Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 260, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 284
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Whitley's rotirender Dampferzeuger. Textabbildung Bd. 260, S. 284 Von einem rotirenden Dampferzeuger mit Wasserrohren (vgl. P. Schneider u.a. 1884 251 * 436) zeigten Whitley Partners in Leeds auf der Erfindungsausstellung in London 1885 ein in Bronze ausgeführtes Modell. Bei demselben sind 6 Cylinder oder Röhren mit gewölbten Endflächen in der Gestalt lang gezogener Walzenkessel mit abgerundeten Endrändern wagerecht und parallel zu einander, wie nebenstehend veranschaulicht, gelagert. Die Verbindung der einzelnen Röhrenschüsse, welche ohne Nath aus einer besonderen Bronzelegirung hergestellt werden sollen, erfolgt mit übergreifenden Stöſsen mit darauf gezogenen Reifen, während die Endstücke der Rohre durch eine in der Achse liegende Spannstange versteift werden. Die Endstücke der Röhren erhalten Hohlzapfen, mit welchen dieselben in festen Gestellen liegen. Der vordere Zapfen erhält Anlaufränder, während der hintere Zapfen glatt ist, um eine freie Ausdehnung der Röhren zu gestatten. Das Wasser wird in den vorderen Hohlzapfen eingepumpt und der Dampf durch ein besonderes Rohr durch den hinteren Zapfen entnommen. Die 6 Röhren, welche etwas über die Hälfte mit Wasser gefüllt sind, werden durch Ketten- oder Schneckenradgetriebe in langsame Umdrehung versetzt und sind die Röhren von Mauerwerk umschlossen, so daſs sie von den Heizgasen einer unmittelbar darunter angebrachten Feuerung umspült werden. Solche Dampferzeuger, welche durch die Darbietung immer neuer Röhrenflächen dem Feuer viele Nachtheile gewöhnlicher Dampfkessel beseitigen können, in ihrer praktischen Ausführung jedoch ganz bedeutende Schwierigkeiten bieten, werden namentlich für Schiffe empfohlen. P. Fowler's Kippwagen. Ein von P. Fowler in Westminster-London entworfener Kipp wagen zur Erdförderung u. dgl. auf Baubahnen soll nach Engineering, 1885 Bd. 40 * S. 361 den Vortheil gewähren, daſs der Verschluſs der Wagenthür und die Sicherung des Wagenkastens gegen jede Bewegung um die senkrechte oder wagerechte Achse durch ein und dieselbe Vorrichtung geschieht. Der Wagenkasten kippt um eine wagerechte Achse, welche mit dem um einen senkrechten Zapfen drehbaren Rahmen verbunden ist. Dadurch kann der Kasten gegen die Stirne und zur Seite des Wagens kippen. Bis dies geschehen soll, ist der Kasten durch eine Klammer festgehalten, welche mittels eines senkrecht geführten Bolzens versichert wird. Dieser Bolzen ist mit einer Zugstange verbunden, welche dem Wagen entlang geht und an ihrem anderen Ende einen Riegel zum Verschlusse der Wagenthür trägt. Wenn der Bolzen gehoben wird, um die Klammer frei zu machen, so kann er zugleich als Hebel benutzt werden, um die Zugstange zu drehen und den Riegel von der Wagenthür zu entfernen. So kann ein am Ende des Wagens befindlicher Arbeiter alle zur Entleerung des Kastens erforderlichen Handhabungen vornehmen, ohne sich von seiner Stelle zu entfernen. W. Hassel's Verfahren zur Herstellung von theilweise kalibrirten Hartguſs- und Stahlwalzen. Theilweise kalibrirte Walzen zur Herstellung von Heu-, Dung-, Grabgabeln U. dgl. erhält W. Hassel in Hagen i. W. (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 34517 vom 4. Januar 1885) auf folgende Weise: Zum Gieſsen der Walzen werden Eisenschalen verwendet, welche man aus nach Belieben auswechselbaren Cylinderausschnitten zusammengeschraubt hat. Von diesen Cylinderausschnitten bestimmen einige die Einsteck- und die anderen die Arbeitkaliber der Walzen und es werden alle gleichgeformten Cylinderausschnitte in der Art gebildet, daſs man