Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 254, Jahrgang 1884, Miszellen, S. 227
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Yagn's Strommotor. Der von N. Yagn in St. Petersburg erfundene Strommotor ist neuerdings (* D. R. P. Kl. 88 Zusatz Nr. 25332 vom 9. Mai 1883 und Nr. 28798 vom 19. April 1884, vgl. 1883 248 429) derart vervollkommnet worden, daſs derselbe nun in der That als eine in vielen Fällen verwendbare Kraftquelle Anwendung finden kann. Nach den letzten Vorschlägen sind die die lebendige Kraft des Wasserstromes aufnehmenden schirmförmigen Leinwandsegel unmittelbar an den stets paarweise vorhandenen endlosen Treibseilen befestigt. Diese Seile sind in einer Ponte über ein aus 2 Rollen bestehendes Windwerk mehrmals herumgeführt und treiben lose den Strom hinab, wobei dieselben nur durch eine von einem Backen herabhängende Rolle angespannt werden. Um einen möglichst groſsen Theil des gesammten Stromes aufzunehmen, müssen die Treibseile mit der Richtung desselben einen gewissen Winkel einschlieſsen, was ohne Verankerung dadurch erzwungen wird, daſs an den die Endrolle tragenden Backen auſser den die Spannung bewirkenden Segeln ein Steuer angehängt ist, welches die Treibseile schräg zu stellen sucht. Diese Schrägstellung wird begrenzt, indem die Steuer so gestellt sind, daſs dieselben die, wie erwähnt, stets paarweise vorhandenen Treibseile von einander zu entfernen streben und nun ein Seil zwischen den beiden Spannrollen dieselben so verbindet, daſs die Treibseile gerade die vortheilhafteste Stelle gegen den Strom einnehmen müssen. Auf dem äuſseren Seiltrum bläht der Strom die Schirmsegel auf, welche demgemäſs einen bedeutenden Zug ausüben, während die Schirmsegel der inneren nach der Ponte zurücklaufenden Trume sich flach an das Seil legen und dem Strome somit keinen Widerstand bieten. Sollten die Schirmsegel sich in der That dauerhaft genug herstellen lassen, um ohne zu groſsen Verschleiſs das Umwickeln über die Winde und Spannrollen zu vertragen, so würde dieser neue Motor beträchtliche Vortheile gegenüber dem Schiffmühlenrade besitzen. So würde die Ponte, auf welcher sich die Windevorrichtung befindet, das Fahrwasser des Flusses weniger beengen als eine Schiffmühle. Ferner kann die zu gewinnende Arbeit durch einfache Verlängerung der Treibseile beliebig gesteigert werden; auch arbeitet die Vorrichtung im Winter unter dem Eise ohne Störung, wie Versuche auf der Newa dargethan haben. Die Schifffahrt wird durch die Treibseile wenig behindert, indem dieselben so weit unter der Oberfläche liegen, daſs flacher gehende Schiffe ohne Berührung darüber hinfahren und selbst tiefer gehende Fahrzeuge im Nothfalle ohne beträchtliche Störung die Seile kreuzen können; denn da dieselben nicht fest verankert sind, werden sie durch den Kiel des Schiffes einfach niedergedrückt, ohne eine gefährliche Spannung zu erleiden. Unwin's Mikrometer. Nach dem Engineer, 1884 Bd. 58 * S. 70 benutzt Prof. Unwin vom Royal Indian Civil Engineer College in Cooper's Hill bei seinen Untersuchungen über Festigkeit zu Endmessungen vortheilhaft ein Schraubenmikroskop in Verbindung mit einem Schiebermaſsstabe. Der Fuſs des Mikroskopträgers ist zu dem Zwecke mit einer prismatischen Nuth oder