Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 237, Jahrgang 1880, Miszellen, S. 77
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Miscellen. Miscellen. Was ist der ökonomisch vortheilhafteste Expansionsgrad der Dampfmaschinen? „Während die groſse Mehrzahl aller Dampfmaschinenleute darüber noch vollständig im Unklaren ist und einige Schriftsteller dafür die Regel aufgestellt haben: Bester Expansionsgrad ε = ½ √p (Anfangsspannung p in Pfund auf 1 Quadratzoll englisch), jedoch ohne diese Formel zu beweisen, – Andere dagegen diesen so wichtigen Punkt ganz mit Stillschweigen übergehen und wieder Andere nur durch die kostspieligsten Versuche zur Beantwortung dieser Frage zu gelangen hoffen, – erledige ich dieselbe mit einer kurzen Rechnung. Die Arbeit eines Hubes der Dampfmaschine beträgt in den bekannten Bedeutungen der Buchstaben, nämlich V1 Admissionsvolumen =\frac{V}{\varepsilon}, ε Expansionsgrad, p Admissionsspannung und q Gegendruck: V_1\,[p\,(1+log_n\,\varepsilon)-q\varepsilon]. Dieser Ausdruck nach ε differenzirt und der erste Differentialquotient gleich Null, gibt für das Maximum der Dampfarbeit bei constanter Admissionslänge, somit gleich bleibendem Dampfverbrauch: \frac{p}{\varepsilon}=q. Und so finden wir den ökonomischsten Füllungsgrad für einen constanten Werth der Dampfmenge V1: \varepsilon=\frac{p}{q} Mit dieser im kurzen Auszug aus dem Engineering and Mining Journal, 1880 Bd. 29 S. 338 bezieh. Journal of the Franklin Institute, 1880 Bd. 109 S. 380 wiedergegebenen Deduction glaubt W. D. Marks, Professor an der Pennsylvania Universität in Philadelphia, allen Ernstes etwas Neues gesagt und endgültig die Frage gelöst zu haben: Was ist der ökonomischste Expansionsgrad der Dampfmaschinen? M-M. Sandgebläsemaschine zum Guſsputzen. Zur Entfernung des Formsandes von Guſsstücken läſst sich mit Vortheil ein Sandstrahlgebläse (vgl. 1874 212 18) benutzen, da ein solches die Arbeit rascher, billiger und überdies besser ausführt, als dies von Hand möglich ist. K. und Th. Möller in Kupferhammer bei Brackwede bauen solche Sandgebläsemaschinen, welche im Wesentlichen aus einem Kasten bestehen, in welchem Wind von mindestens 470mm Wassersäulendruck derart eingeblasen wird, daſs er einen herabfallenden Sandstrahl mit sich fort reiſst und gegen die zu putzenden Guſsstücke schleudert, die in oder auf Blechkästen liegen und mit diesen durch eine endlose Gummigurte unter der Düse hinweggeführt werden, aus welcher der Wind austritt. Da die Guſsstücke vom Putzsand allseitig umspült werden, genügt meist ein einmaliger Durchgang derselben durch die Maschine. Der gebrauchte Putzsand wird mittels eines Hebezeuges gehoben und kommt immer wieder zur Verwendung; der abgeblasene Formsand wird ins Freie getrieben. Die Maschine erfordert 2 bis 3 Mann zur Bedienung und vermag 80 bis 120qm Guſsfläche stündlich zu putzen. Hervorzuheben ist noch, daſs die geputzten Stücke einen matten Schimmer zeigen und deshalb besonders gut aussehen. Verfahren zur Darstellung von Draht. Zur Massenherstellung geringerer Sorten von Draht hat Wilhelm Boecker in Schalke, Westphalen (* D. R. P. Kl. 7 Nr. 8112 und 8113 vom 24. April 1879) eine Vorrichtung und ein Verfahren patentirt, bei welchem eine Streckung des Materials vermieden ist, indem dünnes, möglichst