aus einer genügend groſsen Anzahl von rohen Cylinderausschnitten einen Hohlcylinder zusammensetzt und diesen dann der Form der gewünschten Kaliber entsprechend ausbohrt. Durch Auseinanderschrauben aller verschiedenförmig ausgebohrten Cylinder erhält man alsdann verschieden profilirte Cylinderausschnitte, aus welchen man beliebige Guſsschalen zusammensetzen kann. Zur Formgebung eiserner Zimmeröfen. Im Centralblatt der Bauverwaltung, 1886 * S. 2 wird darauf aufmerksam gemacht, daſs die formliche Ausbildung des eisernen Ofens gegenüber seiner inneren technischen Einrichtung bisher fast ganz vernachlässigt worden ist. Es werden als Anforderungen, welche an ein Guſswerk, wie es ein solcher Ofen ist, gestellt werden müssen, folgende genannt: 1) In der Formgebung muſs sich das Material aussprechen; dem fertigen Werke muſs man ansehen, daſs es aus gegossenem Eisen besteht. 2) Der Entwurf muſs durch die technische Einrichtung bestimmt sein. 3) Es ist auf eine fabrikmäſsige Herstellung Rücksicht zu nehmen und darum jede gekünstelte Formerei auszuschlieſsen. Die genannte Quelle empfiehlt als Entwürfe, welche diesen Forderungen genügen, diejenigen von A. Linnemann in Frankfurt a. M., nach welchen von Marburg und Söhne daselbst, J. Wurmbach in Bockenheim, W. E. Haas und Söhne in Sinn, Hessen-Nassau, sowie von der Wilhelmshütte bei Biedenkopf Oefen ausgeführt werden. Es sei hier nur angefügt, daſs u.a. auch Fr. Lönholdt zahlreiche Entwürfe für die formliche Ausbildung eiserner Oefen geliefert hat, welche den genannten Bedingungen entsprechen (vgl. 1883 248 * 119); diese Oefen werden von Gebrüder Buderus in Hirzenhainerhütte, Hessen, hergestellt. Im Allgemeinen sind jedoch diese Lönholdt'schen wie die Linnemann'schen Formen zu reich gehalten, so daſs sie nur für prunkvoll ausgestattete Räume, jedoch kaum für bürgerliche Wohnräume passen. Pinsel zur Erzeugung galvanischer Niederschläge. Bei dem von G. Wagener und C. Netto in Tokio, Japan, angegebenen Pinsel (vgl. 1885 255 * 526), um gröſsere Gegenstände mit einem metallischen Ueberzuge zu versehen, war es schwierige einen gleichmäſsig glänzenden Niederschlag von Zink auf die Dauer zu erzeugen; auſserdem wurde das Gewebe des Bausches bald durch die Lösung angegriffen. Dagegen hat sich nach dem Zusatzpatente Kl. 48 * Nr. 34400 vom 26. Juni 1885 ein Pinsel als zweckmäſsig erwiesen, welcher folgendermaſsen hergestellt wird: Auf einem 3 bis 5cm breiten und ungefähr 80cm langen Zinkblechstreifen wird eine Lage Borsten, Palmbast oder ähnliches Material gelegt und das Ganze dann in einer Spirale aufgewickelt; auſserdem wird beim Wickeln in jede Windung in rechtem Winkel ein Zinkstreifen eingelegt. Diese Zinkstreifen werden auf einen Holzstab gelegt, mit passendem Isolirmaterial umwickelt, wodurch eine feste Handhabe entsteht, und schlieſslich in der Klemme, die den Leitungsdraht hält, vereinigt. Die Gröſse des Pinsels ist natürlich verschieden: je gröſser der zu bestreichende Gegenstand und je stärker der Strom, um so gröſser der Pinsel. Entsprechend dem zu erzeugenden Metallniederschlage wird anstatt des Zinkbleches anderes Metall für die Spirale und Streifen des Pinsels genommen, dessen Handhabe auch hohl sein kann, um die entsprechende Metallsalzlösung, das Bad, zeitweise oder beständig zuzuführen. Dieser Pinsel soll etwaige lockere Niederschlage oder Oxyde mechanisch wegnehmen, aber eine feste und glänzende Oberfläche erzeugen. Reiniger's Zinkelektroden mit Luftkanälen für Chromsäure-Elemente. Um den Zinkelektroden der namentlich vielfach für galvanokaustische Zwecke von Aerzten bezieh. zur Speisung kleiner Glühlampen verwendeten Chromsäure-Elemente Luft zuführen zu können und dadurch die Gleichmäſsigkeit