Titel: | [Kleinere Mittheilungen.] |
Fundstelle: | Band 261, Jahrgang 1886, Miszellen, S. 139 |
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[Kleinere Mittheilungen.]
Kleinere Mittheilungen.
Eigenthümlicher Bruch stählerner Dampfkessel.
Obschon man gegenwärtig nach einer Reihe von Jahren, seit welcher die Verwendung von
Fluſsstahl zu Dampfkesseln, namentlich für Marinezwecke, sich eingebürgert hat, das
Verhalten dieses Materials bei der Verarbeitung und beim Betriebe genau zu kennen
glaubt, kommen doch noch manchmal Fälle vor, in welchen man völlig unerwartete Erfahrungen damit zu
machen hat. Ein solches höchst seltsames, geradezu räthselhaftes Verhalten
stählerner Schiffskessel ist im Engineer, 1885 Bd. 60 *
S. 447 mitgetheilt.
Es handelt sich hierbei um zwei Sätze stählerner Kessel – zu je 3 Stück – sämmtlich
von cylindrischer Gestalt mit wagerechten Dampfsammlern. Das hierzu verwendete
Material, welches einer angesehenen Bessemerhütte entstammte, war allen vom
Handelsamte und Lloyd vorgeschriebenen Proben unterzogen worden und hielt alle die
bei der Kesselfabrikation vorkommenden Arbeiten, als Flanschen; Biegen, Schweiſsen,
ohne jeden Schaden aus. Beide Kesselsätze waren zu vollständiger Zufriedenheit
während 2½ Jahren in Betrieb; alsdann aber ergaben sich Anzeichen, daſs eine
vollständige Aenderung der Natur des Materials Platz gegriffen haben müſste. Die
Construction der Kessel gab keinerlei Anlaſs, das merkwürdige Verhalten des
Materials darauf zurückzuführen; es waren cylindrische Röhrenkessel mit je drei
geschweiſsten Feuerbüchsen an jedem Ende, welche zusammen in je eine besondere
Verbrennungskammer münden. Bei Inbetriebsetzung der Kessel wurden die gewöhnlichen
Maſsregeln beobachtet. Zink wurde nach Vorschrift der Admiralität in Blöcken in den
Kessel eingelegt und die Kesselsteinansätze sorgfältig abgekratzt, namentlich an der
Rückseite der Verbrennungskammer, da man bei ähnlichen eisernen Kesseln früher die
Erfahrung gemacht hatte, daſs sich diese Wände leicht ausbauchten, wenn die
Kesselsteinschicht über 1mm,6 stark wurde.
Die erste Beschädigung zeigte sich an der einen ebenen Platte einer
Verbrennungskammer, in welcher ein etwa 750mm
langer Riſs entstand, welcher 3 bis 1mm,6 weit
klaffte; derselbe entstand plötzlich im Monate August, 3 Wochen nach dem Abblasen
des Kessels, während an dem Kessel mit Ausnahme des Reinigens keinerlei Arbeit
ausgeführt wurde. Die zweite Beschädigung ergab sich, ebenfalls nach 2½ jährigem
Dienst, bei dem zweiten Dampfer; es entstand hier, ebenfalls in der
Verbrennungskammer, ein ganz ähnlich gelegener Riſs (parallel zu einer senkrechten
Nietreihe zur Verbindung der 3 Theile, woraus die Platte bestand), von etwa 680mm Länge, ebenfalls 14 Tage nach Abblasen des
Kessels, und zwar mit so lautem Knalle, daſs ein eben dort beschäftigter
Kesselschmied davon beinahe taub wurde.
In Folge dieser beiden ganz ähnlichen Brüche beschloſs man, die übrigen Platten durch
Schläge mit einem 4k schweren Hammer zu prüfen.
Das Ergebniſs war die Entstehung einer Reihe weiterer Risse theils parallel, theils
quer zu den Nietreihen, welche aber die Gröſse der ersten nicht erreichten, sondern
in der Länge von etwa 100 bis 300mm schwankten.
