Titel: [Kleinere Mittheilungen.]
Fundstelle: Band 301, Jahrgang 1896, Miszellen, S. 191
Download: XML
[Kleinere Mittheilungen.] Kleinere Mittheilungen. Spiritusglühlicht im Wettbewerb mit der Erdölbeleuchtung. Nach einem Vortrag von Prof. Dr. Hayduck in Berlin (nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie). Wenn auch das Spiritusglühlicht mit dem Gasglühlicht und dem elektrischen Licht in Bezug auf Leuchtkraft schwerlich in Wettbewerb treten wird, so handelt es sich doch um die Frage, ob und unter welchen Bedingungen das Spiritusglühlicht geeignet ist, die Erdölbeleuchtung zu ersetzen. Eine auf diese Frage sich beziehende Untersuchung hat Referent in dem Vereinslaboratorium ausgeführt und sei hier über das Ergebniss kurz berichtet. Aus der grossen Zahl der bereits vorhandenen Systeme von Spirituslampen standen dem Berichterstatter zwölf Lampen von verschiedenen Fabriken zur Verfügung. Eine Anzahl von Lampen war in der Halle der landwirthschaftlichen Hochschule ausgestellt worden, diese lieferten den Beweis, dass die Lampen mit schönem und ruhigem Licht brennen. Es waren die Lampen der Firmen: Deutsche Spiritusglühlicht-Gesellschaft, Deutsche Gasglühlichtgesellschaft, der Firma Martini und Pledath und der Gasglühlichtgesellschaft Helios. Die Spirituslampe besteht wesentlich aus zwei Theilen, dem Vergaser und dem Brenner. Aus dem Spiritusbassin wird mit Hilfe von Saugdochten der Spiritus in den Vergaser befördert und mit Hilfe einer unter dem Vergaser befindlichen Flamme wird der Spiritus im Vergaser verdampft und gelangt in den Brenner. Dieser hat die Einrichtung des bekannten Bunsen'schen. Brenners. Der Spiritusdampf strömt aus kleinen Löchern aus, mischt sich in der Brennröhre mit atmosphärischer Luft und wird von oben her wie Gas entzündet. Besondere Erwähnung verdient die Lampe der Helios-Gasglühlichtgesellschaft. Bei dieser Lampe ist weder ein Saugnoch ein Brenndocht vorhanden; die Beförderung des Spiritus in den Vergaser geschieht dadurch, dass das Spiritusbassin höher steht. Das Spiritusbassin ist von dem Vergaser durch ein Ventil getrennt, nur beim Oeffnen dieses Ventils strömt der Spiritus in den Vergaser hinein. Um nun den Spiritus in Dampf zu verwandeln, ist eine vorhergehende einmalige kurze Erhitzung erforderlich. Für diesen Zweck dient eine kleine, unter dem Vergaser befindliche Flamme, in welcher einige Tropfen Spiritus abgebrannt werden. Die dadurch bewirkte Erwärmung muss hinreichend sein, um den in den Vergaser gelangenden Spiritus in Dampf zu verwandeln. Ist einmal die Spiritusflamme entzündet, dann brennt sie von selbst weiter; die Flamme sorgt dann selbst für die Erhaltung der nöthigen Hitze. Die Helios-Lampe scheint besonders geeignet zu sein für Beleuchtungszwecke in grösserem Maasstabe, also z.B. zur Beleuchtung von Hotels, grossen Sälen, zur Strassenbeleuchtung und zwar dort, wo Gaslicht oder elektrisches Licht nicht vorhanden sind. Die Spirituslampen liefern für sich nur Hitze. Um Licht zu erzeugen, sind die Glühkörper erforderlich. Diese bestehen aus einem Gewebe, welches mit den Salzen gewisser seltener Erden imprägnirt ist, die ein starkes Lichtstrahlungsvermögen besitzen und die dunklen Wärmestrahlen der Spirituslampe