Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 292, Jahrgang 1894, Miszellen, S. 263
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[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Denkschrift des Vereins deutscher Ingenieure über die Einführung eines einheitlichen Schraubengewindes auf metrischer Grundlage. Kein Maschinenelement kommt in der mechanischen Technik so häufig vor wie die Schraube. Ihre Abmessungen müssen nach Erfahrung und praktischem Bedürfniss festgestellt werden und ihre Herstellung ist schwierig. Bald, nachdem das Maschinenwesen in diesem Jahrhundert einen so grossen Aufschwung genommen, im J. 1841, hat der hervorragende Werkzeugfabrikant John Whitworth in einem an das englische Institut der Civilingenieure gerichteten Schreiben über ein einheitliches System von Schraubengewinden sich ausgesprochen. Seine damaligen Ausführungen sind noch heute zutreffend, um zu begründen, wie nützlich und vortheilhaft es ist, ein einheitliches Schraubengewinde in den Werkstätten eines Landes einzuführen. Whitworth sagte: „Die Schraubengewinde, welche den Gegenstand meines Vortrages bilden, sind diejenigen der Bolzen und Schrauben, die zur Ausstattung von Dampf- und anderen Maschinen dienen. Aus der Verschiedenheit der Gewinde, die von verschiedenen Maschinenbauern angeordnet werden, entstehen grosse Unbequemlichkeiten. Die allgemeine Fürsorge für Ausbesserungen wird zugleich kostspielig und unzulänglich. Die Schwierigkeit, die genaue Ganghöhe eines gewissen Gewindes zu ermitteln, verursacht namentlich dann, wenn sie nicht in einem einfachen Verhältniss zu dem üblichen Zoll steht, die grösste Verlegenheit. Dieses Uebel würde gänzlich beseitigt durch ein gleichmassiges System, bei welchem das Gewinde für einen gegebenen Durchmesser constant würde. Dieses Princip würde die kostspielige Mannigfaltigkeit der Schneidwerkzeuge vermeiden und die dadurch herbeigeführte Verwirrung und Hemmung beseitigen. Es würde auch die Verschwendung von Bolzen und Muttern, welche jetzt unvermeidlich ist, verhindern. Der Aufschwung und die Richtung des Maschinenbaues in den letzten Jahren haben eine Vermehrung dieser Uebel bewirkt, die schliesslich zu einer Aenderung des Systems führen müssen. Betrachten wir z.B. die Reparaturwerkstätten einer Eisenbahn oder einer Dampfschiffahrtsgesellschaft. Hier wird die Verschiedenheit der durch den Mangel an Uebereinstimmung erforderlich werdenden Schneidzeuge der Anzahl der Fabrikanten, von denen die Maschinen bezogen sind, entsprechen, während, wenn ein gleiches System von Schraubengewinden bei den verschiedenen Maschinen angewendet wäre, ein einziger Schneidzeugsatz ausreichen würde. Die Ersparniss und die mannigfachen Vortheile, welche in diesem Falle aus der Gleichmässigkeit entspringen, müssen genügend einleuchten. Wenn ein gleichmässiges System für die Marine und die Eisenbahnen angenommen würde, so ist nicht daran zu zweifeln, dass es auch auf alle anderen Maschinen jedweder Art ausgedehnt würde. Für besondere Zwecke würden selbstverständlich stets besondere Gewinde erforderlich sein; aber für Schrauben, welche allgemein zur Zusammensetzung der Maschinen gebraucht werden, würde der Vortheil der Gleichmässigkeit jeder anderen Erwägung vorgehen.