Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 249, Jahrgang 1883, Miszellen, S. 316
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Ueber die Verbreitung der Rotationsschnellpressen in Deutschland und Oesterreich-Ungarn, sowie über den Erfinder der Schnellpresse. Mit der stetig wachsenden Vervollkommnung in Construction der modernen Rotationsschnellpressen (auch „Rotationsmaschinen“ oder „Endlose“ genannt, vgl. 1882 244 * 129), mit den Fortschritten der Rundstereotypie, mit der in erfreulicher Weise verbesserten Qualität der für Rotationsdruck benöthigten Materialien (Rollenpapier, Farbe, Walzenmasse u. dgl.) und nicht zum wenigsten mit dem Lesebedürfnisse der civilisirten Menschheit wächst naturgemäſs die Anwendbarkeit und Einführung der Rotationsschnellpressen, welche bei Massenproduction nicht nur billigst, sondern auch schnellstens und gut jede Druckarbeit – sei dieselbe eine ordinäre Zeitung, ein Werk oder ein fein illustrirtes Journal – zu liefern im Stande sind. Vor 10 Jahren ging man auf dem europäischen Festlande erst sehr zögernd zur Einführung der in England und Amerika bereits vielfach zum Zeitungsdrucke benutzten Endlosen über; es erklärt sich dies hauptsächlich daraus, daſs man bei uns keineswegs so groſse Auflagen zu bewältigen hatte wie drüben, wo verschiedene Tagesblätter in 200 bis 300 Tausend Exemplaren zu drucken waren, während man es in Deutschland nur zu Auflagen bis zu etwa 30 Tausend brachte. Neuerdings sind unsere Zeitungen jedoch bedeutender und unsere Druckereien unternehmender geworden, wie sich dies schon aus der beständig und schnell wachsenden Zahl der zur Aufstellung gelangten Rotationsschnellpressen erkennen laſst. So z.B. arbeitet die Kaiserstadt Berlin jetzt bereits mit 21 Endlosen, welche Zahl demnächst auf 23 steigen wird. Wie Berlin in Bezug auf Groſsartigkeit des Zeitungswesens alle übrigen Städte des Deutschen Reiches weit hinter sich läſst, so besitzt es auch weitab die meisten Rotationsmaschinen; dies ergibt sich bestens aus folgender Zusammenstellung aller Endlosen des Deutschen Reiches: Berlin beschäftigt 23 Rotationsmaschinen Frankfurt a. M. 8 Hamburg 7 Leipzig 7 Stuttgart 6 Breslau 5 München 5 Dresden 5 Hannover 4 Augsburg 3 Cöln a. Rh. 3 Magdeburg 3 Barmen 2 Braunschweig 2 Bremen 2 Chemnitz 2 Halle 2 Königsberg i. Pr. 2 Nürnberg 2 Oberndorf a. N. 2 Stettin 2 Dortmund 1 Görlitz 1 Oberhausen a. d. R. 1 –––––––––––––––––––––– Im Ganzen 100 Rotationsmaschinen. Das Deutsche Reich hat somit gerade jetzt das erste Hundert Rotationsmaschinen erreicht. In Oesterreich-Ungarn stellt sich die Zahl der Rotationsmaschinen folgendermaſsen: Wien beschäftigt 19 Rotationsmaschinen Budapest 6 Prag 4 –––––––––––––––––––––– Summe 29 Rotationsmaschinen. Oesterreich-Ungarn besitzt also nicht den dritten Theil der im Deutschen Reiche arbeitenden Endlosen. Die Schweiz dagegen kann hier kaum in Betracht kommen, da sie erst eine einzige Rotationsmaschine aufweisen kann, welche dazu bestimmt ist, eine Zeitungsauflage von 13 Tausend Exemplaren zu drucken. Von der Leistungsfähigkeit und Bedeutung eben dieser Rotationsmaschinen kann man sich übrigens leicht einen Begriff machen, wenn man bedenkt, daſs jede derselben in der Stunde durchschnittlich 10000 Bogen von etwa je 1m Länge bedrucken kann. Die 100 Maschinen des Deutschen Reiches würden somit stündlich 1000000 Bogen liefern, also stündlich 1000000 Meter Rollenpapier verarbeiten, d.h. selbstthätig feuchten, beiderseits bedrucken, in Bogen zerlegen, auch falzen und mechanisch gezählt zu regelrechten Packeten bilden („auslegen“). Die Rotationsschnellpressen haben