Gleitbahn versehen, in welcher der Maſsstab verschiebbar ist, dessen Weg durch ein in die Gleitbahn eingelegtes, feststellbares, kurzes Anschlagstück begrenzt wird, womit zugleich auch der Nullpunkt der Skala sich bestimmt. Zwischen diesen Anschlag und das Ende des Maſsstabes wird das zu messende Stück gelegt. Der Maſsstab hat eine Skala, an der mittels eines Nonius die erste Ablesung erfolgt, und eine zweite Skala, welche mit dem Gesichtsfelde des Mikroskopes zusammenhängt; letzteres ist wie ein gewöhnliches Schraubenmikroskop eingerichtet und wird wie ein solches gebraucht. Sammeln und Entfernen des Fluges von Spinnmaschinen. Auf eine neue Weise, mit Hilfe der Elektricität will W. A. Delmage in Lowell nach dem Scientific American, 1884 Bd. 50 S. 306 die Reinigung des Cylinderbaumes, des Wagens und anderer Theile von Baumwollspinnmaschinen von dem sich absetzenden Fluge (vgl. Weiß 1875 216 * 26 bez. Mock 1884 251 * 257) bewerkstelligen. Es ist eine elektrische Schiene G angeordnet, welche die kleinen Baumwollfaserchen anzieht. Unter dieser Schiene läuft parallel zu derselben über die Rollen B und C ein endloses Band, welches zwei zur Elektricitätserregung dienende, die Schiene G auf beiden Seiten umfassende Kissen (dieselben befinden sich in der Figur gerade rechts von der Rolle B) und einen Kamm D trägt. Dieser Kamm streicht bei seiner Bewegung an der oberen und der unteren Flache der Schiene entlang und nimmt den an letzterer sich ansammelnden Baumwollflug auf und wird von demselben durch eine Drehbürste I gereinigt, welche den Flug in einen Kasten wirft. Dadurch, daſs der Flug nicht mehr abgewischt wird und zu Boden fallen kann, sondern aufgefangen und gesammelt wird, kann derselbe nicht so verunreinigt werden und bleibt werthvoller. Die Angaben der oben angeführten Quelle sind jedoch zu ungenügend, um über die Einrichtung und deren Anordnung volle Klarheit zu gewähren. Textabbildung Bd. 254, S. 228 Naret's elektrischer Gasanzünder. Dr. Naret hat unter der Benennung „Fiat Lux“ in der Zeitschrift „La Nature eine kleine Vorrichtung zum Anzünden von Gasflammen beschrieben. An den Brenner wird ein kleiner zweiarmiger Hebel angeschraubt; bewegt man nun den einen Arm desselben an seinem Knopfe mit der Hand oder mittels einer Schnur nach unten, so hebt sich der andere Arm, worauf die von einem galvanischen Strome zum Glühen zu bringende Platin Spirale so angebracht ist, daſs dieselbe beim Heben des Armes über den Spalt des Brenners kommt. Beim Heben stöſst aber dieser Arm gegen einen einarmigen Hebel und dreht mittels desselben den Gashahn am Brenner um, während zugleich die Batterie (3 Leclanché-Elemente) geschlossen wird. Ist das ausströmende Gas von der glühenden Spirale entzündet worden, so läſst man den Knopf los und nun geht der zweiarmige Hebel von selbst in seine Ruhelage zurück, der Gashahn aber bleibt offen. Elektrische Beleuchtung auf dem Panzerschiffe Richelieu. Sautter-Lemonnier und Comp. in Paris haben für das Panzerschiff Richelieu die elektrische Beleuchtung unter zahlreichen abweichenden Bedingungen durchgeführt, welche zu einer ganz neuen Anordnung der Gesammtanlage nöthigten. Auch für die Kriegsmarine erweist sich die elektriche Beleuchtung gleich vortheilhaft wie