“ Whitworth's Bemühungen um Einführung eines einheitlichen, im engsten Bezug zu dem englischen Zoll stehenden Gewindesystems waren von Erfolg gekrönt. Trotz mancher ihm anhaftender Mängel fand sein System vermöge der Vortheile, welche der Einheitlichkeit innewohnen, allgemeine Annähme in England und weite Verbreitung auf dem europäischen Continent. England lieferte unzählige, zum Schneiden der Schrauben eingerichtete Drehbänke, welche den Namen „englische“ erhielten, sowie Schraubenschneidzeuge, und hat daraus grosse Vortheile gezogen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der hohe Rang, den England so lange Zeit im Maschinenbau eingenommen hat, zu einem grossen Theile dem Vorgehen Whitworth's zu verdanken ist. Wie Whitworth bereits in den 40er Jahren in England, so war W. Sellers 1864 in Nordamerika bestrebt, der Mannigfaltigkeit der Schrauben ein Ziel zu setzen. Auch diese Bemühungen hatten Erfolg. Von dem Marineminister der Vereinigten Staaten wurde im J. 1868 eine Commission von Marineingenieuren zur Prüfung der Schraubenfrage ernannt, welche die Wichtigkeit einer völligen Uebereinstimmung der gebräuchlichen Schrauben in der Praxis sowohl der privaten Fabriken wie in der Marine anerkannte. Auf Grund ihres Gutachtens wurde das Seller'sche Gewindesystem im J. 1868 zur ausschliesslichen Verwendung in der Marine vorgeschrieben. Dadurch ist diesem Gewinde der Weg zur Annahme in ganz Nordamerika geebnet worden. Textabbildung Bd. 292, S. 262 Mit den englischen Schraubendrehbänken und den englischen Schneidwerkzeugen gelangte das Whitworth'sche Schraubensystem auch nach Deutschland; allein meist kam es verändert zur Anwendung. Der Einfluss der in Deutschland üblichen Maassysteme konnte nicht völlig überwunden werden; wenn auch meist die Whitworth'schen Ganghöhen zur Geltung gelangten und auch dessen Gangform einzuhalten versucht wurde, so richteten sich doch die Durchmesser der Bolzen und die Schlüsselweiten der Muttern nach den landüblichen Maassen, früher dem rheinischen, dem bayerischen und anderen, jetzt nach dem Metermaass. Verschiedene missglückte Versuche einzelner Werkzeugfabrikanten, ein metrisches Gewinde einzuführen, haben nur die grosse, höchst schädliche Mannigfaltigkeit auf diese Weise allmählich entstandener Gewinde noch vermehrt. Bolzen-durch-messer dDie Bolzen bis zu 5 mm einschliesslich umfasst die von den Feinmechanikern und Elektrotechnikern aufgestellte Scala, die auf vollständig gleichen Grundlagen wie diejenige des Vereins deutscher Ingenieure beruht und als dessen Fortsetzung zu betrachten ist. Ganghöhe h Gangtiefe t Kerndurch-messer dDie Bolzen bis zu 5 mm einschliesslich umfasst die von den Feinmechanikern und Elektrotechnikern aufgestellte Scala, die auf vollständig gleichen Grundlagen wie diejenige des Vereins deutscher Ingenieure beruht und als dessen Fortsetzung zu betrachten ist. Schlüssel-weite w mm mm mm mm mm   6 1,0 0,75   4,5 12   7 1,1    0,825   5,35 14   8 1,2 0,9   6,2 16   9 1,3    0,975     7,05 18 10 1,4   1,05   7,9 20 12 1,6 1,2   9,6 22 14 1,8   1,35 11,3 25 16 2,0 1,5 13,0 28 18 2,2   1,65 14,7 31 20 2,4 1,8 16,4 34 22 2,8 2,1 17,8 37 24 2,8 2,1 19,8 40 26 3,2 2,4 21,2 43 28 3,2 2,4 23,2 46 30 3,6 2,7 24,6 49 32 3,6 2,7 26,6 52 36 4,0 3,0 30,0 58 40 4,4 3,3 33,4 64 Es ist ein weit verbreiteter Irrthum, dass in Deutschland das Whitworth-Gewinde allgemein eingeführt sei; eine genaue Prüfung würde ergeben, dass die Gewinde unserer Maschinenwerkstätten meist nur noch im äusseren Ansehen dem Whitworth-Gewinde entsprechen, thatsächlich aber fast sämmtlich mehr oder weniger von einander abweichen. Kaum zwei Fabriken in Deutschland dürften wirklich so gleiche Gewinde haben, dass man die Muttern