Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 318, Jahrgang 1903, Miszellen, S. 47
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die neuesten Erfolge auf dem Gebiet der Funkentelegraphie. Nach einer Mitteilung des Berliner Lokal – Anzeigers vom 4. Januar 1903 hat Marconi am 21. Dezember v. J. die bereits seit Jahresfrist in Aussicht gestellte Ueberbrückung des Atlantischen Ozeans durch die Funkentelegraphie verwirklicht; seine beiden Riesenstationen in Poldhu (Cornwall) und auf Quai Breton (Canada) stehen seitdem in funkentelegraphischem Verkehr. Ein guter Teil des Marconi – Erfolges gebührt übrigens dem Strassburger Professor Dr. Ferdinand Braun (siehe D. p. J. 1901 316, 789 und 805); denn Marconi benutzt für seine Ozeanfunkentelegraphie den von Professor Braun zuerst angegebenen und praktisch verwendeten, geschlossenen elektrischen Schwingungskreis aus Leydener Flaschen zur Erzeugung der Funkenwellen. Als Luftleiter verwendet Marconi bei seinen Ozeanstationen nicht wie bei den Stationen mit geringer Tragweite einen einzigen Vertikal draht, sondern ein ganzes System von Drähten, um hierdurch eine Erhöhung der elektrischen Aufnahmefähigkeit des Strahlensenders und ein langsameres aber reichhaltigeres Ausstrahlen der elektrischen Funkenwellen als bisher zu erzielen. Bei der Poldhustation sind als Luftleitung 50 blanke Kupferdrähte an einem zwischen zwei 48 m hohen und 60 m auseinander stehenden Masten ausgespannten Drahte in etwa 1 m Entfernung von einander befestigt. Für die Station auf dem amerikanischen Kontinent ist folgende Einrichtung getroffen: Zwischen vier hölzernen, in einem Quadrat von 210 engl. Fuss Seitenlänge aufgestellten 215 Fuss hohen Türmen sind von Spitze zu Spitze Drähte wagerecht ausgespannt. An diesen vier Drähten sind insgesamt 50 Kupferdrahtseile, je aus sieben Drähten bestehend, befestigt. Die Drahtseile laufen nach der Mitte des Turmquadrats zusammen und sind dicht über dem Apparatraum an einem Drahtseilquadrat befestigt, dessen Seitenlänge wesentlich geringer ist als die des oberen, von den Befestigungsdrähten gebildeten Quadrats. Für die Wellensendung erzeugt auf beiden Stationen eine Wechselstromdynamomaschine von 40 Pferdekräften Wechselströme von 2000 Volt, die durch einen Transformator zunächst auf 20000 Volt Spannung und dann durch Kondensatoren und andere Hilfsmittel sogar auf 70000 Volt Spannung gebracht werden. Von der Grösse und Wirksamkeit der für die Ozeanfunkentelegraphie Marconis zur Verwendung kommenden elektrischen Kräfte kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Sonderdrähte bei der Uebermittelung funkentelegraphischer Zeichen so stark geladen werden, dass am Aufhängungspunkte zwischen ihnen und einem in 30 cm Luftzwischenraum angebrachten mit der Erde verbundenen Leiter lebhafteste Funkenentladung in Gestalt eines Feuerstromes stattfindet. Als Wellenempfänger benutzt Marconi zumeist noch den gewöhnlichen Fritter- oder Metallfeile – Kohärer (siehe D. p. J. 1902 317, 453, 475 und 501). Zur Erzielung besserer Fernwirkungen und einer grösseren Telegraphiegeschwindigkeit hat Marconi, wie bekannt, einen neuen Empfänger konstruiert, den er den „magnetischen Wellendetektor“ nennt. Ein solcher ist bereits 1895 von Rutherford praktisch verwendet worden. Doch war derselbe wenig empfindlich und unzuverlässig; der von Marconi konstruierte soll sich dagegen im letzten Herbst bei den Fernversuchen zwischen der Station Poldhu und dem italienischen Schlachtschiff Carlo Alberto aufs glänzende bewährt haben. Der Wellendetektor enthält einen hufeisenförmigen Elektromagneten, von dessen Idolen ein hufeisenförmiger Stahlmagnet dauernd ertönt. Der Eisenkern