Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 256, Jahrgang 1885, Miszellen, S. 139
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Ueber eine besondere Art der Fadenbildung bei der Glasspinnerei; von E. Tscheuschner. Bis zu welchem Grade von Feinheit und Elasticität Glas versponnen werden könne, hat bekanntlich zuerst Jul. de Brunfaut (vgl. 1868 190 432. 493. 1872 206 242. 1874 211 482) gezeigt, indem er seine Gespinnste in Verbindung mit Seide zu geköperten Kleiderstoffen verweben lieſs, von welchen letzteren ein Anzug einem Werthe von 2000 M. und mehr entsprach. Konnten auch diese Stoffe ebenso wenig, als die aus Fädenbündeln geflochtenen Kragen, Schleifen., Spitzen, Besätze verschiedenster Art u. dgl. bei allem Glänze ihrer äuſseren Erscheinung wegen der unleidlichen Wirkung der beim Gebrauche solcher Gegenstände unvermeidlich sich ablösenden Fadensplitter auf die Haut keines dauernden Erfolges sich erfreuen und ist heute die Herstellung eines wolle- oder watteartigen, zu chemischen Zwecken dienenden Gebildes fast die einzige gröſsere Verwendungsweise, des Glasgespinnstes, so wird doch die Gewinnung des letzteren immerhin zu den interessanteren Arbeiten vor der Glasbläserlampe zu zählen sein. Man nimmt in der Regel an, daſs zum Spinnen eine besondere Zusammensetzung des Glases nicht erforderlich sei, wenn man von der Forderung eines guten, elastischen Materials als selbstverständlich absieht, und auch die von Benrath (Glasfabrikation S. 365) mitgetheilten Analysen eines böhmischen Flechtwerkes und einer Watte de Brunfaut's sprechen im Allgemeinen dafür. Es sei indessen auf eine Thatsache aufmerksam gemacht, die ich bisher niemals erwähnt gefunden habe. Die Glasfäden lassen sich bekanntlich mittels eines heiſsen Eisens in ähnlicher Weise kräuseln und zu Locken brennen wie das Haar; während nun aber J. de Brunfaut, den ich einmal wochenlang in seiner Werkstätte zu beobachten Gelegenheit hatte, zu schlichten Fäden einfache Glasstäbe von augenscheinlich nicht besonderer Beschaffenheit verspann, wendete er zu lockigem Gespinnste die Verbindung eines Tafel glasstreifens mit einem Rundstabe an, welche letzteren er, wie die Figur zeigt, der Länge nach an einander schmolz. Beim Spinnen vereinigten sich dann beide Gläser zu einem Faden. Daſs J. de Brunfaut auf diese Weise etwa ein Glas von mittlerer Zusammensetzung hätte erzielen wollen, ist kaum anzunehmen, da es ihm ein Leichtes gewesen sein würde, derartige Stäbe sich zu verschaffen. Auch scheint es wenig wahrscheinlich, daſs er einen besonderen, vielleicht ovalen Querschnitt des Fadens erstrebte. Denn wenn auch bekanntlich schlichtes menschliches Haar im Querschnitte fast rund, krauses hingegen flach gedrückt, oval ist, so dürfte doch in dieser Beziehung von der Querschnittsform des Glasfadens kaum etwas zu erwarten sein; auch würde J. de Brunfaut mit Rücksicht auf die Eigenschaft des Glases, beim Ausziehen zu selbst sehr feinen Fäden die Querschnittsform nicht zu ändern, durch Anwendung eines ovalen Stäbchens viel einfacher haben zum Ziele gelangen können. Vielleicht aber wollte er von der verschiedenen durch die Wärme bewirkten Ausdehnung andersartiger Glassorten in der Weise Vortheil ziehen, daſs er einen durch die Vereinigung zweier Fäden von verschiedenen Ausdehnungscoefficienten hervorgegangenen Glasfaden zu erzeugen suchte. Besteht z.B. ein Faden aus zwei Hälften, von denen die rechte einen gröſseren Ausdehnungscoefficienten besitzt als die linke, so wird vom Augenblicke der