der einen passend auf die Gewindebolzen der anderen schrauben könnte. Durch diesen Mangel in der Einheitlichkeit der Gewinde befindet sich Deutschland schon lange im grossen Nachtheile gegenüber England und neuerdings auch gegenüber Nordamerika. Der Verein deutscher Ingenieure hat sich seit 1875 eingehend mit der Frage eines einheitlichen metrischen Gewindesystems befasst und endlich in seiner Breslauer Hauptversammlung vom Jahre 1888 ein bestimmtes System aufgestellt, welches er zur allgemeinen Annahme empfiehlt. Die Scala dieses Systems ist folgende: Kantenwinkel = 53° 8' (Winkel an der Spitze des in das Quadrat eingezeichneten gleichschenkligen Dreiecks). Gegenüber dem weitest verbreiteten, dem Whitworth'schen Gewinde, sei nur bemerkt, dass dessen Scala erhebliche Sprünge und Unregelmässigkeiten aufweist, dass seine Abstufungen zu grob sind und dass die Abrundungen in der Gangform auf die Dauer die Genauigkeit der Anfertigung hindern, ja unmöglich machen. Um das von ihm aufgestellte Gewinde in die Praxis einzuführen, muss der Verein deutscher Ingenieure sich zunächst an die deutschen Reichs- und Staatsbehörden wenden, da sie die grössten Abnehmer der Privatfabriken sind und selbst grosse Werkstätten betreiben. Bei der kaiserl. deutschen Marine werden die Gewinde nach dem System Whitworth geschnitten, die Bolzendurchmesser und die Schlüsselweiten werden auf ganze Millimeter abgerundet. Bei den königl. preussischen Staatsbahnen wird ebenfalls das Whitworth'sche System zu Grunde gelegt, aber mit Abweichungen in den Durchmessern. Bei der königl. preussischen Kriegsverwaltung sind zumeist, aber nicht ausschliesslich, die Ganghöhen nach Whitworth in Gebrauch, aber die Gangform ist eine andere und die Durchmesser sind auf Millimeter abgerundet. Also auch diese drei grossen Behörden desselben Reiches bezieh. Staates haben verschiedene Gewinde. Wie im eigentlichen Maschinenbau, so finden die Schrauben auch vielfach Anwendung in der Feinmechanik, welche durch die mannigfaltige Ausbildung der Elektrotechnik neuerdings einen ungewöhnlichen Zuwachs erhalten hat. Die Frage einer einheitlichen Herstellung der Schrauben ist daher für die Feinmechanik ganz besonders brennend geworden. Deren Lösung erfolgte unter thatkräftigster Förderung von Seiten der Physikalisch-technischen Reichsanstalt auf einer im November 1892 stattgehabten Conferenz in München durch Aufstellung eines Systems kleinerer Schrauben, im engsten Anschluss an das vom Verein deutscher Ingenieure für Schrauben grösseren Durchmessers aufgestellte System. Das neue System der Feinmechaniker wird voraussichtlich in kürzester Zeit in Deutschland allgemein zur Ausführung kommen, namentlich da auch die betheiligten Staatsanstalten, insbesondere die Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung, es zu fördern in Aussicht gestellt haben. Der Verein hat mehrere vollständige Gewindeschneidzeuge, wie sie für den praktischen Gebrauch der Maschinenfabriken erforderlich sind, anfertigen lassen, um sie denen, die das neue Gewinde erproben wollen, zur Verfügung zu stellen. Aus den dargelegten Gründen muss der Verein deutscher Ingenieure den grössten Werth darauf legen, von den Reichsund Staatsbehörden, denen grosse technische Betriebe unterstehen, solche Proben des neuen Gewindes vorgenommen zu sehen. Folgende Erwägungen dürften insbesondere diesen Behörden dazu Veranlassung bieten: 1) Es ist ein auf die Dauer unhaltbarer Zustand, dass im Deutschen Reiche für eines der wichtigsten Maschinenelemente ein auf ausländischem Maass beruhendes und überdies von den meisten willkürlich abgeändertes System angewendet wird. 2) Das Metermaass findet immer weitere Verbreitung. Mit der Einführung des Metermaasses würden aber auch andere Nationen, die jetzt Gewinde nach Whitworth und Sellers haben, veranlasst werden, sich unserem metrischen System anzuschliessen. 