langes Flacheisen auf einem eigenthümlich construirten Scheibenschneidwerk in quadratische Drähte zerschnitten und diese, getrennt geführt, auf Haspel gewickelt werden. Zwischen dem Schneidwerk und den Haspeln können Walzen mit quadratischen oder runden Kalibern eingeschaltet sein. Dieser Draht wird direct oder als Material für den Drahtzug verwendet. Das Emailliren guſseiserner Geschirre. Die emaillirten Geschirre der Niederschlesischen Hütten zeichnen sich im Allgemeinen durch eine schöne Weiſse und durch Haltbarkeit des Emails vortheilhaft aus. Nach einer Mittheilung von W. Bersch in der Wochenschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1880 S. 99 werden in einer der gröſsten Hütten die Geschirre von der Putzerei aus vor Nässe möglichst geschützt zur Beizanstalt gebracht, hier mit verdünnter Schwefelsäure gebeizt und mit Sand abgerieben. Sie werden dann in heiſses Wasser getaucht, so daſs sie nach dem Herausnehmen von selbst nachtrocknen, nochmals einzeln nachgesehen und mittels Lappen trocken abgerieben, um dann die Grundmasse aufzunehmen. Zur Herstellung derselben werden 50k Quarz und 7k,5 Fluſsspath mit 22k,5 nicht entwässerten Borax in Thontiegeln gesintert. Die 68,5 bis 69k wiegende gesinterte Masse wird von anhängenden Thonscherben gereinigt und gepocht. 16k derselben werden dann mit 6,5 bis 12k,5 Quarz, 4 bis 6k,5 Thon und 0k,5 Borax auf Naſsmühlen gemahlen unter Zusatz von 2k,5 Thon und 0k,66 Borax. Aufgetragen, getrocknet und eingebrannt, liefert dieses Gemisch eine gelbbraune, gesinterte Grundmasse, welche nun noch mit der Deckmasse überzogen werden muſs. Zur Herstellung der letzteren werden 2k,5 gepulverter Fluſsspath, 1k Zinkweiſs, 4k,75 selbst hergestelltes Zinnoxyd, 0k,75 Knochenmehl und zur Verdeckung des gelblichen Stiches 30 bis 50g Smalte gut gemischt. Hiervon werden 9k mit 16k fein gemahlenem Fluſsspath, 9,5 bis 9k,75 Borax und 3k,25 Soda, beide nicht entwässert, sowie mit 1,25 bis 1k,5 Kalisalpeter in feuerfesten Tiegeln, welche im Boden ein Loch haben, zusammengeschmolzen, so daſs die Schmelze durch das Loch in einen unter dem Rost des Ofens gesetzten Untersatz abflieſst. Von der erhaltenen gepochten Masse werden 30k auf die Naſsmühle gegeben und 6 Näpfchen von etwa 140cc Inhalt fein geschlämmten weiſsen Thon und 0k,3 Zinkoxyd zugesetzt. Die erhaltene Masse wird auf die eingebrannte Grundmasse aufgetragen und ebenfalls eingebrannt. Die noch heiſsen Geschirre werden mit Steinkohlentheer geschwärzt. Gröſsere Fehler im Email werden mit kleinen spitzen Hämmern entfernt und dann die Stücke nochmals emaillirt. Ueber die Kosten des Emaillirverfahrens gibt Bersch folgende Anhaltspunkte. Das Emaillirwerk der betreffenden Hütte fertigte emaillirte Waaren: 1868/69 rund 620000k 1870/71 rund 643000k 1869/70 640000 1871/72 797000 Dem Emaillirwerke stand ein mit 900 M. und freier Wohnung bezahlter Emaillirmeister vor, welcher auſser seinem festen Gehalte noch einen Zuschuſs von 10 Pf. für 300k emaillirter Waare erhielt. Bei dem wirklichen Emailliren (Beizen, Waschen, Auftragen, Brennen und Schwärzen) waren durchschnittlich 20 Arbeiter im Accord beschäftigt, welche bis zum J. 1873 zusammen 116,7 Pf. für 100k emaillirter Waaren erhielten. Auſserdem waren in dem Emaillirwerke zur Bewältigung der