Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 255, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 351 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Die graphische Theorie der Turbinen und Kreiselpumpen.
Unter vorstehendem Titel hat Prof. Gustav Herrmann in
Aachen in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbfleißes, 1884 * S. 307 bis 379 und 521 bis 580 eine ausführliche
Abhandlung veröffentlicht, welche sich zum Zwecke setzt, die Beurtheilung
ausgeführter und die Construction neuer Turbinen ohne den Gebrauch von analytischen
Formeln, lediglich durch Zeichnung von Diagrammen zu ermöglichen. Dieses Ziel ist in
der betreffenden Arbeit vollkommen und in auſserordentlich einfacher Weise
erreicht.
Der Verfasser entwirft ein aus wenigen geraden Linien gebildetes Diagramm, welches
für jede Turbine leicht zu zeichnen ist und in den einzelnen Strecken unmittelbar
die absoluten sowohl, wie die relativen Geschwindigkeiten des Wassers an jeder
beliebigen Stelle des Rades, sowie die Geschwindigkeit des letzteren liefert. Dieses
Diagramm, welches auch in die Zeichnung irgend einer vorhandenen Turbine zu deren
Untersuchung ohne weiteres eingetragen werden kann, gewährt eine ungemein klare
Anschauung von den Vorgängen in den Turbinen, wie sie durch Formeln niemals erreicht
werden kann. Insbesondere gilt dies in Bezug auf die relativen Geschwindigkeiten, deren Verständnis in der Regel bei der
analytischen Behandlung so schwierig ist, und in Betreff der sogen. Reactionswirkung, von welcher, wie der Verfasser an
Beispielen zeigt, noch ganz unrichtige Auffassungen unter Theoretikern wie
Praktikern gefunden werden. Aus dem gezeichneten Diagramme läſst sich einfach durch
Verzeichnung eines Kreises die Gröſse des Reactionsverhältnisses finden, d.h.
angeben, wie viel Procent des zur Wirkung kommenden Gefälles durch Reaction und wie
viel durch Action ausgenützt werden. Ebenso verschwinden bei Betrachtung des
Diagrammes die Schwierigkeiten, welche bei den Radialturbinen die Berücksichtigung
der Centrifugalkraft zu machen pflegt und über die ebenfalls irrthümliche Ansichten
nur zu häufig noch angetroffen werden. Verfasser zeigt, daſs der Gewinn oder Verlust
an lebendiger Kraft, welcher nach den Lehrbüchern der Mechanik mit einem radialen
Durchgange des Wassers durch ein rotirendes Rad verbunden ist, sich nur auf die
lebendige Kraft der relativen Bewegung bezieht und daſs
die irrthümliche Auffassung, es werde durch die Centrifugalkraft das absolute Arbeitsvermögen des Wassers verändert, zu ganz
verkehrten Schlüssen geführt habe. Von hohem Interesse ist die Uebertragung der
Theorie der Radialturbinen auf diejenige der Kreiselpumpen, indem daraus ungesucht
das überraschende Ergebniſs folgt, daſs die bisher fast ausnahmslos angewendete rückwärts gekrümmte Schaufelform der Centrifugalpumpen
für eine bestimmte Förderhöhe eine viel gröſsere Radgeschwindigkeit erfordert als
eine in geeigneter Art entgegengesetzt gerichtete Schaufel.
Auch der Einfluß der Schaufeldicken auf die
Wassergeschwindigkeiten ist in dem Diagramme durch Verzeichnung einer Hyperbel zur
Anschauung gebracht und daraus der bisher noch nicht beachtete wesentliche
Unterschied erläutert, welcher hinsichtlich dieses Einflusses zwischen den
Reaktionsturbinen und den reinen Actionsturbinen besteht. Beachtenswerth ist ferner,
daſs aus dem Diagramme auch die analytischen Formeln entnommen und unmittelbar
niedergeschrieben werden können, deren Entwicklung auf dem Wege der Rechnung oft so
umständlich ist. Auf sieben der Abhandlung beigegebenen Tafeln sind 6 Turbinen und 3
Kreiselpumpen durch ihre Diagramme graphisch berechnet.
