Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, Miszellen, S. 627 |
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Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Die Schnellbahnwagen der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin.
Auf dem Internationalen Ingenieurkongress in Glasgow hielt der Chefingenieur der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, O. Lasche, im
Beisein von vielen ersten Fachleuten der Eisenbahngesellschaften einen Vortrag über
den nunmehr fertiggestellten und geprüften Schnellbahnwagen der A. E.-G.
Der Hauptinhalt sei in folgendem kurz gegeben:
Die Studiengesellschaft für elektrische Schnellbahnen hatte sich gebildet zu dem
Zwecke, die technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für den elektrischen
Betrieb von Fernbahnen zu studieren.
Der Probebetrieb mit dem Wagen der A. E.-G. für die
Fernhahnversuche hat auf dem Versuchsstand in der Fabrik, soweit die
Betriebsbedingungen auf einem Probierstand überhaupt festgestellt werden können, den
angestrebten Leistungen entsprochen.
Der Wagen wurde mit einer sekundlichen Umfangsgeschwindigkeit der Räder von etwa 56
m, entsprechend einer Fahrgeschwindigkeit von 200 bis 210 km stündlich geprüft und
vor einigen Wochen auch dem technischen Ausschuss der Studiengesellschaft als fertig
zur Ueberführung auf die Versuchsstrecke vorgeführt.
1. Die
Versuchsstrecke.
Als obere Grenze der Geschwindigkeit waren für die Versuche zunächst 200 km
stündlich in Aussicht genommen worden. Auf Grund von sorgfältigen Erwägungen und
von Gutachten erster Autoritäten wurde beschlossen, für die Versuchsfahrten eine
vorhandene Strecke zu verwenden. Ausschlaggebend war hierbei, dass eine solche
Versuchsstrecke seitens der Militärbehörde zur Verfügung gestellt werden konnte,
und dass andererseits die Schaffung einer besonderen Versuchsstrecke einen
unberechenbaren Aufwand an Zeit und Mehrkosten verursacht hätte. Die Strecke,
auf welcher die Versuche demnächst beginnen werden, ist die Militärbahn
Berlin-Zossen. Diese Strecke ist für die erforderlichen Studien hervorragend
geeignet, weil sich die Versuche auf derselben auch auf die Verschiedenheit von
Oberbau, Schienenprofil, Bettung und Stossverbindungen erstrecken können.
Die vorliegende Veröffentlichung bezieht sich ausschliesslich auf Konstruktion
und Prüfung des Wagens und auf die zur Schaffung desselben erforderlichen
Vorstudien, Versuchsanordnungen und Versuche. Das andere Kapitel der Arbeiten,
die Versuchsfahrten selbst auf der Strecke, soll jetzt beginnen. Sie sollen nach
zwei völlig auseinander gehenden Richtungen hin Grundlagen für die praktischen
Auswertungen schaffen.
a) Die Durchführung von 80 bis
100 km stündlicher Fahrgeschwindigkeit.
Es soll zuerst ermittelt werden, welche Geschwindigkeiten unter thunlichster
Beibehaltung unserer heutigen Betriebseinrichtungen erreichbar sind, und um
wieviel geringere Anforderungen ein Betrieb mit elektrischen Einzelwagen an
den Oberbau und seine Instandhaltung stellt bei Geschwindigkeiten, wie sie
heute bereits auf einigen der besten Strecken mit
Dampflokomotivenerreicht werden. In vielen Fällen dürfte die
elektrische Betriebskraft die Möglichkeit bieten, einen stark steigenden
Verkehr unter Beibehaltung der vorhandenen Brücken und des vorhandenen
Oberbaues zu bewältigen. Dem Publikum wäre mit Durchführung dieser
Geschwindigkeiten schon gedient, wenigstens in gewisser Beziehung. Die
Entfernungen würden in kürzerer Zeit zurückgelegt werden, man brauchte nicht
erst auf lange Züge zu warten, welche täglich nur wenige Mal verkehren und,
indem die Rauchbelästigung für die Reisenden in Fortfall käme, könnten ihnen
manche Bequemlichkeiten bereitet werden.
Nach dieser Richtung bietet die Konstruktion der Motorwagen keine
Schwierigkeiten, und weder der Oberbau noch die bestehenden Einrichtungen
des Betriebes und des Signalwesens würden wesentliche Neuerungen bedingen.