betreffenden Transportarbeiten u. dgl. durchschnittlich noch beschäftigt: 7 Arbeitsleute mit zusammen täglich 7,80 M. Lohn 5 Jungen 3,25 Das Aushauen der im Email fehlerhaften Geschirre wurde für das Stück mit 2,5 Pf. im Accord bezahlt. Verbesserter Künstlerstift von J. Faber in Nürnberg. Die sogen. Künstlerstifte leiden an dem allbekannten Uebelstand, daſs die Verschraubung der den Bleistift fassenden gespaltenen Hülse und der die letztere zusammendrückenden Zwinge sehr bald überdreht und damit der ganze Halter unbrauchbar wird. J. Faber in Nürnberg (* D. R. P. Kl. 70 Nr. 8638 vom 6. August 1879) verwirft deshalb die Verschraubung gänzlich und bringt das zum Einklemmen der Bleimine nothwendige Zusammendrücken der gespaltenen Hülse einfach durch Verschieben der sich wie gewöhnlich gegen das Ende zu etwas verengenden Zwingenhülse hervor. Das gänzliche Abstreifen der letzteren von der Klemmhülse ist durch einen Anschlag gehindert. Der äuſseren Form nach unterscheiden sich diese neuen Künstlerstifte durch nichts von den alten. Eine einfachere Form solcher Stifthalter wurde noch von Faber unter * Nr. 8641 vom 14. August 1879 ab patentirt. Herstellung abwischbarer Schreibtafeln für Bleistiftschrift. H. W. Holly in Brooklyn, N. Y. (D. R. P. Kl. 70 Nr. 9468 vom 14. October 1879) überzieht zu diesem Zweck Papier, Pappe o. dgl. mit einem Gemisch von 1l Wasserglaslösung von 39° B., 1l Wasser, 450g Zinkoxyd und 450g kieselsaurer Magnesia. Bleistiftschrift soll sich auf diesen Tafeln leicht abwischen lassen. Breithalter für Webstühle. Für Webstühle benutzt C. R. Hertel in Chemnitz (* D. R. P. Kl. 86 Nr. 8796 vom 22. August 1879) einen Breithalter, welcher sich von dem bekannten Mathis'schen Apparat (1864 172 * 411. 1878 229 481) dadurch unterscheidet, daſs die kleinen, auf einer Spindel schräg stehenden, mit Spitzen am Umfang besetzten Ringe durch eine einzige Walze a ersetzt sind. Dieselbe ist der Länge nach und ebenso rechtwinkelig zu ihrer Achse am vollen Umfang geriffelt undund und wird schräg gegen die Waare gestellt. Ein vollständiges Breithalten der letzteren wird dadurch ermöglicht, daſs entweder auf die oberhalb der Walze laufende Waare ein muldenförmiger und gezahnter, um die Schraube c drehbarer Deckel b aufgesetzt wird, dessen Zähne sich zwischen die der drehenden Walze legen, oder daſs man diesen Deckel durch zwei Stück mit ringförmigen Stufen versehene Walzen ersetzt. Textabbildung Bd. 237, S. 79 Lüdtge's Hörrohr für Aerzte und Schwerhörige. Das Hörrohr für Schwerhörige besteht in einer Combination des Bell'schen Telephons mit einem Mikrophon und ebenso das für Aerzte; nur hat bei letzterem die Membran des Mikrophons behufs besserer Anschmiegung an den Körper des zu Untersuchenden eine eingezogene Form. Zur Beobachtung langsamer Schwingungen (Pulsschlag) wird das Aneinanderschleifen zweier Contactstücke benutzt, wie die Figur zeigt. l ist ein mit dem Leitungsdraht verbundener Kohlenstift mit einer Wulst w, welche auf den Puls gedrückt wird und durch ihre Hin- und Herbewegung in einer mit dem anderen Leitungsdraht verbundenen Drahtose d in dem Mikrophon ein Schleifgeräusch hervorbringt. (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 8328 vom 30. November 1879.) Textabbildung Bd. 237, S. 79 Herstellung künstlicher