in Lichtstrahlen verwandeln. Da die verschiedenen seltenen Erden in dieser Beziehung nicht die gleiche Wirksamkeit haben, ist auch die Leuchtkraft der Glühkörper bedeutenden Schwankungen unterworfen und wesentlich von der chemischen Zusammensetzung abhängig. Referent hat z.B. aus einer Fabrik Glühkörper bekommen, welche ein Licht gaben, in einem Falle von 36 ½ Kerzen, im anderen Falle von 43 Kerzen, aus einer anderen Fabrik Glühkörper, welche in einem Falle ein Licht von 34 Kerzen, in einem anderen Falle ein Licht von 25 Kerzen gaben. Ferner ist zu beachten, dass der Glühkörper durch längeren Gebrauch an Wirksamkeit abnimmt, doch fehlen darüber bis jetzt positive Resultate. Von Wichtigkeit ist es, dass dieser Glühstrumpf in seiner Form und Grösse genau der aus dem Brenner kommenden Spiritusflamme entspreche. Eine ganze Reihe von Lampen, die gleichzeitig mit einem Glühkörper zugesandt waren, waren nicht zu gebrauchen, weil der Glühkörper nicht zu vollständigem Glühen gebracht werden konnte. Die Glühkörper waren anscheinend für die betreffenden Lampen zu weit, so dass der Glühkörper nicht im Bereiche der Flammenhitze sich befand. Um einen Fall zu erwähnen, sollte eine Lampe mit dem beigegebenen Glühkörper eine Lichtstärke von 15 Kerzen haben; nachdem ein passender Glühkörper gewählt war, gab dieselbe Lampe eine Lichtstärke von 38 Kerzen, ein Beweis, dass der Glühkörper unpassend gewählt war. Als Brennmaterial wurde bei den Versuchen nicht hochprocentiger, sondern 85procentiger Spiritus verwandt. Es ist durchaus erforderlich, dass die Spiritusglühlichtlampen, wenn sie Eingang finden sollen, derart sind, dass auch weniger concentrirter Spiritus darauf gebrannt werden kann. Referent hat eine kleine Anzahl von Lampen, die bei guter Construction gleichzeitig mit guten und passenden Leuchtkörpern versehen waren, zur Vergleichung mit der Erdöllampe ausgesucht. Die Lichtstärken, die bei diesen Lampen gefunden wurden, waren folgende: bei Martini und Pledath 31 Kerzen, bei der Neuen Gasglühlichtgesellschaft 34 Kerzen in einem Falle und im andern 38 ½ Kerzen – dieser letzte Fall ist von der folgenden Betrachtung ausgeschlossen, da eine Bestimmung des Spiritusverbrauchs nicht ausgeführt ist –, bei der Deutschen Gasglühlichtgesellschaft in einem Falle 36 ½ Kerzen, im anderen Falle 43 Kerzen und bei der Helios-Lampe 42 Kerzen. Bei der letzten Lampe muss noch besonders hervorgehoben werden, dass diese sehr befriedigende Leuchtkraft erzielt wurde mit 85procentigem Spiritus, während von der Firma ausdrücklich, so viel ich weiss, die Anwendung von hochprocentigem Spiritus verlangt wird. Bei der Verwendung von 96procentigem Spiritus hat Referent allerdings mit dieser Lampe eine Lichtstärke von 53 Kerzen bekommen. Der entsprechende Spiritusverbrauch war in den fünf genannten Fällen, in Cubikcentimetern ausgedrückt: 110,7, 126,8, 116,5, 112,2 und 102,5. Wenn wir für 85procentigen Spiritus einen Preis von 23 Pf., also einen Preis, für welchen dieser Spiritus tatsächlich käuflich ist, annehmen, so stellen sich die Kosten für 1 Stunde bei den Lampen auf 2,54, 2,91, 2,68, 2,58 und 2,45 Pf. Zur Vergleichung mit diesen Spiritusglühlichtlampen wurden nun zwei Stobwasser'sche