Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 314, Jahrgang 1899, Miszellen, S. 15
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die grössten Schiffe der Welt. Der Bristol Mercury hat sich der Mühe unterzogen, eine Liste der grössten Schiffe der Welt ihrer Nationalität nach zusammenzustellen. Er kommt zu folgendem, für die deutsche Flagge höchst ehrenvollem Ergebnis: Das grösste Schiff der Welt ist die englische Oceanic, die demnächst ihre erste Reise über den Ozean machen soll und 17000 t Brutto Raumgehalt hat. Der Oceanic folgt der in Stettin für die Hamburg-Amerika-Linie im Bau befindliche Schnelldampfer Deutschland mit 15000 t, der Schnelldampfer Kaiser Wilhelm der Grosse des Norddeutschen Lloyd mit 14390 t, sowie der Hamburger Dampfer Patricia mit 13000 t. Nun kommen in diesem Vergleiche zwei englische Schiffe, nämlich die Lucania mit 12953 und Campania mit 12950 t, beide der Cunard-Linie gehörend, während die nächsten Stellen wieder der deutschen Flagge zufallen, nämlich den Dampfern der Hamburg-Amerika-Linie Pennsylvania mit 12891 t, Graf Waldersee mit 12830 t und Pretoria mit 12800 t. Sehr nahe an diese deutschen Schiffe heran kommen dann die White-Star-Dampfer Cymric, Medic und Afric, die aber wiederum noch von dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd Grosser Kurfürst, ebenso wie von dem Schichau'schen Dampfer Kaiser Friedrich und von dem Schiffe Belgia der Hamburg-Amerika-Linie erreicht werden. Der Statistiker des Bristol Mercury stellt weiter fest, dass unter der brittischen Flagge nur neun Dampfer von mehr als 10000 t gegenwärtig fahren, während Deutschland 19 Dampfer besitzt, die diese Grösse überschritten haben. Die Amerikaner besitzen vier Dampfer von mehr als 10000 t, nämlich die Schiffe Sankt Louis, St. Paul, Paris und Newyork der American Line. Von den anderen Nationen besitzt nicht eine einzige ein Schiff von solcher Grösse. Zur Weltausstellung in Paris 1900Vgl. D. p. J. 1899 313 30.. II. Deutsche Sondermaschinenhalle. Der Beschluss der französischen Ausstellungsleitung, nahezu die Hälfte des verfügbaren Ausstellungsgeländes für französische Erzeugnisse zu reservieren und nur den Rest für alle anderen beteiligten Staaten frei zu halten, hat seiner Zeit natürlich schwere und gerechte Bedenken in den Ländern hervorrufen müssen, deren Industrien zur Führung auf dem Weltmarkt befähigt sind. Selbst bei Auswahl nur hervorragendster Produkte unter thunlichster Vermeidung von Dubletten hat die Abgabe von Visitenkarten – als solche ist die Beteiligung der Staaten an der Schaustellung bezeichnet worden – um so mehr Zweifel von einschneidender Wirkung hervorgerufen, als dank dem Ausstellungsprogramm mitunter eine mehrfache räumliche Trennung der Erzeugnisse einer und derselben Firma notwendig geworden. Grosse Industriestaaten haben deshalb rechtzeitig geeignete Schritte unternommen, um die von der Ausstellungsleitung ursprünglich zugeteilt erhaltenen Plätze der Entwicklung der einzelnen Zweige ihrer Länder entsprechend zu vergrössern. Und wie es wohl schon geläufig ist, dass der Maschinenbau in allen seinen Abarten einen entscheidenden Kampf auszufechten gedenkt, so ist es auch begreiflich, dass gerade der Maschinenbau hart um den Platz streitet. Deutschland hat eine Maschinenbauindustrie aufzuweisen, welche anerkanntermassen seinen Konkurrenten in anderen Staaten durchaus gewachsen ist, und das Interesse, welches die einschlägigen Firmen an der Beschickung der Ausstellung zeigen, hat es der Reichsvertretung nahe gelegt, die von Frankreich angebotenen Plätze in thunlichst grossem Masse zu erweitern. Es ist erklärlich, dass die französischerseits aufgeführte Haupthalle auf dem Marsfelde, welche Maschinen und Produkte gemeinsam aufzunehmen bestimmt ist, den Anforderungen nach Platzerweiterung nicht annähernd hat genügen können. Und so hat man