Titel: Kleinere Mitteilungen.
Fundstelle: Band 320, Jahrgang 1905, Miszellen, S. 703
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Kleinere Mitteilungen. Kleinere Mitteilungen. Die physikalischen Eigenschaften des Glases als Funktionen der chemischen Zusammensetzung.E. Zschimmer, Zeitschrift für Elektrochemie 1905, S. 629 bis 638. Der Begriff Glas wird von Zschimmer folgendermassen begrenzt: „Wir verstehen unter „Glas“ den Inbegriff einer unendlich variablen Gruppe von amorph erstarrten Schmelzprodukten mineralischer saurer Oxyde (insbesondere von Kieselsäure und verwandten Säuren) in salzartiger Mischung mit basischen Oxyden. Von den Kristallen unterscheidet sich „Glas“ durch das Fehlen ausgezeichneter Richtungen, von metallischen Stoffen namentlich durch die elektrischen Eigenschaften, da es eine (wenn auch geringe) elektrolytische Leitfähigkeit besitzt.“ Während man früher nur Gläser aus Kieselsäure, Alkali, Kalk, Tonerde und Bleioxyd in wechselnden Mengen herstellte, ist man in den letzten zwanzig Jahren durch Einführung zahlreicher neuer Bestandteile in systematischer Arbeit zu zahllosen neuen Glasmischungen und damit zu hervorragenden Verbesserungen gelangt. Das grösste Verdienst an diesen bahnbrechenden Forschungen gebührt Otto Schott in Jena und seinen Mitarbeitern.D. p. J. 1898, 313, S. 164. An Säuren sind Borsäure und Phosphorsäure hinzugekommen, an Basen: Magnesia, Zinkoxyd, Baryt, Antimonoxyd, Arsenik, Eisenoxyd und Manganoxyd und die Oxyde seltener Elemente. Durch vieljährige mühevolle Arbeit (über 4000 Schmelzversuche sind bis jetzt in Jena ausgeführt worden) ist es gelungen, die zahlen massigen Beziehungen zwischen der Zusammensetzung und den physikalischen Eigenschaften für eine Anzahl von Glasmischungen sehr angenähert festzulegen. Zum Beweise dessen gibt Zschimmer Tabellen des räumlichen Ausdehnungskoeffizienten für Silikat-, Borosilikat-, Borat- und Phosphatgläser; die berechneten und beobachteten Werte stimmen gut überein. In ähnlicher Weise ist die Brechung, Zerstreuung und Absorption des Lichtes für zahllose Glasflüsse bestimmt worden. Unter anderem ergab sich, dass der Brechungsindex der Borsäure und der Kieselsäure durch „Auflösung“ von Metalloxyden erhöht wird und zwar um so beträchtlicher, je grösser das Molekulargewicht des betreffenden Metalloxydes ist. Z.B. wird der Brechungsindex der Borsäure (Nd = 1,462) durch Zuführung von Baryt (40 Teile auf 100 Teile Borsäure) um etwa 114 Einheiten der dritten Dezimale erhöht; durch äquivalente Mengen von Lithion um 77, von Zinkoxyd um 93, von Bleioxyd um 248 Einheiten derselben Stelle. Mit zunehmender Konzentration des Oxydes wächst die Brechung, aber in sehr verschiedener Weise. Sehr wichtig ist für den Gebrauch von Gläsern ihr Verhalten gegen Gase und Flüssigkeiten. Zschimmer fand: „Jedes alkalihaltige Glas „adsorbiert“ und kondensiert aus höher erhitztem, nahezu gesättigtem Dampf flüssiges Wasser in Form von winzigen Tröpfchen. Dieser Prozess vollzieht sich in weniger als zwölf Stunden. – Bei gewöhnlicher Zimmertemperatur und an freier Luft zeigt sich auf frisch polierten Flächen derselben Gläser nach Wochen (oder erst nach Jahren) ein Beschlag, der aus Tröpfchen von alkalischer Reaktion oder aus Kristallen besteht.