Erdöllampen von möglichst verschiedener Wirkung, eine grosse und daneben die kleinste, benutzt, die grosse mit einem Brennerdurchschnitt von 14 Linien, die kleine mit einem solchen von 7 Linien. Es wurden mit diesen Lampen folgende Lichtstärken erhalten: mit der grossen Lampe bei einer gewissen Flammengrösse 34 Hefner-Kerzen; bei einer grossen Flammenhöhe, die aber nicht so weit getrieben wurde, dass Blaken eintrat, 27 Hefner-Kerzen; bei der kleinen Erdöllampe wurde eine Lichtstärke gefunden von 10 bezieh. 11 Kerzen. Der entsprechende Erdölverbrauch war bei der grossen Lampe bei der kleineren Flamme 100 cm, bei der grösseren 111 cm, bei der kleinen Lampe bei einer Lichtstärke von 11 Kerzen 44,4 cm. Wenn man den Preis vom besten sogen. Salonöl zu 20 Pf. annimmt, was ein sehr niedrig gegriffener Preis ist, so stellen sich die Kosten bei der grossen Lampe für 1 Stunde auf 2,2 Pf. und 2 Pf., bei der kleineren Lampe auf 0,88 Pf. Trotz der grossen Verschiedenheit dieser Zahlen stimmen die Erdöllampen darin doch vollständig überein, dass zur Erzeugung gleicher Lichtmengen in gleichen Zeiten fast genau dieselben Erdölmengen erforderlich waren. Aus den mitgetheilten Zahlen ergibt sich zunächst, dass die Spiritusglühlampen durchwegs besser brannten, während die Erdöllampen billiger brannten. Wenn man nun aber die Quantitäten Brennstoff vergleicht, welche verbraucht werden zur Erzeugung einer Lichtstärke von 10 Hefner-Kerzen in einer Stunde, so kehren sich die Verhältnisse geradezu um. Zur Erzeugung einer Lichtstärke von 10 Hefner-Kerzen waren in der Stunde erforderlich: bei der grossen Erdöllampe 41 ½ und 42 cc, bei der kleinen Erdöllampe 41 cc, und dies entspricht einem Preise von 0,83, 0,84 und 0,82 Pf., im Mittel also nur 0,83 Pf. Diese Vergleichsversuche mit der Erdöllampe wurden mit grosser Genauigkeit ausgeführt. Es wurden diese Lampen in verschiedenen Entfernungen vom Photometer auf ihre Lichtstärke untersucht, und die Resultate fielen durchaus gleichmassig und zuverlässig aus. Wir können also im Allgemeinen sagen: die Erzeugung von 10 Kerzen Lichtstärke kostet bei Erdölbeleuchtung in der Stunde 0,83 Pf. Für die Spiritusbeleuchtung wurden folgende Resultate erhalten: zur Erzeugung einer Lichtstärke von 10 Hefner-Kerzen in einer Stunde wurden verbraucht 36 cc, 37,5 cc, 32 cc, 26 cc und 24,5 cc. Dies entspricht einem Preise von 0,82, 0,86, 0,73, 0,60 und 0,56 Pf. Aus diesen Zahlen findet man durch einfache Rechnung, dass die Kosten zur Erzeugung gleicher Lichtstärken in gleicher Zeit bei den beiden ersten Spirituslampen ungefähr dieselben waren, wie bei den Erdöllampen; bei der dritten Spirituslampe dagegen um 12 Proc. billiger, bei der vierten um 28 Proc. billiger und bei der fünften um 33 Proc. billiger als bei den Erdöllampen. Unter der Voraussetzung, dass gute Glühkörper verwendet werden, ist also das Spiritusglühlicht thatsächlich billiger als Erdöllicht. Die Kosten für die Spiritusglühlampe sind nur deshalb höher, weil ihre Lichtstärke bei weitem grösser ist, als die der Erdöllampe, eine Lichtstärke, die für die meisten Zwecke eine durchaus überflüssig grosse ist. Wenn Spirituslampen angefertigt werden, welche gleiche Lichtstärke haben mit den im