Diamanten. J. B. Hannay (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 106) hat durch Erhitzen von Kohlenwasserstoffen unter sehr hohem Druck (ein Rohr von 12mm innerer Weite und 36mm Wandstärke zersprang bei 10 Versuchen 9mal) mit Magnesium in Gegenwart einer beständigen Stickstoffverbindung den ausgeschiedenen Kohlenstoff als Diamanten erhalten, von gleicher Härte und Krystallform. Die durchscheinenden Krystalle gaben bei der Analyse 97,85 Proc. Kohlenstoff. Wärmeleitungsfähigkeit des Eisens. Nach den Versuchen von G. Kirchhoff und G. Hansemann (Annalen der Physik, 1880 Bd. 9 S. 1), bei denen sich die Temperaturen allerdings nur in engen Grenzen bewegten, ist die Leitungstätigkeit des Eisens, dividirt durch das Product aus seiner specifischen Wärme und seiner Dichtigkeit, bei der Temperatur ϑ gleich 16,94 – 0,034 (ϑ – 15), wenn die Temperatur nach Celsius'schen Graden gemessen wird und die Einheiten der Zeit und der Länge Secunde und Millimeter sind. Zur Kenntniſs des Nickels. Wird nach G. Papasogli (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 203) eine kleine Menge eines Nickelsalzes in wenig Cyankalium gelöst und in diese Lösung ein Zinkstreifen gebracht, so tritt Gasentwicklung ein; der Zinkstreifen bedeckt sich mit einem schwarzen ueberzug von metallischem Nickel und um denselben bildet sich die rothe Lösung einer Nickelverbindung, welche der Verfasser nicht isoliren konnte. Die Färbung verschwindet allmählich, schneller beim Erwärmen. Kobaltsalze geben diese Färbung nicht und die Gegenwart einer gröſseren Menge eines Kobaltsalzes verhindert nicht, daſs die Reaction selbst noch mit sehr geringen Mengen von Nickelsalz eintrete. Das Zink scheint bei der Bildung der rothen Verbindung nur in so fern betheiligt zu sein, als es eine Quelle für nascirenden Wasserstoff abgibt. Senkt man die Platinelektroden eines Bunsen'schen Elementes in die Lösung des Kaliumnickelcyanürs, so tritt dieselbe charakteristische rothe Färbung am negativen Pol auf. Läſst man einen Wasserstoffstrom durch die Cyanürlösung streichen, so tritt die Färbung nicht ein. Herstellung von Zink haltigem Nickel. Nach Th. Fleitmann in Iserlohn (D. R. P. Kl. 40 Nr. 9405 vom 6. September 1879) wird ein Gemisch von Nickeloxyd und Zinkoxyd zu Metall reducirt, oder es werden über schwammförmig reducirtes und erhitztes Nickel Zinkdämpfe geleitet. Auf die eine oder andere Weise gelingt es leicht, Legirungen von Nickel mit 5 bis 10 Proc. Zink zu erzeugen, welche sich durch Zähigkeit und Dichte auszeichnen. Mit 0,1 Proc. Magnesium wird eine äuſserst zähe und dehnbare Legirung erhalten, welche sonst alle Eigenschaften des reinen Nickels besitzt. Zur Bildung der Steinkohle. Mattieu Williams (Journal of Sciences, 1880 S. 81 durch Naturforscher, 1880 S. 156) hat in dem klaren Aachensee; welcher das Becken eines tiefen Thales mit reich bewaldeten Gehängen ausfüllt, den Boden bedeckt gefunden mit Aesten und Stämmen von Bäumen, die an manchen Stellen einem untergesunkenen üppigen Walde glichen. Viele von den gröſseren Stämmen standen aufrecht und waren theils mit Aesten und Zweigen reich ausgestattet, theils nur mit wenigen gröſseren versehen. Die Wurzeln waren mehr oder weniger im Boden vergraben, als wären die Bäume daselbst gewachsen, während andere Stämme