Die Vortheile der hier angedeuteten neuen Methode erscheinen so groſs, daſs dem
Verfasser wohl zugestimmt werden kann, wenn er für den graphischen Weg an
technischen Lehranstalten eine allgemeinere Würdigung empfiehlt, damit derselbe dem
praktischen Techniker alle diejenigen Dienste leiste, welche dieser Weg zu bieten
vermag. Durch die angegebene Methode hat der Verfasser, welcher durch seine
sonstigen Arbeiten auf dem Gebiete der graphischen
Maschinenlehre sowie durch seine Bearbeitung der Weisbach'schen Mechanik sich bekannt gemacht
hat, einen wichtigen Theil der Maschinenlehre der graphischen Behandlung erschlossen
und es wird deshalb die Veröffentlichung der graphischen Theorie der Turbinen und
Kreiselpumpen gewiſs vielen Technikern willkommen sein.
Steighöhe springender Strahlen.
O. LuegerVgl. Lueger: Die Wasserversorgung der Stadt
Lahr, 1884 S. 38. (Verlag von Moritz
Schauenburg in Lahr.) hat Versuche anstellen lassen, um
zu ermitteln, bei welcher Mundstückweite unter gegebenen Verhältnissen die gröſste
Strahlhöhe erzielt wird. Es fand sich, daſs bei einer hydraulischen Ueberdruckhöhe
(gemessen mittels Manometer, welches mit dem Aufsteigrohre des Wasserpfostens durch
einen Gummischlauch in Verbindung stand) von 47m,7
Wassersäule das Mundstück von 2cm Lichtweite die
gröſste Steighöhe lieferte, nämlich 35m,2. Nach
der von C. Bach (Construction
der Feuerspritzen, 1882 S. 28) hierfür aufgestellten Gleichung (5) wäre die
Maximalwurfweite zu erwarten gewesen bei einer Wassergeschwindigkeit
w=20\,\sqrt[3]{2^2\,\times\,0,97} (0,97
Contractionscoefficient für das Mundstück) = 31m,4, entsprechend einer Wasserpressung von
\overline{31,4^2}:19,62=50^m Wassersäule, was in guter
Uebereinstimmung mit dem Lueger'schen Ergebnisse
steht.
Trouvé's tragbare elektrische Lampe.
G. Trouvé hat nach den Comptes
rendus, 1884 Bd. 99 * S. 753 eine tragbare elektrische Lampe hergestellt,
welche selbstthätig regulirbar und gefahrlos, zugleich aber auch im Gebrauche sehr
vielseitig ist. In der einen Ausführungsform soll dieselbe für industrielle Zwecke
dienen, wo die Sicherheit Hauptbedingung ist; in der anderen Form für den
Hausgebrauch soll dieselbe die verschiedenen, wenig bequemen und sehr gefährlichen
Handlampen ersetzen, welche nicht zu dauernder Beleuchtung von Wirthschafts- und
Wohnräumen bestimmt sind. Die erstere entzündet sich, wenn der Arbeiter die Lampe an
seinen Gürtel anhängt, um bei der Arbeit die Hände frei zu haben, und erlischt, wenn
sie an ihrem Henkel aufgehängt wird*, die zweite leuchtet, wenn man die Lampe an
ihrem Griffe erfaſst, und hört auf zu leuchten, wenn man sie auf einen Tisch o. dgl.
stellt. Beide bestehen aus einem Behälter mit mehreren Abtheilungen, der zur
Aufnahme einer Batterie von Trouvé'schen
Bichromat-Elementen bestimmt ist. Der Deckel des Gefäſses trägt die in einer
doppelten Krystallglasglocke untergebrachte und auſserdem durch ein Metallgitter
geschützte Glühlampe, meist in winkelrechter Lage gegen den Behälter, und auſserdem
die Elemente, welche erst in die Füllungsflüssigkeit eingetaucht werden, wenn das
Licht leuchten soll; die Tiefe der Eintauchung regulirt die Lichtstärke. Bei der
ersten Art werden die Elemente aus der Flüssigkeit ausgehoben, wenn man die Lampe an
ihrem am Deckel angebrachten Henkel erfaſst. Bei der zweiten Art sitzt der Griff am
Behälter selbst und der Deckel ist durch einen Stab mit einer unter dem Gefäſse
angebrachten Scheibe verbunden- die Elemente sind daher aus der Flüssigkeit
ausgehoben, sobald die Lampe auf dieser Scheibe steht, und tauchen in sie ein, wenn
man die Lampe am Griffe erfaſst und emporhebt. Die Regelung wird dadurch bewirkt,
daſs man den Deckel mittels Mutter und Schraube auf dem centralen Stabe höher oder
tiefer stellt. Eine Art Fallschirm, bestehend aus Stäben, welche nach Art der Stäbe
in einem Regenschirme an dem Behälter angebracht sind und sich ausspreizen, wenn
etwa bei einem Stoſse sich die Lampe auf die Seite neigt, schützt die Lampen für den
Hausgebrauch gegen das Umfallen und Ausschütten der Füllungsflüssigkeit.