3) Indem wir uns bezüglich des Gewindes auf eigene Füsse stellen, machen wir uns auch bezüglich der Werkzeuge dazu von England unabhängig und erhalten dem eigenen Lande die bedeutenden Summen, die immer noch für solche Werkzeuge nach England fliessen. Wenn die Einführung des Metermaasses und damit des metrischen Gewindes auch in fremden Ländern zunimmt, werden wir des Vortheiles theilhaftig werden, den lange Jahre hindurch bis jetzt England durch die Lieferung von Gewindeschneidwerkzeugen und Drehbänken genossen hat. 4) Die Sicherheit, überall – zunächst wenigstens im eigenen Lande – die gleichen Gewinde und die gleichen Werkzeuge zu ihrer Herstellung zu haben, würde ganz ausserordentlich grosse Vortheile mit sich bringen. 5) Dieselbe Sicherheit würde aber auch bedeutende Ersparnisse mit sich bringen. 6) Dadurch, dass das neue Gewinde durchweg von geraden Linien begrenzte Querschnitte und einen jeder Zeit leicht herstellbaren Winkel hat, ist nicht nur die Genauigkeit der Herstellung besser gesichert als bei dem Whitworth'schen, sondern es wird auch aus demselben Grunde billiger herstellbar und leichter auf seine Genauigkeit prüfbar sein. 7) Es muss zugegeben werden, dass die Einführung des metrischen Gewindesystems Kosten und während der Uebergangszeit auch Schwierigkeiten veranlassen wird; aber beide dürften nicht erheblich sein. Es ist nicht nothwendig, dass eine Fabrik, eine Werkstatt von heute auf morgen einen vollständigen Wechsel vornimmt. Auf derselben Drehbank, auf der man mit einer Leitspindel von ½ Zoll engl. das Whitworth-Gewinde schneidet, kann man – nach Anschaffen eines einzigen Wechselrades – die sämmtlichen Steigungen unseres metrischen Gewindes schneiden. Ebenso wenig bedürfen die Schraubenschneidbänke und die Kluppen einer Aenderung. Neu gemacht und geändert werden müssen die Backen und Bohrer, also die eigentlichen Schneidzeuge. Aber das müssen diese Theile so wie so von Zeit zu Zeit. Notiz über ein Röhrenniveau von variabler EmpfindlichkeitAus den Sitzungsberichten der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Mathem.-Naturwissensch. Klasse Juli 1893, vom Herrn Verfasser mitgetheilt. von Ludwig Mach. Der inneren Wand eines Libellenrohres ertheilt man bekanntlich die (schwach) tonnenförmige Gestalt durch Schleifen auf einem Stahldorne von derselben Form. Die Dicke dieses Dornes nimmt von seinen (genau gleich starken) Enden gegen die Mitte, entsprechend dem Radius, unter welchem die Röhre ausgeschlafen werden soll, allmählich zu. Bei sehr grossem Radius, also beim Schleifen von hoch empfindlichen Libellen, ist aus naheliegenden Gründen die Herstellung des Werkzeuges ausserordentlich schwierig. Das Schleifen erfordert nebst grosser Geduld beträchtliche mechanische Fertigkeit. Ich versuchte deshalb vor einiger Zeit, dieses umständliche Verfahren durch ein anderes recht einfaches zu ersetzen. Textabbildung Bd. 292, S. 263Fig. 1.Textabbildung Bd. 292, S. 263Fig. 2. Von dem Gedanken ausgehend, dass ein an den beiden Enden fixirtes, in der Mitte, jedoch einseitig und senkrecht auf seine Achse, gedrücktes