Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 313, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 159
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Robert Wilhelm Bunsen und die Naturwissenschaften. Vor wenigen Tagen ist in Heidelberg Robert Wilhelm Bunsen im 88. Lebensjahr infolge von Altersschwäche gestorben. Mit ihm ist der letzte der Grossen zu Grabe getragen worden, die um die Mitte unseres Jahrhunderts den Grundstein zu dem heute so stolzen Gebäude der Naturwissenschaften gelegt haben. Bunsen, von Haus aus Chemiker, war es vergönnt, nicht nur auf dem Gebiet der Chemie bahnbrechend zu wirken, sondern er hat auch auf die Physik und Technik, die Geologie und Medizin in hohem Masse befruchtend gewirkt. Aber all das, was dieser geniale Mann für die Chemie und Physik, die Geologie und Technik geleistet hat, wird verdunkelt durch eine Leistung auf dem Gebiet der Astronomie, durch die mit Gustav Kirchhoff entdeckte Spektralanalyse, die mit einem Schlag die Grenzen Unserer Erkenntnis um Billionen von Meilen erweiterte und die eine neue Wissenschaft hervorgerufen hat, die Astrophysik! Am 81. März 1811 in Göttingen geboren, studierte Bunsen erst in Paris, später in Berlin und Wien Physik, Chemie und Geologie, um sich, kaum 22 Jahre alt, an der Göttinger Universität zu habilitieren. Schon drei Jahre später wurde er als Professor der Chemie an das polytechnische Institut nach Kassel gerufen. Nach einer zweijährigen Thätigkeit in Kassel siedelte Bunsen, der damals bereits einen weit über die Grenzen Deutschlands bekannten Namen besass, nach Breslau über, wo er bis zum Jahr 1851 als Direktor des chemischen Instituts wirkte, Schon als Privatdozent in Göttingen hatte der damals 24jährige mit Berthold eine Schrift veröffentlicht, in der er darauf hinwies dass Eisenoxyd mit arseniger Säure ein unlösbares Salzbilde und in der er daher Eisenoxydhydrat als unfehlbar wirksames Gegengift bei Arsenvergiftungen empfahl. Im Jahr 1846 machte Bunsen eine Reise nach Island. Die geologisch-chemischen Untersuchungen, die er bei dieser Gelegenheit ausführte, haben die Geologie wesentlich bereichert und wichtige Aufschlüsse über die vulkanischen Erscheinungen geliefert. Bunsen hat darüber 1846 ein Werk veröffentlicht, dem von Island aus an seinen Freund Berzelius gerichtete Briefe zu Grunde lagen. Was Bunsen besonders charakterisierte, das war eine geradezu geniale Begabung als Experimentator, durch die er seine Zeitgenossen Liebig, Berzelius, Mitscherlich, Hofmann und Kekulé weit überragte, und durch die er nur mit Helmholtz, Faraday und Hertz verglichen werden kann. Den Beweis hierfür liefern seine vielfachen Erfindungen, durch die er die Technik bereichert hat. Man braucht nur an den allgemein bekannten Bunsen-Brenner zu erinnern, der die Grundlage für unsere moderne Beleuchtungstechnik abgab und ohne den kein Gasglühlicht und keine Nernst'sche Lampe möglich gewesen wäre, und der auch die Bedingung für die Entdeckung der Spektralanalyse war. Einen Beweis für seinen Scharfsinn und seine Geschicklichkeit als Experimentator hat Bunsen schon im Jahre 1837 mit seinen Untersuchungen über die Kakodylverbindungen gegeben. 1760 hatte ein französischer Chemiker Cadet bei der Destillation von essigsaurem Kali mit arseniger Säure eine an der Luft rauchende, sehr entzündliche Flüssigkeit gefunden, die in den chemischen Werken als Cadet's rauchende Flüssigkeit fungierte, bis der 26jährige Bunsen die Cadet'sche Flüssigkeit in zwei Körper von höchstem wissenschaftlichem Interesse zerlegte, das Kakodyl und das Kakodyloxyd, womit Bunsen die wichtige Entdeckung gelungen war, dass metallorganische Radikale existieren. Die diesbezüglichen Untersuchungen hatten aber bei dem jungen Gelehrten ein mehrmonatliches Siechtum zur Folge, denn diese Kakodylverbindungen sind arsenhaltige organische Körper von ausserordentlicher Giftigkeit und einem so scheusslichen Geruch, dass derselbe bei vielen Personen augenblickliches Erbrechen hervorruft. Bunsen atmete bei seinen Arbeiten durch eine lange Glasröhre; man kann sich vorstellen, welche Liebe zur Wissenschaft dazu gehörte, um sich den, mit derartigen Untersuchungen verknüpften Gefahren auszusetzen. Nach kurzem Aufenthalt in Breslau wurde Bunsen im Jahre 1852 nach Heidelberg berufen, wo er bis zum Jahre 1889 thätig war. In die Zeit seines Wirkens in Heidelberg fallen seine wichtigsten Entdeckungen. 