des Elektromagneten wird also durch den rotierenden Stahlmagneten einer regelmässig wechselnden Magnetisierung unterworfen; der in ihm hervorgerufene Magnetismus bleibt jedoch infolge der magnetischen Trägheit des Eisens – magnetische Hysteresis – hinter dem Werte der magnetisierenden Kraft zurück. Sobald jedochelektrische Wellen die Drahtspulen des Elektromagneten durchlaufen, wird die Hysteresis vernichtet, und der Magnetismus steigt dann, dem wirklichen Werte der magnetesierenden Kraft entsprechend, plötzlich und sprungweise an. Diese magnetischen Aenderungen induzieren in einer zweiten um den Elektromagneten gewickelten und mit einem Telephon zusammengeschalteten Drahtspule elektrische Ströme, die in dem Telephon je nach der Dauer der Wellensendung als Morsepunkte und Morsestriche gehört werden. Dass der Wellendetektor nach dem Ergebnis der Carlo Alberto-Versuche auch mit Nutzen für den Transatlantischen Nachrichtenaustausch verwendet werden kann, unterliegt keinem Zweifel. Nun werden z. Z. in Amerika noch eingehende Versuche mit dem Fessenden- und dem de Forest – System, in Frrankreich mit dem neuen Branly – Empfänger angestellt. Bei dem von dem Professor Reginald A. Fessenden, dem früheren Leiter des Wetterbureaus der Vereinigten Staaten, erfundenen System kommen nicht, wie bei den bisherigen Systemen, ganze Hertz sehe Funkenwellen, sondern nur halbe Wellen zur Anwendung. Fessenden nennt sie „halbfreie Aetherwellen“. Der Wellensender ist beim Telegraphieren dauernd in Thätigkeit, und die eigentlichen Zeichen werden dadurch hervorgebracht, dass Sender- und Empfängerstation, welche auf eine und dieselbe Wellenlänge abgestimmt sind, kürzere oder längere Zeit dem Morsealphabet entsprechend, ausser Abstimmung gebracht werden. Hierzu dient ein ganz besonderer Telegraphieschlüssel, durch welchen Kapazität und Selbstinduktion des Erregerkreises für die elektrischen Wellen, also auch die Wellenlänge beliebig geändert werden kann. Vollständig neu ist die Konstruktion des Wellenempfängers; sie beruht auf dem Prinzip des Bolometers. Der eigentliche Wellenempfänger besteht aus einem kleinen, ausserordentlich feinen Platindraht, der durch die Wellenbestrahlung erhitzt wird und dessen elektrischer Widerstand infolgedessen zunimmt. Der Draht ist zunächst mit einer Silberglocke und dann mit einer luftleeren Glasbirne umgeben. Die schnell und sicher vor sich gehenden Widerstandsänderungen werden wie beim Mikrophon zum Betrieb eines Fernhörers benutzt. Die Morsezeichen werden also beim Fessenden – System im Telephon durch das Gehör aufgenommen; indes erscheint auch die Aufnahme sichtbarer und bleibender Zeichen mit Hilfe eines Morseschreibers nicht ausgeschlossen. Das Funkentelegraphensystem von de Forest benutzt für den Betrieb des Induktoriums der Senderstation Wechselströme von 25000 Volt Spannung. Das Charakteristische des Systems ist sein elektrolytischer Wellenempfänger, der von den Erfindern de Forest und Smythe der „Responder“ genannt wird. Er arbeitet nach dem Schäfersehen Prinzip des Antikohärers und besteht aus zwei in eine Glasröhre eingeschlossenen Metallelektroden, zwischen denen sich eine weiche, mit winzigen Metallstückchen durchsetzte elektrolytische Paste befindet. Sobald Funkenwellen durch diesen Antikohärer gehen, entstehen grosse Mengen kleiner Wasserstoffbläschen. Diese lagern sich an der einen Elektrode ab und vergrössern den vorher geringfügigen elektrischen Widerstand des Antikohärers so schnell und beträchtlich, dass die Widerstandsänderungen zum Betriebe eines Telephons oder Morseschreibers hinreichen. Der neue Branlysche Wellenempfänger ist ein sogenannter Mikrophonfüller. Er besteht aus einer