Erstarrung des neu gebildeten Fadens an bis zur völligen Abkühlung desselben die rechte Seite sich mehr zusammenziehen, also kürzer werden als die linke und daher der ganze Faden sich soweit nach rechts krümmen müssen, bis die innere kürzere Curve der sich mehr, die äuſsere längere Curve aber der sich weniger zusammenziehenden Hälfte entspricht. Textabbildung Bd. 256, S. 140 Bezeichnet D den Durchmesser des Kreises, nach welchem dergestalt die Mittellinie des Fadens sich krümmt, s aber die Fadendicke, so folgt die äuſsere Fadenlange lt = x α (D + s) und die innere l2 = xα (D – s), woraus das Verhältniſs beider l1 : l2 (D + s) : (Ds) sich ergibt, Nach Lavoisier und Laplace schwankt der Ausdehnungscoefficient zwischen 0,0000081 für englisches Flintglas und 0,0000091 für bleifreies Glas und zwar für jeden Grad des hunderttheiligen Thermometers. Unter der Annahme, daſs J. de Brunfaut ähnliche Gläser verwendet habe, ferner eine Erstarrungstemperatur = 1000° für den neugesponnenen Faden vorausgesetzt, bei welcher beide Hälften des letzteren gleiche Länge l haben, wird man daher: l1 (1 + 0,0000081 × 1000) = 1,0081 l1 sin. l2 (1 + 0,0000091 ×  1000) = 1,0091 l2 = l, also 1,0081 l1 = 1,0091 l1 oder endlich l1 : l2 = (1,0091 : 1,0081) = (D + s) : (Ds) setzen können, woraus D = 2017,2 s = 2017,2 × 0,006 = 12mm,10 folgt, wenn man gleichzeitig die Dicke s der feinsten Fäden nach Kick zu 0mm,006 annimmt. Ein solcher Faden müſste sich somit selbstthätig zu einer Locke von 12mm Durchmesser krümmen, während gröſsere Unterschiede der Ausdehnungscoefficienten entsprechend feinere Kräuselungen bedingen würden. In Wirklichkeit aber dürften die Krümmungsdurchmesser schon deshalb kleiner ausfallen, weil die Ausdehnungscoefficienten nicht constant sind, sondern mit den Temperaturen nicht unbedeutend zunehmen. R. Schaum's Anordnung eines verstellbaren Loskieles zur zeitweiligen Erhöhung der Stabilität kleiner Fahrzeuge. Um die Stabilität eines Schiffes zeitweilig erhöhen zu können, wenn Sturm oder starker Wind das Kentern befürchten läſst, ordnet nach dem Scientific American, 1884 Bd. 51 * S. 426 Rud. Schaum in Tell City, Ind., einen schweren Loskiel an, welcher an zwei oder mehr Stangen hängt und mit diesen Stangen, die durch entsprechende, auf dem eigentlichen Kiele aufstehende und gegen das Schiffsinnere wasserdicht abgeschlossene Führungen über Deck hinaufgeführt sind, mittels geeigneter Windewerke herabgelassen werden kann. Hierdurch wird der Schwerpunkt des Fahrzeuges beträchtlich herabgerückt, während die Höhenlage des Metacentrums nur ganz unbedeutend beeinfluſst wird, so daſs die Stabilität des Fahrzeuges sich bedeutend erhöht. Gleichzeitig wird auch das Rollen des Schiffes durch den Widerstand, welchen der herabgelassene Loskiel im Wasser findet, nicht unbeträchtlich herabgezogen werden können. Andererseits ist bei heraufgezogenem Kiele der Tiefgang des Schiffes nicht wesentlich vermehrt, so daſs Schiffe, welche mit dieser Vorrichtung versehen sind, auch in flacherem Fahrwasser gebraucht werden könnten. Heizung und Lüftung einer Pariser Schule. Die École Monge in Paris ist, wie im Genie civil, 1884/5 Bd. 6 * S. 72 mitgetheilt wird, mit Warmwasserheizung und Sauglüftung versehen worden. Für die erstere sind 2 Heizsysteme mit je 3 Wasserheizkesseln angeordnet; von diesen aus werden die Heizkörper gespeist, als welche hauptsächlich mit Rippen versehene Guſseisenröhren verwendet sind, die lothrecht über einander in Kanälen stehen, um vom Boden des Kellergeschosses