Gebrauch befindlichen Erdöllampen, so folgt, wie schon gesagt, dass die Spirituslampen dann thatsächlich im Gebrauch sich billiger stellen, als die Erdöllampen. Besonders wird es empfehlenswerth sein, auch kleinere Spirituslampen herzustellen, wenn das Spiritusglühlicht eine weitere Verwendung finden soll. Die Lampen mit grossen Lichtstärken werden ja auch immer ihre Abnehmer finden. Wenn diesem Bedürfniss nach weniger lichtstarken, kleineren Spirituslampen Rechnung getragen wird, dann lässt sich mit Sicherheit annehmen, dass die Spirituslampe dauernde Verwendung finden wird, besonders weil die Spirituslampe ja auch manche Vorzüge vor der Erdöllampe hat. Das Brennmaterial ist reinlicher, das Licht der Spirituslampe weit schöner als das Erdöllicht. Die Spirituslampe verbreitet keine so starke und unangenehme Hitze. Allerdings hat die Spirituslampe auch wieder gewisse Nachtheile, die nicht verschwiegen werden dürfen. Was die Gefährlichkeit der Spirituslampe anbetrifft, so kann Referent diese durchaus nicht bestätigen. Bei Beobachtung der selbstverständlichen Vorsichtsmaassregeln ist die Spirituslampe durchaus nicht gefährlich, da das Spiritusbassin sich nie in bedenklicher Weise erhitzte. Dem anderen Uebelstand, der grossen Gebrechlichkeit des Glühkörpers, ist schon jetzt einigermaassen abgeholfen worden. Die Glühkörper werden heutzutage im versandtfähigen Zustande hergestellt, indem sie mit einem Bindemittel imprägnirt werden. So lange sie dieses enthalten, sind sie haltbar. Zum Gebrauch muss dieses Bindemittel durch Abbrennen entfernt werden, wobei mitunter der Glühkörper abfällt und zu Grunde geht. Bei einer Art des Versandts bleiben die Glühkörper ganz unverbrannt, das Gewebe ist in diesem Zustande haltbar und versandtfähig. Zum Ausglühen der Glühkörper wird eine einfache Vorrichtung mitgegeben, eine Holzform, über welche der Glühstrumpf straff gezogen wird, um ihm die richtige Form zu geben. Dann wird der Glühstrumpf von dieser Form entfernt und von oben herab verbrannt und ausgeglüht; er ist dann in gebrauchsfähigem Zustande. Man darf mit Rücksicht auf die Zerbrechlichkeit der Glühkörper die Lampen nur vorsichtig tragen; beim Abnehmen des Cylinders zum Zwecke der Reinigung desselben ist gleichfalls Vorsicht erforderlich. Wenn auch in der zuletzt erwähnten Beziehung die Spiritusglühlampe noch einer Vervollkommnung bedürftig ist, so glaubt Referent doch, dass das Resultat der Untersuchung zu der Hoffnung berechtigt, dass das Spiritusglühlicht nicht nach kurzem Dasein in Vergessenheit gerathen wird, sondern dass seine Anwendung eine weite Ausbreitung finden wird. Norddeutsche Binnenschiffahrt. Berlin verfügte von Natur aus nur über die kleine Spree und musste sich für seinen jetzt ganz enormen Schiffahrtsverkehr erst ein Netz von künstlichen Wasserstrassen schaffen. Dass dies sich lohnte, ergibt sich aus den folgenden Ziffern: Der gesammte Güterverkehr Berlins betrug im J. 1893: Beförderungsmittel Versandt Empfang Im Ganzen t t t    Schiff 444455 4346293 4790748    Eisenbahn 801494 4774713 5576207 Nach einer zuverlässigen Berechnung haben die in den Jahren 1880 bis 1888 vom preussischen Staate ausgeführten Verbesserungen des Berliner Wasserstrassennetzes