für die Handelsflotte. Nach der Revue industrielle, 1884 S. 341 liefert die dabei verwendete Grammesche Dynamomaschine einen Strom von 200 bis 250 Ampère; bei einer Normalgeschwindigkeit von 580 Umdrehungen ist die elektromotorische Kraft an den Klemmen der Maschine 51 bis 52 Volt; der innere Widerstand übersteigt nicht 0,008 Ohm; die Elektromagnete liegen im Nebenschlüsse, wodurch 22 Ampère verbraucht werden. Die elektromotorische Kraft an den Klemmen ist constant, was dem geringen inneren Widerstände des aus 100 Kupferstäben gebildeten umlaufenden Ankers, der Erregung der Elektromagnete im Nebenschluſs und dem guten Gleichgewichte des Widerstandes der Leiter des äuſseren Widerstandes zu verdanken ist. Bei 580 Umdrehungen verbraucht die Maschine 25e und vermag 400 Lampen zu 8, oder 200 zu 16 Kerzen zu speisen. Ohne Nachtheil für die Maschine könnte die Geschwindigkeit auf 900 Umdrehungen gesteigert werden und dann würde der Strom für doppelt so viel Lampen ausreichen. Auf dem Richelieu sind 227 Edison-Lampen in 7 Stromkreisen: 1) Tagesstromkreis, 68 Lampen zu 8 Kerzen, brennt Tag und Nacht; erleuchtet die auch am Tage dunkeln Räume des Schiffes. 2) Nachtstromkreis, 79 Lampen zu 8 Kerzen, erhellt die Lagerstände, Kabinen u. dgl. 3) Stromkreis für Gefechtsbereitschaft, 16 Lampen zu 8 Kerzen, umfaſst die Munitionskammern. 4) Maschinenstromkreis, 26 Lampen zu 8 Kerzen, gestattet die Besichtigung und Instandhaltung der Maschinentheile. 5) Seestromkreis, 22 Lampen zu 8 Kerzen, erhellt die Maschine und die Kessel, wenn das Schiff in See geht. 6) Fahrtlampenstromkreis, 6 Lampen zu 30 Kerzen, nämlich 3 hinten, 2 an der Seite und des Marsfanal. 7) Signallampenstromkreis, 10 Lampen zu 30 Kerzen, speist die Lampen in den Masten bei Nacht. Hiernach brennen auf der Rhede bei Tag 94, bei Nacht 171 Lampen; auf der See dagegen bei Tag 116, bei Tag während des Gefechtes 132, bei Nacht 211, bei Nacht im Gefechte 227 Lampen. Die Edison-Lampen B von 8 Kerzen brennen mit 50 Volt und 0,75 Ampère. Die Lampenträger wechseln in ihrer Einrichtung mit dem zu erleuchtenden Orte. Immer aber ist besondere Fürsorge getroffen, um die von der Maschine verursachten Erzitterungen und die Stöſse beim Abfeuern der Geschütze unschädlich zu machen. Dazu ist zwischen die Schiffswand und die Befestigungsstelle des Trägers eine Filzscheibe von 10 bis 15mm Dicke eingelegt, ferner jede Lampe mit ihrem Träger mittels zweier kleiner Holzsockel und einer Spiralfeder verbunden, was die Stöſse beträchtlich mildert. In allen Lagerständen und den von der Schiffsbesatzung bewohnten Räumen befinden sich die Lampen in Laternen, die nur mittels besonderer dreikantiger Schlüssel geöffnet werden können. An einigen Orten waren bewegliche Lampen erforderlich und diese wurden an drei Kettchen aufgehängt. Das Manometer und der Wasserstandzeiger an jedem Dampfkessel wurde mit einer Lampe in einer runden Laterne erleuchtet, welche an einem Arme an einem runden lothrechten Stifte angeschraubt wurde. Die oben erwähnten 7 Stromkreise gehen von einem Umschalterbrette in der Nähe der Dynamomaschine aus. Mittels dieser Umschalter können sämmtliche Lampen jedes Stromkreises angezündet oder ausgelöscht werden, entsprechend dem Befehle des diensthabenden Offiziers. Auſserdem hat eine Anzahl Lampen in jedem Stromkreise noch ihre besonderen Umschalter, welche mit besonderen Schlüsseln gestellt werden können. Die vollkommen isolirten Leitungen sind durchweg auf an die Schiffswand befestigte Holzplatten angebracht, oder durch Metallröhren gezogen; nach Fertigstellung wurden dieselben durch Bedeckung mit Holz in ihrer Lage gesichert. 