der Leistung der Elemente wesentlich zu erhöhen, bringt E. M. Reiniger in Erlangen (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 34587 vom 18. August 1885) in den Zinkplatten von oben nach unten durchgehende, z. Th. sich verästelnde Löcher an und führt die Luft aus einem Gebläse zunächst einer über dem Batteriekasten entlang laufenden Rohre und von diesem aus mittels kleiner Gummischläuche den durchlöcherten Zinkplatten zu. Hirschmann's Galvanometer mit stellbarem wagerechtem Zeiger. Damit ein Galvanometer mit wagerechter Magnetnadel stets in die für den Beobachter bequemste Lage, ohne weitere Rücksicht auf die Lage des magnetischen Meridians, gebracht werden kann, bringt G. Hirschmann in Berlin (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 34227 vom 2. Juli 1885) den Zeiger an der Nadel so an, daſs derselbe sich um den Aufhängepunkt der Nadel drehen läſst. Natürlich wird auch die Skala um denselben Punkt drehbar zwischen zwei Rändern des Instrumentes angebracht, damit ihr Nullpunkt unter dem Zeiger in der für diesen gewählten Lage eingestellt werden kann. Ueber die Verwendung von Eisen statt Zink in galvanischen Batterien. J. J. Coleman (Journal of the Society of Chemical Industry, 1885 S. 728) hat eine galvanische Batterie construirt, in welcher Kupfer in Kupfersulfat und Eisen in Eisensulfatlösung arbeitet. Die Construction ist ähnlich derjenigen von Meidinger und W. Thomson. In einer Kupferzelle von rechteckiger Grundfläche befindet sich eine concentrirte Kupfervitriollösung. Ueber derselben schwimmt eine Schicht Eisenvitriollösung (1 : 4), in welche drei lange, mit einander verbundene Eisenplatten eintauchen. Die Kupfervitriollösung kann durch ein bis auf den Boden der Kupferzelle gehendes weites Rohr erneuert werden. Es zeigte sich, daſs die Kupfervitriol- und Eisenvitriollösung selbst nach 2 Monaten völlig getrennt waren und fast keine Diffusion stattgefunden hatte. Zu den Eisenplatten kann nur hämmerbares Schmiedeisen verwendet werden; Guſseisen wird zu ungleichmäſsig angegriffen. Die Eisenplatten werden oben durch eine Oelschicht vor Oxydation geschützt. Coleman hat eine aus zwölf solchen Zellen bestehende Batterie während 3 Monaten zur Betreibung eines Ruhmkorff'schen Inductors benutzt. Während der ganzen Zeit arbeitete die Batterie sehr gleichmäſsig. Nach Bestimmungen von Bottomley hat eine Zelle nur eine elektromotorische Kraft von 0,56 Daniel. Nach Coleman's Ansicht liefern gut construirte primäre Batterien Ströme, welche nicht viel theurer zu stehen kommen als diejenigen von Dynamomaschinen. Coleman macht ferner darauf aufmerksam, daſs beim Fällen von Kupferchloridlösungen mit Eisen, wie dies in der Technik im groſsen Maſsstabe geschieht, bedeutende Elektricitätsmengen entstehen, welche gegenwärtig in Form von Wärme verloren gehen. Wenn die Ausnutzung dieser Elektricität möglich wäre, so würde man bei Darstellung von 14000t Kupfer einen Strom für 60000 Swan-Lampen erhalten. Zur Kenntniſs der Zuckerarten. Nach Herzfeld (Zeitschrift des deutschen Vereins für Rübenzucker-Industrie, 1886 S. 108) wurde durch Oxydation der Lävulose mittels Quecksilberoxyd und Barytwasser hauptsächlich Trioxybuttersäure gebildet. Auch durch Oxydation mit Brom und nachheriger Zugabe von Silberoxyd wurde als schlieſsliches Oxydationsproduct diese Säure erhalten. Bruhns (daselbst S. 110) nahm die Oxydation der Glykose mit gleichen Mitteln vor und erzielte neben Glycolsäure Trioxybuttersäure. Winter (daselbst S. 112) vertheilte das Monosaccharat der Lävulose in absolutem Alkohol und löste es durch Einleiten von trockenem Salzsäuregas unter Fällung eines weiſsen Niederschlages, welchen er für einen Aether der Lävulose