bis zur Decke des zu Schlafräumen benutzten Obergeschosses in den Ecken der Räume zu führen; diese Kanäle springen in letztere ein. Für einzelne Räume sind statt dieser Rippenröhren cylindrische Wasseröfen angeordnet. Die Lufterneuerung der Räume geschieht in der Weise, daſs unmittelbar von auſsen frische Luft durch kurze, die Auſsenwände in der Höhe der Fuſsböden des Erdgeschosses und ersten Stockwerkes durchdringende Kanäle in die erwähnten lothrechten Eckkanäle zugeleitet wird; diese Luft erwärmt sich, steigt aufwärts und tritt nahe der Decke aus den eigentlich nur als lokale Luftheizkammern wirkenden Eckkanälen in die Räume. Zur Entfernung der Abluft ist ein über Dach führender Saugschlot angebracht, in den die auf dem Dachboden liegenden Sammelkanäle der Abluft münden, welche in dieselben aus den Räumen durch lothrechte Abluftkanäle flieſst, die mit den Räumen nahe dem Fuſsböden in Verbindung stehen. Der Saugschlot wird in der kalten Jahreszeit durch die Ausdehnungsgefäſse der Warmwasserheizung, in der warmen Jahreszeit durch einen besonderen Ofen erwärmt; es ist auch eine Gasheizung vorgesehen, welche bei nothwendiger Erhöhung des Auftriebes in Wirkung gesetzt wird. Es ist in genannter Quelle angegeben, daſs die in die Räume einspringenden Wandungen der Heizkanäle ¼ Stein stark gemauert sind, woraus folgt, daſs die nothwendige Reinigung dieser Kanäle wie der in denselben befindlichen Heizröhren nicht möglich ist, die frische Luft also, ehe letztere in die Räume tritt, stets vorher über verstaubte Flächen ziehen muſs. Kraftbedarf bei Bogenlichtbeleuchtung und elektrischer Arbeitsübertragung. Nach wiederholten Messungen über den Kraftverbrauch beim Betriebe der Bogenlichtbeleuchtung und Kraftübertragung hat die Oesterreichische Waffenfabriks-Gesellschaft in Steyr nach Mittheilung an die Zeitschrift für Elektrotechnik, Wien 1885 S. 180 folgende Erfahrungen gesammelt: Bei der Länge der meisten Bogenlichtleitungen (durchschnittlich 1000m hin und zurück) von 2000m und 3mm starkem Leitungsdraht war der Spannungsverlust etwa 10 Proc. und ergab die Bremsung durchschnittlich einen Kraftverbrauch (an den Turbinen, vgl. 1884 254 396) von 1e,1 für ein Bogenlicht mit 1100 Kerzen Lichtstärke, Leitung mit inbegriffen. Die Kraftübertragung war rund 1400m von den Stromerzeugern entfernt, also die ganze Leitungslänge 2800m mit 3 bezieh. 2mm,4 starkem Draht (800m mit 3mm, 2000m mit 2mm,4 Dicke). Als Stromquelle dienten 2 hinter einander auf Spannung gekuppelte Maschinen, Type T. L. 4 (8 bis 10 Bogenlicht), welche 850 Umläufe machten und hierbei 16 bis 17e bedurften. Die Kraftabgabe an der Secundärmaschine (ebenfalls Type T. L. 4) wurde durch Bremsung mit 6,5 bis 6e,75 nachgewiesen, was einem Nutzeffecte von 40 Proc. gleichkommt. Bei der Glühlichtbeleuchtung in der Villa war es nicht möglich, sich ein richtiges Bild über den Kraftverbrauch zu schaffen, da die dort verwendeten Glühlampen viel zu ungleich in der Lichtstärke waren. Theiſsen's Verfahren zur Herstellung von Stiefeleisen. Nach dem von H. Theißen und C. Theißen in Düsseldorf (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 27343 vom 25. November 1883) angegebenen Verfahren werden zur Bildung von Stiefeleisen Walzeisenstäbe von U-förmigem Querschnitt in einzelne Abschnitte von der Dicke der gewünschten Stiefeleisen zerlegt, welche dann nur noch zu lochen und etwas nachzuarbeiten sind, um ohne Aufwand groſser Kosten fertige Stiefeleisen zu ergeben. Die beiden Schenkel des U-förmigen Querschnittes