Die Versuche werden für die Einführung und Wirtschaftlichkeit eines solchen
Betriebes auf bestehenden Fernbahnlinien weitere Unterlagen bringen. Dass
der Betrieb mit Elektrizität unter allen Umständen vor dem mit Dampf
ökonomische Vorteile bieten muss, ist übrigens nicht unbedingtes
Erfordernis. Es ist zwar anzunehmen, dass durch die Zentralisation der
Krafterzeugung bei Verwendung bester Dampfkesselanlagen und Maschinen mit
Vorwärmung und Ueberhitzung eine vorzügliche Ausnutzung des Brennstoffes
erreicht werden kann, wie sie bei Dampflokomotiven ganz ausgeschlossen ist;
ferner liegt in der Möglichkeit, weite Strecken von einer Zentrale aus mit
hochgespanntem Drehstrom zu betreiben, der Vorteil, dass eine fast
gleichmässige Beanspruchung der Maschinen erzielt werden kann; jedoch kann
Gewissheit über diese Fragen eben nur durch die vorzunehmenden Versuche
erlangt werden. In vielen Fällen dürfte es aber schon genügen, dass das
Reisen durch die elektrische Kraft dem Publikum zur Annehmlichkeit wird und
der Betrieb den modernen Anforderungen sich besser anpassen lässt.
b) Das Erreichen von etwa 200 km
stündlicher Geschwindigkeit.
Der eigentliche Zweck der Versuche richtet sich auf das Anbahnen eines
Schnelldienstes, und die Feststellung der höchsten zulässigen
Geschwindigkeit dürfte gleichfalls das Ergebnis der eingehenden Studien
sein. Für die angestrebten hohen Geschwindigkeiten müssen der Signaldienst
im heutigen Sinne, die Wegeübergänge und Weichen entweder gänzlich in
Fortfall kommen oder tief einschneidenden Aenderungen unterzogen werden;
unerlässlich erscheint auch die Verlegung des Schnellverkehrs auf getrennte
Geleise und besondere Bahnkörper, welche diesem ausschliesslich in der einen
oder anderen Richtung dienen. Diesem Schnellbetrieb wäre gegenüber zu
stellen der Lokal- und Güterbetrieb. Die hierfür erforderlichen Studien
erstrecken sich auf die Motorfahrzeuge, den Oberbau und die ausreichende
Sicherung des Betriebes.
2. Die Konstruktion des
Motorwagens.
Es kommen nicht Lokomotiven im gewöhnlichen Sinne, sondern Motorwagen zur
Verwendung, welche für die unmittelbare Aufnahme von 50 Personen eingerichtet
sind. Die Leistung der Motoren von 1000 PS kann bis auf 3000 PS gesteigert
werden. Die
Versuche werden ergeben, ob so kräftige Motoren erforderlich sind, und wie bei
verschiedenen Geschwindigkeiten und den Einflüssen von Gegen- und Seitenwind der
Stromverbrauch sich ändert.
Entsprechend dem angestrebten Ziel – Bau und Betrieb von Fernbahnen – wurde
Drehstrom in Aussicht genommen, nachdem durch die von der Gesellschaft
angestellten Versuche der Nachweis geführt worden war, dass die Erzeugung und
Fernleitung desselben mit Spannungen von mehr als 40000 Volt keine
Schwierigkeiten mehr bietet. Für die vorliegende Strecke dürfte man sich
indessen mit 12000 Volt begnügen, da die Entfernung von der zur Stromlieferung
herangezogenen Drehstromzentrale der Berliner
Elektrizitätswerke nur 12,5 km und die zu speisende Fahrdrahtstrecke
nicht mehr als 24 km beträgt. Obwohl in der vorliegenden Ausführung aus
Zweckmässigkeitsgründen Transformatoren zur Umformung der 12000 Volt auf 435
Volt in dem Fahrzeug selbst untergebracht worden sind, ist diese Anordnung nicht
prinzipieller Natur; unter Umständen dürfte es zweckmässig sein, die Motoren
statt mit Niederspannung mit einer mittleren Spannung von etwa 2000 Volt zu
betreiben, in welchem Fall auch der Fahrdraht diese Spannung erhält. In
geeigneten Entfernungen wären alsdann Transformatoren zur Umwandlung von 50000
auf 2000 Volt, welche im Gegensatz zu Gleichstromumformern weder Bedienung noch
Instandhaltung erfordern, an der Strecke zu verteilen.