48 Stromunterbrecher schalten eine der 48 Gruppen der Anlage selbstthätig aus., wenn etwa die Drähte einer Lampe der Gruppe in Berührung mit einander kommen. Die Querschnitte der Leiter sind so berechnet und die Lage der Hauptabzweigungen so gewählt, daſs in jedem Stromkreise bei der entferntesten Lampe die Potentialdifferenz zwischen den beiden Drähten der Lampe sich nicht mehr als um 1 Volt von der am Umschalter unterscheidet. Da ferner die Potentialdifferenz an den Klemmen der Maschine merklich constant ist, so ist die Gesammtstromstärke stets der Zahl der brennenden Lampen proportional und man braucht beim Anzünden und Auslöschen keine Regulirungen vorzunehmen, sondern hat nur nöthig, zwischen dem Drehen zweier Umschalterhebel einige Minuten verstreichen zu lassen, damit der Regulator der Dampfmaschine die herrschende Geschwindigkeit aufrecht erhalten kann. Von den Signallichtern in den Masten wird ein leuchtendes Abbild vor dem Umschalter selbst erzeugt, wodurch eine ebenso rasche, wie sichere Bedienung derselben möglich ist. Die Einrichtung zum Geben der Befehle und Entsenden von Nachrichten durch elektrische Glühlampen von 30 Kerzen mittels eines von Sauter-Lemonnier und Comp. auf dem Richelieu, während dieser Admiralsschiff war, ausgeführten Umschalters ist ausführlich beschrieben in der Revue industrielle, 1884 * S. 202. Hiernach werden die Signale in der französischen Marine durch 2 Gruppen von 5 Lichtern gegeben, welche am groſsen Mäste und am Besanmaste an einem Seil unter einander aufgezogen werden. Das Aufziehen ist bei Benutzung gewöhnlicher Lampen nicht nur sehr umständlich und zeitraubend, sondern auch unzuverläſslich, weil bei Wind und Regen leicht eine Lampe während des Aufziehens verlöschen und dadurch das beabsichtigte Signal gefälscht werden kann. Diese Uebelstände fallen bei Anwendung von elektrischem Lichte weg. Dabei bleiben nämlich die Lampen, wenn diese einmal eingeschaltet und – jede Gruppe als ein Ganzes – aufgezogen worden sind, beständig in ihrer Stellung am Mäste. Zu jeder Gruppe von 5 Lampen führt ein Kabel mit 5 Zuleitungsdrähten und einem gemeinschaftlichen Rückleiter zum negativen Pole der Maschine. An dem Umschalter, von dem die Kabel ausgehen, ist zugleich eine Einrichtung, welche die Ueberwachung der richtigen Gestaltung des Signales zuläſst, bevor dasselbe noch gegeben wird. Es ist nämlich für jede Lampe ein Einschalter mit flügelartigem Griffe vorhanden, mittels dessen der Zuleitungsdraht eben dieser Lampe in und auſser Verbindung mit der positiven Klemme der Maschine gesetzt werden kann, jedoch nicht unmittelbar, sondern zur Verbindung mit der Maschinenklemme ist noch erforderlich, daſs die Hauptumschaltkurbel in eine bestimmte Stellung gebracht wird, in der sie den Stromweg nach der Klemme der Maschine schlieſst. Für gewöhnlich steht die Hauptkurbel so, daſs