der Bevölkerung Berlins in diesem Zeitraum eine Frachtersparniss, also einen Gewinn von 40 Millionen Mark eingetragen. Durch den Neubau der Kurfürstenbrücke wird der Plan, Berlin zur Metropole der norddeutschen Kanalschiffahrt zu machen, seine Krönung finden. Es werden alsdann Schiffe mit einer Tragfähigkeit von 500 t auf dem jetzt ausgebauten sogen. Berliner Grosschiffahrtsweg mitten durch Berlin fahren können und ein directer Grosschiffahrtsverkehr durch Berlin nach Hamburg, Magdeburg, Breslau u.s.w. stattfinden können. In ähnlicher Weise wie in Berlin hat sich der Schiffahrtsverkehr Breslaus, das von Natur auch nur die obere Oder zur Verfügung hatte, in Folge der oberen Oderkanalisirung und des neuen Oder-Spreekanals mächtig entwickelt. Der gesammte Güterverkehr auf der Oder in Breslau wuchs von 9572223 Centner im J. 1885 auf 32239700 Centner im J. 1894. Wie die alte Kleinschiffahrt immer mehr abstirbt und der modernen Grosschiffahrt Platz macht, ergibt sich aus dem Verkehr des neuen seit 1890 vollendeten Oder-Spreekanals in Gegenüberstellung mit dem des alten Oder-Spree- oder Friedrich-Wilhelmkanals. Es betrug nämlich die Zahl der geschleusten Schiffe: im J. bei der Schleuse Briskow Fürstenwalde 1884 3816   4762 1885 3629   4314 1886 3268   4642 1887 4554   6058 1888 3320   4902 1889 3824   5331 1890 6044   7176 1891 6751 13277 1892 1883 13947 1893 2254 15857 Die Schleuse bei Briskow dient nur dem Verkehr auf dem alten Kanal, die bei Fürstenwalde auch dem neuen Oder-Spreekanal. Abgesehen von der Zahl der Schiffe ist zu berücksichtigen, dass dieselben auf dem alten Kanal nur eine Tragfähigkeit von 150 t, auf dem neuen eine solche von 500 t erreichen. Die Zahl der über das Maass der alten 150 t-Schiffe hinausgehenden Schiffe hat fortwährend zugenommen, sie betrug an der Fürstenwalder Schleuse: 1891 410 d.h. 1/30 der Gesammtzahl, 1892 1073 1/12 1893 1779 Auch der Dampferverkehr hat entsprechend zugenommen; es durchfuhren nämlich die Fürstenwalder Schleuse: 1891 1065 Dampfer 1892 1245 1893 1437 Aehnliche Erfahrungen würde man auch in Bayern bei Neuanlage von Kanälen machen. Der alte Friedrich-Wilhelmskanal entspricht unserem alten Donau-Mainkanal, ein neuer grosschiffahrtsfähiger Main-Donaukanal würde dem neuen Oder-Spreekanal gegenüber zu stellen sein. (Verein für Hebung der Fluss- und Kanalschiffahrt in Bayern.) Kieselguhr. Die beiden Namen Kieselguhr und Infusorienerde sind insofern charakteristisch, als der erstere über die chemische Zusammensetzung, der letztere über die Abstammung Auskunft gibt Kieselguhr enthält in den verarbeiteten Handelssorten neben kleinen Mengen von Kalk, Magnesia, 6 bis 15 Proc. Feuchtigkeit und 80 bis 92 Proc. Kieselsäure, besteht also fast aus reiner Kieselsäure, abstammend aus den Kieselpanzern mikroskopisch kleiner Infusorien (Diatomeen). Die Formen lassen sich unter dem Mikroskop deutlich erkennen. Die gleichen Gattungen kommen noch heute lebend im Schlamm oder Schlick der Nordseeküsten vor, so dass anzunehmen ist, die grossen Kieselguhrablagerungen der norddeutschen Ebene stammen aus jenen Zeiten, in welchen das Meer weite Strecken des heutigen Deutschlands bedeckte. Dass auch das Gebiet der Lüneburger Haide einst