können gleiche oder ungleiche Form erhalten; die letztere Form wird angewendet, um eine etwaige ungleichmäſsige Abnutzung der Stiefeleisenschenkel auszugleichen, was jedoch bei ersterer Form auch schon durch schräge Schnitte zur Stabrichtung, d.h. durch verschieden dicke Stiefeleisenschenkel erreicht werden kann. Zar Herstellung von Stiefel eisen aus Messing nach diesem Verfahren werden die Profilstäbe statt durch Walzen durch Ziehen oder Gieſsen hergestellt. Die verwendeten Stäbe werden in kaltem oder warmem Zustande mittels einer passenden Metallsäge zerschnitten. Verfahren zum Verbleien von Metallblechen. Nach P. Suckow und Comp. in Breslau (D. R. P. Kl. 48 Nr. 30214 vom 9. Juli 1884) werden die zu verbleienden Metallbleche und die Bleiplatten zunächst einseitig verzinnt, die Zinnflächen mit Kolophoniumpulver bestreut auf einander gelegt und von der Auſsenseite her mittels einer Stich- oder direkten Flamme so weit erwärmt, daſs die Zinnüberzüge zu schmelzen beginnen. Durch Andrücken des Bleibleches wird sodann eine innige Vereinigung mit dem Metallbleche erzielt, wie dies für Sulfitstoffkessel u. dgl. erforderlich ist. Zur Verwerthung der Milch. Die Milchwirthschaftliche Versuchsstation in Kiel verarbeitete nach Schrodt (Milchzeitung. 1885 S. 212) im J. 1884 28492k Milch und verwerthete diese zu 3025,80 M., 1k Milch daher zu 10,6 Pf. Am vortheilhaftesten erwies sich die Verarbeitung der ganzen Milch zu Kamembert-Käse, da 1k Milch sich auf 21,9 Pf. stellte. Bei der Herstellung von Käse aus Magermilch brachte 1k derselben für Holsteiner Käse 2,23 Pf., Limburger Käse 4,34 und Kümmelkäse 3,39 Pf. Nachweis von Caramel in Wein oder Rum. Versetzt man nach C. Amthor (Zeitschrift für analytische Chemie, 1885 S. 30) eine mit Caramel gefärbte alkoholische Flüssigkeit mit Paraldehyd, so bildet sich ein brauner Niederschlag und die Flüssigkeit wird entfärbt. Zur Ausführung des Nachweises werden dem entsprechend 10cc der zu untersuchenden Flüssigkeit in einem engen hohen Gefäſse mit senkrechten Wänden mit 30 bis 50cc Paraldehyd (je nach der Stärke der Färbung), hierauf mit absolutem Alkohol versetzt, bis sich die Flüssigkeiten mischen. Bei Wein sind 15 bis 20cc Alkohol nöthig. War Caramel vorhanden, so hat sich nach 24 Stunden am Boden des Gefäſses ein bräunlichgelber bis dunkelbrauner, fest anhaftender Niederschlag abgesetzt. Man gieſst jetzt die überstehende Flüssigkeit ab und wäscht zur Entfernung des Paraldehyds mit etwas absolutem Alkohol nach. Den Niederschlag löst man in heiſsem Wasser, filtrirt und engt auf 1cc ein. Aus der Stärke der Farbe kann man ungefähr auf die Menge des vorhandenen Caramels schlieſsen. Sind die in zu untersuchendem Weine vorhandenen Caramelmengen sehr gering, so muſs man über Schwefelsäure, am besten mit Zuhilfenahme einer Luftpumpe auf ½ oder ⅓ einengen, filtriren und nun wie oben verfahren. Eindampfen durch Erwärmen ist unbedingt zu vermeiden, da sich sonst leicht caramelartige Producte bilden können, welche zu Täuschungen Anlaſs geben. So gab ein schwach gefärbter, ganz reiner Naturwein die Caramel-Reaction nicht; dieselbe entstand aber sehr deutlich, nachdem der Wein auf ⅓ eingekocht und dann wieder auf das frühere Volumen gebracht worden war. Zur Herbeiführung der Reaction mit Phenylhydrazin wird die filtrirte Lösung des mit Paraldehyd erzielten Caramel haltigen Niederschlages in eine frisch bereitete, klare, salzsaure Phenylhydrazinlösung von der durch E. Fischer (1884 252 483) angegebenen Concentration eingegossen. Der