an dieser letzteren Stelle der Stromkreis offen ist, und ebenso befinden sich die Einschalter in einer Stellung, bei welcher ihr unteres, Contact machendes Ende von der betreffenden Contactfeder entfernt ist, also der Eintritt des Stromes in die Zuleitungsdrähte nach den Lampen unmöglich gemacht wird. Soll nun ein Signal gegeben werden, so werden zunächst die Wirbel der Einschalter derjenigen Lampen, welche bei diesem Signale brennen müssen, um 90° gedreht und dadurch die Contacte auf die Contactfedern aufgedrückt und die nach diesen Lampen führenden Zuleitungsdrähte mit einer Metallschiene in leitende Verbindung gebracht, welche mit einer Schiene im Hauptumschalter leitend verbunden ist. Bei der Drehung jedes Einschaltergriffes wird durch einen am Körper oder Schafte des Einschalters angebrachten geschlitzten Arm zugleich ein zweiarmiger Hebel so weit gedreht, daſs ein am zweiten Arme des Hebels sitzender Schirm vor einem Fenster hinweggezogen wird, das er bisher verdeckte; dieses Fenster erscheint daher jetzt erleuchtet, da die 10 Fenster in 2 Reihen in einem durch eine Glühlampe im Inneren erleuchteten länglichen Kasten angebracht sind. Nach der Drehung des Einschalterwirbels hat also der Signalisirende ein fertiges Bild des vorbereiteten Signales vor sich und, wenn er sich daraus überzeugt hat, daſs wirklich das beabsichtigte Signal vorbereitet ist, dreht er die Kurbel des Hauptumschalters um 180°, setzt dadurch die mit der Zuleitungsschiene verbundene Schiene des Hauptumschalters in leitende Verbindung mit der zweiten Schiene desselben, an welche eben ein Draht von der positiven Polklemme der Maschine geführt ist, schlieſst somit den Stromkreis und entzündet alle jene Lampen, deren Einschalterwirbel um 90° gedreht worden sind. Um das gegebene Signal wieder zu verlöschen, ist nur ein Weiterdrehen der Kurbel des Hauptumschalters um 180° nöthig. Durch diese wird die Kurbel in ihre Anfangslage zurückgebracht und so nicht nur der Strom unterbrochen und die bisher brennenden Lampen ausgelöscht, sondern es erfassen bei dieser Drehung des Hauptumschalters auch noch Stifte, welche aus zwei mit der Kurbel des Hauptumschalters durch Kurbeln verbundenen, in dem erleuchteten Kasten liegenden Stäben vorstehen, die Schäfte der früher um 90° gedrehten Einschalter an einem in der Verlängerung jenes geschlitzten Armes liegenden Arme und bringen dadurch nicht allein die Einschalter selbst in ihre richtige, den Stromweg nach ihren Lampen unterbrechende Ruhestellung zurück, sondern sie rücken auch die früher verstellten Schirme wieder vor ihre Fenster, so daſs jetzt alle 10 Fenster dunkel sind, als Bild des eingetretenen Nichtbrennens aller 10 Lampen. Die ganze Signaleinrichtung ist nunmehr zum Vorbereiten und Geben eines neuen Signales bereit. Zur Verarbeitung von Xylonit. Zum Poliren von Gegenständen, welche mit dünnen Lagen von Xylonit oder ähnlichen Pyroxylinsubstanzen überzogen sind, löst man nach J. B. Edson in Adams, Massachusetts (* D. R. P. Kl. 39 Nr. 28296 vom 27. November 1883) den Xylonitüberzug durch Collodium u. dgl. theilweise auf und preſst die Gegenstände dann zwischen glatten Glaswalzen. Ueber Ichthyol. Durch Destillation eines bituminösen Gesteines von Seefeld in Tirol erhält