Glasrohr eine annähernd kreisbogenförmige Krümmung besitzt, führte ich die im Nachfolgenden näher beschriebene Libelle aus. Die Wand des Glasrohres gg (Fig. 1) trägt in der Mitte eine Bohrung, in welcher die Mutter eines feines Stahlschräubchens s (7/40 mm Gangsteigung) eingelassen ist. Ein gut cylindrisches Rohr, das ganz wie die gewöhnlichen Libellen eine Theilung und Aetherfüllung besitzt, wird an seinen Enden mit zwei aufgepassten, bogenförmigen Stahlstückchen m und n versehen. Diametral diesen beiden Klötzchen gegenüber und in der Mitte von g1g1 befindet sich ein ganz ähnlich gearbeitetes Stück o. Dieses Rohr wird in das erstere eingeschoben und mit Hilfe des in o eingreifenden Schräubchens s gedrückt. Da bei der ganzen Pressungsvorrichtung ausser Glas nur Stahl in Stücken von sehr geringer Ausdehnung verwendet wurde, so ist die Aenderung der Krümmung durch Temperaturschwankungen auf ein Minimum reducirt. Fig. 2 zeigt einen Schnitt durch die Vorrichtung. Eine Bestimmung der Empfindlichkeit (bei sanft gepresstem Rohre) ergab 1p = 7''. Innerhalb der Temperaturgrenzen von + 40° C. bis – 20° C. war diese Libelle nahezu denselben Variationen unterworfen wie irgend ein anderes durch Schleifen hergestelltes Röhrenniveau. Da an den Enden die gleiche Empfindlichkeit wie in der Mitte vorhanden war, so dürfte wohl die Biegungscurve einem Kreisbogen sehr nahe kommen. An manchen Stellen aber bemerkte ich sehr geringe Variationen der Empfindlichkeit, welche ich der nicht ganz vollkommen cylindrischen Form des Rohres zuschreiben muss.Das Glas meiner Versuchslibelle war von A. Pessler, Mechaniker in Freiberg i. S., aus einem Röhrenvorrath ausgewählt worden. Obwohl es ohne jede Correction der Cylinderfehler mit Füllung und Theilung versehen wurde, so ersetzt es im gebogenen Zustande eine Libelle von der oben erwähnten Empfindlichkeit. Wenn man ein möglichst cylindrisches Glas unter vielen Glasröhren systematisch heraussucht, und dessen eventuelle Formfehler durch Nachschleifen auf einem cylindrischen Dorne corrigirt, was beiläufig gesagt eine sehr leichte Arbeit ist, so könnte man durch Einfügen desselben in die obige Biegungsvorrichtung eine gute Libelle von beträchtlicher Empfindlichkeit erhalten. (Zeitschrift für Instrumentenkunde.) Erdöl als Mittel gegen den Kesselstein. (Aus dem 1893er Jahresbericht des Berg. Dampfkessel-Revisionsvereins.) Oberingenieur Vogt theilt über diesen Gegenstand Folgendes mit: „Soviel Hochachtung ich vor dem Erdöl habe, wenn es auf die Lampe gegossen wird oder als Brennmaterial Verwendung findet, so halte ich mich doch für verpflichtet, hier an dieser Stelle kräftigst vor der Benutzung des Erdöls gegen den Kesselstein zu warnen, nicht weil ich eine Wirkung des Erdöls auf den Kesselstein bestreite, sondern weil im Gegentheil seine Wirkung eine derartige ist, dass ein Defectwerden der Kessel, namentlich der in hiesiger Gegend noch zahlreich vorhandenen Aussenfeuerungskessel, sehr zu befürchten ist, dann aber auch noch aus anderen Gründen, auf die ich noch zu sprechen komme. Die Wirkung des Erdöls auf den Kesselstein ist nicht chemischer, sondern rein mechanischer Natur. Wird, wie es richtig ist, die mit Kesselstein besetzte Kesselwandung im kalten Zustande mit Erdöl gestrichen, so dringt es in den Kesselstein ein. Bei nachheriger Erwärmung des wieder mit Wasser gefüllten Kessels entweichen zuerst aus dem eingedrungenen Erdöl dessen leichtflüchtige Bestandtheile, und schliesslich verdampft es bei