Titel: Kleinere Mitteilungen.
Autor: L. K.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, Miszellen, S. 820
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die Lichtwellen als Längenmasse. Man nimmt gewöhnlich an, dass das metrische System auf dem vierzigmillionsten Teil eines Erdquadranten als Längeneinheit und dem Gewichte eines Würfels Wasser von 1/10 m Seitenlänge und 4° Temperatur als Gewichtseinheit beruht, und dass es daher ein auf Naturmasse gestütztes, nicht willkürliches System sei. Dies letztere ist von vornherein logisch falsch, denn die Auswahl der genommenen Naturmasse ist bereits willkürlich, ebenso willkürlich wie die eines Fusses, eines Daumens, eines Getreidekörnchens und eines Morgens, die ebenfalls an natürlich gegebene Grössen anknüpfen. Dazu kommt noch, dass das Meter wie das Liter (wegen eines bei der Bestimmung begangenen und von Bessel aufgedeckten Rechenfehlers) falsch sind; das im Pariser Staatsarchiv aufbewahrte Meter ist um etwa 0,1 mm und das Liter um 0,1 ccm zu klein. Auch wird jede neue Gradmessung wieder andere Werte ergeben. Der stärkste Grund gegen das metrische System liegt aber in der Veränderlichkeit des Erddurchmessers mit der Zeit, auf dem die Masse beruhen, er nimmt bekanntlich allmählich ab, und damit verringert sich auch die Grösse des Erdumfangs. Man hat nun neuerdings als unveränderliche Masse die Länge der Lichtwellen vorgeschlagen, wie Prof. Förster, der Direktor der Berliner Sternwarte, welcher sich die grössten Verdienste um das Messungsverfahren erworben hat, in einem sehr interessanten Vortrag vor dem Verein zur Beförderung des Gewerbefleisses ausführte. Von den Bewegungen der Atome und Moleküle, sowie des hypothetischen Weltäthers bietet diejenige, welche wir als Licht empfinden und den feinsten Massbestimmungen unterwerfen können, wohl die meiste Aussicht, wenigstens lange Zeit hindurch, wenn man ihre physikalischen und chemischen Bedingungen auch nur einigermassen festhält, beständiger zu sein als die Länge von Metallstäben, und somit für unsere Prototype eine Art von Naturmasskontrolle zu gewähren. Die Strecke, um welche sich die Lichtbewegung während der Dauer eines vollen Umlaufs oder einer vollen Schwingung jedes einzelnen lichterzeugenden oder lichtverbreitenden kleinsten Teilchens fortpflanzt, nennt man bekanntlich die Wellenlänge der bezüglichen Lichtart. Es handelt sich darum, die Anzahlsolcher Wellenlängen von bestimmten Lichtarten zu zählen, welche auf eine Strecke gleich der Länge unseres Prototyps gehen. Diese Lichtwellenlängen betragen aber nur wenige Zehntausendstel eines Millimeters, so dass mehr als eine Million derselben auf 1 m kommen. Man verzweifelte lange Zeit daran, solche Zählungen ausführen zu können; aber es ist schliesslich in dem internationalen Mass- und Gewichtsinstitut in Paris gelungen durch die Mitwirkung eines nordamerikanischen Physikers, Michelson, der sich in der feinsten Messung der Lichtbewegung schon hervorgethan hatte. Mit diesem ausgezeichneten Sachkenner ist das internationale Institut in Verhandlung getreten, getreu seiner Aufgabe, die Arbeiten aller Nationen zu verbinden und dadurch höher zu verwerten, und Michelson hat mit dem Direktor des Berliner Instituts, Benoit, in gemeinsamen Arbeiten eine Vergleichung der Meterlänge mit den Wellenlängen des intensivsten Leuchtens von glühenden Kadmiumdämpfen zu stände gebracht, die uns jetzt mit der Sicherheit von Zehntausendstel des Millimeters die Anzahl der Wellenlängen von drei scharf präzisierten Lichtarten angeben lässt, welche der Meterlänge gleichkommt. Damit ist in der That mit derselben Genauigkeit, mit