man eine zwischen 100 und 255° siedende Flüssigkeit, Ichthyol genannt, welche nach E. Baumann (Monatshefte für Dermatologie, 1884 Bd. 2 S. 257) ein specifisches Gewicht von 0,865 hat, neutral reagirt und nur geringe Mengen Pyridinbasen enthält. Aus diesem Schwefel und Stickstoff haltigen Oele gewinnt R. Schröder in Hamburg durch Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure eine Sulfosäure, welche als Arzneimittel Verwendung findet. Einwirkung von Nitraten auf Eisen und Salpeter in Gegenwart von Aetzalkalien. In Erwiderung auf die Arbeit von Parnell (1884 252 532) zeigt G. Lunge im Journal of the Society of Chemical Industry, 1884 S. 287, daſs die Einwürfe gegen die von Lunge und Smith (1884 251 319) veröffentlichte Abhandlung über die Oxydation der Schwefelverbindungen bei der Fabrikation kaustischer Soda unbegründet sind. Wie dort ausgeführt ist, haben Lunge und Smith nicht mit unreinen (Sulfid enthaltenden) Rohsodalaugen, sondern mit reinen Materialien gearbeitet, wodurch schon der gröſste Theil der Erörterungen Parnell's hinfällig wird. Wie die früheren zahlreichen Versuche von Lunge und Smith gezeigt haben, entsteht beim Kochen von reiner concentrirter Aetzalkalilauge mit Salpeter und Eisen eine bedeutende Menge Ammoniak, welche bis auf 90 Procent des angewendeten Salpeters entsprach. Neue unabhängige Versuche haben die Reduction von Nitrat durch Eisen wiederum vollständig bestätigt. Lunge hält es für sehr wahrscheinlich, daſs die von Parnell gefundene vermeintliche Reduction von Nitrat durch Eisensulfür auf einem Irrthume beruhe. Bei den ersten Versuchen Parnell's, bei denen ohne Beisein von Eisen keine Reduction zu Ammoniak eintrat, wurde wahrscheinlich eine bedeutende Menge Salpeter angewendet, so daſs die Reduction durch Natriumsulfid nur bis zu Nitrit fortschreiten konnte. Bei den letzten Versuchen, wobei Eisen angewendet wurde, war die Salpetermenge jedenfalls geringer, so daſs sich Ammoniak bildete, welches dann irrthümlich als durch Wirkung von Eisensulfür entstanden angesehen wurde. Verfahren zur Herstellung von Salicylsäure. Nach Angabe der Chemischen Fabrik auf Actien vormals E. Schering in Berlin (D. R. P. Kl. 12 Nr. 28985 vom 14. Oktober 1883) bildet sich beim Erhitzen von Diphenylcarbonat mit Phenolnatrium, entgegen der Angabe von Hentschel (1883 250 427), neben freiem Phenol und Diphenyläther basisch salicylsaures Natrium. Die Reaction erfolgt nach der Gleichung: OC6H5.CO.OC6H5 + 2C6H5ONa = C6H4.ONa.COO.Na + C6H5OC6H5 + C6H5OH. Zur Gewinnung von Salicylsäure nach dieser Reaction erhitzt man 50k Diphenylcarbonat und 54k Phenolnatrium in einem mit Rükrwerk versehenen Gefäſse etwa 6 Stunden lang auf 160 bis 170° und scheidet aus dem erhaltenen Producte die Salicylsäure in bekannter Weise ab. Statt des Phenolnatriums können auch Salze anderer Phenole, z.B. Kresolnatrium, verwendet werden. Zur Herstellung von Isatin. Die Farbenfabrik vormals F. Bayer und Comp. in Elberfeld (D. R. P. Kl. 22 Zusatz Nr. 27979 vom 22. December 1883, vgl. P. Meyer 1884 252 81) haben gefunden, daſs ein direktes Zusammenschmelzen von Dichloressigsäure und entsprechenden Verbindungen mit aromatischen Aminen nur bei den weniger reactionsfähigen Aminen vortheilhaft ist, bei den