bereits den Löwenantheil an der Massendruckerei erobert und müssen folgerichtig den Schnellpressen alten Stiles, welche mühsam und ächzend den schwerfälligen Karren hin- und herschleppen, das Feld immer mehr streitig machen. Die Rotationsmaschinen sind jetzt die Schnellpressen im wahren Sinne des Wortes; die gewöhnlichen „Schnellpressen,“ welche kaum den zehnten oder zwanzigsten Theil der Arbeit jener liefern, sind nach modernen Begriffen schon keine eigentlichen Schnellpressen mehr. (Aus der Papierzeitung, 1883 S. 1036.) Bei dieser Gelegenheit sei auch auf ein hochinteressantes Werk hingewiesen: Friedrich Koenig und die Erfindung der Schnellpresse. Ein biographisches Denkmal. Von Theodor Göbel (Stuttgart 1883). Der Verfasser schildert auf Grund aktenmäſsiger Unterlagen die Lebens- und Erfindergeschichte Friedrich Koenig's (geb. 17. April 1774, gest. 17. Januar 1833) so eingehend als möglich und mit solcher Hingabe an den Gegenstand, daſs wohl jeder Leser des Buches von derselben erfaſst und mit steigendem Antheile diese Blätter durchlesen wird. Zum Schlusse seiner Darstellung bringt Göbel eine Uebersicht, wie sich die am 31. März 1882 in Oberzell bei Würzburg fertig gestellten 3000 Schnellpressen auf die verschiedenen Absatzländer vertheilen: Deutsches Reich mit 1678 Maschinen Belgien mit 18 Maschinen Oesterreich 156 England 12 Ruſsland 660 Serbien 5 Italien 113 Rumänien 3 Schweiz 83 Bulgarien 3 Schweden 80 Griechenland 1 Spanien 35 Asien 61 Frankreich 34 Amerika 11 Holland 23 Afrika 1 Dänemark 22 Australien 1 Somit kommen auf das Deutsche Reich 1678, auf das europäische Ausland 1248 und auf die anderen Welttheile 74 von Koenig und Bauer in Oberzell gebaute Schnellpressen. Der Verfasser schlieſst hieran anknüpfend mit folgenden Worten: „Kann es wohl ein anschaulicheres und überzeugenderes Bild geben von der Entwickelung der Maschinenindustrie von Oberzell, als dieses Verzeichniſs der Vertheilung der 3000, unter denen sich Maschinen jeder Gröſse und auch eine ganz ansehnliche Zahl jener Schnellpressen in des Wortes kühnster Bedeutung, der Rotationsmaschinen, befinden! Und doch sind diese 3000 nur ein Bruchtheil aller der Druckmaschinen, welche seit ihrer Erfindung durch Koenig in Europa und Amerika gebaut worden sind; aber sie genügen schon, um uns die ganze ungeheure Bedeutung dieser Erfindung auch auf dem rein technischen Gebiete und auf dem der Volkswirtschaft ahnen zu lassen. Hatte man einst gegen dieselbe den Vorwurf erhoben, daſs sie die Pressendrucker brodlos mache und der Noth preisgebe, ein Vorwurf, der sich ebenso nur auf die altgewohnten Verhältnisse gründete wie Koenig's Unterschätzung des Maschinenbedürfnisses, so haben die Thatsachen und namentlich die ungeheure Zunahme dieses Bedürfnisses solchen Vorwurf in schlagendster und überzeugendster Weise widerlegt. Denn wer zählt die Tausende der Arbeiter, die heute allein im Schnellpressenbaue beschäftigt sind, wer die Tausende der Maschinenmeister, d.h. der intelligenten Leiter dieser Schnellpressen, die jenes durstige Geschlecht der Massendrucker ersetzt haben, welches Gutenberg's Kunst nicht immer zur Ehre gereichte? An der Schnellpresse, von der man heute die vollendetsten typographischen Leistungen verlangt, wie man sie zur Zeit ihrer Erfindung selbst nicht als auf der Handpresse erreichbar gehalten hätte, haben sich viele ihrer Leiter, indem sie zugleich eine lohnende Existenz fanden, zu wahren Künstlern herangebildet, der Buchdruck ist wieder eine Kunst geworden, dank dem Einflüsse der Erfindung Koenig's, die somit Arbeitern und Arbeit zum Segen gereichte. Zum Segen ist sie der