Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 320, Jahrgang 1905, S. 592 |
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Kleinere Mitteilungen.
[Kleinere Mitteilungen.]
Bücherschau.
Berechnung und Konstruktion der
Schiffsmaschinen und Kessel. Ein Handbuch zum Gebrauch für Konstrukteure,
Seemaschinisten und Studierende. Von Dr. G. Bauer.
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage.
Wie schon bei Besprechung der ersten Auflage (D. p. J. 1903, 318, S. 560) ausgesprochen, war der Wert des vorliegenden Werkes ein
derartiger, dass eine baldige zweite Auflage nicht lange auf sich warten lassen
würde.
Dieselbe liegt jetzt – kaum ein Jahr nach der ersten erschienen – vor, dass es bei
dieser raschen Folge dem Verfasser in seiner Stellung als leitender Oberingenieur an
der, wir dürfen wohl sagen, ersten Schiffswerft Deutschlands nicht möglich war,
allen bei Gebrauch der ersten Auflage zutage tretenden berechtigten Mehrforderungen
sowie aller sich zur Zeit so rasch entwickelnden Fortschritten Rechnung zu tragen,
dürfte nicht unschwer einleuchten; trotzdem ist eine eingehende Durchsicht zu
erkennen.
Neu aufgenommen ist gleich anfangs im ersten Teil, I. Abschnitt, § 3: „Die Messung der tatsächlichen Leistung“, in
Verlauf welchen Abschnittes auch auf den Turbinen-Elektromotor-Antrieb bezug genommen ist.
Im III. Abschnitt ist für die vielumstrittene Frage des Propellerwiderstandes auf S. 69 die Formel Q
= K . W3,8 anstatt Q = K W2 eingeführt, wie
dann – etwas zu spät – auf S. 72 angeführt wird, bedarf dieser Wert aber noch der
Nachprüfung durch weitere Versuche.
Im § 34 schliesst sich daran und zwar neu aufgenommen die Betrachtung über die
Torsionsschwingungen der Wellen.
Im Abschnitt IV, Anordnung der Hauptmaschine, ebenso wie in vorhergehenden beiden
Aufstellungen über Abmessungen ausgeführter Schiffsmaschinen finden die
fortschrittlichen neuesten Ausführungen entsprechende Beachtung.
Wir finden dort den Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm der
Grosse,“ den russischen Kreuzer „Bogatyr“; bei den Zusammenstellungen ist der Kabeldampfer „Stephan“, sowie das neue Linienschiff „Preussen“ einbezogen, in beiden Abschnitten der
neue Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II., dessen
beiden Maschinengruppen mit je sechs Kurbeln eine ganz eigene Anordnung bilden.
Im folgenden Abschnitt V: „Einzelteile der
Hauptmaschinen“, haben § 63, 2, Bachs,
Berechnungen von flachen Wänden und Schieberkästen den verdienten Platz
gefunden.
Ferner wird in § 67 der Aspinall-Regulator beschrieben.
Bei Stopfbüchsen, § 70, S. 155 ff., fällt das Fehlen der Lenz-Packung auf.
Die Verbindung der Kurbel- und Druckwelle auf Kriegsschiffen durch rasch ausrückbare
Kupplungen wird als jetzt meist verlassen bezeichnet; und wohl mit Recht.
Die Beschreibung der Verbindung der Hand- und Dampfbewegung der Umsteuermaschinen, §
143, S. 260, ist in zweckdienlicher Weise erweitert.
Schliesslich findet sich noch in § 152, S. 281, eine Bemerkung über den Schutz des
Inneren der Dampfniederschlagräume gegen Anfressung durch Zinkschutzplatten, auf
welche an dieser Stelle aufmerksam gemacht werden soll.
Die übrigen Teile bringen entsprechend ihrer untergeordneten Bedeutung nur
vereinzelte Zusätze.
Teil II, Pumpen, bringt in § 174, S. 304, eine
Aufstellung über ausgeführte Oberflächen-Rückkühlung und § 192, S. 321, Beispiele
ausgeführter Pumpanlagen.