An jedem Ende des Wagens befindet sich ein Stand für den Führer, damit dieser
stets vom vorderen Ende des Fahrzeuges aus die Führung handhaben kann. Alle
stromführenden Teile wurden in dem in der Mitte des Wagens belegenen Apparatraum
untergebracht und durch doppelte, gut geerdete Blechwände gegen Personen- und
Führerräume abgeschlossen.
Die Gesamtlänge des Wagens, dessen Abmessungen im Normalprofil bleiben, beträgt
22 m. Der Wagenkasten wird von zwei kräftigen Drehgestellen mit je drei Achsen
getragen. Die mittlere Achse jeden Drehgestelles dient nur als Laufachse,
während die beiden äusseren Achsen je einen Motor von 250, maximal 750 PS
tragen. Der Durchmesser der Räder beträgt 1250 mm, die Tourenzahl etwa 960 pro
Minute.
3. Die Vorstudien für die
Konstruktion des Motorwagens.
Mit der Aufgabe, einen Motorwagen zum Zweck von Studien und Versuchen zu bauen,
war dem Konstrukteur die willkommene Freiheit geboten, von Grund aus Neues zu
schaffen und auf Althergebrachtes zu verzichten. Die vorliegende Ausführung
stützt sich daher weder auf die bisherigen Konstruktionen von elektrischen
Lokomotiven für geringere Geschwindigkeiten, noch auf solche von Vorort- und
Strassenbahnwagen. Die Studien, welche der eigentlichen Durchführung der
Konstruktionsarbeiten voranzugehen hatten, bezogen sich denn auch gerade auf
jene Punkte, welche unterschiedlich hierzu bei elektrischen Fernbahnen und
insbesondere bei solchen für höchste Geschwindigkeiten in Frage kommen.
Die Gewichte der elektrischen Einrichtung glaubte man anfangs nicht unter 50 t
für die verlangten Leistungen von 3000 PS max. herabmindern zu können. Durch
neue Anordnung und besondere Konstruktion der wesentlichen Elemente wie der
Transformatoren, Motoren und Anlassapparate gelang es jedoch, dieselben auf etwa
30 t zu ermässigen. Durch sorgfältige und reichliche Kühlung des magnetisch
beanspruchten Eisens in den Transformatoren wurde das Gewicht auf 6,5 kg pro
Kilo-Watt heruntergebracht. Die Motoren wurden entsprechend den neuen
Konstruktionen der A. E.-G. für ortsfeste Dynamos
und Motoren ohne gusseisernes Gehäuse ausgeführt und der Blechkranz als
Rippenkörper ausgebildet, um so auch hier eine vollkommene Kühlung des Eisens zu
erzielen.
Eine weitere Frage von tiefeinschneidender Bedeutung war auch der Zusammenbau der
Motoren mit den Radachsen; denn selbstverständlich waren Zwischenglieder wie
Zahnräder oder Ketten mit ihrem Verschleiss und ihrer Unzuverlässigkeit von
vornherein ausgeschlossen. Obschon man von Anfang an danach strebte, die Motoren
abzufedern, mussten doch viele verschiedene Anordnungen durchstudiert werden.
Bei den einen waren die Motoren hart, bei den anderen federnd auf der Achse oder
am Radkörper montiert. Die Lösung des Problems einer abgefederten Aufhängung,
ohne irgend welche Belastung der Achse bei 1000 Touren und 750 PS pro Motor war
schwierig und verlangte eine scharfe Kritik der eigenen Entwürfe; sie gelang
vermöge einer eigenartigen, federnden und gleitenden Kuppelung und durch eine
abgefederte Aufhängung der Motoren, deren anfangs sehr weiche Bewegungen
allmählich in eine steifere und steife Aufhängung übergehen. Diese Konstruktion
setzte für die Motoren naturgemäss eine Hohlachse voraus, deren
Umfangsgeschwindigkeit in den Lagern nahezu 15 m pro Sekunde beträgt. Ueber
diese ungewöhnlichen Reibgeschwindigkeiten wurden eingehende Versuchsreihen bis
zu 20 m pro Sekunde und bis zu sehr hohen Lagerdrücken aufgestellt.