Bei einigen dieser Risse zeigte sich zunächst in deren Richtung ein eigenthümlicher
schwarzer Schatten von etwa 13mm Breite und nach
einem weiteren Schlage wurde ein schwacher Riſs, wie ein Haar, sichtbar, welcher
sich allmählich zur vollen Länge und Weite vergröſserte; andere Risse entstanden
sofort bei dem ersten Schlage, alle aber ohne lautes Krachen. Gelegentlich entdeckte
man auch Risse zwischen den Nietlöchern von verschiedenen Stirnblechen, Stützen u.
dgl.; kurz man erkannte, daſs sich Ungewöhnliches vollziehe, obschon früher niemals
Anzeichen von Sprödigkeit des Materials entdeckt worden waren.
Ein paar Monate später erfolgte auf dem Dampfer Nr. 2 ein Riſs in allmählicher Weise,
während der Kessel unter Dampf stand; man merkte den Vorgang erst, als das Wasser
aus dem Aschenfalle floſs. Fast gleichzeitig entstand auf dem Dampfer Nr. 1 die
ernsthafteste aller Beschädigungen, ein 550mm in
der Umfangsrichtung um die eine Feuerbüchse laufender Riſs. Der Kessel war seit 14
Tagen abgeblasen und ein Junge saſs gerade auf der betreffenden Stelle der
Feuerbüchse, um dieselbe zu reinigen. Der Knall war so laut, daſs man dem
Oberingenieur meldete, einer der Kessel sei explodirt, obschon sie abgeblasen
seien.
Schon vor diesen Ereignissen hatte man aus allen den zersprungenen Platten in
Gegenwart eines Beauftragten des Handelsamtes Probestreifen geschnitten; aber sowohl
die damit veranstalteten Prüfungen, wie die chemische Analyse des Materials gaben
keinerlei bestimmten Anhalt zur Erklärung des seltsamen Verhaltens desselben. Der
untersuchende Chemiker hatte den Stahl als ein Material von mittlerer Güte
erklärt.
Seltsam war auch das Verhalten der zersprungenen Theile. Als man versuchte, das eine
Stück einer solchen Platte abzuschlagen, dehnte sich der Riſs beim ersten Schlage
ungefähr um 100mm weiter nach dem Rande aus, so
daſs nur noch 64mm zusammenhängend blieben; in
diesem Stücke aber lieſs sich das Blech nach der Richtung des Risses flach
zusammenbiegen und wieder gerade strecken, ohne daſs sich der Riſs irgend
verlängerte. Bei einer anderen Platte, deren Riſs sich beim ersten Schlage noch etwa
25mm verlängert hatte, konnte der
zusammenhängende Theil in gleicher Art erst umgebogen, dann gestreckt und nach der
anderen Seite flach zusammengelegt werden, ohne weiter zu reiſsen, während ein
vorstehendes Stück an anderer Stelle beim ersten Hammerschlage abbrach.
In Folge dieser Erscheinungen wurde beschlossen, die Kessel durch neue, ebenfalls von
Stahl, zu ersetzen. Als man anfing, die alten Kessel zu zerschlagen, zeigten sich
schon beim Abschlagen der Nietköpfe die Stutzen zwischen Kessel und Dampfsammler
nach allen Seiten zersprungen; nicht einer derselben konnte als ganzes Stück
entfernt werden. Ebenso zersprang bei dieser Arbeit eine der Mantelplatten des
Kessels; als man die Feuerbüchsen von den Kesselstirnplatten abschlug, zersprangen
letztere nach allen Richtungen, die Flanschen brachen ab und ebenso sprangen von den
Feuerbüchsen durch die Nietlöcher hin vollständige Reifen ab. Beim Losmachen einer
der Kesselmantelplatten fiel dieselbe von oben auf den Erdboden und brach mitten
durch. Die Platte war 19mm stark. Die eine Hälfte
wurde auf Unterlagen gelegt und ein Gewicht von 1t
aus einer Höhe von 2m,15 darauf herabfallen
gelassen. Die Platte brach dabei durch zwei parallele Risse in 3 Stücke, deren eines
wieder quer in 2 Theile zersprang.
Bei der Herstellung der Kessel hatte sich das Material, wie schon bemerkt, vorzüglich
gehalten; die Löcher in den Mantelblechen und sonstigen runden Theilen (Flanschen)
waren gebohrt, in den oberen Platten gestanzt worden, die Feuerbüchsen hatten nach
dem Schweiſsen ein sorgfältiges Ausglühen erfahren. Aulserdem war das Material
zeitweilig durch die Beamten des Handelsamtes und des Lloyd geprüft worden.