Teil III, Schiffswiderstand, bringt in § 21, 2, S. 354, die Annäherungsformel
N\,i=\frac{V^3\,D\,\frac{2}{3}}{C}
In dieser Form ist V in Knoten D in englische Tons umzusetzen und C wäre
etwa 300 bei grossen Schnelldampfern abnehmend bis zu 180 für kleine volle
Schraubenschiffe.
Als Beispiel sei der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm
der Grosse“ betrachtet:
V 22,5 Knoten V3 = 11,390,625,
D\ 19,700\mbox{ Tons engl. }D^{\frac{2}{3}}=729,36
N\,i=\frac{11,390,625\cdot 729,36}{300}=27,359
während tatsächlich mit 27,000 Ni
die Schnelligkeit von 22,5 Knoten erreicht wurde bei D
= 20,000 M/t.
Soll C im reziproken Wert eingeführt werden, so muss die
Formel
N\,i=V^3\cdot D^{\frac{2}{3}}\cdot C
lauten, aber auch dann bedürfen die Werte v . C einer
Nachprüfung.
In § 234 wird auf die Bearbeitung der Propellerflügel durch eine patentierte
Werkzeugmaschine aufmerksam gemacht.
Im Teil IV, Rohrleitungen, fand im Abschnitt III, § 250,
eine empfehlenswerte Anordnung von Wasserabscheidern in Hauptdampfleitungen, einen
Platz; in Abschnitt IV, § 263, wurde der Speisevorwärmung Erwähnung getan.
Teil V, Dampfkessel, beschreibt in Abschnitt IV, § 306,
die Wasserrohrkessel, Bauart Normand, für den
russischen Kreuzer „Bogatyr“. Auch die engrohrigen Wasserrohrkessel, Bauart Thornycroft, Schulz und ähnliche, werden diesmal in §
307 eingehender behandelt.
Abschnitt VI künstlicher Zug bringt eine Aufstellung über Ausführungen in der
Kaiserlich-deutschen Kriegsflotte.
Teil VI, Messapparate, bringt in § 349 neu die
Beschreibung von Förtingers Torsionsindikator, während
eine neue Auflage jedenfalls in diesen Teil sich mit Tesdors verbesserten Dampfdruck-Indikator zu befassen haben wird.
Teil VII erwähnt in § 366 in kurzer Zusammenstellung die Lüftung von Maschinen- und
Kesselräumen.
So tritt überall das Bestreben zutage, dem Fortschritt in allen neuesten
Einrichtungen gebührend Rechnung zu tragen.
Umsomehr muss es Wunder nehmen, wenn in dem, unsere Hauptaufmerksamkeit
beanspruchenden Teil I – bei aller Anerkennung des Gebotenen und der darauf
verwendeten sorgfältigen Durchsicht – doch der Dampfturbine in keiner anderen Weise Erwähnung geschieht als in der auf S.
6, § 3.
Die Dampfturbine ist ein Kraftübertrager, der heute mit
bedeutendem Erfolg wissenschaftlich und in Ausführungen
durchgearbeitet ist; die Anzahl der ausgeführten Pferdestärken zu Land und zu Wasser
werden nahezu eine Million betragen.
Die Dampfturbine hat unbedingt folgende Vorzüge:
Abwesenheit aller Stösse und Schläge, da die Bewegungsrichtung
stets gleichförmig, grösste Ausnutzung der Dampfwärme durch hohe Ueberhitzung,
tiefste Lage des Schwerpunktes und dabei geringstes
Raumbedürfnis,
von grösstem Wert für die Kriegsflotten,
kleinste Gewichte, selbst bei Anordnung von Vor- und Rückwärtsgang
im gemeinsamen Gehäuse,
grösste Ausnutzung der Umfangsgeschwindigkeit, denn die anfänglich
zu weit gehende Geschwindigkeit dürfte heute als eine ziemlich überwundene
Schwierigkeit betrachtet werden dürfen.
Bei all diesen unbestreitbaren Merkmalen sollte diese Maschinengattung, in einem Handbuch für Konstrukteure, Seemaschinisten und
Studierende unter keinen Umständen fehlen, und soll hier der Hoffnung
Ausdruck gegeben werden, dass diesem Fehlen in der nächsten und dritten Auflage,
welche Dr. G. Bauers Handbuch recht bald erleben möge,
in weitestem Umfange abgeholfen werde.
Em. Arp.