unter den verschiedensten Winkeln geneigt lagen und theilweise vergraben waren. Durch Schwimmen und Tauchen gelang es Williams, sich von der lehmigen Beschaffenheit des grauen, mit schwarzen pflanzlichen Theilen bedeckten Grundes zu überzeugen und nach vieler Mühe einen Ast von Armesdicke heraufzuholen. Das Holz desselben war sehr dunkel, die Rinde abgegangen und die Jahresringe gelockert, so daſs ein groſser Theil derselben mit Leichtigkeit abgeschält werden konnte. Der Ursprung dieses unterseeischen Waldes war klar; an den waldigen Gehängen des Sees sah man nämlich lange Alleen kahler Streifen im Walde, welche, durch Gewitterströme gebildet, die Bäume lavinenähnlich in den See gerissen. Der Umstand, daſs viele dieser los gerissenen Bäume mit ihren Wurzeln viel Erde mitgeführt haben, erklärt, daſs sie haben im Wasser aufrecht schwimmen und in derselben Stellung sich zu Boden senken können, während andere ein Spielball der Wellen blieben, bis sie sich mit Wasser vollständig getränkt und in den verschiedensten Lagen zu Boden gesetzt haben. Bei späteren Excursionen nach den Fjorden Norwegens wurde Williams lebhaft an diesen unterseeischen Wald des Aachensees erinnert. Auch hier in den Buchten des Meeres, mit ihren steilen, gut bewaldeten Gehängen, sah er groſsartige Pflanzenlavinen, die vorzugsweise aus Bäumen mit Felsstücken bestehen, und gegen welche, als eine bekannte Erscheinung, die Bewohner sich zu schützen suchen, in das Wasser stürzen, und hier bilden sie zweifellos dieselben nur viel groſsartigeren Bilder wie in dem durchsichtigen Aachensee. In ganz derselben Weise nun haben sich nach Williams die einzelnen Becken der Steinkohlen in längst vergangener Zeit gebildet: die in denselben gefundenen aufrechten Stämme mit ihren Aesten und Zweigen sind nicht ein Beweis dafür, daſs die Bäume an Ort und Stelle gewachsen sind und dann mit dem Boden sich unter Wasser gesenkt haben, oft Hunderte Meter, ohne eine Störung zu erleiden; vielmehr waren es tiefe Seen mit reich bewaldeten steilen Gehängen, in welche Baumlavinen stürzten und sich am Boden angesammelt haben, wie sie es noch im Aachensee thun. Die aufrecht stehenden Stämme erklären sich in derselben Weise dadurch, daſs auch in der Kohlenzeit die von den Gebirgswässern los gerissenen Bäume an ihren Wurzeln Erde mitführten und aufrecht herumschwammen, bis sie niedersanken. Eine weitere Bestätigung dieser Erklärung findet Williams in dem Umstände, daſs auch in den Steinkohlenschichten die erdigen Bestandtheile dem umgebenden Gestein angehören. Zur Kenntniſs des animalischen Theeres. Bei der Untersuchung der Verbindungen, welche durch trockene Destillation thierischer Stoffe entstehen, haben H. Weidel und J. Herzig (Monatshefte für Chemie, 1880 S. 1 und 279) gefunden, daſs die aus dem Theer abgeschiedenen, bei 150 bis 170° siedenden Basen bei der Oxydation zwei isomere Pyridincarbonsäuren liefern und daher zwei isomere Lutidine enthalten, welche als Dimethylpyridine zu betrachten sind. Die Salze beider Säuren geben bei der trocknen Destillation Pyridin. Die Isocinchomeronsäure spaltet sich bei höherer Temperatur in Kohlensäure und Nicotinsäure, während aus der Lutidinsäure bei höherer Temperatur Isonicotinsäure als dritte isomere Pyridinmonocarbonsäure entsteht. Bei der