Es wäre zu versuchen, ob sich etwa irgend welche vernünftige Gründe für die Risse in
diesen Kesseln finden lassen; ohne solche müſste die unangenehme Thatsache anerkannt
werden, daſs es möglich sei, ein Material zu Kesseln zu verarbeiten, welches sich
nach einiger Zeit als gänzlich unzuverlässig erweist, obschon es alle die
ausgedehnten und strengen Proben trefflich bestanden hat. Allgemein wird zugegeben,
daſs weicher Stahl heutzutage längst über Versuchsanwendungen bezüglich seiner
Eignung zu Dampfkesseln hinaus sei, und die Besitzer der erwähnten Dampfer haben
sich ebenfalls wieder für stählerne Kessel entschieden, trotzdem sie mit den
ersteren eine Menge von Unbequemlichkeit und Aufenthalt gehabt haben, abgesehen von
den groſsen unvorhergesehenen Kosten der Anschaffung neuer Kessel. (Vgl. Stromeyer S. 46 d. Bd.)
Becher aus Glas oder Thon für Hebewerke.
An Stelle der aus Holz, Blech, Leder o. dgl. hergestellten Becher, welche mittels
Schrauben an den endlosen Gurten der Hebewerke für Getreide, Mehl u. dgl. befestigt
werden, wollen H. Ebstein Söhne in Murow, Schlesien (*
D. R. P. Kl. 35 Nr. 35542 vom 14. November 1885) Becher aus Glas oder Thon benutzen
und dieselben an den Gurten durch Verschnürung
befestigen. Diese Becher sollen den Vorzug besitzen, in Folge ihrer Glätte das
aufgenommene Gut leicht und vollständig abzugeben und in besonderen Fällen chemische Einflüsse des Eisens auf das zu hebende Gut
zu vermeiden. Die Dauerhaftigkeit der Becher wird jedoch an einen besonders
gleichmäſsigen ruhigen Gang des Hebewerkes gebunden sein.
M. Wiesner's Herstellung von Papierstuck.
Zur Herstellung von erhabenen Verzierungen für Zimmerausstattungen u. dgl., sogen.
Papierstuck, will M. Wiesner in Breslau (D. R. P. Kl.
54 Nr. 35309 vom 31. Oktober 1885) an Stelle des bisher verwendeten Papierstoffes
(vgl. L. Groth 1882 243 497)
Papierlagen, welche mit einem besonderen Bindemittel auf einander gepreſst werden,
benutzen. Dabei sollen sich Preſsstücke bis zu 100mm
Höhe der erhabenen
Stellen herstellen lassen, welche noch die feinsten Linien der Form zeigen. Die
Pressung erfolgt auf bekannte Weise mit geheizten Formen und werden nur geschöpfte
Papierbogen benutzt. Das Bindemittel ist eine Mischung von flüssigem Leim, Gyps,
Schlemmkreide, etwas Siccativ und einigen Tropfen Schwefelsäure und es wird bei der
Pressung immer die untere Papierlage mit dieser Mischung bestrichen. Dieses
Bindemittel sichert den fertigen Preſsstücken namentlich eine groſse Härte. Die
fertigen Preſsstüeke werden noch mit einer Schlemmkreidelösung bestrichen, um ein
thonartiges Aussehen zu erlangen. Auch sollen die Preſsstüeke mit Atlasgewebe bei
warmer Pressung und einem vorherigen Gelatineanstriche bezogen werden können.
J. Green's Behandlung von Schützentreibern mit Oel unter
Druck.
Die von den Fabriken und Händlern gelieferten Schützentreiber aus Büffelleder, welche
sehr trocken sind, müssen vor ihrem Gebrauche in den Webstühlen erst einen gewissen
Grad von Geschmeidigkeit erlangen, zu welchem Zwecke die vorher durch Aufhängen
völlig ausgetrockneten Schützentreiber 3 bis 6 Monate lang in Oel gelegt werden.