der zwei Prototype untereinander verglichen werden können, der Anschluss an eine in gewissem Sinne fundamentale Naturerscheinung gewonnen, deren Unveränderlichkeit zwar auch nicht als ein Dogma gelten darf, deren kosmische Veränderungen wohl aber eine andere Art des Verlaufes haben werden, als diejenigen der Gebilde der Menschenhand. Nun noch ein Vorteil der Wellenlängenmessungen. Nachdem das Verhältnis gewisser Lichtwellenlängen zur Länge des Meters gefunden war, konnte man daran denken, auch kleinere Masslängen, z.B. Millimeterskalen, aus Lichteinheiten aufzubauen und sie damit genauer zu bestimmen, als es bisher allein dadurch geschehen konnte, dass man vom ganzen Meter abwärts durch immer engere Einteilung zu jenen kleinen Intervallen gelangte. Es hat sich herausgestellt, dass die besten Bestimmungen, die man bisher aus dem Meter durch Einteilung gefunden hatte, sehr nahe mit den aus Lichtwellenlängen aufgebauten Centimeter- und Millimetereinheiten übereinstimmen, so dass nun für das ganze Verfahren ein voller Bestätigungskreis in sich geschlossen vorliegt. Bücherschau. Les Moteurs à explosion. Etude à l'usage des constructeurs et conducteurs d'automobiles. Par George Moreau. Paris 1900. Ch. Béranger. Infolge einer unrichtigen Titelwahl wird man an dieses Buch mit ganz anderen Erwartungen herantreten, als es zu erfüllen beabsichtigt. Hofft man doch, dass der Beschreibung ausgeführter Motoren und der kritischen Besprechung konstruktiver Einzelheiten ein breiter Raum gewidmet sei. Dem thatsächlichen Inhalte würde aber etwa der Titel „Theorie der Explosionsmotoren“ weit mehr entsprechen, da der Verfasser absichtlich jeder Besprechung der Ausführungsformen aus dem Wege geht. Hat man jedoch diese erste Enttäuschung überwunden, so wird man mit Genuss den im allgemeinen leicht verständlich geschriebenen theoretischen Erörterungen folgen, die in systematischer und übersichtlicher Anordnung physikalische, thermo-dynamische, mechanische und kinematische Fragen behandeln, soweit sie den Konstrukteur von Automobilmotoren interessieren können. Jedoch wendet sich der Verfasser in der Vorrede auch an alle die Laien, welche durch Besitz und Führung eines Automobils oder durch sonstiges Interesse an dem neuen Beförderungsmittel zur Beschäftigung mit der Theorie desselben geleitet werden. Allein es gehört doch wohl schon eine mathematische Bildung, wie sie im allgemeinen ein Laie nicht besitzen wird, dazu, in den Geist mancher Kapitel wirklich tiefer einzudringen. Wahrscheinlich mit Rücksicht auf diesen Teil der Leser sind dann auch manche Dinge mit grosser Breite behandelt worden, die in einem nur für Fachleute geschriebenen Buche durch einen einfachen Hinweis auf bekannte Thatsachen hätten erledigt werden können. Das Buch zerfällt gewissermassen in drei Teile, die wir den „thermodynamischen“, den „mechanisch-kinematischen“ und den „physikalischen“ nennen möchten. In dem ersten werden in drei Kapiteln nach einer kurzen Kennzeichnung der verschiedenen Motorensysteme die Grundlagen der Wärmemechanik, die theoretischen Kreisprozesse und die Abweichungen von diesen Prozessen in der Wirklichkeit besprochen. Namentlich das erste Kapitel zeichnet sich durch eine knappe und klare Sprache aus, mit der es auf kaum 60 Seiten alle nötigen Entwickelungen der Thermodynamik ins Gedächtnis zurückruft. Am Schlusse des zweiten Kapitels kommt der Verfasser auf die Frage der „Verbundmotoren“, die eine teilweise Ausnutzung der Energie der Abgase möglich machen sollen, sowie auf Maschinen mit rotierenden Kolben zu sprechen, und streift schliesslich noch, soweit sie ins Gebiet der