Herstellung der japanischen magischen Spiegel.
Fängt man das von einem der unter dem Namen „magischer Spiegel“ bekannten
japanischen bronzenen Spiegel zurückgeworfene Licht auf einer weiſsen Wand auf, so
kommt das Bild der Figuren zum Vorscheine, welche hinter dem Spiegel eingeprägt,
sonst aber an der Spiegeloberfläche unsichtbar sind, und zwar erscheinen bei
Anwendung divergenten Lichtes die dickeren Stellen, also die, an welchen die
hinteren Figuren erhaben sind, lichtstärker als die übrigen. Macht man ferner auf
die hintere Fläche des Spiegels mit einer Messerspitze einen Riſs, so wird derselbe
auch in der Projection sichtbar. Versuche von H.
Muraoka (Annalen der Physik, 1884 Bd. 22 S.
246) zeigen nun, daſs der magische Spiegel bloſs durch Dünn
schleifen sich herstellen läſst und daſs die beiden genannten Erscheinungen
gleiche Ursache haben. Messingplatten werden durch Schleifen nach der geschliffenen
Seite zu convex und zwar um so mehr, je dünner die Platte ist. Wenn also eine
Messingplatte an verschiedenen Stellen ungleiche Dicke hat wie der japanische
Spiegel, so müssen nothwendig beim Schleifen die dünneren Stellen sich stärker
krümmen als die dickeren, wodurch die Verschiedenheit der Convexität entsteht und
die magische Erscheinung hervorgebracht wird. Daſs alle japanischen Spiegel immer
mehr oder weniger convex sind, wenn sie nicht mit Absicht concav gemacht werden, ist
auch eine nothwendige Folge des Schleifens und es war in der That unmöglich, bei
Anwendung ebener Schleifsteine einen nicht erhabenen Messingspiegel herzustellen.
Andere Metalle, selbst Glas, zeigen dieselben Erscheinungen.
Verfahren zur Herstellung von Malereien auf Glas.
Nach V. Blüthgen in Freienwalde a. d. O. (D. R. P. Kl.
32 Nr. 30075 vom 25. December 1883) wird das Glas zunächst mit Wasserglaslösung
behandelt; dann werden
mit Essigsäure, Zucker und Farben versetzte Gelatinelösungen durch Aufgieſsen oder
mit dem Pinsel auf die betreifenden Felder gebracht. Durch den Zusatz von Essigsäure
und Zucker verliert die Gelatine ihre Sprödigkeit. Nach dem Trocknen werden die
Farbschichten mit Collodium überzogen, welchem durch Zusatz von Ricinusöl die
Sprödigkeit genommen ist. Die Umrisse der einzelnen Felder und Strichschattirungen
werden zweckmäſsig vor dem Auftragen der Farbschichten hergestellt.
Ueber die Zusammensetzung des Paprikas.
Paprika, spanischer oder Cayenne-Pfeffer bildet bekanntlich die vermahlene trockene
Frucht von Capsicum annuum, welche Pflanze namentlich
in Ungarn, Spanien und Griechenland angebaut wird, während man in England und
Amerika meist Capsicum frutescens und baccatum verwendet. Nach F.
Strohmer (Chemisches Centralblatt, 1884 S.