Diese lange Zeit ist insofern als ein Nachtheil anzusehen, als der Weber so spät
nach dem Kaufe erst ein Urtheil über die Brauchbarkeit der gekauften Waare erhält
und genöthigt ist, gröſsere Vorräthe, in denen Kapital steckt, zu halten. Zur
Beseitigung dieser Umstände schlägt James Green in
Blackburn nach dem Textile. Manufacturer, 1886 * S. 286
diese Behandlung der Schützentreiber mit Oel unter starker Pressung vor. Die
trockenen Schützentreiber werden dabei in einen dicht geschlossenen Cylinder gelegt,
in welchem durch eine Pumpe Oel mit einem Drucke bis zu 30at gepreſst werden kann. Bei einem Versuche wurden
Schützentreiber etwa 3 Minuten lang einem solchen Drucke ausgesetzt und zeigte sich
beim Durchschneiden der Lederlagen eine vollkommene gleichmäſsige Sättigung mit dem
Oele. Es wird jedoch empfohlen, lieber einen niederen Druck anzuwenden und denselben
länger, etwa 1 bis 2 Tage lang, anhalten zu lassen. E. J.
Scott in Blackburn liefert die betreffenden Apparate.
Atwater's Elektromotor für Eisenbahnbetrieb.
In seinem vorwiegend zum Betriebe von Eisenbahnfahrzeugen mittels Batterien oder
Accumulatoren bestimmten Elektromotor (vgl. Reckenzaun
1886 260 * 305) wendet J. Bowman
Atwater in Chicago (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 35185 vom 21. Oktober 1884) auf
senkrechter Achse ein Rad mit einer entsprechenden Anzahl von E-förmigen
Ankerstücken an, welches durch eine Anzahl von im Kreise um die Achse angeordneten,
wagerecht, jedoch mit den Schenkeln über einander liegenden Elektromagneten in
Umdrehung versetzt wird. Die festliegenden Elektromagnete sind in zwei abwechselnd
vom Strome durchflossene Gruppen getheilt, von denen jede wieder aus zwei sich
gegenüber stehenden Abtheilungen gebildet wird, um eine gleichmäſsige Krafterzeugung
am Rade zu beiden Seiten der Achse desselben zu erzielen. Bei der Drehung streifen
die Ankerstücke mit den beiden Oeffnungen des E über
die beiden über einander liegenden Pole der Elektromagnete hin, wobei jeder Pol auf
3 Flächen des Ankers wirkt; diese Pole aber sind nach der einen Seite hin zu
gebogenen und etwas kegelförmig zulaufenden Polschuhen verlängert, welche jedoch an
der Spitze weiter von der Kreisbahn, in welcher die Anker laufen, entfernt sind als
an der Stelle, wo der Polschuh in den Schenkel übergeht. Der Stromwechsel zwischen
den beiden Gruppen der Elektromagnete wird mittels eines auf der Achse angebrachten
Commutators in dem Augenblicke bewirkt, wo die Anker bei der Drehung gerade zwischen
die Kerne der Elektromagnete gelangt sind, von welchen sie bisher angezogen worden
waren.
Gordon's Vertheilung elektrischer Ströme bei
Beleuchtungsanlagen mit Centralstationen.
Wenn bei elektrischen Beleuchtungsanlagen mit Centralstellen der Strom durch
Hauptleiter zunächst zu verschiedenen Bezirksstationen und von diesen aus erst den
zu beleuchtenden Gebäuden zugeführt wird, so will J. E. H.
Gordon in London (* D. R. P. Kl. 21 Nr. 34469 vom 5. März 1885) die
elektromotorische Kraft
in einem solchen Bezirksmittelpunkte bei Veränderungen in der gespeisten Lampenzahl
dadurch constant erhalten, daſs er nach Bedarf mehr oder weniger Widerstandsspulen
in den diesen Mittelpunkt mit dem Maschinenraume verbindenden Hauptleiter
einschaltet, am vortheilhaftesten selbstthätig. Dazu sollen, einander im Durchmesser
eines Kreises gegenüber liegend, zwei bogenförmige Holzrahmen mit einer
entsprechenden Anzahl von leitenden Bürsten angeordnet und zwischen je zwei auf
einander folgenden Bürsten soll eine Widerstandsspule eingeschaltet werden. Den
Rahmen gegenüber soll ein um seine Achse drehbares Rad angebracht werden, das auf
seiner Stirnfläche mit zwei Kupferstreifen belegt ist. Bei einer bestimmten Stellung
des Rades berühren die beiden Kupferstreifen sämmtliche Bürsten und schlieſsen
sämmtliche Widerstandsspulen kurz, schalten sie somit aus dem Stromkreise aus. Bei
Drehung des Rades kommen die Kupferstreifen mit mehr oder weniger Bürsten auſser
Berührung und dadurch sind dann die zwischen diesen Bürsten liegenden
Widerstandsspulen in den Hauptleiter eingeschaltet. Die Drehung des Rades soll in
naheliegender Weise selbstthätig vom Strome bewirkt werden unter Vermittelung eines
Willems'schen (vgl. 1886 259 * 74) oder anderen Regulators der elektromotorischen Kraft.