polierten Metallscheibe, auf der ein kleiner metallener Dreifuss steht, dessen Füsse bei einer bestimmten Temperatur oxydiert sind. Die Berührungspunkte zwischen dem polierten und oxydierten Metall bilden die Mikrophonkontakte; bei elektrischer Bestrahlung wird ihr Widerstand erheblich verringert. Die Ausbildung der in Deutschland gebräuchlichen Funkentelegraphen-Systeme von Braun-Siemens & Halske und Slaby-Arco–Allgemeine Elektrizitäts – Gesellschaft dürfte zum Abschluss gekommen sein; sie gewährleisten beide auf mittlere Entfernungen von 200–300 km über Wasser hinreichend sichere Verständigung. Zur Anstellung grösserer Fernversuche baut die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft jetzt in Ober – Schöneweide eine Station mit 800 km Reichweite. Die ersten Versuche werden in den nächsten Tagen angestellt. Auch die sich über eine Entfernung von 162 km erstreckende Versuchsanlage nach dem Braun – Siemens – Systemzwischen Sassnitz (Rügen) und Grossmölln bei Köslin soll für grössere Fernversuche nutzbar gemacht werden. Beide Systeme benutzen ebenso wie auch das Marconi-System als Erregerkreis für die elektrischen Wellen den geschlossenen Leidener Flaschenstromkreis des Professor Braun. Bücherschau. Grundlagen der Theorie und des Baues der Wärmekraftmaschinen von Alfred Musil, O. Oe. Professor a. d. K. K. Deutschen Technischen Hochschule zu Brunn. Zugleich autorisierte, erweiterte deutsche Auflage des Werkes: „The steam-engine and other heat-engines“ von J. A. Ewing, Prof. a. d. Universität in Cambridge. Leipzig, B. G. Teubner. 1902. Der Studierende wie auch der in der Praxis thätige Ingenieur werden aus dem reichen Inhalt des Buches vielfache Belehrung schöpfen. Auf den ersten 600 Seiten des Werks werden in zwölf Abschnitten neben einer kurzgefassten Geschichte der Dampfmaschine die Theorie der Wärmekraftmaschinen, die Eigenschaften des Dampfes und daran anschliessend die Theorie der Dampfmaschinen, deren Untersuchung, Steuerung und Regulierung, sowie die Arbeit an der Kurbel eingehend behandelt; in den letzten drei Abschnitten werden auf nahezu 200 Seiten die Luft-, Gas- und Oelmotoren besprochen. In glücklicher und sorgfältiger Auswahl findet sich hier das Wichtigste zusammengefasst und werden alle neuen Errungenschaften der Technik bis auf die neueste Zeit dem Leser vorgeführt; so erfahren die gegenwärtig sehr im Vordergründe des Interesses aller Techniker stehenden Dampfturbinen eine dem Rahmen des Buches entsprechende, recht geschickte Behandlung, ebenso die Ueberhitzer und der Diesel-Motor. Die 302 Textabbildungen lassen an Klarheit wenig zu wünschen übrig, die Ausstattung des Werkes ist eine vortreffliche. W. P. Der Reguliervorgang bei Dampfmaschinen. Von Dr.-Ing. Benno Rülf. 59 Seiten mit 15 Textfiguren und 3 Diagrammtafeln. Berlin, 1902. Julius Springer. In dem mit anerkennenswertem Fleiss und auf Grund umfangreicher Untersuchungen zusammengetragenen Werkchen sucht derVerfasser die wichtigen Fragen nach Grösse und Dauer der Schwankungen, welche die Umlaufzahl der durch Fliehkraft beherrschten Dampfmaschinen beim Uebergang von einem Beharrungszustand zu einem anderen ausführt, mit Hilfe eines in der Arbeit abgeleiteten graphisch-rechnerischen Verfahrens zu ergründen. Das Verfahren, welches inbezug auf die aufzuführenden Rechnungen und Zeichnungen keine wesentlichen Schwierigkeiten bietet, lässt, gegenüber früheren, das sogen. „Regulierproblem“ behandelnden Arbeiten, die Berücksichtigung aller Einflüsse zu, die nur irgend auf den Ablauf der Regulierung bestimmend einwirken können. Diese Einflüsse kommen in dem besonderen Verlauf der Linien von Diagrammen zum Ausdruck, die unter Zugrundelegung