sich genötigt gesehen, besondere Gebäude aufzuführen. Textabbildung, Bd. 314, S. 15 Fig. 1. Textabbildung, Bd. 314, S. 15 Fig. 2. Textabbildung, Bd. 314, S. 15 Fig. 3. Den Bemühungen des deutschen Reichskommissärs ist es nun gelungen, einen freien Platz zur Verfügung zu erhalten, auf welchem die deutsche Sondermaschinenhalle aufgeführt wird. Der hinsichtlich seiner Grösse und Bebauungsfähigkeit wiederholt geänderte Platz liegt zwischen der französischen Haupthalle und der Avenue de Suffren in der nächsten, Nähe der elektrischen Zentrale. Seine Länge beträgt 60 m, seine Tiefe 19 m; er bildet mit einer Langseite die Grenze des Marsfeldes nach der Avenue de Suffren. Ursprünglich hat es in der Absicht gelegen, nur ein einstöckiges Gebäude mit einer leichten Galerie aufzuführen. Die stets gewachsenen Ansprüche der deutschen Maschinenbauer haben jedoch zur Vornahme einer zweistöckigen Halle gedrängt, deren Herstellungskosten in Höhe von etwa einer Viertelmillion Mark durch das Reich getragen werden. Mancherlei Umstände haben es als empfehlenswert erscheinen lassen, die Ausführung der Halle einem französischen Architekten zu übertragen, welcher seinerseits die französischen Hüttenwerke um Lieferung der Eisenkonstruktionen angegangen ist. Bei der ausserordentlichen Inanspruchnahme der Werke hat sich auch nur eine grosse Hütte bereit finden lassen, die Ausführung der Arbeit innerhalb der knapp bemessenen Zeit zu übernehmen. Die Kürze der Zeit hat neben den Forderungen hinsichtlich der Kosten die Aufgabe gestellt, ein einfaches und klares Bauwerk zu schaffen, dessen Aeusseres der Bedeutung, dessen Inneres der Beanspruchung gemäss hat durchgebildet werden müssen. Die Fig. 1 bis 3 geben das Gebäude in der endgültig festgelegten Ausführung wieder. Die Vorderansicht (Fig. 1) lässt den typischen französischen Geschmack erkennen. Die zwischen den Pfeilern belassenen grossen Fensterflächen lassen den Schluss auf durchaus günstige Beleuchtungseffekte im Innern zu. Der in der Mitte befindliche Haupteingang springt kojenartig ein. Der Querschnitt (Fig. 2) zeigt zwei in einem Abstande von 7 m übereinander liegende Stockig werke. Das Terrain fällt nach der Avenue de Suffren ab, so dass an der Strassenseite Aufschüttungen vorgenommen werden müssen. Im übrigen dürfte nur grundwasserfreier Boden anzutreffen sein, die notwendigen, zum Teil über 4 m tiefen Maschinenfundamente und Keller werden also nach dieser Richtung hin Schwierigkeiten nicht begegnen. Die Längsträger sind in der Mitte unterstützt, so dass allzu grosse und schwere Konstruktionen vermieden, andererseits aber auch Schwankungen infolge des in grossem Massstab durchzuführenden Betriebes verhindert werden. Nach Fig. 3, welche den Plan des Erdgeschosses darstellt, liegen die Längsbalken 5,85 m voneinander entfernt, während das Mittelstück auf 12,60 m von Trägern nicht überdeckt ist. Die Längsträger sind durch Querträger verbunden, welche eine gleichmässige Verteilung der Belastung bewirken. Die lichten Masse des Erdgeschosses betragen 59,65 m × 18,36 m. Dieselben Masse sind im Obergeschoss anzutreffen. Den Gegenstand eingehenden Studiums hat die Treppen anläge abgegeben. Dieselbe muss entsprechend der Bedeutung, welche den im Obergeschoss befindlichen wichtigen Schaustellungen beizumessen sein wird, natürlich in imposantester Weise ausgeführt werden. Das Treppenhaus hat demgemäss eine sorgfältige Ausbildung erfahren. Das Platzbedürfnis und die Notwendigkeit, eine etwa 12 m hohe Maschine aufzustellen, haben zu der durch die Fig. 3 im Grundriss und durch Fig. 2 in der Seitenansicht festgelegten Treppenkonstruktion Veranlassung gegeben. Das in der deutschen Abteilung durchweg eingehaltene Prinzip, nur erstklassige Erzeugnisse zur Schaustellung in Paris 1900 zuzulassen, ist natürlich auch für die deutsche Sondermaschinenhalle massgebend