1857 veröffentlichte er sein berühmtes Werk „Gasometrische Methoden“, das seitdem ins Englische und Französische übersetzt wurde, und in dem er ganz neue Wege angibt, um die Zusammensetzung der Gase zu ermitteln. Diese Untersuchungen haben später der Technik grosse Dienste geleistet, ebenso wie seine Untersuchungen über die elektrolytische Gewinnung der Alkalimetalle und der Metalle der alkalischen Erden. Bunsen liebte es überhaupt, auf dem Grenzgebiet der Chemie und Physik zu arbeiten; die Physik verdankt ihm auch die Erfindung eines galvanischen Elements, und äusserst wertvolle und scharfsinnige Untersuchungen über das spezifische Gewicht der Körper, über das Gesetz der Absorption, Diffusion und über die Verbrennungserscheinungen bei Gasen, sowie über den Einfluss des Drucks auf den Erstarrungspunkt geschmolzener Materien., Auch die Photographie verdankt Bunsen wertvolle Bereicherungen. Er hat zuerst Magnesium in grösserer Menge dargestellt und 1860 das Magnesiumlicht in die Photographie eingeführt. Was aber die Tragweite all der bisher aufgeführten Arbeiten Bunsen's weit übertraf, was die Erkenntnis des forschenden Menschengeistes mit einem Schlag in unerhoffter Weise bis an die Grenze des Fixsterngebietes führte, das war die Erfindung der Spektralanalyse. Den exakten Nachweis für die Richtigkeit der Kant-La Place'schen Theorie, den Nachweis der Gleichartigkeit der Materie der Himmelskörper des gesamten Weltalls verdanken wir Gustav Kirchhoff und Robert Wilhelm Bunsen. Anknüpfend an die Experimente Fraunhofer's, dem seine Untersuchungen schon den Gedanken nahe gelegt hatten, dass für jeden Stoff eine besondere Lichtverteilung in seinem Spektrum charakteristisch sei, hatte Kirchhoff das wichtige Gesetz entdeckt, dass ein glühender Dampf dieselben Strahlen, die er leuchtend aussendet, aus dem hindurchgesendeten Licht absorbiert. Damals studierte Bunsen gerade die Färbungen, die die verschiedenen Metalle in der Flamme erzeugen, um auf diese Weise Grundsätze für die Ermittelung von Metallen bei der Verbrennung aufzustellen. Kirchhoff schlug Bunsen vor, anstatt der farbigen Gläser und Lösungen, die Bunsen zur Ausschaltung von Farben verwandte, ein Spektrum zu verwenden. Kirchhoff und Bunsen bauten nun zusammen das erste Spektroskop, mit dessen Hilfe sie die Spektren der einzelnen Metalle genau feststellten. Bei genauen Vergleichungen mit den so ermittelten Spektren der einzelnen Metalle und den von Fraunhofer im Sonnenspektrum entdeckten dunklen Linien ergab sich bei Anwendung des Kirchhoff'schen Gesetzes, dass diese dunklen Linien bestimmten Metallen entsprachen. Nun konnte der Beweis dafür erbracht werden, dass viele unserer bekannten Elemente sich auf der Sonne wiederfinden. Mit Hilfe der Spektralanalyse sind eine Anzahl neuer Elemente entdeckt worden. 1860 fanden Kirchhoff und Bunsen das Rubidium und Cäsium, Crookes und Lamy 1861 das Thallium, Reiche und Richter 1861 das Indium, Lecocq de Boisbaudran 1875 das Gallium, und diese Zahl der mit Hilfe der Spektralanalyse entdeckten neuen Elemente ist neuerdings durch die Arbeiten der englischen Chemiker vermehrt worden. So hat uns die Spektralanalyse ein Mittel an die Hand gegeben, um aus dem Licht, das die entferntesten Himmelskörper uns zusenden, zu erkennen, aus welchen Körpern sie sich zusammensetzen. Der menschliche Geist kann so Aufschlüsse über die qualitative Beschaffenheit von Himmelskörpern geben, die, wie die Fixsterne, so weit von uns entfernt sind, dass das Licht, das in der Sekunde 42000 Meilen zurücklegt, viele Jahre braucht, um von jenen Himmelskörpern zu uns zu gelangen. Aber noch mehr: da eine Verschiebung der Spektrallinien auftritt, wenn die Lichtquelle, die sie erzeugt, sich dem Beobachter nähert oder sich von ihm entfernt, so hat die Spektralanalyse uns sogar ein Mittel an die Hand gegeben, um die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der sich die Fixsterne im Weltenraum bewegen. So hat das Wirken Bunsen's unsere Kenntnis von den Vorgängen auf unserer Erde und im fernen Weltenraum mächtig