trocknen Destillation des Knochenleims wurde ein neuer Körper, das Pyrocoll C10H6N2O2 in farblosen Blättchen erhalten. Andere Proteinsubstanzen, wie Albumin, Caseïn und Kleber, lieferten dagegen Pyrrol, aber kein Pyrocoll. Zum Bleichen von Ozokerit und Fett. Um Ozokerit und naturgelbes Ceresin zu bleichen, wird es nach V. v. Ofenheim in Wien (D. R. P. Kl. 23 Nr. 9291 vom 21. August 1879) geschmolzen und mit 20 Procent der Hydrate von Thonerde, Eisenoxyd, Manganoxyd oder Magnesia bei 170 bis 200° behandelt. Nach etwa einer Stunde läſst man auf 100° abkühlen, absetzen und behandelt die klar abgezogene Masse noch ein oder zwei Mal mit neuen Hydraten. Letztere werden mit Wasserdampf behandelt, bis sich das Ceresin abgeschieden hat, und können nach dem Trocknen bis zu einem Wassergehalte von 35 Proc. von Neuem verwendet werden. Paraffin, Erdöl, Stearin und Fette werden zu gleichem Zweck nur auf 65 bis 110° erwärmt. Die Verbrennungswärme des Schwefels. Bekanntlich fanden Farne und Silbermann, daſs 1g rhombischer Schwefel beim Verbrennen zu Schwefligsäure 2220c entwickelt, oder 1 Atom = 32g 71042c. Berthelot (Comptes rendus, 1877 Bd. 84 S. 674) fand dagegen für den rhombischen Schwefel nur 69100c. J. Thomsen (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 959) hat nun diese Verbrennungswärmen neu bestimmt und für den rhombischen Schwefel 71080c, für den durch Schmelzen erhaltenen monoklinen Schwefel 71720c oder für 1g bezieh. 2221c und 2241c gefunden. Die Bestimmung des specifischen Gewichtes von Flüssigkeiten. Nach dem Vorschlage von H. Sommerkorn in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 143 nimmt man eine dünnwandige, der Länge nach in Millimeter eingetheilte Glasröhre von 3 bis 4cm Durchmesser, auf welche genau eine dünne Platte aus Glas oder Platin paſst, welche von einem Faden gehalten wird. Man schlieſst nun mit der Platte die Glasröhre und taucht den Apparat in die zu untersuchende Flüssigkeit, indem man mit dem Faden die Platte gegen die Röhre anzieht. Taucht man die Röhre mit der Platte tief genug ein, so wird der hydrostatische Auftrieb das Anhaften der Scheibe an der Glasröhre bewirken. Geht man nun langsam vertical mit dem Rohr nach oben, so wird an einem Punkte die Platte nur noch schweben, beim nächsten dagegen untersinken. Dieser Punkt ist leicht zu beobachten. In demselben Augenblick liest man die Höhe ab, bis zu welcher die Glasröhre in die Flüssigkeit eintaucht, und berechnet daraus in bekannter Weise das specifische Gewicht. Zur Bestimmung der Holzfaser in Futterstoffen. Unter Holzfaser versteht man im Allgemeinen ein Gemenge von wenigstens zwei verschiedenen Verbindungen, die als Rest nach Behandlung der Pflanzentheile mit verdünnten Säuren und Alkalien zurückbleiben und aus Cellulose neben einer gröſseren oder geringeren Menge sogenannter Holzsubstanz bestehen. Mit Stickstoff freien Extractstoffen bezeichnet man den Rest, welcher nach Abzug der Summe von Wasser, Protein, Fett, Holzfaser und Asche von 100 übrig bleibt. C. Krauch (Landwirthschaftliche Versuchsstationen, 1880 S. 221) nimmt nun an, daſs, wenn man die Futtermittel durch Aether und Alkohol von Fett, Wachs, Chlorophyll u. dgl., durch Wasser von löslichen Kohlehydraten, organischen Säuren u. dgl., durch Malzauszug von Stärke befreit, eine Masse zurückbleibt, die auſser unlöslichen Protein verbin düngen nur aus Cellulose und Holzsubstanz bestehen kann. Durch Behandlung dieses Rückstandes mit 1,25 proc. Schwefelsäure und mit Kalilauge gingen nun in Lösung: Löslichin Schwefelsäure Löslichin Kalilauge Holzfaserals Rest     Roggen 52,12 26,48         21,40 Proc.     