gewesen. Es wird sich in derselben eine Sammlung von Maschinen vorfinden, denen man den Ruhm der höchsten Vollkommenheit nicht wird streitig machen können. Wilh. Gentsch. Die deutsche Maschinenindustrie. Es ist bekannt, dass der Generalsekretär der englischen Maschinenbauer in seinem Vaterlande als Sachverständiger ersten Ranges angesehen wird, sobald es sich um Maschinenfabriken und deren Einrichtungen handelt, und es ist daher nicht überraschend, dass die Presse mit einer gewissen Ungeduld einen angekündigten Bericht des Mr. Barnes über seine in deutschen Etablissements gewonnenen Eindrücke erwartete. Diese Eindrücke sind nun fast in jeder Beziehung für Deutschland schmeichelhafte. Der Bericht ist sehr lang und es sollen hier daher nur die allgemeinen Gesichtspunkte beleuchtet werden. Barnes besuchte grosse Etablissements in Düsseldorf, Augsburg, Chemnitz und Berlin. Ein Besuch der Kruppschen Etablissements war ihm als Ausländer aus erklärlichen Gründen nicht gestattet. Ueber den allgemeinen Eindruck, welchen die Etablissements auf ihn machten, sagt Barnes: „Zunächst will ich eine oder zwei charakteristische Eigentümlichkeiten erwähnen, welche die deutschen Werkstätten zu haben pflegen. In erster Linie ist zu erwähnen, dass die Einfriedung der Maschinen, die allgemeinen Sicherheitsmassregeln für die Arbeiter und die Einrichtungen zu deren Bequemlichkeit bedeutend vollständiger sind als in unserem Lande, und dass ausserdem die Arbeitsräume viel geräumiger und reinlicher sind. Dies mag teilweise der strengen behördlichen Inspektion zu verdanken sein, die, gleichzeitig mit Unfall- und anderen Versicherungsgesetzen ins Leben trat, wenn sie nicht gar eine Folge dieser Gesetzgebung war. Uebrigens neige ich zu der Ansicht, dass ein grosser Teil der Massregeln der freiwilligen Initiative der Unternehmer zuzuschreiben ist. Ich sah eine Menge Dinge, welche weit über das hinaus gingen, was die Gesetze verlangen und die in unserem Lande nicht ihresgleichen haben. Eine andere gemeinsame Eigentümlichkeit ist das moderne Aussehen der Werkstätten und der Gebrauch erstklassiger Einrichtungen. Ueberall werden neue Fabriken gebaut und die meisten von denen, welche ich besuchte, sind in Erweiterung begriffen. Nicht weniger eigentümlich und für alle Fabriken gültig ist die gemütliche Art und Weise, in der die Leute ihre Arbeit verrichten. Obgleich Stückarbeit die Regel ist, sah ich nirgends Hasten. Mit einer Ausnahme sah ich in allen Werkstätten, die ich besuchte, die Leute während der Arbeitsstunden rauchen, und in den meisten waren Kantinen eingerichtet, in denen die Arbeiter während der Arbeit Erfrischungen bekommen können. Was die Arbeitsstunden und die Löhne anbelangt, so stehen sich die deutschen Arbeiter natürlich ungünstiger als die unserigen, obgleich nicht ein so grosser Unterschied vorhanden ist, wie wir hier gewöhnlich annehmen. Wenn wir die Zeit, welche für Erfrischungspausen gewährt wird, in genügende Erwägung ziehen, so ist es zweifelhaft, ob die wirkliche Arbeitszeit sich sehr von derjenigen unterscheidet, welche in dem. Gebiet, in welchem der Unternehmerverband seine Bestimmungen erlässt, gebräuchlich ist.“ Das sind die allgemeinen Gesichtspunkte, welche Barnes bemerkenswert erschienen, im übrigen beschreibt er ziemlich eingehend die von ihm besuchten Werke. Es sind dies die Werke von Haniel und Lueg, die Hohenzollern'sche Aktiengesellschaft und Ernst Schiess. Barnes vergisst nicht zu erwähnen, dass die Fabrik von Haniel und Lueg Lieferungen für Italien erhalten hatte, um die sich sogar Armstrong vergeblich bewarb. Hohes Lob erteilte Barnes der Maschinenfabrik Augsburg und deren Leiter, Krantz. Von der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Berlin sagt Barnes, dass sie die grössten, besteingerichteten und wissenschaftlich best organisierten Werke hätte, welche er gesehen. Ob