mehr auflöste. — Brom war nicht zu entdecken. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1848) Libanon-Teig (Crême du Liban), ein Cosmeticum. Dieses im J. 1842 dem Hrn. Albert Antoine Jannissot zu Paris patentirte Schönheitsmittel besteht aus: Behenöl 250 Gramme Weiß-Mohnöl 60 Gramme Jungfernwachs 30 Gramme Wallrath 30 Gramme Benzoeblumen 15 Gramme Orangeblütheneffenz 10 Gramme feine Mandeln 500 Gramme Perlweiß (Spanischweiß, Wismuthschminke) 250 Gramme venetianischem Talk 125 Gramme peruanischem Balsam 16 Tropfen Rosenöl 12 Tropfen Dieses Mittel, sagt der Erfinder, ersetzt die weiße Schminke, ohne ihre Fehler zu haben; stärkt die Faser; verhütet oder vertreibt in kurzer Zeit die Falten, rothen Flecken, und macht eine zarte, weiße Haut. (Journal de Chimie méd.,Jun. 1848.) Verfahren der Blutegel-Vermehrung und -Aufziehung im Sind (engl. Ostindien). Man nimmt ungefähr ein Duzend gesunde, hübsche Blutegel und läßt sie an einem gesunden Menschen sich vollsaugen, bringt sie dann in ein thönernes Gefäß, wie sich dessen die Hindus gewöhnlich zum Wassertragen bedienen (ein solches faßt ungefähr 20 Pfd. Wasser). Dasselbe wird zu ⅔ mit einem Gemenge von Erde und getrocknetem schwarzen Thon aus dem Flußbett gefüllt, welchem 4 Händevoll trocknen Kuh- oder Ziegenmists, 2 Händevoll trockner indischer Hanfblätter und 4 Loth Teufelsdreck (asa foetida) zugesetzt werden. Zuletzt wird bis auf 3 Zoll vom Rand Wasser eingegossen und alles gut untereinander gerührt. Man verschließt nun das Gefäß mit einem thönernen Deckel, der mittelst einer Schicht Kuhmist und Erde verkittet wird und stellt es in den Schatten. Nach etwa einem Monat wird es zerbrochen und man findet im Thon ungefähr 30 Puppen von schwammiger Masse von der Größe ungefähr eines Amseleis. Diese öffnet man sorgfältig und findet eine eiweißartige Flüssigkeit, in welcher 10–15 junge Blutegel schwimmen, welche in ein kleineres Gefäß gebracht werden. In diesem,.Wasser und Zucker enthaltenden, Gefäß läßt man sie 10 Tage und darüber; dann ernährt man sie mit Menschenblut und nach 2–3 Monaten kann man sich ihrer in Spitälern bedienen. — Die Blutegel, welche zur Vermehrung dienten, werden aus dem Thon herausgenommen, in Wasser geworfen und können nach einigen Tagen wieder, sey es zur Vermehrung oder zum Blutentziehen, in Gebrauch gezogen werden. — Die Bißwunden der so erhaltenen Blutegel sollen leicht heilen und niemals eitern. — Diese Mittheilungen verdankt man Hrn. J. Sparks, Mitglied der pharmaceutischen Gesellschaft in Großbritannien, welcher den verschiedenen Verrichtungen selbst beiwohnte. (Journal de Chimie médicale, Jun. 1848.)