der in Zahlenbeispielen ermittelten Werte und Gleichungen entworfen sind. Die Diagramme bieten somit ein bequemes Mittel, den zeitlichen Ablauf des Reguliervorganges einer Dampfmaschine verfolgen zu können. Die Schwankungen der Maschinengeschwindigkeit geben insbesondere bei den für elektrische Beleuchtungszwecke dienenden Dampfmaschinen häufig zu Störungen im Stromnetze Veranlassung; ihre Abhängigkeit von dem Regulatorgestänge, dem Steuerungsgetriebe und den den einzelnen Füllungen entsprechenden indizierten Dampfleistungen, d.h. von den mechanischen und physikalischen Eigenschaften einer Dampfmaschine in einfacher Weise feststellen zu können, ist die dankenswerte Aufgabe, deren Lösung der Verfasser in dem vorliegenden Werkchen versucht hat. Ob sich der Reguliervorgang in Wirklichkeit derart abspielt, wie es den entworfenen Diagrammen entspricht, lässt sich nur an Hand weiterer eingehender Versuche entscheiden. Zur Ausführung und Beurteilung solcher Versuche wird die vorliegende Arbeit von grossem Wert sein. Fr. Freytag. Zuschrift an die Redaktion. (Unter Verantwortlichkeit des Einsenders.) Geehrte Redaktion! Die Zuschrift des Herrn Major H. Weisse, Heft 35 vom 30. August 1902 und der Aufsatz des Ingenieurs und Physikers Herrn Rudolf Mewes in Berlin, Heft 28 vom 12. Juli 1902 Ihrer geschätzten Zeitschrift veranlasst mich folgende Mitteilung zu machen: Das Prinzip der Luftschiffahrt durch einseitige Druck Verminderung- einer Fläche auf mechanischem Wege ist von mir im Jahre 1876 mittels eines Apparates (Fig. 1) versucht worden. Dampf oder komprimierte Luft strömt durch eine enge Ringöffnung zweier achsial verstellbarer Scheiben expandierend aus. Die dabei mitgerissene Luft wird durch den die Scheibe umgebenden Schirm abgelenkt. – Textabbildung Bd. 318, S. 48 Fig. 1. Textabbildung Bd. 318, S. 48 Fig. 2. Die mechanische Luftverdünnung zum Zweck, Körper in der Luft schwebend zu halten, ist von allen andern bis jetzt bekannten Methoden der Luftschiffahrt insofern zu unterscheiden, als sie dies ermöglicht mit ruhender Fläche, das Trägheitsvermögen der Luft aber nur in zweiter Linie in Anwendung bringt. Dies Prinzip weiter verfolgend, habe ich folgenden Vorschlag gemacht, durch Zeichnung (Fig. 2) erklärt. Ein Strahl-Turbinenrad t treibt den am oberen Ende der Welle befestigtenImpeller f. Die nach aussen geschleuderte Luft wird durch den oben offenen Schirm s nach unten abgelenkt. Die auf der oberen Fläche der Scheibe h entstehende Druck Verminderung resp. Druckdifferenz der oberen und unteren Fläche liegt hier als hebende Kraft zugrunde. Der Wirkungsgrad wird mit der Schnelligkeit der Drehung, d.h. mit zunehmender Druckdifferenz steigen, nach dem Gesetze der Luftströmung. Der Kraftverbrauch in der den Flügeln, d.h. Stahlbänder des Impellers durch Zentrifugalkraft ausströmenden Luft ist nicht verloren, indem dieselbe durch den Schirm in entgegengesetzter Richtung abgelenkt, hebend wirkt. Die günstigste Zahl der Flügel und ihre Tiefe kann nur durch Experimente festgestellt werden, weil jedoch die Druckdifferenz und nicht die Quantität der in Bewegung gesetzten Luft als Hebekraft zugrunde liegt, wird man die Tiefe der Flügel sehr klein und die Umdrehungszahl recht hoch wählen. Mit einer Umfangsgeschwindigkeit von 800 Fuss in der Sekunde kann man Druckdifferenz von ungefähr 7 Pfd. auf den Quadratzoll erzeugen (Experimente von Rateau und Geisler). In praktischer Ausführung sind zwei oder mehrere in entgegengesetzter Richtung drehende Impellers oder mit Impellers versehene und zusammen verbundene Schieber vorteilhaft. Brooklyn N.-Y., den 28. September 1902. Hochachtungsvoll         Carl W. Weiss. 933 East 12 Str.