Buchdruckerkunst aber auch geworden durch den materiellen Aufschwung, welcher aus der Verbesserung der Druckmittel und der hieraus sich ergebenden erhöhten Leistungsfähigkeit folgte. Besaſs Leipzig (nach Wieck: Industrielle Zustände Sachsens) im J. 1840 in seinen Druckereien auſser 10 Schnellpressen nur 120 Handpressen, so braucht man jetzt nur die Zahl der Maschinen einiger weniger seiner groſsartigen Druckstätten zu addiren, um die letztere Ziffer zu erreichen; die Maschine hat überall die Handpresse ersetzt, die Arbeit fördernd und sie dem Arbeiter erleichternd. Wer endlich wollte den Einfluſs ermessen und in Zahlen ausdrücken, welchen die gewaltig erhöhte Leichtigkeit und Schnelligkeit des Druckes auf Verbreitung der Bildung unter allen Klassen des Volkes, unter Hoch und Niedrig und in allen Verhältnissen des gesellschaftlichen und politischen Lebens gehabt hat und noch täglich hat in stets wachsender Progression? Die Grenzen dieses Einflusses sind ganz unabsehbar und unberechenbar; eines aber ist für jedes Auge zu erkennen und steht unumstöſslich fest: daſs Friedrich Koenig's groſse Erfindung der Druckmaschine den Grund- und Eckstein dieses Einflusses bildet, daſs er ihre direkte Folge war und auf ihr ruht. Durch seine Erfindung wurde Koenig zu einem der gröſsten Wohlthäter der Menschheit. Sein Name wird daher auch stets glänzen inmitten der Namen aller groſsen Erfinder, neben den Wohlthätern aller Nationen. – Ehre seinem Andenken!“ Z. Ventilationsofen von Max Müller in Gera. Die Neuerung dieses Ofens (* D. R. P. Kl. 36 Nr. 21743 vom 3. August 1882) besteht in der Anbringung eines hinter oder neben dem Ofen aufsteigenden, oben offenen Rohres, welches am unteren Ende durch ein Knie mit dem Aschenfalle und durch einen Stutzen mit einem hinter der Feuerkiste angeordneten Räume verbunden ist. Da während des Heizens alle Thüren dicht verschlossen bleiben, so muſs die zur Verbrennung nothwendige Luft somit durch das genannte Rohr von der Decke des Raumes abgesaugt werden. Die Zuführung frischer Luft soll durch ein von auſsen kommendes, hinter dem Ofen mündendes Rohr erzielt werden. Es wird durch diese Anordnung eine freilich nicht bedeutende Lufterneuerung stattfinden. Kaltofen's Magnet-Mikrophon. H. Kaltofen in Colin, Meiſsen a. E. (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 22691 vom 11. März 1882) benutzt in seinem Mikrophon die magnetische Anziehung im Vereine mit der Schwerkraft, um die beiden Contactstücke gegen einander zu pressen. Dazu befestigt er das eine Contactstück mittels einer Weicheisenschraube auf der Mitte der Membran, welche durch einen über ihren Rand gestülpten Gummiring gegen den guſseisernen Deckel des Gehäuses isolirt und durch drei auf den Gummiring drückende Klauen mittels Schrauben gegen denselben gepreſst wird. Das Ende der Weicheisenschraube steht ein Stück aus dem Contactstücke vor und ihr gegenüber liegt das untere Ende eines Magnetstabes, der mit seinem oberen Ende pendelnd aufgehängt ist und nahe am unteren Ende das zweite, sich auf das erste auflegende Contactstück trägt, während ein wenig oberhalb des zweiten Contactstück es ein Reitergewicht auf den Magnetstab aufgesteckt ist. Verfahren zur Herstellung von Seifenblättern. Nach Reithoffer und Neffe in Wien (D. R. P. Kl. 23 Nr. 23195 vom 6. Juni 1882) wird endloses Rollenpapier in gespanntem ebenem Zustande über Streichlineal oder Walzen durch eine flüssige, heiſse Seifenlösung gezogen, auf beiden Seiten von der überschüssigen Seife befreit und auf einen Aufrollapparat gewickelt oder in eine Schneidevorrichtung geleitet, wobei das Papier schon auf dem