Wiesenheu 28,30 21,85 49,85     Incarnatklee 19,47 26,17 54,36 bestehend aus:     Roggen CHO 47,61  6,0346,36 55,12  7,6837,23 55,36  7,5837,06     Wiesenheu CHO 50,12  7,0842,80 56,42  6,4937,09 46,38  6,3647,26     Incarnatklee CHO 42,99  6,4450,57 51,12  6,3542,53 49,08  6,6344,29 Krauch hält es daher für richtiger die Stickstoff freien Stoffe der Pflanzen durch Wasser und Malzauszug in die löslichen und Stärkemehlbestandtheile einerseits und in die Cellulose mit Holzsubstanz andererseits zu theilen und die Verdaulichkeit dieser zwei Gruppen festzustellen. Zur Conservirung von Nahrungsmitteln. P. Kraus in Wien (* D. R. P. Kl. 53 Nr. 9243 vom 1. April 1879) bringt die zu conservirenden Stoffe in starke Gefäſse, pumpt die Luft aus, oder entzieht ihr durch Verbrennen von Weingeist den Sauerstoff. – Bekanntlich ist durch diese Mittel der Sauerstoff nicht völlig zu entfernen, so daſs dadurch selbst nicht die Sauerstoff bedürftigen Organismen besonders geschädigt werden; noch weniger wird dadurch die Fäulniſs gehindert. Gewinnung des Schleimes der Meeresalgen. A. Saint Yves in Paris (* D. R. P. Kl. 12 Nr. 9069 vom 23. April 1879) will Meeresalgen, welche viel Schleim enthalten, mit Wasser oder Kalkmilch abwaschen, dann mit heiſsem Wasser ausziehen und die Lösung absetzen lassen. Die so erhaltene Gallerte wird in Platten geschnitten und soll nach dem Trocknen als Algenleder zu Einbänden u. dgl. verwendet werden. Die Gallerte kann auch als Leim, zu Appreturzwecken, als Zusatz zur Seife, ja selbst als Nahrungsmittel verwendet werden. Ueber Alkaloide. Nach A. Ladenburg (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1880 S. 909) enthält Atropa Belladonna mindestens zwei Alkaloide von verschiedenem specifischem Gewicht. Das schwere Atropin ist das unter dem Namen „Atropin“ bekannte Alkaloid, welches Meyn zuerst rein darstellte und für welches Liebig die richtige Formel C17H23NO3 feststellte. Es gibt ein bei 135 bis 137° schmelzendes glanzloses Goldsalz. Das leichte Atropin schmilzt bei 107°, bildet ein kaum krystallinisches, leichtes Pulver, liefert beim Umkrystallisiren kleine Nadeln und gibt das bei 159° schmelzende Goldsalz C17H23NO3.HCl.AuCl3, ist demnach mit Hyoscyamin identisch. Datura stramonium enthält ebenfalls zwei Alkaloide. Das schwere schmilzt bei 113,5 bis 114° und ist als ein Gemenge von Atropin und Hyoscyamin anzusehen; das der Menge nach vorwiegende leichte Alkaloid ist lediglich Hyoscyamin. Hyoscyamus enthält ein krystallinisches und ein amorphes Alkaloid. Das krystallinische unterscheidet sich namentlich durch sein bei 159° schmelzendes, in glänzenden Blättern krystallisirendes Goldsalz, welches in kochendem Wasser nicht schmilzt, von dem Atropin, welches ein in siedendem Wasser schmelzendes, glanzloses Goldsalz liefert. Die Löslichkeit des Hyoscyamingoldes in Wasser von 60° ist wesentlich kleiner als die des Atropingoldchlorids. Das Hyoscyamin schmilzt bei 108,5°, das Atropin