Waren Anlasser für Motoren von 250 und 750 PS Leistung auch früher schon mehrfach
ausgeführt worden, so hatte man sie doch für die vierfache Stärke, für dauernde
Belastung unddie Unterbringung in einem engen Raume nicht zu konstruieren
brauchen; es wurde deshalb die Frage des üblichen Flüssigkeits- und des
Metallanlassers eingehend behandelt. Ersterer erschien von vornherein
unzulässig, da es ausgeschlossen war, dauernd Widerstand eingeschaltet zu
lassen, also dauernd die Geschwindigkeit zu regulieren, weil die hierbei der
Flüssigkeit zugeführte Wärme dieselbe sehr bald erhitzen und zum Kochen bringen
würde. Bei den Metallanlassern erwies sich die unendliche Zahl von Kontakten,
Bürsten, Verbindungskabeln und Paketwiderständen als sehr lästig und
unübersichtlich. Für die vier Motoren mit je 750 PS Maximalleistung ergaben sich
12 Walzen, von denen jede mindestens 12 Kontaktstufen erhalten musste, und jeder
Kontaktstufe entsprechen Verbindungskabel nach den Widerstandspaketen. Trotzdem
bleiben die Unterschiede in den Stromstärken von Stufe zu Stufe noch sehr gross
und die Regulierung grob. Dass der Verschleiss an den vielen Kontakten die
Betriebssicherheit ungünstig beeinflusst, namentlich bei der geringen
Uebersichtlichkeit des ganzen Apparates, ist neben dem grossen Gewicht ein
schwerwiegender Uebelstand.
Alle diese Nachteile wurden vermieden durch die Ausführung eines Anlassers, der
sich besonders für die Beschleunigung und Verzögerung grosser Massen und die
Regulierung ihrer Geschwindigkeit, unter anderem also auch für den Antrieb sehr
grosser Fördermaschinen eignet. Als Widerstandsmaterial wird hier zwar auch
Sodalösung verwandt, doch hat der Apparat mit den üblichen Konstruktionen der
Flüssigkeitsanlasser nichts gemein, wie dies auch die im grössten Stil gemachten
Versuche bewiesen haben. Die Elektrodenbleche stehen hier fest und hängen in
einem Behälter, in welchen die Flüssigkeit durch eine ständig laufende Pumpe
hineingeschafft wird. Der Behälter erhält ein Ventil im Boden, durch welches die
Flüssigkeit abgelassen werden kann. Soll der Motor eingeschaltet werden, so wird
das Ventil geschlossen und die Flüssigkeit beginnt zu steigen, die
Eintauchfläche der Elektroden nimmt also allmählich zu, d.h. es wird Widerstand
ausgeschaltet, und zwar kontinuierlich und nicht stossweise. Entsprechend der
Verringerung des eingeschalteten Widerstandes nimmt die Tourenzahl des Motors
zu. Durch Regulierung der Zuflussgeschwindigkeit kann das Ansteigen der
Flüssigkeit im Behälter und somit die Anfahrzeit für den Motor reguliert und
letzterer vor Ueberlastung geschützt werden. In dem Behälter ist ein Ueberlauf
eingebaut, so dass die Flüssigkeit oben abfliesst, also an der Stelle, wo sie am
wärmsten ist. Sie bleibt also stets in Bewegung, wodurch die Möglichkeit geboten
ist, ihr die Wärme ständig abzuführen. Man kann daher dauernd Widerstand
eingeschaltet lassen, d.h. dauernd mit kleinerer als der normalen
Geschwindigkeit fahren. Der Ueberlauf in dem Behälter lässt sich einstellen, und
da von der Höhe des Flüssigkeitsstandes die Grösse des eingeschalteten
Widerstandes und damit die Tourenzahl der Motoren abhängt, so kann dies leicht
eingestellt werden. Neben der äusserst einfachen Bedienung und grossen
Betriebssicherheit dieses neuen Anlass- und Regulierapparates gibt dieser also
den Vorteil, beliebig langsam anfahren und dauernd regulieren zu können, ohne
dass eine Störung durch zu grosse Erwärmung eintreten könnte.
Die Geschwindigkeit von 200 km pro Stunde machte neben der Westinghouse-Bremse
mit den üblichen Reibbacken eine zweite elektrische Bremsung wünschenswert.
Vorgenommene Versuche lehrten, wie diese Wirkung mit Hilfe des neuen
Regulierapparates beliebig sanft oder energisch erreicht werden kann, sei es
durch Gegenstrom, sei es durch Wirbelstrom unter Einschaltung einer besonderen
Bremsbatterie.