Niederschlag entsteht schon in der Kälte; doch kann dessen Entstehung durch ganz kurzes Erwärmen auf dem Wasserbade befördert werden. Ist sehr wenig Caramel vorhanden, z.B. wenn die Lösungen nur hellgelb gefärbt sind, so entsteht anfangs Trübung und der Niederschlag setzt sich erst nach 24 Stunden vollständig ab. Man schichtet, da die Phenylhydrazinlösung schon nach kurzem Stehen rothbraune, harzartige Producte bildet, welche die Reaction vorzüglich bei kleinen Mengen verdecken könnten, eine etwa 2cc hohe Aetherschicht in dem Reagensglase über die Flüssigkeit; der Aether nimmt, namentlich wenn man das Glas mehrmals sanft umkehrt, die harzartigen Körper mit Leichtigkeit auf und bildet damit eine mehr oder weniger gefärbte Lösung, In der unten stehenden wässerigen Flüssigkeit setzt sich der amorphe schmutzig- oder rothbraune Caramelniederschlag ab. Verfahren zur Gewinnung von Schwefel aus Schwefelwasserstoff. Die Oesterreichische Sodafabrik in Hruschau (D. R. P. Kl. 12 Nr. 30746 vom 26. Juli 1884) läſst den Schwefelwasserstoff durch erhitzte Sulfate von Alkalien oder alkalischen Erden streichen, wobei der Sauerstoff dieser Salze sich mit dem Wasserstoffe des Schwefelwasserstoffes zu Wasser verbindet, während das betreffende Schwefelmetall zurückbleibt und freier Schwefel abflieſst. Durch darauf folgendes Einblasen von atmosphärischer Luft bei fortdauernder Einwirkung von Hitze kann das Schwefelmetall wieder zu Sulfat oxydirt werden, welches neuerlich Verwendung findet. Bei der praktischen Durchführung dieses Prozesses, welcher zur Verwerthung der bei der Sodafabrikation nach dem Leblanc'schen Verfahren sich ergebenden Rückstände besondere Vortheile bieten soll, wird der zu verarbeitende Schwefelwasserstoff durch ein zur Rothglut erhitztes, vorzugsweise mit Gypsstücken gefülltes Röhrensystem geleitet, dessen anderes Ende mit einem Condensator für den flüssigen Schwefel in Verbindung steht. Die hierbei stattfindende Reaction wird durch folgende Gleichung ausgedrückt: CaSO4 + 4H2S = CaS + 4H2O + 4S. Um bei dem Prozesse jede Möglichkeit einer Verbindung des frei werdenden Sauerstoffes mit dem Schwefel zu verhüten, leitet man beständig einen Ueberschuſs an Schwefelwasserstoff zu, so daſs jedes Sauerstoffatom im Entstehen immer eine genügende Menge der gröſsere Affinität besitzenden Wasserstoffatome vorfindet. Der auf diese Weise in die Condensationskammern gelangte Schwefelwasserstoff wird wieder in die zur Herstellung dieses Gases dienende Lauge (vgl. H. v. Miller und C. Opl 1884 253 350) geleitet und so weiter verarbeitet. Ist sämmtlicher Gyps zu Schwefelcalcium reducirt, so leitet man das zu zersetzende Schwefelwasserstoffgas durch einen Apparat gleicher Einrichtung, in welchem sich der Prozeſs in gleicher Weise vollzieht, während man in den ersten Apparat atmosphärische Luft einbläst, um das Schwefelcalcium wieder zu Calciumsulfat zu oxydiren. Behufs Verwerthung der bedeutenden Menge von Wärme, welche bei diesem Oxydationsprozesse frei wird, sind die beiden im Vorstehenden erwähnten zusammengehörigen Röhrensysteme so mit einander verbunden, daſs die in einem Röhrensysteme frei werdende Wärme das Alkali- oder Erdalkalisulfat im anderen Röhrensysteme erhitzt. Verfahren zur Herstellung organischer Säureanhydride. Zur Herstellung von Essigsäureanhydrid werden nach Angabe der Chemischen Fabrik vormals Hoffmann und Schötensach in Ludwigshafen (D. R. P. Kl. 12 Nr. 29669 vom 9. April 1884) in einem mit Rührwerk versehenen guſseisernen Doppelkessel 250k