577) enthält Paprika ein fettes Oel ohne scharfen Geruch und Geschmack, welches fast
ausschlieſslich in den Samen vorkommt. Der eigentlich würzende Bestandtheil des
Paprikas wird von einer scharf schmeckenden und riechenden campherartigen
Verbindung, dem Capsicin, gebildet, welches in Schalen und Kernen enthalten ist. Der
harzartige Farbstoff, Capsicumroth, findet sich nur in den Schalen. Die Untersuchung
aus Ungarn stammender Schoten ergab:
Samen
Schalen
Ganze Frucht
Wasser (bei 100° flüchtiges)
8,12
14,75
11,94
Stickstoffsubstanz, als Proteïn berechnet
18,31
10,69
13,88
Fett (Aetherextract)
28,54
5,48
15,26
Stickstofffreie Extractivstoffe (Differenz)
24,33
38,73
32,63
Rohfaser
17,50
23,73
21,09
Reinasche
3,20
6,62
5,20
––––––––––––––––––––––––––––
100,00
100,00
100,00
Stickstoff
2,93
1,71
2,22.
Der Wassergehalt wird als zu hoch anzunehmen sein, da derselbe einen Theil des
flüchtigen Capsicins einschlieſst. Der Aetherextract der Samen würde fast ganz als
Fett, jener der Schalen als Capsicumroth anzusprechen sein, der Aetherextract der
ganzen Frucht jedoch der Summe beider entsprechen. Wenn nun auch die Frage: ob eine
vorliegende Paprikasorte gefälscht ist, am besten und einfachsten durch das
Mikroskop beantwortet werden dürfte, so können doch auch die obigen Zahlen zur
Lösung derselben gewiſs brauchbare Anhaltspunkte liefern. Strohmer fand z.B. in einigen Paprikasorten des Handels:
Rosen-paprikaPrima
Rosen-paprikaSecunda
Königs-paprika
Bei 100° Flüchtiges
17,35
14,39
12,69
Stickstoffsubstanz, als Proteïn berechnet
14,56
14,31
13,19
Aetherextract
14,43
15,06
13,35
Asche
5,10
5,66
7,14.
Die Probe sogen. Königspaprikas, welche nach vorstehender Analyse im Vergleiche mit
jener der reinen Paprikaschoten als geringe Sorte anzusehen war, enthielt, wie die
mikroskopische Untersuchung zeigte, neben den Früchten auch einen Theil der
Fruchtstengel und des Fruchtbodens mit vermählen.
Ueber Rübenbau.
Die Werthprüfung des Rübensamens hat nach A. Sempotowski (Deutsche
Zuckerindustrie, 1884 S. 272 und 1280) dadurch zu geschehen, daſs man 5g desselben in einem mit gesiebter Gartenerde
gefüllten Holzkasten bei 20° keimen läſst. 1g sehr
guter Rübensamen gibt 81 bis 112 Keime, guter 55 bis 80, während ein Same mit weniger als 40
Keimen als schlecht zu bezeichnen ist.
Die in der Provinz Sachsen im J. 1883 ausgeführten Anbauversuche ergaben nach M. Maercker (Neue Zeitschrift für Rübenzucker, 1884 Bd. 12 S. 142
und 257) die günstigsten Erfolge für Gebrüder Dippe's
verbesserte „Kl. Wanzlebener Rüben“.
Nach P. Wagner (Deutsche
landwirthschaftliche Presse, 1884 S. 133) soll man bei Kartoffel- und Zuckerrübendüngung vom schwefelsauren Ammoniak ganz und gar absehen und
überall den Chilisalpeter an dessen Stelle setzen. Mag die Ammoniakdüngung häufig
auch ebenso gut wirken als die Salpaterdüngung – und dies wird besonders bei an
Humus und Kalk reichem Boden und unter feuchtwarmer Witterung, unter Verhältnissen
also, welche die Salpetersäurebildung beschleunigen, der Fall sein –, so steht es
doch fest, daſs in zahlreichen Fällen die Ammoniakdüngung unzweifelhaft weniger gut
gewirkt hat als eine entsprechende Salpeterdüngung, während andererseits kein
einziger Fall mit Sicherheit nachgewiesen worden ist, in welchem umgekehrt die
Salpeterdüngung der Ammoniakdüngung hätte unterliegen müssen.
P. Dehérain (Comptes
rendus, 1884 Bd. 99 S. 920) fand, daſs Vilmorin-Rüben ungedüngt in 100 Th.