Noch nach vielen anderen Richtungen hin mussten Studien und Versuche angestellt
werden, und schliesslich wurde es bei der Neuheit des Ganzen für erwünscht
gehalten, eine Prüfung bei stillstehendem Wagen vornehmen zu können. Es wurde
daher jedes Drehgestell auf Probeböcken mit Laufrollen in Betrieb gesetzt und
hierbei die volle Geschwindigkeit erzielt. Wenn nun auch aus diesen Proben noch
keine endgültigen Schlussfolgerungen gezogen werden können, so hegen wir nach
dem Verlauf der den praktischen Bedingungen sich eng anschliessenden Versuche
die zuversichtliche Erwartung, dass das Fahrzeug den an dasselbe gestellten
hohen Anforderungen ganz entsprechen wird.
Bücherschau.
Anleitung zur Projektion
photographischer Aufnahmen und lebender Bilder (Kinematographie). Von Hans Schmidt in München. Mit 56 Figuren. Berlin 1901.
Gustav Schmidt (vorm. Robert Oppenheim).
Obgleich das Thema, welches in diesem Büchlein behandelt wird, ein bekanntes ist, so
hat der Verfasser in demselben doch etwas geschaffen, was bis heute in Form und
Inhalt noch nicht vorhanden war, trotzdem die photographische Litteratur zahlreiche
Abhandlungen über dieses Thema gibt. Bei genauer Durchsicht zeigt es sich jedoch,
dass diese Bücher vieles Notwendige nicht enthalten, dagegen viel Entbehrliches
geben, was sie
übergehen könnten. Das vorliegende Schriftchen umfasst die optische Projektion als
solche; keine Zuthaten photographischer oder anderer Natur. Sachliche Darstellung
und die genaue Herleitung des Prinzips schienen dem Verfasser besonders notwendig,
weshalb er auch die Beschreibung von vielen Modellen, die meist nur äusserlich und
wenig voneinander abweichen, vermied. Trotzdem wird das Thema ausführlicher
behandelt als in manchem dickleibigen Handbuch, was die einzelnen Kapitel, wie z.B.
Kalklicht, elektrisches Licht, Kinematographie u.s.w. zeigen. Ueberhaupt ist nur das
Bewährte, alten und neuen Datums angeführt, was den Leser in den Stand setzt, sich
selbst ein Bild davon zu machen, inwieweit die in seinem Besitz befindlichen
Apparate den Anforderungen, die man an einen guten Projektionsapparat stellen kann,
entsprechen.
G. Bigourdan, Astronome
titulaire à l'Observatoire de Paris: Le Système métrique
des poids et mesures, son établissement et sa propagation graduelle, avec l'histoire
des opérations, qui ont servi à déterminer le mètre et le kilogramme. 8 VI und 458
S. Paris 1901. Gauthier-Villars, imprimeur-libraire.
Die Schaffung des metrischen Systems ist zweifellos einer der grössten Ruhmestitel
Frankreichs, der ihm aber auch mehr Mühe gekostet hat, als man zumeist annimmt. Mit
gerechtem Stolz kann Frankreich dafür jetzt, wo das System zwar noch nicht die
Alleinherrschaft in der gesamten Kulturwelt, doch allgemeine Anerkennung geniesst,
auf das hierüber verflossene Jahrhundert zurückblicken. Die hier vorliegende
Jubiläumsschrift, die eine der Sache würdige Ausstattung erhalten hat, in klein
Oktav mit Elzevirlettern gedruckt und mit 17 Tafeln Abbildungen geschmückt ist,
bringt nun, wie schon der umfangreiche Titel verrät, die sehr ausführlich
dargestellte Geschichte des metrischen Systems aus der Feder eines Verfassers, dem
viele bisher unbekannte Dokumente zugänglich waren. Der Inhalt ist zu reichhaltig,
als dass von ihm hier, wenn auch nur durch Aufzählung der Kapitelüberschriften, eine
vollständige Uebersicht gegeben werden könnte, weshalb nur Einzelnes hervorgehoben
werden soll.