halt. Herzfeld (daselbst S. 117) ist darüber im Zweifel, ob hier eine Aetherbildung oder bloſs eine Doppelverbindung des Zuckers mit Chlorcalcium vorliegt. Er hält diese Entscheidung für sehr wichtig, da man durch die Aetherbildung endgültig die Constitution der Zuckerkalkverbindungen ermitteln könnte. Gegen Traubenkrankheit. In einigen Gegenden Frankreichs werden seit wenigen Jahren die Rebstöcke von dem kleinen Pilze Peronospora viticola derartig geschädigt, daſs ganzen Strecken völlige Vernichtung droht. Die von diesem Mehlthau befallenen Stöcke geben, wenn sie überhaupt noch Trauben reifen, einen sehr geringwerthigen Wein. Nach Perrey (Journal de Pharmacie et de Chimie, 1885 Bd. 12 S. 549) wird der Pilz durch Bespritzen mit einer 5procentigen Kupfersulfatlösung getödtet. Zur Verwerthung der Reinigungsschwefelsäure. Die Chemische Fabriks-Actiengesellschaft in Hamburg (D. R. P. Kl. 23 Nr. 34947 vom 26. Juli 1885) hat gefunden, daſs die bei der Reinigung der Steinkohlentheeröle abfallende Schwefelsäure, abgesehen davon, daſs sie die in den rohen Leichtölen enthaltenen Basen auflöst, die darin vorhandenen terpenartigen und anderen Stoffe zunächst nur polymerisirt bezieh. verharzt und erst nach längerer Berührung unter Kohlenabscheidung oxydirt. Ein Theil der durch diese Wirkung der Säure entstandenen Producte, und zwar insbesondere die polymerisirten Verbindungen, bleibt in dem Leichtöle gelöst, während der Rest, zumal die verharzten Stoffe, in die Schwefelsäure geht. Um nun diese Abfallsäure zu verwerthen, wird sie zur Vermeidung einer weitergehenden Zersetzung am besten sogleich nach dem Abziehen von den Oelen mit Wasser so weit verdünnt, daſs die gröſsere Menge der gelösten theerigen Stoffe sich ausscheidet und die darunter stehende, noch immer sehr unreine, rothbraun gefärbte Schwefelsäure 1,2 bis 1,25 sp. G. zeigt. Zur besseren Scheidung fügt man dieser Flüssigkeit Theeröle (Anthracenöl, rohe Carbolsäure) hinzu und trennt die aufschwimmenden, nunmehr flüssiger gewordenen Theerbestandtheile von der darunter lagernden Säure. Die obere Schicht wird zur Entfernung eines etwaigen Rückhaltes an Säure mit Ammoniakgas oder wässerigem Ammoniak behandelt und von der sich dann noch abscheidenden Ammonsulfatlösung getrennt und kann nach der Filtration zu Zwecken des Anstriches u. dgl. Verwendung finden. Die oben erwähnte, von den theerigen Massen getrennte Säure von 1,2 bis 1,25 sp. G. kann durch nochmaliges Schütteln mit Theerölen, Carbolsäure u. dgl. völlig farblos erhalten werden und dann auch zur Darstellung anderer schwefelsaurer Salze dienen. Man verwendet sie jedoch passend zur Herausnahme der in den rohen Leichtölen enthaltenen organischen Basen, bevor sie mit concentrirter Schwefelsäure gewaschen werden. Man fügt etwa doppelt so viel von der betreffenden Säure hinzu, als zur Bindung der vorhandenen Basen nothwendig ist, trennt die saure Basenlösung von dem Leichtöle und sättigt dieselbe mit gasförmigem Ammoniak oder Ammoniakwasser. Die schwefelsaure Ammonlösung scheidet sich klar und farblos ab, während die Verunreinigungen der Säure in den aufschwimmenden freien Theerbasen gelöst bleiben. Die schwefelsaure Ammonlösung wird eingedampft und durch Auskrystallisiren von den kleinen darin enthaltenen Mengen fremder (schwefligsaurer, benzolsulfosaurer, thiophensulfosaurer) Salze getrennt, während die Theerbasen von dem Harze abdestillirt werden und entweder wieder zur Reinigung von Abfallsäure dienen, oder anderweit Verwendung finden können. In den Theerdestillationen verbindet man das Verfahren am besten mit der gleichzeitigen Verarbeitung des Gas- und Theerwassers, indem man das Wasser in den üblichen Apparaten unter Zusatz von Kalk