gefördert. Er war einer jener Glücklichen, denen es vergönnt war, durch die Arbeit ihres Lebens die menschliche Erkenntnis um Jahrhunderte vorwärts zu bringen, ein Bahnbrecher, der in der Geschichte der Wissenschaften ewig fortleben wird. Kesselarmatur von C. F. Pilz in Chemnitz. Der von Jahr zu Jahr gesteigerte Dampfdruck bei Kesselanlagen stellt gegen früher noch weit bedeutendere Anforderungen an die gesamte Kesselarmatur, von welcher wiederum die allerwichtigstet der Wasserstandsanzeiger, am meisten hierbei in Frage kommt. Man verlangt von jedem Wasserstandsanzeiger, dass derselbe dem Kesseldruck entsprechend kräftig konstruiert und von bestem Rotguss hergestellt sein muss; gleichzeitig will man auch die vielen den Hahnkonstruktionen anhaftenden Uebelstände, nämlich das Tropfen der Kegel infolge Niederschlagens von Kesselstein, stets wiederkehrende Reparatur durch Einschleifen oder Neuersatz der Kegel, Störung des Kesselbetriebes etc. beseitigt sehen. Diese vollberechtigten Wünsche veranlassten die Armaturenfabrik von C. F. Pilz in Chemnitz, neuerdings einen Ventilwasserstand herzusellen, welcher gegenüber den meisten bis jetzt gebräuchlichen Systemen grosse Vorzüge besitzt. Die hauptsächlichsten derselben sind folgende: Absolutes Dichthalten bei höchstem Dampfdruck, Auswechselbarkeit der Original-Jenkins-Dichtungsringe binnen weniger Minuten durch den Heizer, daher leichteste und billigste Reparaturfähigkeit, grosse Dauerhaftigkeit, gewährleistet durch kräftigste Konstruktion und geringe Abnutzung, grösste Betriebssicherheit, weil Selbstschluss für Dampf und Wasser beim Glasbruch, folglich Verbrühen ausgeschlossen; Unempfindlichkeit gegen Schlamm und Kesselstein zufolge der etwas elastischen Jenkins-Dichtung. Textabbildung Bd. 313, S. 160 Als besonderer Vorzug ist zu nennen, dass jeder Maschinist, jeder Kesselheizer – binnen weniger Minuten – den Wasserstand bei einer eventuellen Undichtheit selbst reparieren kann. Das einfache Auswechseln der elastischen Dichtungsringe genügt, um ohne Unterbrechung des Betriebes den Wasserstand sofort wieder gebrauchsfertig zu machen. Ein Tropfen der Hähne und damit verbundene Reparaturen, wie sie sonst bei Wasserständen mit Kegelkonstruktion häufig vorkommen und nicht selten sogar Betriebsstörungen herbeiführen, die Schaden verursachen, sind hier durch Anwendung der elastischen Dichtung ausgeschlossen. Diese Wasserstände bieten absolute Garantie für Dichthalten und finden bei höchsten Dampfdruckverhältnissen Anwendung, in welch letzteren Fällen die Jenkins-Ringe durch dergleichen auswechselbare Ringe von Phosphorbronze ersetzt werden. Von nicht zu unterschätzendem Werte sind bei diesen Wasserstandsanzeigern auch die für Dampf und Wasser vorgesehenen Selbstschlussventile, welche ein Verbrühen des Kesselbedienungspersonals beim Bruch des Wasserstandsglases verhindern. Textabbildung Bd. 313, S. 160 Das untere Selbstschlussventil ist mit Rücksicht darauf, dass Schlamm, Kesselstein etc. ein Versagen durch Verunreinigung herbeiführen könnten, bequem zum Herausnehmen eingerichtet. Man entfernt das Wasserstandsglas, löst die Mutter und Stopfbüchse und nimmt hierauf das Ventil heraus. Diese Manipulation kann während des Betriebes vorgenommen werden. Das obere Selbstschlussventil ist als Kugelventil ausgebildet. Um dasselbe zu reinigen, hat man auch nicht nötig, den Wasserstand abzunehmen, sondern nur die obere seitliche Verschlussschraube zu entfernen, worauf man die Kugel herausnimmt. Ein Auswechseln der Jenkins-Ringe kann sowohl beim Ablassventil als auch beim Dampfventil eventuell während des Betriebes vorgenommen werden. Die Wasserstandsanzeiger erhalten auf Verlangen oben und unten Schutzkappenmuttern, wie bei obiger Abbildung ersichtlich ist, und geschieht mittels derselben die Befestigung der Schutzgläser. Letztere bestehen aus 10 bis 12 mm starkem, an den Kanten abgeschliffenem Hartglas. Der Wasserstand ist durch diese Hülse von allen Seiten gleich deutlich zu erkennen; diese Schutzvorrichtungen haben bekanntlich den Zweck, die inneren Wasserstandsgläser gegen Zugluft, überhaupt gegen äussere Temperatureinflüsse zu schützen, welch letztere das häufige, gefährliche Springen der Gläser meistens veranlassen.