unter dem Meeresspiegel lag, davon ist man durch mancherlei geologische Anzeichen überzeugt. Die Ablagerung im Gebiete der Haide sind von sehr verschiedener Mächtigkeit bis zu 20 m und mehr. Namentlich in den ausgedehnten Gruben im „Luhethale“. Aus der festen Kieselguhr werden Stücke abgesprengt und calcinirt, aus welchen die Handelsfirma Reye in Hamburg Dochte fertigen lässt. Da diese Dochte unverbrennlich sind, so verwendet man zur Herstellung von Spiritusglühlampen jetzt Kieselguhrdochte, schon aus dem Grunde, weil Kieselguhr gegen Hitze isolirt und Lampenbassins beim Brennen der Lampe möglichst wenig erwärmen. Weil Kieselguhr auf 1 cbm 41000 Millionen Röhrchen haben soll, so kann auch Kieselguhr beinahe sein volles Volumen an Brennflüssigkeit in sich aufsaugen. Spiritus- und Erdöl-, Koch- und Leuchtapparate sind auch mittels Kieselguhrdocht auf ungeahnt billige und praktische Weise herzustellen; Explosionen und Verschütten von Brennflüssigkeiten können nicht mehr vorkommen, sofern man Kieselguhrdochte benutzt. Die Kieselguhr hat jetzt schon vielfache Verwendung. Ausser der Dynamitfabrikation ist Kieselguhr nothwendig für das Baufach zum Isoliren der Fussböden, Gewölbe und Fehlböden gegen Eindringen der Hitze, Kälte und zum Abschneiden des Schalles, Einschüttung der Eiskellerwände, Wein- und Bierkeller, Markthallen, Eiswaggons, Eisschränke, Telephonzellen, Hohlwände der Eisenconstruction, welche isolirt werden sollen; auch unter Kaminplatten legt man Kieselguhr zum Schütze der Marmorplatte. Die Hohlwände der Backöfen werden ebenfalls mit Kieselguhr isolirt. Eine Kieselguhrwärmeschutzmasse ist leicht herzustellen. Geldschrankfabrikanten gebrauchen Kieselguhr, um die Geldschränke feuersicher zu stellen. Ausser zu antiseptischen Präparaten gebraucht man Kieselguhr zur Filtration von Wasser und anderen Flüssigkeiten, z.B. schleimiger Zuckersäfte, Oele, Spiritus, Wein u.s.w. Der Landwirth gebraucht Kieselguhr zur Consistentmachung flüssiger Düngstoffe, Compost zu bedecken und als Wiesendünger u.s.w. Auf Grund eines Patentes stellt die Firma G. W. Reye und Söhne in Hamburg auch aus den Originalkieselguhrfelsen praktische Feueranzünder her, welche stets wieder benutzt werden können, indem man nur nöthig hat, sie immer nach Gebrauch wieder in Erdöl zu legen. Ferner auf Grund des Gebrauchsmusterschutzes einen Löscher für Tinte, der mit Genauigkeit frische Schrift ablöscht, selbst grosse Tintenflecke. Ausserordentlich schönes Putz- und Polirmittel feinster Qualität wird aus demselben hergestellt, um Metallen sofort Hochglanz zu verleihen. Feuersichere Asbestkieselguhranstrichfarben und Kitt u.s.w., Diatomeencement. Proben von Kieselguhr und auch eine Broschüre kann man von der Firma G. W. Reye und Söhne in Hamburg, Frankenstrasse 28, Besitzerin der ältesten Kieselguhrgrube, Neu-Ohe bei Unterlass in Lüneburg, beziehen. (Nach Deutsche Kohlenzeitung durch Oesterreichische Zeitschrift.) Bücher-Anzeigen. Technische Vorträge und Abhandlungen. Wien. Spielhagen und Schurich. Nr. 25. Ueber nordamerikanischen Oberbau von E. Rittler. 28 S. Nr. 27. Englische Güterbahnhöfe von E. Rittler. 25 S. (Sonderabdrücke aus der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins.)