Wege von der Abstreifvorrichtung nach dem Aufroll- oder Schneidapparate durch geheizte Walzen getrocknet wird. Ueber die Verwendung von Mais zu Brauereizwecken. Nach J. F. Gent in Columbus, Ind., Nordamerika (D. R. P. Kl. 6 Nr. 23125 vom 15. August 1882) wird trockener Mais grob geschroten und von seinen Hülsen befreit, dann gedämpft, schlieſslich gepreſst und getrocknet. Das so erhaltene Product, vom Erfinder Maismalz genannt, wird gemeinschaftlich mit Gerstenmalz vermaischt, wodurch das bisher übliche, für die spätere Vergährung schädliche lange Kochen des Maismehles vor dem Einmaischen entbehrlich werden soll. Ueber Kunstbutter. Die Frage, ob die Kunstbutter von geringerem Gebrauchswerthe ist als die natürliche Butter, hat A. Mayer (Landwirthschaftliche Versuchsstationen, 1883 Bd. 29 S. 215) durch Ernährungsversuche zu lösen gesucht. Danach wurde von zwei Personen beim täglichen Genüsse von 62 bis 70g Butter im Durchschnitte die Naturbutter bis auf 2 Proc., die Kunstbutter bis auf 4 Proc., also wenig schlechter verdaut. Dem entsprechend ist auch Naturbutter leichter zu verseifen als Kunstbutter. Zu berücksichtigen ist ferner, daſs das abgelagerte Körperfett, aus welchem Margarin gemacht wird, nachweislich zum groſsen Theile chemisch unverändertes, nur neuerdings abgelagertes Pflanzenfett darstellt, während das Fett des Milchsecretes neugebildetes Fett des thierischen Organismus ist. Dabei ist bekannt, daſs die Nährstoffe animalischen Ursprunges ganz durchweg leichter verdaulich sind für den thierischen Organismus, womit ja auch der höhere Preis derselben im Zusammenhange steht. Der Unterschied in der Verdaulichkeit zwischen Natur- und Kunstbutter ist aber doch zu gering, als daſs man hierauf für den gesunden Menschen ein erhebliches Gewicht legen könnte. Für Kränkliche und Kinder ist jedoch Naturbutter vorzuziehen. Für diese Ausnahmsfälle kann das Surrogat leicht ferngehalten werden durch Sorgfalt bei der Auswahl der Bezugsquellen, da ja die echte Butter nirgends ganz von dem Markte verdrängt ist. Für groſse Spitäler kann vielleicht auch die chemische Analyse, die zwar umständlich ist, in geübten Händen und bei dem nöthigen Aufwände an Zeit aber sichere Resultate liefert, gute Dienste leisten. Für eine regelmäſsige Marktcontrole ist dieselbe aber nicht zu empfehlen, da dieselbe zu vielen Täuschungen Veranlassung zu geben pflegt (vgl. Munier 1883 247 350) und, will man diese vermeiden, umständlich und daher theuer ist, während der praktisch erlangte Nutzen in keinem entsprechenden Verhältnisse hierzu steht. Auf dem Markte wird man füglich dem Geschmacke des Publikums die Rolle des Richters überlassen können und derjenige, welcher sich über den Genuſs des feinen Butteraromas hinwegzusetzen vermag und anstatt Naturbutter Kunstbutter mit nach Hause bringt, wird nicht schlechter fahren als Jemand, welcher mit einer geringeren Fleischqualität sich zufrieden stellt. Mayer betont, daſs bei Einrichtung von sogen. Nahrungsmittel-Untersuchungs-Anstalten mit groſser Sorgfalt verfahren werden sollte, namentlich hinsichtlich der Wahl des Vorstandes, der ein umsichtiger, charaktervoller und in praktischen Dingen erfahrener Mann sein muſs, denn der gute Ruf von Handelshäusern ist in seine Hand gegeben; dann aber auch hinsichtlich der Absteckung der Grenzen, was zu untersuchen sei. Es muſs sich um wirkliche Gefahren für die Gesundheit handeln und zwar um solche, welche der Einzelne nicht abzuwehren vermag. (Vgl. Wagner's Jahresbericht, 1882 S. 937.) Zur Untersuchung von ätherischen Oelen. Mc Clellan Forney (American Journal of Pharmacie, 1882 Bd. 54 S. 