Saft 19 Th. Zucker lieferten, daſs man bei günstigem Wetter aber auch von gedüngten
Flächen ebenso zuckerreiche Rüben erzielen kann. Dagegen lieferte 1ha ungedüngt 29700k, mit Stalldünger 35000k, mit
Stalldünger und Natronsalpeter 43000k Rüben.
Rübennematoden wurden in Frankreich von A. Girard (daselbst S. 922)
Mitte September 1884 in den Bezirken Seine, Seine et Oise und im nördlichen
Frankreich beobachtet. Bei Gonesse z.B. enthielten die gesunden Rüben 12 bis. 13
Proc., die befallenen nur 3 bis 8 Proc. Zucker.
Versuche der landwirtschaftlichen Versuchsstation Gembloux (vgl. deren Bulletin, 1884 Nr. 29) über die Unterbringung von künstlichem Dünger für Zuckerrüben ergaben, daſs diese
Düngemittel auf sandig-thonigem Boden im Frühjahre tief untergepflügt werden müssen.
Eineggen und oberflächliches Unterbringen genügt nicht, da Thonboden ein so groſses
Absorptionsvermögen besitzt, daſs selbst in feuchten Jahren die Stoffe nicht bis zur
Pfahlwurzel gelangen. Auf die Zuckerbildung hat die Art des Unterbringens keinen
Einfluſs.
B. Corenwinder prüfte die Angabe, ob die Zuckerrübe den
Kohlenstoff ihres Zuckergehaltes wesentlich der Atmosphäre entnimmt, indem er Rübenpflanzen theils
in reinem Sande, welcher die erforderlichen Nährsalze enthielt, theils in gedüngtem
Boden zog. Das Endergebniſs war nach dem Bulletin de la
Société industrielle du Nord de la France, 1884 S. 75 folgendes:
Gesammtgewicht
Zusammensetzung der Wurzel
der Blätter
der Wurzel
Wasser
Zucker
Asche
In Sand
270g
490g
80,8
12,26
0,98
Gedüngter Boden
2560
1145
83,8
10,60
1,16
Freies Feld
–
–
83,2
9,00
0,91
Die in reinem Sande gezogene Rübe hatte somit 61g Zucker erzeugt, zu deren Aufbau sie täglich der
Atmosphäre 31cc Kohlensäure entzog.
Verfahren zur Herstellung von Arsen freiem
Schwefelwasserstoff.
Leitet man nach O. v. d. Pfordten (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1884 S.
2897) unreines Schwefelwasserstoffgas über erhitztes Schwefelkalium, sogen.
Schwefelleber, so wird der beigemengte Arsenwasserstoff völlig zurückgehalten. Man
läſst zu diesem Zwecke den trockenen Schwefelwasserstoff durch ein auf 350°
erwärmtes Rohr mit Schwefelleber, dann durch eine Flasche mit Sodalösung streichen.
Die Zersetzung erfolgt nach der Formel: 2AsH3 +
3K2S3 = 2AsS3K3 + 3H2S.
Ueber die in der atmosphärischen Luft enthaltenen brennbaren
Kohlenstoffverbindungen.
A. Muntz und E. Aubin (Comptes rendus, 1884 Bd. 99 S. 871) haben den Gehalt
der atmosphärischen Luft an verbrennbaren Kohlenstoffverbindungen dadurch bestimmt,
daſs sie die zuvor von Kohlensäure und Staubtheilen befreite Luft über bis zur
Rothglut erhitztes Kupferoxyd leiteten und dann die gebildete Kohlensäure
bestimmten, oder, um dem Einwurfe zu entgehen, die Kohlenstoff haltigen Gase könnten
durch das zur Entfernung der Kohlensäure dienende Kaliumhydrat theilweise
zurückgehalten werden, bestimmten sie in zwei unter gleichen Umständen aufgefangenen
gleichen Luftmengen in dem einen die Kohlensäure durch mit Kaliumhydrat getränkten
Bimsstein, in dem anderen erst, nachdem sie es durch eine mit Kupferoxyd und Bimsstein gefüllte
Glasröhre bei Rothglut geleitet hatten.