ungefähr 150° C. Durch das Entweichen der flüchtigen Bestandtheile und durch das nachherige Verdampfen des Erdöls wird der Kesselstein gelockert und gesprengt, so dass er von selbst von der Kesselwandung abfällt. Die abgefallenen Kesselsteinstücke und -stückchen werden von der Strömung des Wassers im Kessel; die naturgemäss nach derjenigen Stelle des Kessels hin ist, wo die stärkste Wasserverdampfung und die stärkste Erwärmung stattfindet, mitgerissen und lagern sich, zu Klumpen angehäuft, auf der Feuerplatte ab. Eine nothwendige und in hiesiger Gegend leider so sehr bekannte Folge hiervon ist, dass die Feuerplatte an der Stelle, wo der Klumpen liegt, gar nicht oder wenigstens zu schwach vom Wasser bespült werden kann, dadurch überhitzt wird und sich durchbeult oder aufreisst. Solche Ablagerungen von losgesprungenen Kesselsteinsplittern auf den Feuerplatten sind bei Innenfeuerungskesseln kaum zu befürchten, hier finden die Ablagerungen an einer Stelle des Kessels statt, die von den Heizgasen erst berührt wird, wenn diese eine niedrige Temperatur erreicht haben. Bei Locomotivkesseln finden die Ablagerungen vorwiegend auf dem Boden des Langkessels statt, wo sie aber vollends unschädlich sind, da die Wandungen des Langkessels gar nicht von den Heizgasen berührt, vielmehr von der Aussenluft abgekühlt werden. Es ergibt sich hieraus wieder so recht die Nothwendigkeit, sehr vorsichtig umzugehen mit all derartigen Mittheilungen, mag die Stelle, welche ihre Wichtigkeit für alle Kesselbesitzer betont, auch noch so fett gedruckt sein, und mag die Quelle der Mittheilung herrühren, woher sie will. Eins passt eben nicht für alles! Was mich weiter gegen die Benutzung des Erdöls als Kesselsteinlösungsmittel einnimmt, ist die grosse Gefahr, die mit der Anwendung dieses Mittels für die Arbeiter verbunden ist. Ist die Kesselwandung beim Anstreichen mit Erdöl nicht durch und durch erkaltet und ebenso das Mauerwerk des Kessels, so tritt eine Betäubung der Arbeiter in Folge der sich sofort entwickelnden leichtflüchtigen Bestandtheile des Erdöls ein, oder es erfolgt gar eine Entzündung, wenn nicht gut gereinigtes Erdöl Verwendung findet. Es sind schon so viele Unglücksfälle dieser Art durch die Benutzung des Erdöls in den Dampfkesseln vorgekommen, dass ich Ihnen mit der vollsten Ueberzeugung nur zurufen kann: Giessen Sie das Erdöl in die Lampen, aber verschonen Sie Ihre Kessel damit, zum Wohle der Arbeiter und nicht zum Schaden unserer Pfleglinge!“ Einen Beleg für die von Vogt hervorgehobene, mit der Benutzung von Erdöl verbundene grosse Gefahr bietet folgender, im 17. Geschäftsbericht des Rheinischen Dampfkessel-Ueberwachungsvereins mitgetheilter Unfall: „Die Anwendung von Erdöl als Antikesselsteinmittel führte zur schweren Verletzung zweier Leute von dem Bedienungspersonal eines Dampfschiffs, von denen einer nach wenigen Stunden starb. Kurze Zeit nachdem der Kessel ausser Betrieb, war durch die Mannlöcher mittels einer Spritze Erdöl auf die mit Kesselstein bedeckten Wandungen aufgetragen, wobei sich, da die Kesselwandungen noch heiss waren, Erdöldämpfe bildeten. Die Bedienungsmannschaft hatte die strenge Weisung, den Kessel bis zur vollständigen Erkaltung stehen zu lassen und nicht zu befahren. Leider wurde diese Vorschrift nicht befolgt, und ein Mann führte ein brennendes Licht zum oberen Mannloch hinein, um die Wirkung des Erdöls zu beobachten; hierdurch entzündeten sich selbstverständlich die Erdöldämpfe, und eine lange Flamme schlug zu beiden Mannlöchern heraus, wobei derjenige Arbeiter, welcher in das obere Mannloch hineingeleuchtet hatte, und ein zweiter, welcher vor dem unteren Mannloch beschäftigt war, schwere Brandwunden erhielten.