“ Glasgefässe für chemische Zwecke sollen auch von kochendem Wasser nicht merklich angegriffen werden; dieser Anforderung wird das „Jenaer Geräteglas“ in hohem Grade gerecht: es erleidet in destilliertem Wasser von 80° einen 13 mal geringeren Gewichtsverlust als bestes böhmisches Glas. Dies Geräteglas ist gleichzeitig so unempfindlich gegen plötzliche Temperaturänderungen, dass ein mit kaltem Wasser gefüllter Kolben auf freier Flamme ohne Drahtnetz erhitzt werden kann.Vergl. D. p. J. 1898, 313, S. 182. Schwer schmelzbares Glas braucht der Chemiker zu Verbrennungsröhren; auch hier steht das „Jenaer Verbrennungsröhrenglas“ an der Spitze. Der Physiker braucht für seine Thermometer ein Glas, das durch die Wärme möglichst wenig ausgedehnt wird und nach dem Abkühlen das frühere Volumen ohne Verzögerung wieder annimmt; für diesen Zweck wurde das bekannte Jenaer Normalglas hergestellt, das seinerseits wieder von dem „Borosilikat-Thermometerglas 59III übertroffen wird; Thermometer aus diesem neuen Glase sind ausserdem unempfindlich gegen grosse Temperaturunterschiede und können bis 500° benutzt werden. Für die Dreifarbenphotographie werden optisch einheitliche Rotfilter, Grünfilter und Blauviolettfilter hergestellt, für die Himmelsphotographie Linsen und Prismen, die für die ultravioletten, Strahlen besonders durchlässig sind. Dieses letztgenannte UV-Glas wird auch bei einer Quecksilberlichtlampe verwandt, die Schott in jüngster Zeit konstruiert hat, der Jenaer Uviol-Lampe. Der Grossindustrie sind die Jenaer Forschungen von wesentlichem Nutzen gewesen, als es galt, für die Auer-Brenner Zylinder zu fertigen, die den dort auftretenden schroffen Temperaturschwankungen gewachsen sind. Erst durch das „Jenaer Zylinderglas“ wurde der glänzende Siegeslauf des Gasglühlichtes ermöglicht.Vergl. D. p. J. 1898, 313, S. 182. So gross die praktischen Errungenschaften freilich sind, so sind die rein theoretischen Fortschritte in der Erkenntnis des Glases um so geringer. Ob chemische Verbindungen oder feste Lösungen oder beides zugleich vorliegen, darüber können wir auch heute noch nichts Bestimmtes aussagen; die Schnelligkeit, mit der die Glasschmelzen abgekühlt werden, spielt dabei eine nicht unwichtige Rolle. Arndt. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Zum Entwurf einer Schwebebahn in Berlin. 1905. Continentale Gesellschaft für elektrische Unternehmungen, Nürnberg. Vergleichende Untersuchungen von Kreiselpumpen. Von Dipl.-Ingenieur E. Förster. Mit 9 Tafeln und allen Versuchsresultaten. Breslau, 1905. Trewendt & Granier, (Alfred Preuss.) Preis geh. M. 2,40. Die Entwicklung des niederrheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaues in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Herausgegeben vom Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund in Gemeinschaft mit der Westfälischen Berggewerkschaftskasse und dem Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat. VI. Wetterwirtschaft. Mit 225 Abb. und 25 Tafeln. Berlin, 1903. Julius Springer. Die Luftpumpen. Projektierung, Berechnung und Untersuchung der Kompressoren und Vakuumpumpen. Ein Handbuch für die Praxis von Dipl.-Ing. M. Hirsch. In zwei Bänden. Hannover, 1805, Dr. Max Jänicke. Preis geh. M. 8,–. Die Achsenregulatoren, deren Theorie, Berechnung und Konstruktion. Von Josef Finkel, Ingenieur. Mit 79 Abb. Leipzig, 1905. Carl Scholtze, W. Junghans. Preis geh. M. 4,50. Otto Hübners Geographisch- statistische Tabellen aller Länder der Erde. 54. Ausgabe für das Jahr 1905. Herausgegeben von Universitäts-Professor Dr. Fr. v. Juraschek, Hof rat der k. k. österr. stat. Zentral-Kommission, Ehrenmitglied der Royal Stat. Society in London usw. Frankfurt a. M. Heinrich Keller. Kurzer Leitfaden der Elektrotechnik für Unterricht und Praxis in allgemein verständlicher Darstellung. Von Rudolf Krause, Ingenieur. Mit 180 Abb. Berlin, 1905. Julius Springer. Preis geb. M. 4,–. Die gebräuchlichsten Dampfturbinen-Systeme für Land- und Schiffszwecke nach Konstruktion und Wirkungsweise Von Max Dietrich, Marine-Oberingenieur a. D. Mit 151 Abb. und zahlreichen Tabellen. Rostock i. M., 1906. Volkmann (Volkmann & Wette). Preis geh. M. 8,–.