abdestillirt und das freie Ammoniak zur Neutralisirung der Säure bezieh. zum Freimachen der organischen Basen verwendet. Es gelingt auf diese Weise leicht, den gesammten Prozeſs, der eine gewisse Aenderung in den Verhältnissen zuläſst, derartig auf einander abzustimmen, daſs bei der Verarbeitung einer gegebenen Menge von Rohtheer fast die gesammte zum Reinigen des Leichtöles erforderliche Schwefelsäure ohne Kosten als handelsübliches Ammoniumsulfat wieder erhalten wird, während gleichzeitig sowohl die Theerbasen, als auch die durch das Waschen mit concentrirter Schwefelsäure sich bildenden theerigen Stoffe ohne weitere Hin zunähme von Reagentien gewonnen werden. Zur Darstellung violetter und blauer Azofarbstoffe. Die Farbenfabriken vormals Fr. Bayer und Comp. in Elberfeld (D. R. P. Kl. 22 Nr. 35 341 vom 1. August 1885) haben gefunden, daſs durch Verbindung der Tetrazoverbindungen des o- und p-Tolidins, erhalten durch alkalische Reduction von o- oder p-Nitrotoluol, oder auch dem Gemische beider, dem technischen Nitrotoluol, mit Naphtolen oder deren Mono- und Disulfosäuren blaue Azofarbstoffe gebildet werden können, welche sich wesentlich von den entsprechenden Benzidinfarbstoffen unterscheiden. Während Tetrazodiphenyl, gebildet durch Diazotirung von Benzidin, mit Naphtolen und deren Sulfosäuren bordeaux bis violette, wenig echte Farbstoffe liefert, welche fast nur zur Färbung auf Wolle geeignet sind und wegen ihres stumpfen Tones keine gangbaren Handelsproducte liefern, erhält man durch Einwirkung von Tetrazoditolyl auf diese Verbindungen eine Reihe neuer blauer Azofarbstoffe, die nicht nur Wolle im sauren Bade, sondern vor allem ungeheizte Baumwolle im schwach alkalischen Bade waschecht blauviolett bis tief dunkelblau färben. Als besonders werthvoll werden folgende Farbstoffe bezeichnet: Tetrazoditolyl gibt mit α-Naphtol-α-Monosulfosäure, welche durch Sulfirung von α-Naphtol dargestellt wird, oder durch Zersetzung von diazotirter Naphtionsäure – sei dieselbe durch Erhitzen von Naphtylamin mit Schwefelsäure im Backofen, oder durch Sulfirung von α-Naphtylamin mit 4 Th. monohydratischer Schwefelsäure bei 80 bis 100° erhalten – ein schönes, säureechtes Blau; mit β-Naphtol-β-Monosulfosäure (Bayer'sche Säure) ein blaues Bordeaux; mit Schäffer'scher β-Naphtol-β-Monosulfosäure ein blaues Violett, mit β-Naphtol-α-Disulfosäure, dem sogen. R-Salz der Farbwerke Höchst a. M., ein röthliches Blau, mit β-Naphtol-β-Disulfosäure (G-Salz) ein stumpfes Blau, mit sogen. β-Naphtol-γ-Disulfosäure der Frankfurter Anilinfabrik ein schönes, klares Blau; mit α- bezieh. β-Naphtol einen wasserunlöslichen blauen bezieh. violetten Farbstoff, welcher durch Behandlung mit Schwefelsäure wasserlöslich gemacht werden kann. Diese Farbstoffe werden dargestellt, indem man die Tetrazoverbindungen des Tolidins oder eines ihrer Salze in die bis zum Schlusse alkalisch gehaltenen Lösungen der Naphtole oder deren Sulfosäuren einlaufen läſst. Auch in essigsaurer Lösung läſst sich die Farbstoffbildung bewirken. Einen Wolle blauviolett, Baumwolle tief dunkelblau färbenden, säureechten Farbstoff, Azoblau genannt, erhält man am besten in folgender Weise: 50k schwefelsaures Tolidin werden in 1000l Wasser, 60k Salzsäure von 20° B. eingerührt, dann wird unter Zusatz der erforderlichen Menge Eis eine Lösung von 22k salpetrigsaures Natron langsam hinzugefügt. Das so erhaltene Tetrazoditolylchlorid wird darauf langsam in eine Lösung von 85k α-Naphtol-α-monosulfosaures Natron und 40k Soda in 2000l Wasser langsam einlaufen gelassen. Es scheidet sich das Azoblau in Form eines dunkelblauen Niederschlages ab. Man vervollständigt die Fällung durch Zusatz von Kochsalz, filtrirt und trocknet.