“ Vorkommen und Anwendung des Glimmers. Weisser Glimmer kommt, soweit bekannt, in Norwegen nur an einem Orte in gewinnungswerther Menge vor, nämlich in Rakkestad an der Südküste. Aber in einer Tiefe von 10 bis 12 m musste auch dieser Betrieb eingestellt werden, weil das Material zu unrein wurde und mit Kiesen und Rostflecken behaftet war. In den Jahren 1885/90 fand von hier aus nach Amerika, Deutschland und Frankreich eine Ausfuhr statt, deren Werth für Amerika 37675 M. betrug (gegen 13 M. das Pfund). Ausser zu Ofenscheiben verwendet man Glimmer zu Compassplatten, zu Isolatoren bei elektrischen Beleuchtungsmotoren, als Pulver in Tapeten, feuerfesten Papieren und als Beimengung für Maschinenöle. Aber im Verhältniss zum Weltmarkt stehen die amerikanische Union (Nord-Carolina) und Russland als Glimmerproducenten obenan. In den letzten Jahren soll auch Asien bedeutende Mengen geliefert haben. Sind die Glimmerplatten mindestens 5 × 5 cm gross, so sind sie verkäuflich, aber deren Werth steigt bedeutend mit der Grösse. Während man 5 × 5 cm-Platten mit nur 0,4 M. bezahlt, erreichen solche von 8 × 13 cm schon 8 bis 9 M. Die Stärke der Platten wechselt zwischen 1,0 und 0,1 mm, aber am meisten wird die Stärke von 0,2 mm gesucht. Die Platten werden zugeschnitten, wobei ein sorgfältiges Schneiden eine grosse Rolle spielt; schlecht zugeschnittene Platten können bis 50 Proc. an Werth verlieren, und solche mit Rissen oder Riefen in den Kanten oder mit Rostflecken sind von geringem oder keinem Werthe. (Norges geologiske undersögelse nach Oesterreichische Zeitschrift.) Bücher-Anzeigen. Tafeln über die Spannkraft des Wasserdampfes zwischen 76 und 101,5°. Auf Grund der Ergebnisse neuer Versuche berechnet und herausgegeben von H. F. Wiebe, Mitglied der physikalisch-technischen Reichsanstalt. Braunschweig. Friedr. Vieweg und Sohn. 30 S. 2 M. Auf Grund neuerer Versuche, die den Regnault'schen Versuchen gegenüber die grossen Fortschritte der Thermometrie benutzen konnten, sind zwei neue Berechnungen durchgeführt, deren erste die Wärmegrade um 1/100° steigend zu Grunde legt und danach die Barometerhöhe bis auf Hundertstelmillimeter berechnet, deren zweite für die Barometerhöhe von 680 bis 800 mm um je 1/100° mm steigend die Grade bis zu 4 Decimalstellen angibt. Bei beiden Tafeln sind die PP angegeben. „Der Umfang der Tafeln ist so bemessen, dass nahezu sämmtlichen auf der Erdoberfläche vorkommenden atmosphärischen Druckunterschieden Rechnung getragen wird.“ Mittheilungen aus dem mechanisch-technischen Laboratorium der königl. Technischen Hochschule in München von J. Bauschinger, 22. Heft, enthaltend Verhandlungen der in Dresden (1886) und Berlin (1890) abgehaltenen Verhandlungen zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsmethoden für Bau- und Constructionsmaterialien. Nachruf von A. Martens. München. Ackermann. 326 S. Quart. 12 M. An der Spitze des Heftes findet sich ein Nachruf für den der Wissenschaft leider zu früh entrissenen Prof. Bauschinger und sein Porträt in Lichtdruck. Die Verhandlungen sind nach den stenographischen Berichten wiedergegeben. Leider musste die ursprüngliche Absicht, diesem Hefte auch die Wiener Verhandlungen (1893) beizufügen, in Folge des Hinscheidens Bauschinger's hinausgeschoben werden.