Wer die Buntscheckigkeit von Massen und Gewichten innerhalb des deutschen
Reichsgebietes noch miterlebt hat, wird sich wohl verwundert haben, dass aus dem
dringlichen Bedürfnisse nach Vereinheitlichung nicht hier das jetzt internationale
Einheitsmass entstanden ist, sondern in Frankreich, das doch schon eine zu den
Erddimensionen in Beziehung gebrachte und von der Autorität seiner Akademie der
Wissenschaften empfohlene Masseinheit besass, die Toise, der sich auch fremde
Gelehrte, wie z.B. Humboldt, bedienten. In Wahrheit war
es aber vor der Revolution, wie wir aus dem Buche erfahren, mit den Massen und
Gewichten in Frankreich nicht besser bestellt als bei uns. Die Herrschaft über jene
war nämlich nach Karls des Grossen Zeiten an die Feudalherren gekommen, die von
deren Mannigfaltigkeit Nutzen zogen, und es gelang den französischen Königen nicht,
wie beim Gelde, Einheitswerten Anerkennung zu verschaffen. Den Bestrebungen nach
Vereinheitlichung von Mass und Gewicht verband sich aber von 1670 an auch das
Verlangen nach einem „Naturmasse“, d.h. nach einer natürlichen konstanten
Grösse, die durch Beobachtung und Berechnung von neuem wieder zu ermitteln geht.
Wunderbarerweise stimmt nun der von einem Lyoner Geistlichen, Gabriel Mouton, 1670 veröffentlichte Vorschlag im
Prinzip mit der Grundlage des metrischen Systems überein, während Picard (1671), Huygens
(1673), Condamine (1747) für das Sekundenpendel als
Einheit schwärmten; für dieses stellten sich alsdann die Aussichten auch so günstig,
dass 1775 Messier mit Vorarbeiten zur Bestimmung seiner
Länge unter 45° offiziell beauftragt wurde. Das Bedürfnis nach Vereinheitlichung war
auch so dringend; dass sich die 1789 zur konstituierenden Versammlung
zusammengetretenen Abgeordneten aus eigener Initiative mit der Frage beschäftigen
mussten. Nun hätte man jenem einfach dadurch genügen können, dass man den in Paris
gebräuchlichen Massen und Gewichten Geltung für ganz Frankreich verschafft; diese
waren aber den Revolutionären verhasst, weil sie aus Feudalzeiten stammten.
Ausserdem verlangte der Eitelkeitskitzel, ein Mass- und Gewichtssystem zu schaffen,
das wegen seiner Begründung auf ein Naturmass und seinen einfachen wie rationellen
Ausbau Aussicht habe, über die Grenzen Frankreichs hinaus Geltung zu gewinnen. Der
erste Antragsteller, der durch seine spätere politische Thätigkeit berühmt gewordene
Bischof von Autun, Talleyrand, schlug eben deshalb vor,
das Sekundenpendel als Masseinheit festzustellen und zur Mitarbeit bei Begründung
des Systems das englische Parlament einzuladen, was auch am 10. Mai 1790 angenommen
wurde. Die Forderung der dezimalen Einteilung, sowie auch danach die Substitution
der Pendellänge durch einen Meridianteil kam erst durch die Akademie der
Wissenschaften hinzu, die sich der Sache eifrigst annahm und die Mitarbeit des
Auslandes dabei auszuschliessen verstand. Die von ihr als zur Begründung des Systems
als notwendig erklärten mehrjährigen Vorarbeiten,die in der Folge unter den
wechselnden politischen Verhältnissen von verschiedenen Korporationen oder
Kommissionen mit Unterbrechungen durchgeführt wurden, fanden auch Genehmigung,
obwohl den ungeduldigen Radikalen die Sache viel zu lange währte und sie deshalb
1793 die Einführung eines auf einen provisorischen Wert (3 Fuss 1144/100 Linien) des
Meters begründetes System durchzusetzen wussten. Die politische Färbung des neuen
Systems war aber, nachdem die revolutionäre Hochflut verlaufen war, der
Geltendmachung nach der endgültigen Ausarbeitung andererseits wieder hinderlich und
trotz des Einführungsgesetzes vom 19. frimaire an VIII. (10. Dez. 1799) bevorzugte
die Bevölkerung die altherkömmlichen Masse und Gewichte; die ausschliessliche
Herrschaft in Frankreich erlangte das metrische System nicht früher als mit dem 1.
Januar 1840. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, dass erst Napoleon
III. in seinen letzten Regierungsjahren Schritte thun konnte, um ihm auch
internationale Geltung zu verschaffen, die schliesslich (1875) zur Einsetzung eines
internationalen Ueberwachungsdienstes führten, der jedoch sehr wichtige Arbeiten
noch einer besonderen französischen Sektion des internationalen Comités überlässt
und Frankreichs Verdiensten um die Sache auch noch in anderen Formen Anerkennung
zollt.