bei 113,5 bis 114,5°. Das erstere scheidet sich aus seinen Lösungen bisweilen als Gallerte ab und ist in ganz reinem Zustand nur in kleinen Nadeln zu erhalten. Nach Versuchen von Völkers ist die mydriatische Wirkung des Hyoscyamins meist der des Atropins gleich. Das amorphe Hyoscyamin kommt im Handel als braunes zähes Harz vor und enthält ein bis jetzt unbekanntes Alkaloid. Aus Duboisia myoporoides konnte nur Hyoscyamin als Alkaloid gewonnen werden. Herstellung von Kaliumsulfat aus Carnallit. Wird zu einer Lösung von Chlorkalium eine Mischung von Magnesiumsulfat und Calciumsulfat gegeben, so scheidet sich nach C. N. Hake in Douglashall-Westeregeln bei Egeln (D. R. P. Kl. 75 Nr. 9108 vom 13. October 1878) das Doppelsalz K2SO4.CaSO4H2O aus. Zur Ausbeutung dieser Reaction werden 100 Th. Rohsalz, welche etwa 16 Proc. KCl als Carnallit enthalten, mit einer nur zur Lösung des Carnallits ausreichenden Wassermenge behandelt und eine fein gemahlene Mischung von Gyps und Kieserit zugesetzt, entsprechend der Zersetzungsgleichung: 4KMgCl3 + MgSO4 + CaSO4 = K2Ca(SO4)2 + 2 KMgCl3 + 3MgCl2. Das ausgeschiedene Doppelsulfat wird erhitzt, worauf heiſses Wasser nur das schwefelsaure Kalium auszieht. Ueber Pykrotoxin. L. Barth und M. Kretschy (Monatshefte für Chemie, 1880 S. 99) zeigen, daſs das bisher als rein angesehene Alkaloid der Kokkelskörner ein Gemisch ist von etwa 32 Proc. Pikrotoxin, 66 Proc. Pikrotin und 2 Proc. Anamirtin; letzteres ist nicht giftig. Zur Nachweisung von Chlor. Wiley (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 176) bringt in ein Becherglas die auf Chlor zu untersuchende Substanz mit dichromsaurem Kalium und Schwefelsäure und hängt in das Glas ein zweites Becherglas mit einer Eismischung. Das gebildete CrO2Cl2 verdichtet sich an dem Boden dieses zweiten Becherglases und kann selbst in Spuren dadurch nachgewiesen werden, daſs nach dem Zusatz von Ammoniak und folgendem Ansauren mit Essigsäure essigsaures Blei den bekannten Niederschlag von Bleichromat gibt. Eſsbare Erde. Nach der Analyse von E. G. Love (Chemical News, 1880 Bd. 41 S. 187) hatte eſsbare Erde aus Japan folgende Zusammensetzung: Kieselsäure 67,19 Thonerde 13,61 Eisenoxyd 1,11 Manganoxyd 0,07 Kalk 3,89 Magnesia 1,99 Kali 0,23 Natron 0,75 Schwefelsäure 0,19 Phosphorsäure Spur Wasser und flüchtige Stoffe 11,02 –––––– 100,05. Von einem Nahrwerth kann also auch hier nicht die Rede sein, sondern nur von einer Anfüllung des Magens, wie schon A. v. Humboldt hervorhob. Ueber den Mogdad-Kaffee. In dem soeben ausgegebenen „Jahresbericht des Wiener Stadtphysikates 1879“ findet sich S. 36 folgende Notiz über den Mogdad-Kaffee, welche von dem S. 61 d. Bd. gegebenen Urtheil zum Theile abweicht, daher hier zur Ergänzung der früheren Mittheilungen abgedruckt werden mag: „Das zur Untersuchung behufs Erlangung der Vertriebsbewilligung vorgelegte Kaffeesurrogat unter dem Namen „Mogdad“ entstammte dem Samen einer Papilionacee, enthält Coffein, ein cacaoartiges Chromogen nebst Legumin und Gerbsäure, riecht, stark geröstet, wie frisch gebrannter Kaffee und liefert mit Wasser ein Decocto-Infusum, das den Geschmack des schwarzen Kaffees besitzt, war somit zum Consum empfehlenswerth.“ J. M. ––––– Berichtigung. S. 23 Z. 1 und 5 v. o. ist zu lesen „Fürnür“ statt „Furür“.