Die specifische Wärme des Eisens.
Nach Versuchen von Pionchon (Comptes rendus, 1886 Bd. 102 S. 1454) zeigt Eisen in der Nähe von 700°
eine auffallende Zunahme der specifischen Wärme. Zwischen 0° und 660° läſst sich die
zur Erwärmung von 1g weichem Eisen erforderliche
Wärme q0t durch folgende Gleichung ausdrücken: q0t = 0,11012t +
0,00002533333 t2 +
0,00000005466664 t3:
t
q0t beobachtet
q0t berechnet
98,3°
11,11c
11,12c
336,4
42,01
41,99
471,9
63,49
63,35
535,6
74,69
74,65
636,0
94,40
94,45
655,3
98,57
98,42
Zwischen 660° und 723° dient die Formel: q0t = 0,57803 t – 0,001435987 t2 + 0,000001195000 t3:
666,7°
101,3c
101,2c
684,3
106,14
106,04
698,7
110,4
110,4
710,7
114,4
114,4
Für die Temperaturen bis 1000° ergibt sich dann die einfache Formel q0t = 0,218 t – 39:
730,3°
119,95c
120,2c
785,5
132,16
132,24
832,0
142,51
142,37
954,5
169,20
169,08
1006,0
180,34
180,31
Zur Prüfung von Mineralschmierölen.
Nach L. Marquardt (Zeitschrift
für analytische Chemie, 1886 S. 159) kommt neuerdings unter der Bezeichnung
flüssige Gelatine eine Auflösung von fettsaurer
Thonerde in 10 Th. Mineralöl vor, welche dazu dient, Mineralschmieröle dickflüssiger
zu machen. Zum Nachweise eines solchen Zusatzes erhitzt man das Oel mit verdünnter
Salzsäure auf dem Wasserbade unter steter Mischung der Gemengtheile. Die Salzsäure
nimmt alle Thonerde auf, während die Fettsäuren in dem Mineralöle gelöst bleiben.
Das abgetrennte Mineralöl wird mit Natronlauge behandelt, welche die Fettsäuren
daraus aufnimmt, worauf mittels Scheidetrichter das reine Mineralöl von der
alkalischen Lösung getrennt wird. Ersteres wird für sich gewogen und aus dem
Unterschiede ergibt sich der Gehalt der fettsauren Thonerde. Zur Controle kann man
einerseits aus der alkalischen Lösung mit einer Mineralsäure die Fettsäuren
abscheiden und bestimmen, andererseits in der die Thonerde enthaltenden salzsauren
Lösung diese Base in
bekannter Weise ermitteln. Die Gewichte der Fettsäureanhydride und der Thonerde sind
zusammengenommen gleich dem indirekt gefundenen Gehalte an fettsaurer Thonerde.
Nachweis von Süſsholz im Biere.
Der Nachweis von Süſsholz im Biere ist nach H. Hager
(Industrieblätter, 1886 S. 202) abhängig von der
Menge des Zusatzes; ein geringer Zusatz verschwindet völlig, da einige Bestandtheile
des Süſsholzes durch organische Säuren abgeschieden werden, andere damit
schwerlösliche Verbindungen bilden. Süſsholzaufguſs gibt z.B. mit Essigsäure,
Bernsteinsäure, Weinsäure, Benzoesäure, Salicylsäure, Ameisensäure und Gerbsäure
Trübungen und Niederschläge. Da nun während der Gährung stets kleine Mengen
organischer Säuren auftreten, so werden die gleichzeitig gegenwärtigen
Süſsholztheile gefällt, gehen also nicht in das klare Bier über. Im Bodensatze des
Gährbottiches wäre das Süſsholz leicht nachzuweisen, aber nicht in dem auf Flaschen
gefüllten klaren Biere, wenn eben der Süſsholzzusatz ein nur geringer ist. Somit
wäre ein mit wenig Süſsholz versetztes Bier, welches nicht die entsprechenden
Reactionen ergibt, als frei von Süſsholzbestandtheilen zu beurtheilen. Die
Süſsholzstoffe geben mit Essigsäure, Chlorcalcium, Cinchoninsulfat und vielen
anderen Stoffen Niederschläge, deren Bildung aber durch Glycerin und Aethylalkohol
oft verhindert wird. (Vgl. Kayser 1885 255 538.)