Explosionsmotoren gehören, die Gasturbinen, von denen er sich jedoch, und wohl mit Recht, keine Erfolge verspricht. Im dritten Kapitel werden die zahllosen Unvollkommenheiten der Kreisprozesse eingehend besprochen, wie sie sich aus der Veränderlichkeit der verschiedenen, meist konstant angenommenen physikalischen Grössen ergeben, wie sie durch Langsamkeit und Unvollständigkeit der Verbrennung, durch die Wärmeabfuhr ans Kühlwasser, die Widerstände bei Ansaugen und Auspuff u.s.w. entstehen, und durch die leider eine Vorausbestimmung des Diagramms eines Explosionsmotors überaus erschwert, wenn nicht ganz unmöglich gemacht wird. Der zweite, kinematisch-mechanische Teil des Buches beschäftigt sich im ersten Kapitel zunächst mit den Gleichungen des Kurbeltriebes, wobei namentlich der Fall einer kurzen Lenkstange eingehend behandelt wird, und geht dann zu den Verteilungsorganen, Schiebern und Ventilen, über. Im zweiten Kapitel werden die Widerstände, welche sich der Bewegung der Motoren entgegensetzen, besprochen, nämlich die verschiedenen Reibungswiderstände in Lagern, Gelenken und Uebertragungsmechanismen, der Luftreibungswiderstand, und sodann in besonders gründlicher Weise die Hindernisse, welche Beschaffenheit, Lage, Krümmung und Steigung der Strasse der Fortbewegung bieten. Hierauf gibt der Verfasser eine sehr dankenswerte Darlegung der verschiedenen störenden Bewegungen des Gefährtes, wie sie durch die hin und her gehenden Massen, Unebenheiten der Strasse u.s.w. hervorgerufen werden (z.B. des aus dem Lokomotivbau bekannten Schlingerns und des Schleuderns der Räder bei zu glatter Fahrbahn), und bespricht die Mittel zur Verminderung dieser für den Fahrgast unangenehmen und manchmal gefährlichen Erscheinungen. Im dritten Kapitel ist die Rede von den Gesichtspunkten, welche den Konstrukteur bei Berechnung der Organe seiner Maschine leiten sollen. Nach einer kurzen Besprechung der wichtigsten Thatsachen der Festigkeitslehre wird in knappen Zügen die Berechnung der einzelnen allgemeinen Maschinenteile geschildert (der Nieten, Schrauben, Kolben- und Lenkstangen, Kurbeln, Achsen, Zapfen, Räder u.s.f.), sowie der insbesondere bei Automobilen ausgebildeten Teile (wie Bandagen und Pneumatiks der Räder, Transmissionsketten, Differentialräderwerke, Bremsen, Anfahrvorrichtungen, Verdampfer u.s.w.). Wenn wir auch gerne zugeben wollen, dass diese letzteren hier wohl am Platze sind, da sie etwas dem Automobilbau Eigenartiges bieten, so würden wir es doch für richtiger gehaltenhaben, wenn in Betreff der allgemeinen Maschinenorgane auf andere Werke über allgemeinen Maschinenbau verwiesen wäre. So hätte man Platz gewonnen, die Spezialorgane etwas eingehender zu besprechen, von denen manche etwas stiefmütterlich behandelt sind. Bei der jetzigen Anordnung aber konnte häufig mit Rücksicht auf den Raum nur das Resultat einer längeren Ableitung gegeben werden, das der Ingenieur leicht in irgend einem der bekannten Handbücher gefunden hätte, durch das aber dem nicht fachmännisch gebildeten Leser so gut wie gar nichts geboten wird. In dem letzten, physikalischen Teile geht der Verfasser in dem ersten Kapitel die in Explosionsmotoren verwandten Brennstoffe der Reihe nach durch und bespricht ihre hauptsächlichsten Eigenschaften, sowie die bei ihrer Verbrennung eintretenden Erscheinungen in klarer und ansprechender Weise. Auffallend erscheint, dass er bei der Besprechung der Heizwertbestimmung ein so praktisches und bei uns in Deutschland so verbreitetes Instrument, wie das Junckers'sche Kalorimeter, gar nicht erwähnt. Wenn ihm die Unterschiede, welche Versuche und Rechnung bei Bestimmung der