sorgfältig entwässertes essigsaures Natrium zu einem staubförmigen Pulver gerührt; dann bringt man die Temperatur im Doppelkessel auf 140° und leitet zugleich einen starken Strom reines Chlorkohlenoxyd ein. Es destillirt ein in Folge seines Gehaltes an Chlorkohlenoxyd die Schleimhäute heftig angreifendes Oel über welches durch eine gute Kühlung niedergeschlagen wird. Das Rohproduct (150k) wird der fractionirten Destillation unterworfen und sind daraus 100k ziemlich reines Anhydrid zu gewinnen. Es ist besonders zu beachten, daſs die angegebene Temperatur nicht überschritten wird, da sich sonst leicht beträchtliche Mengen Aceton bilden, welche sich kaum ganz von dem Anhydrid abscheiden lassen. Zur Herstellung von Propionsäureanhydrid wird in entsprechender Weise propionsaures Natrium bei 170° mit Chlorkohlenoxyd behandelt. Das Destillat besteht aus einem Gemenge von Propionsäureanhydrid und -Chlorid, welche durch fractionirte Destillation getrennt werden; das Chlorid ist offenbar in Folge secundärer Umsetzung des Anhydrids mit Phosgen entstanden: (C3H7CO)2O + COCl2 = CO2 + 2C3H7COCl; es kann durch Kochen mit Propionsäure wieder in das Anhydrid verwandelt werden. Die Darstellung von Buttersäureanhydrid erfolgt wie die des Essigsäureanhydrids bei einer Temperatur von 200°; auch hierbei tritt ein Gemenge von Anhydrid und Chlorid auf, welche leicht durch fractionirte Destillation getrennt werden konnten; beim Destilliren über buttersaures Natron liefert das Rohproduct von Chlorid freies Buttersäureanhydrid. Ebenso gelingt die Darstellung von Benzoesäureanhydrid im Gemenge mit Benzoylchlorid beim Ueberleiten von Phosgen über benzoesaures Natron, welches auf 360° erhitzt wird. Beim Destilliren geht der gröſsere Theil des Rohproductes bei 1980 über, der kleinere bei 360°; das erste Product bleibt flüssig und erweist sich als Benzoylchlorid; das letztere erstarrt zu einer bei 40° schmelzenden krystallinischen Masse, zu Benzoësäureanhydrid. Ueber die Darstellung von Thiophen. Wird nach J. Volhard und H. Erdmann (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1885 S. 454) eine Mischung von Bernsteinsäureanhydrid und Phosphorpentasulfid erhitzt, so beginnt bei 140° eine heftige Reaction, welche sich unter Wärmeentbindung und Entwicklung von Schwefelwasserstoff vollzieht. Das Destillat wird durch Schütteln mit Natronlauge von übelriechenden, schwer flüchtigen Stoffen befreit, mit Natrium digerirt und fractionirt. Sehr viel bessere Ausbeute an Thiophen liefert ein Gemisch aus bernstein-saurem Natron und Phosphortrisulfid. Man erhitzt in einer Retorte über freiem Feuer. Sobald die Reaction an einer Stelle begonnen hat, was an dem Dunkelwerden der Masse und der eintretenden Gasentwickelung zu bemerken ist, schreitet sie von selbst fort, ohne daſs man nöthig hätte, weiter zu erwärmen. In der Vorlage sammelt sich eine leicht bewegliche Flüssigkeit neben geringen Mengen einer halbfesten Masse, während der Retortenhals sich mit einem gelben krystallinischen Sublimat überzieht. Man destillirt den flüchtigeren Antheil des Uebergegangenen aus dem Wasserbade ab, digerirt denselben mit Aetznatron und rectificirt schlieſslich über Natrium. Aus je 100g Natriumsuccinat wurden so mit dem gleichen Gewichte Phosphortrisulfid 20, 23 bezieh. 22g,5, mit dem doppelten Gewichte Phosphortrisulfid 25g reines Thiophen, also beiläufig die Hälfte der möglichen Ausbeute erhalten. Weniger ausgiebig ist die von C. Paal (daselbst S. 456) angegebene Bildung von Thiophen aus Schleimsäure.