Das zu prüfende Bier wird zunächst auf etwa ¼ verdunstet und das Filtrat geprüft. Den
in der Abdampfschale gebildeten Absatz mischt man mit Gyps, trocknet und zieht die
Süſsholzbestandtheile mit 90 procentigem Weingeiste aus.
Da der Süſsstoff des Süſsholzes, das Glycirrhizin, auch mit Salicylsäure einen
Niederschlag bildet, so dürfte in einem mit Salicylsäure versetzten, aber klaren
Biere dieser Süſsstoff kaum nachzuweisen sein. Dasselbe Verhalten findet sich auch
bei einem klaren, aber sauren Biere. Bei diesen Bieren kann nur im Bodensatze der
Süſsstoff nachgewiesen werden.
Um das Glycirrhizin von den Hopfenbestandtheilen zu trennen, genügt ein Mischen mit
Calciumhydrat, Eindampfen, Austrocknen, Zerreiben zu Pulver und Behandeln mit 90
procentigem Weingeist; letzterer löst die Hopfenbestandtheile, aber nicht das
Calciumgtycirrhizinat, welches auch in Wasser schwer löslich ist und, mit Essigsäure
behandelt, das Glycirrhizin freiläſst.
Zur Verarbeitung von Bariumsaccharat.
Nach B. Wackenroder in Cöthen (D. R. P. Kl. 75 Nr. 35739
vom 4. December 1885) wird Bariumsaccharat in Wasser vertheilt und mit einem
geringen Ueberschusse von Gyps gekocht. Die vom Bariumsulfat getrennte Lösung von
Calciumtrisaccharat ist entweder mittels Kohlensäure sofort auf wässerige
Zuckerlösung und kohlensauren Kalk zu verarbeiten, oder man verwendet sie zur
Scheidung des Rübensaftes, namentlich in jenen Bezirken der Rübenzuckerindustrie, wo
die Beschaffung des Kalksteins mit Schwierigkeiten verknüpft ist und wo hingegen
Gyps leichter beschafft werden kann.
Oder man setzt das Sulfat von Magnesium, Aluminium oder Ammonium zu dem im Wasser
vertheilten Bariumsaccharat, kocht kurze Zeit und filtrirt ab. Der Niederschlag
besteht entweder aus Bariumsulfat und Magnesia bezieh. Thonerde, oder bloſs aus
Bariumsulfat, sofern schwefelsaures Ammoniak angewendet wurde. In letzterem Falle
ist das entwickelte Ammoniak in Absorptionsvorrichtungen aufzufangen.
Die auf die eine oder andere Weise erhaltene Zuckerlösung enthält überschüssig
zugesetztes Sulfat, welches durch Kalkmilch in Gyps und Magnesiahydrat bezieh. in
Gyps und Thonerdehydrat oder in Gyps und Ammoniak überzuführen ist.
Zur Kenntniſs des Thiophens.
Nach A. Biedermann (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1886 S. 1615) werden zur Herstellung von
Thiophenmonosulfosäure 20g Thiophen mit 3l gereinigtem Petroläther versetzt und mit 300cc concentrirter Schwefelsäure geschüttelt. Ist
nach etwa 2 Stunden die Reaction vollendet, so gieſst man die Lösung in kaltes
Wasser und führt in die Natriumverbindung C4H3SSO3Na über.
Setzt man Thiophensulfosäurechlorid, C4H3SSO2Cl, zu kaltem
Wasser und trägt Zinkstaub in dieses Gemisch ein, so wird das Säurechlorid alsbald
unter Erwärmung in das Sulfinsalz umgewandelt. Durch abwechselndes Eintragen von
Säurechlorid und Zinkstaub gelang schlieſslich die vollständige Umwandlung des
ersteren in das sulfinsaure Zinksalz. Es ist zweckmäſsig, die Reaction durch Kühlen
mit kaltem Wasser nicht gar zu heftig werden zu lassen.