Die durch die Verbrennung der Kohlenstoff haltigen Verbindungen gefundene Menge
Kohlensäure schwankte in Paris am Conservatoire des Arts et
Métier von 0,0003 bis 0,001 Vol.-Proc.; dagegen betrug dieselbe auf der
Ebene von Vincennes, wo die Luft nicht wie dort durch Leuchtgas und Producte der
unvollständigen Verbrennung verunreinigt ist, nur 0,0002 bis 0,0005, im Mittel
0,00033 Vol.-Proc. Die verbrennbaren Kohlenstoffverbindungen der Luft entsprechen
somit etwa 1 Procent der fertig gebildeten Kohlensäure der Luft.
Die Frage, ob die Kohlenwasserstoffe und andere Kohlenstoff haltige Verbindung, wie
z.B. der Alkohol, welche in die Luft entweichen, in den Kreislauf des organischen
Lebens zurückkehren, oder ob nicht schlieſslich alle Kohlensäure der Luft in diese
dem Kreislaufe entzogenen Verbindungen umgewandelt würde, ist zu verneinen, da durch
die elektrischen Entladungen der Atmosphäre die gedachten Verbindungen verbrannt
werden.
Zur Kenntniſs des Natriumsulfates.
Nach Versuchen von S.U. Pickering (Journal of the Chemical Society, London 1884 S. 686)
zeigt das bei 150° entwässerte oder das durch Kochen der gesättigten Lösung
wasserfreie ausgeschiedene schwefelsaure Natrium eine Lösungswärme von 57c, das auf Rothglut gebrachte 760c und das geschmolzene sogar 857c. Nach 3 Monaten geht die Lösungswärme des
letzteren auf 438c zurück.
Ueber das käufliche Picolin.
A. Ladenburg zeigt in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 47, daſs das aus
Thieröl gewonnene käufliche Picolin aus 3 Basen besteht: α-Methylpyridin, β-Methylpyridin und
(wahrscheinlich αα'-) Dimethylpyridin. Die Menge des
β-Methylpyridins tritt gegen die der beiden anderen
wesentlich zurück. In einer Sendung Picolin waren sogar kaum nennenswerthe Spuren
desselben zu finden.
Verfahren zur Herstellung von Indigo.
Chlorirt man nach H. Müller in Hersfeld (D. R. P. Kl. 22
Nr. 30329 vom 12. Juni 1883) Benzaldehyd in Gegenwart Wasser entziehender Mittel,
z.B. Schwefelsäure, so erhält man Metachlorbenzaldehyd als farblose, bei 206°
siedende Flüssigkeit von 1,246 sp. G. bei 15°. Beim Nitriren dieses
Metachlorbenzaldehyds mit Salpetersäure, Salpeter und Schwefelsäure entsteht
vorzugsweise Metachlororthonitrobenzaldehyd, welches aus der Nitrirmischung mit
Eiswasser ausfällt und, wiederholt aus Alkohol krystallisirt, gelbliche, bei 60°
schmelzende Nadeln bildet. Löst man dieses Methachlororthonitrobenzaldehyd in
Aceton, versetzt diese Lösung mit etwas Wasser und dann mit verdünnter Natronlauge,
so scheidet die Lösung nach kurzer Zeit Chlorindigo ab.
Der so erhaltene Chlorindigo ist dem reinen Indigo täuschend ähnlich; er ist ein
tiefblaues, unter dem Mikroskope krystallinisches Pulver mit kupferrothem Strich,
geschmack- und geruchlos, unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether, verdünnten Säuren
und Alkalien, etwas löslich in heiſsem Chloroform, Anilin und Benzalchlorid. Beim
Erhitzen sublimirt der Chlorindigo unter theilweiser Zersetzung; beim Destilliren
mit Natronhydrat zerfällt er in Kohlensäure und Chloranilin. Mit concentrirter
Schwefelsäure bildet er eine in Wasser lösliche Sulfosäure, welche Wolle blau färbt. Durch
reducirende Mittel, wie Eisenvitriol und Alkalien, entsteht aus dem Chlorindigo eine
Küpe, welche wie die Küpe des gewöhnlichen Indigos verwendet werden kann. Entzieht
man dem Chlorindigo das Chlor durch Wasserstoff im Entstehungszustande, so erhält
man Indigo.
Wendet man anstatt des Chlores Brom an, so erhält man die entsprechenden
Bromabkömmlinge.