O. L.
Eingesandt.
Ausstellung Düsseldorf 1902.
Die Leitung der Düsseldorfer Ausstellung hat vor kurzem eine illustrierte Broschüre
über das Unternehmen herausgegeben, die Anspruch auf besondere Beachtung erheben
kann. Inhaltlich schildert sie in anziehender Sprache sowohl die Vorzüge der schönen
Kunst- und Gartenstadt am Rhein, als auch die Bedeutung der grossen Ausstellung
selbst. Reicher Bilderschmuck ziert das kleine Werkchen. Wir sehen nicht nur die
anziehendsten Punkte der Stadt Düsseldorf in vortrefflichen Abbildungen
wiedergegeben, sondern auch die einzelnen hervorragenden Ausstellungsbauten, deren
Reigen der grosse Pavillon der Firma Krupp eröffnet.
Die Porträts des Protektors, der Ehrenvorsitzenden und der leitenden Personen der
Ausstellung schmücken gleichfalls die Broschüre und ein Panorama bietet einen
Gesamtüberblick aus der Vogelschau über das Ausstellungsgelände, welches sich
bekanntlich 2 km weit am Ufer des Rheines entlang zieht. Der Text der Broschüre gibt
genauen Aufschluss über das, was die Ausstellung bieten wird und über die Motive,
die zur Veranstaltung derselben geführt haben. Der Gedanke des Unternehmens beruht
bekanntlich auf folgender nationaler Erwägung: Rheinland und Westfalen sind als die
industrie- und gewerbreichsten Provinzen Deutschlands weltbekannt. Kein irgend
beachtenswerter Industriezweig fehlt hier, fast jeder wird in diesen Provinzen
grossartig und in hervorragender Weise betrieben. In einer Ausstellung zu Düsseldorf
können die Schwesterprovinzen Rheinland und Westfalen als Repräsentantinnen des
deutschen Gewerbefleisses auftreten und den Beweis liefern, dass nicht Furcht vor
einer Niederlage sie von der Pariser und anderen Weltausstellungen zum Teil
ferngehalten hat, sondern dass für diese Nichtbeteiligung die Gründe auf einem ganz
anderen Gebiete liegen und dass in erster Linie der Raummangel in Paris massgebend
war. Wurde doch schliesslich der ganzen deutschen Eisen- und Maschinenindustrie in
Paris nicht einmal soviel Raum zur Verfügung gestellt, als die Firma Krupp allein für sich beansprucht hatte. In Düsseldorf
können die Industrie und das Gewerbe zeigen, dass wir erwerbsfähig auf dem
Weltmärkte sind, dass wir den friedlichen Wettbewerb mit anderen Nationen nicht nur
nicht scheuen, sondern dass wir auf manchen Gebieten grössere und besondere
Leistungen aufzuweisen haben, als andere Nationen. Das Ausland hat diesen Gedanken
sehr wohl begriffen, denn es widmet der Düsseldorfer Ausstellung ein ganz
hervorragendes Interesse. Haben doch jetzt schon, wie wir aus der Broschüre ersehen,
eine grosse Reihe der hervorragendsten technischen Gesellschaften des Auslandes
beschlossen, im Ausstellungsjahre ihre Kongresse in Düsseldorf abzuhalten. Zur
Bestreitung der Kosten des internationalen Schiffahrtskongresses, der 1902 ebenfalls
in Düsseldorf stattfindet, steuern die deutschen Regierungen sogar 100000 M. bei.
Die Düsseldorfer Ausstellung ist gerade in der gegenwärtigen Zeit der
wirtschaftlichen Depression eine Notwendigkeit und ein Segen, denn sie ist geeignet,
dem Inlande und dem Auslande zu zeigen, welche Kraft und welche Leistungsfähigkeit
dem deutschen Gewerbe und der deutschen Industrie innewohnen und den Mut und die
Kauflust im Inlande und Auslande zu beleben. – Es darf nicht vergessen werden, die
ebenso originelle wie vornehme und gediegene typographische Ausstattung dieser
illustrierten Propagandaschrift besonders zu erwähnen. Sie ist ein Erzeugnis der
bewährten Offizin von August Bagel.