Barnes bei seiner schnellen Besichtigung immer richtig geurteilt hat oder nicht, muss dem Urteil der Leser überlassen bleiben, welche die erwähnten Werke kennen. Höchst interessant ist aber vor allen Dingen, wie Barnes Bericht von der Presse aufgefasst wird und deshalb möge die Aeusserung des demokratischen Reynolds darüber zitiert sein. Reynolds sagt: „Der Bericht von Mr. Barnes über seinen Besuch deutscher Maschinenbau Werkstätten ist jetzt veröffentlicht und bestätigt, was wir von Zeit zu Zeit gesagt haben. Mit einem Wort: deutsche Arbeit gewinnt den Vorrang über englische Arbeit, weil sie besser ist und unter besseren Bedingungen angefertigt wird. Kein einsichtsvoller Mensch, der in letzter Zeit in Deutschland gewesen ist, kann zu einem anderen Schlusse kommen. Der deutsche Unternehmer ist intelligenter als der englische Unternehmer, und der deutsche Arbeiter ist intelligenter als der englische Arbeiter. Deshalb macht Deutschlands Industrie rasende Fortschritte, grössere als irgend eine der Welt, vielleicht ausgenommen diejenige Amerikas. Allerdings eines ist richtig: Deutschland und Amerika haben grosses Glück gehabt. Beide begannen den Industriekampf im grossen Stil zu einer Zeit, als die Wissenschaft gewaltige Schritte machte, und konnten deshalb die neuen Erfindungen zur Anwendung bringen, während England mit alter Maschinerie vollgepfropft war, die entweder unbrauchbar war oder nur mit gewaltigen Kosten brauchbar gemacht werden konnte. Aber abgesehen davon ist es zweifellos, dass beide Wettbewerber vor England den Vorzug weit grösserer Intelligenz und besserer Bildung voraushaben..... Der deutsche Unternehmer und der deutsche Arbeiter sind gebildete Leute, und das sind sie seit Generationen. Alle englischen technischen Schulen zusammengenommen sind noch nicht gleich der einen vorzüglichen Schule in Hannover, von den anderen, über ganz Deutschland verstreuten Schulen ganz zu schweigen. Jeder Arbeiter kann jeden industriellen Prozess kennen lernen, ohne dass es ihn etwas kostet. Und er lernt nicht nur einen Prozess, er lernt alle Prozesse. So kommt es, dass, während der englische Arbeiter nur Spezialist ist, der nicht einmal die Maschine versteht, an der er arbeitet, der Deutsche die Zusammenstellung der Maschine versteht und alle Prozesse kennt, welche das Rohmaterial durchmacht, ehe es fertiger Handelsartikel wird. Der deutsche Unternehmer versteht ebenfalls sein Geschäft vollständig und er hat nicht nur eine technische; sondern überhaupt eine gute Bildung, von der wir uns hier noch nichts träumen lassen. Wenn auch in Deutschland die Arbeit etwas gemütlicher betrieben wird, so herrscht doch dort grösserer Fleiss als hier und es wird weniger Zeit auf Vergnügen verwendet und mehr Zeit auf Studien, welche die Basis aller modernen Industrie bildet. Kein Wunder, dass der Deutsche Fortschritte macht.“ Jedenfalls hat der Besuch des Mr. Barnes in Deutschland dazu beigetragen, dass das Geschrei derjenigen verstumme, die heute immer noch behaupten, dass alles in Deutschland Fabrizierte schlecht wäre, und alles Schlechte als „made in Germany“ zu bezeichnen belieben. (Frankf. Ztg.) –h. Wolf'sche Lokomobile im Schnee. Seit der Inaugurierung der neuen deutschen Handelsvertragspolitik ist es der deutschen Industrie gelungen, sich in Russland ein ausgedehntes Absatzgebiet zu sichern, und namentlich hat unsere Maschinenfabrikation recht bemerkenswerte Erfolge aufzuweisen. Textabbildung Bd. 314, S. 16 Wir sind heute in der Lage, unseren Lesern ein Bild von eigenartigem Reiz vorzuführen: eine 120pferdige Compoundlokomobile der Lokomobilfabrik von R. Wolf in Magdeburg-Buckau auf dem Transport zur Betriebsstätte in Moskau. Die Maschine ist für ein grosses Ziegeleiunternehmen bestimmt, in welchem Fabrikationszweige die Lokomobilen genannter Firma in grossem Umfange Anwendung finden. –h.