Druckerhöhung durch Explosion zeigen, vollständig dadurch erklärt scheinen, dass die physikalischen Gesetze für unsere Gase nicht absolut genau gelten, so müssen wir unsererseits gestehen, dass uns dies nur zum Teil der Grund zu sein scheint, wir aber den grösseren Teil dieses Unterschiedes auf Versuchsfehler zurückführen möchten, die bei einem derartig schwierigen Problem einfach unvermeidlich erscheinen. In dem zweiten Kapitel dieses Abschnittes, und gleichzeitig dem letzten des ganzen Buches, wird zunächst die Frage behandelt, wie ein Motor von vornherein zu dimensionieren sei, um eine verlangte Leistung zu erreichen, und sodann geht der Verfasser über zu einer Besprechung der Versuche, durch die der fertige Motor zu prüfen ist. Der Indikator und die Ausmittelung seiner Diagramme, die Bremsen, wie Prony's Zaun- und die Bandbremsen, werden besprochen und gezeigt, wie man die einzelnen Verluste im Motor bestimmt. Bei den Apparaten zur Messung der Auspufftemperatur ist merkwürdigerweise der bequemste und zuverlässigste, das Thermoelement, nicht erwähnt; auch ist nicht gesagt, dass diese Messung stets als unsicher gelten muss, so dass mit ihrer Hilfe eine Berechnung des Auspuffverlustes unthunlich erscheint, man diesen vielmehr zusammen mit den Strahlungsverlusten am besten als Restglied ermittelt. Den Schluss des Buches bilden Betrachtungen, auf welchen Grundlagen am besten vergleichende Versuche zwischen Motoren verschiedener Systeme und vergleichende Wettfahrten anzustellen sind. Konnten wir, wie aus obigen Ausführungen hervorgeht, uns auch nicht mit allen Einzelheiten der besprochenen Schrift einverstanden erklären, so möchten wir doch die Lektüre derselben wegen der klaren und verständlichen Darstellungsart und der systematischen und knappen Anordnung des Stoffes angelegentlich empfehlen. September 1900. F. Mbg. Betrachtungen über die Zukunft des mechanischen Zuges für den Transport auf Landstrassen, hauptsächlich über seine Verwendbarkeit im Kriege; von Ottfried Layriz, Oberstleutnant z. D. Berlin 1900. Mittler und Sohn. Der echt zeitgemässe Vorwurf dieses 85 Druckseiten und 20 Abbildungen umfassenden Schriftchens besitzt nicht nur allgemeines Interesse, sondern verdient überdem nach vier Richtungen hin ganz besondere Beachtung, nämlich seitens gewisser Sportkreise und der einschlägigen Industrie, ferner von Seite der Armeeleitungen und last not least vom Standpunkte der Steuerträger. Die Frage, inwieweit und unter welchen Vorbedingungen alle jene Fahrbetriebsmittel, welche weder auf die Verwendung in Schienengeleisen beschränkt noch auf die Fortschaffung durch Zugtiere angewiesen sind – vom leichtesten Fahrrad angefangen bis zur schwersten Strassenlokomotive –, dem allgemeinen Verkehr und namentlich auch den militärischen Transportzwecken bereits dienstbar gemacht sind oder künftighin dienstbar gemacht werden können, hat der Autor kurz aber durchaus sachgemäss dargelegt. Derselbe ist offenbar ein ebenso tüchtiger Kenner der technischen als der rein militärischen Seite des von ihm so anregend behandelten Gegenstandes und hat für seine Arbeit fleissige, aber auch ergiebige Vorstudien in der bezüglichen Quellenlitteratur angestellt. Die persönlichen Urteile des Autors sind durchwegs objektiv; weniger kann letzteres hinsichtlich der Abbildungen gelten, insofern genau drei Fünftel ihrer Zahl dem Katalog der Firma Fowler (Magdeburg) entnommen sind, was übrigens durch die in der That hervorragenden Leistungen dieser Firma im Gebiete der Strassenlokomotiven u. dgl. gerechtfertigt erscheint. Wir ermangeln nicht, dieses interessante Buch bestens anzuempfehlen. L. K.