reactionsfähigeren, wie Anilin, Toluidin, Phenylen- und Toluylendiamin u.a., verläuft die Reaction bei direktem Zusammenschmelzen selbst auf dem Wasserbade leicht so heftig, daſs groſsentheils harzige, für die weitere Verarbeitung auf Isatin oder substituirte Isatine nicht verwerthbare Producte erhalten werden; in solchen Fällen empfiehlt es sich daher stets, die Reaction in Lösung vor sich gehen zu lassen; als Lösungsmittel können Alkohol, Benzol u.a., weniger vortheilhaft Wasser, angewendet werden. Wird das durch direktes Zusammenschmelzen oder durch Digestion der Lösungen gewonnene Einwirkungsproduct sofort weiter verarbeitet, so ist die Ausbeute an Isatin verhaltniſsmäſsig nur gering. Um dieselbe zu vergröſsern, unterwirft man das Einwirkungsproduct erst noch einem Oxydationsprozesse; dies kann schon durch Hindurchleiten von Luft durch das noch in Lösung befindliche oder wieder gelöste Einwirkungsproduct oder durch längeres Stehenlassen an der Luft geschehen; aus der Lösung scheidet sich das fast reine Imesatin in Krystallen oder Krystallkrusten aus. Genauere Untersuchungen haben nämlich festgestellt, daſs die direkten Einwirkungsproducte nur in so weit wirklich Imesatine bezieh. substituirte Imesatine sind, als schon bei und nach der Reaction oder nachher bei der Reinigung von selbst und zufällig eine Oxydation eintritt, die jedoch mehr oder weniger unvollständig zu sein pflegt. Die Erzeugung der Imesatine, dieser nothwendigen Durchgangsproducte zur Darstellung des Isatins bezieh. substituirten Isatins, geschieht daher bei absichtlicher und vollständiger Oxydation des Reactionsproductes am vollkommensten. Statt der Abkömmlinge der dihalogenisirten Essigsäuren, der Amide und Aldehyde, lassen sich namentlich auch ihre Alkalisalze und ihre Aether als Ausgangsmaterial zur Vollziehung des beschriebenen Prozesses verwenden; derselbe erleidet nur in so fern eine Abänderung, als bei Anwendung der Salze, gleichwie der Amide, statt 4 nur 3 Mol. Amin zur Erzielung einer guten Ausbeute an Imesatinen bezieh. Isatinen erforderlich sind. Verfahren zur Herstellung von Naphtylaminverbindungen. Während bei dem bisherigen Verfahren, die Hydroxylgruppe der Naphtylverbindungen der β-Reihe in die Amidogruppe überzuführen, ein Druck von 30 bis 40at erforderlich war, vermeidet dies L. Landshoff in Berlin (D. R. P. Kl. 22 Nr. 27378 vom 23. Januar 1883) durch folgendes Verfahren. Die Alkalisalze der β-Naphtolsulfosäuren werden etwa 12 Stunden lang auf 200 bis 250° erhitzt, während ein langsamer Strom Ammoniakgas durchgeleitet wird. Die Umsetzung geht nach der Formel vor sich:     C10H6.OH.SO3M + NH3 = C10H6.NH2.SO3M + H2O oder C10H5.OH.(SO3M)2 + NH3 = C10H5.NH2.(SO3M)2 + H2O oder C10H4.OH.(SO3M)3 + NH3 = C10H4.NH2.(SO3M)3 + H2O. Das Verfahren läſst sich ganz allgemein auf alle bisher bekannten β-Naphtolsulfosäuren anwenden. Die entstandenen β-naphtylaminsulfosauren Salze geben, in bekannter Weise diazotirt, mit Aminen, Phenolen, Oxyphenolen, Naphtolen bezieh. deren Aethern und Sulfosäuren combinirt, eine Reihe von Farbstoffen, welche sich in der Phenolreihe zwischen gelb, orange und braun, in der α-Naphtolreihe zwischen roth und blauviolett, in der β-Naphtolreihe zwischen gelborange und rothorange bewegen.