546) untersuchte die Einwirkung des Jodpentabromids, hergestellt durch Lösen von 7g,73 Jod in 24g,36 Brom, auf ätherische Oele, indem er 6 Tropfen des ätherischen Oeles mit 1 Tropfen Jodpentabromid auf einem Uhrglase mischte. Bittermandelöl und Crotonöl zeigten keine, Bernsteinöl, Cassiaöl und Wintergrünöl schwache, die übrigen starke Einwirkung, meist unter Entwicklung von Dämpfen. Durch Versetzen der ätherischen Oele mit Alkohol wird die Einwirkung gemindert, durch Terpentinöl aber verstärkt. Prüfung von Quecksilberoxyd auf Salpetersäure. Nach E. Mylius (Pharmaceutische Centralhalle, 1883 S. 342) gelingt es nicht, dadurch im Quecksilberoxyde Spuren von Salpetersäure nachzuweisen, daſs man dasselbe mit Wasser schüttelt, dann mit Schwefelsäure mischt und nach Abscheidung des schwefelsauren Quecksilbers die klare Flüssigkeit mit Eisensulfatlösung prüft. Erhitzt man aber das Oxyd im Glasröhrchen, in dessen Mündung feuchtes blaues Lackmuspapier geklemmt ist, so zeigt eine Röthung das Vorhandensein eines Restes von Säure an. Vanadinschwefelsäure zur Nachweisung von Strychnin. Bringt man nach K. Mandelin (Pharmaceutische Zeitschrift für Rußland, 1883 S. 22) zu einer Spur Strychnin auf einem Uhrschälchen einige Tropfen Vanadinschwefelsäure – eine Lösung von 1 Th. Ammoniumvanadat in 100 Th. Schwefelsäure – und neigt dann das Gläschen ein wenig, so bemerkt man in der zur Seite flieſsenden Säure eine prachtvolle, momentan eintretende Blaufärbung, welche bald in Violett und Zinnoberroth und, wenn man ein wenig Kali- oder Natronlauge hinzubringt, dauernd in Rosa bis Purpurroth übergeht, dann auch mit Wasser aufgenommen werden kann. Die Blaufärbung läſst sich noch bei 0mg,001 Strychnin deutlich wahrnehmen. Zur Kenntniſs des Holzessigs. Der im Handel vorkommende rectificirte Holzessig ist nach Versuchen von G. Vulpius (Archiv der Pharmacie, 1883 Bd. 221 S. 256) meist nicht durch Rectification des rohen Holzessigs hergestellt, sondern lediglich ein Kunstproduct. Echter rectificirter Holzessig soll wenigstens 6 Proc. Essigsäure enthalten, mindestens die 10 fache Menge Permanganatlösung entfärben und, in kleinen Proben dem Sonnenlichte ausgesetzt, sich innerhalb weniger Stunden merklich dunkler färben. Zur Kenntniſs des Methylenblau. Der hauptsächlichste Bestandtheil des Methylenblau (vgl. 1879 231 174), wie es im Handel vorkommt, ist, wie A. Bernthsen in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1882 S. 1025 mittheilt, eine Chlorzinkverbindung eines salzsauren Salzes. Versetzt man die wässerige Lösung desselben mit einer Jodkaliumlösung, so fällt ein voluminöser Niederschlag, welcher aus viel heiſsem Wasser in schönen dunkelbronze glänzenden Nadeln krystallisirt. Die Zusammensetzung desselben entspricht der Formel C16H19N3S.HJ. Durch Reduction des Methylenblau mit Natriumhyposulfid, Na3S2O4, erhält man eine aus Aether in breiten Nadeln krystallisirende Leukobase, welche als Methylenweiß bezeichnet wird. Ihre Salze sind farblos; sie selbst ist in reinem Zustande schwach gelb gefärbt, besitzt aber gewöhnlich in Folge kaum zu vermeidender oberflächlicher Oxydation einen grünlichen bis schwärzlich-bronzefarbenen Stich. In trockenem Zustande ist dieselbe anscheinend ziemlich luftbeständig, in feuchtem oxydirt sie sich ungemein leicht an der Luft. Bei 70 bis 75° getrocknet, wobei sie auch schon ein wenig Blaubase zurückbildet, zeigt sie die Zusammensetzung C16H21N3S. Das Methylenweiſs ist methylirbar und acetylirbar. Jodmethyl und Methylalkohol geben beim Erhitzen mit der Leukobase auf 100 bis 1100 ein schön krystallisirendes Jodmethylat: C16H20.CH3.N3S.2CH3J.