In ein lebhaft Wasserstoffgas entwickelndes Gemisch von gekörntem Zink und Salzsäure
wurde das auf eben beschriebene Weise erhaltene thiophensulfinsaure Zink in kleinen
Posten allmählich eingetragen, wobei eine allzu starke Erwärmung zu vermeiden ist.
Nach beendigter Reduction wird in die schwach sauere Flüssigkeit ein Ueberschuſs von
Zinkstaub eingetragen und erwärmt. Durch Versetzen mit Salzsäure wird das freie Thienylmercaptan, C4H3SSH, abgeschieden und kann durch
Wasserdampf überdestillirt werden. Die Ausbeute ist gering.
Mit Diazoverbindungen tritt das Thienylmercaptan zu Azofarbstoffen zusammen. Setzt man zu einer wässerigen Lösung von
Thienylmercaptankalium eine Lösung von Diazobenzolchlorid, so erhält man eine
orangefarbene krystallinische Fällung, mit Diazobenzolsulfonsäure eine blutrothe
Färbung.
Diese letzteren Reactionen sind besonders bemerkenswerth, zeigen dieselben doch ein
vollständig verschiedenes Verhalten des Thiophenmercaptans gegenüber dem
Phenylmercaptan; letzteres reagirt nämlich nicht mit
Diazokörpern, während die Umsetzungen des Thienylsulfhydrates mit den oben erwähnten
Diazoverbindungen sofort eintreten.
Nachweisung von Rosanilinsalzen und von sulfonirtem
Rosanilin.
Wenn verdünnte wässerige Lösungen von Rosanilinsalzen mit Schwefligsäure behandelt
werden, so entstehen nach H. Schiff (Comptes rendus, 1867 Bd. 64 S. 487) helle Lösungen,
welche mit Aldehyden stark violett gefärbt werden. S. G.
Schmidt (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1881 S. 1848)
fand, daſs auch Aceton die Violettfärbung bewirkt und die durch Schwefligsäure
entfärbte Rosanilinsalzlösung läſst sich daher auch als genaues Reagens zum
Nachweise von Aceton benutzen. Wie A. Liebmann und Studer im Journal of the
Society of Chemical Industry, 1886 S. 287 mittheilen, kann diese Reaction
umgekehrt auch zur Nachweisung von Rosanilinsalzen angewendet werden, wenn solche in
Wein, Farben u. dgl. vorhanden sind. Zur Prüfung von „Cudbear“ auf beigemischte Magenta wird 1g mit 100cc
Wasser gekocht und nach Erkalten die Lösung mit Schwefligsäuregas gesättigt. Dadurch
wird der gröſste Theil des „Cudbear“ gefällt. Die Magenta aber, wenn solche
vorhanden ist, bleibt in Lösung und verursacht bei Zusatz von Aceton eine starke
Violettfärbung. Es ist so möglich, in „Cudbear“, welchem 0,025 Proc. Magenta
zugesetzt ist, letztere genau nachzuweisen. Um zu unterscheiden, ob „Cudbear“
mit Rosanilinsalzen oder sulfonirten Rosanilinen verunreinigt ist, kochen die
Verfasser die mit Schwefligsäure gesättigte Lösung und färben in der filtrirten
Lösung ein mit Tannin und Brechweinstein gebeiztes Baumwolltuch, wobei nur Magenta
auf der Faser befestigt wird.
Zur Untersuchung von Wein auf Magenta dampft man 100cc auf 10cc ein,
sättigt mit Schwefligsäure, fällt die natürliche Farbe mit Bleiacetat und setzt zum
Filtrate Aceton.
T. Fairley empfiehlt (daselbst S. 286) zur Prüfung von
Farbhölzern und Archillpaste auf Beimischung von
Rosanilinfarbstoffen dieselben mehrere Male mit Ammoniak zu behandeln; dadurch wird
der natürliche Farbstoff ausgezogen und auf Zugabe von Alkohol tritt dann der
Anilinfarbstoff in der ihm eigenen Farbe auf.
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Berichtigung. In der Tabelle betreff. Auſstieg des Erdöles S. 83 Spalte 2 ist zu setzen
„t“ statt „a“. – S. 88 (W. Thomson's Prüfung von
Stärkekleister) Z. 13 v. u. ist zu lesen „(250mm lang und 6mm dick)“ statt
„(25mm + 4mm)“.