Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 322, Jahrgang 1907, S. 495
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Bücherschau. Bücherschau. A. E. H. Love, Lehrbuch der Elastizität, deutsch von A. Timpe. 664 Seiten. Leipzig und Berlin, 1907. B. G. Teubner. Das einzigartige Werk des englischen Gelehrten ist in seiner zweiten Auflage auch ins Deutsche übertragen und damit den deutschen Interessenten leichter zugänglich gemacht. In dem Buch ist die Theorie der Elastizität, wie sie seit Galilei bis Lord Kelvin unter Heranziehung aller Hilfsmittel der Mathematik ausgebildet worden ist, in knapper Form zur Darstellung gebracht. Der Verfasser beabsichtigte: „das Buch für Ingenieure und andere, die hauptsächlich praktische Ziele verfolgen, brauchbar zu machen, die Bedeutung der Theorie für allgemeine Fragen der theoretischen Physik ins rechte Licht zu rücken und ein einigermaßen vollständiges Bild von dem heutigen Stand der Wissenschaft zu geben“. An den ersten und dritten Gesichtspunkt hat die Besprechung dieses Werks in einer technischen Zeitschrift anzuknüpfen. Man darf nicht glauben, es handle sich hier um ein Werk, wie etwa Grashofs Elastizität und Festigkeit, das bestimmt ist, Studierende technischer Hochschulen erstmals in die Elastizitätslehre einzuführen –, um ein Buch, das weitgehende Anwendungen auf besondere Ingenieuraufgaben enthalte. Der Verfasser sagt selbst, daß rein technische Ausführungen wie zu besonderen Konstruktionen gehörige Rechnungen fortgeblieben, und verwandte Dinge wie von ungleichmäßiger Erwärmung herrührende Beanspruchung nur eben gestreift worden seien. Für den unmittelbaren Gebrauch am Konstruktionstisch ist das Buch nicht geschrieben, auch setzt das Studium desselben schon Bekanntschaft mit dem Gegenstand und umfassende mathematische Kenntnisse voraus. Trotzdem scheint das Buch geeignet, auch den Ingenieuren reichsten Nutzen zu bringen durch die Anregung und Auskunft, die es zu geben vermag. Die Einführung der hohen Betriebsgeschwindigkeiten und Drücke in der Technik innerhalb der letzten Jahrzehnte hat die Ingenieure gezwungen, mathematische Hilfsmittel in weiterem Maße heranzuziehen, z.B. in dem Fall der Schiffsvibrationen, der Schwingungserscheinungen in langen Maschinenwellen, auf denen rotierende Massen sitzen; ferner bei Gasmaschinen, wo in den Gefäßwandungen durch den Gasdruck und besonders durch ungleiche Erwärmung hohe Beanspruchungen auftreten. Wer sich daran beteiligt, diese und ähnliche Erscheinungen zu erforschen und Mittel zur Beseitigung gefährlicher Beanspruchung und Formänderung zu ersinnen, hat ein Interesse, zu erfahren, ob das Problem oder ein verwandtes von seiten der Mathematiker untersucht worden ist und sich zutreffendenfalls über die Methoden und zum mindesten über die Ergebnisse zu unterrichten. Hier kann eine so umfassende Darstellung der Theorie, wie sie Love gibt, und auch die zahlreichen Literaturhinweise von größtem Nutzen werden. Es ist gerade in neuerer Zeit empfunden worden, welch tiefe Kluft zwischen der hohen Wissenschaft einerseits und der technischen Anwendung andererseits liegt und daß die auf allen Gebieten fortschreitende Spezialisierung zur Vergrößerung dieser Kluft beizutragen droht. Männer, wie Felix Klein in Göttingen, arbeiten daran, eine Brücke zu schlagen, und eine Verständigung zu beiderseitigem Nutzen anzubahnen. Man wird nicht fehl gehen in der Annahme, daß der Uebersetzer Dr. Timpe aus solchen Erwägungen heraus sich zu seiner Arbeit entschlossen hat, die meiner Ueberzeugung nach sicherlich ihre guten Früchte zeitigen wird. Der Verfasser hat die grundlegenden Abhandlungen der reinen Theoretiker wie Cauchy, Poisson, Green, Kirchhof, Lord Kelvin und der Ingenieure wie Navier, Lamé, St. Venant u.a. gesammelt und zusammengearbeitet; er stellt immer die allgemeine Theorie voran und geht dann zu den besonderen Fällen über, indem er die Ergebnisse soweit mitteilt, daß eine Anwendung auf technische Probleme in einigen Fällen unmittelbar, in andern mit nicht zu großem Bemühen möglich ist. Die Anzahl der mitgeteilten Sonderfälle ist größer als in der ersten englischen Auflage des Werkes, worin sich eben die Absicht des Verfassers kundgibt, das Buch für Ingenieure brauchbar zu machen. Für jeden Ingenieur, der wissenschaftliche Veranlagung hat, ist die treffliche historische Einleitung lesenswert, in der die seit Galilei untersuchten Probleme, die Untersuchungsmethoden und die Hauptergebnisse unter ausgiebigem Hinweis auf die Originalarbeiten beschrieben sind. Aus dem Inhalt seien folgende Kapitel erwähnt: Analyse der Verzerrung (Deformation), Analyse der Spannung, Elastizität, Formänderungsarbeit, Verzerrungsenergiefunktion, Variationsgleichung der Bewegung, Minimum der Energie, (ein Hinweis auf Cartigliano wird hier vermißt), Ausbreitung der in einem Punkt angreifenden Kraft, Gleichgewicht und Schwingungen von Kugeln und Kreiszylindern, Ausbreitung von Wellen in festen elastischen Medien, Torsion, Biegung eines Balkens durch Transversalkraft und gleichförmige Belastung, Durchlaufende Träger, Gleichgewicht und Schwingungen dünner Stäbe, Von Hause aus gekrümmte Stäbe, Dehnung und Biegung von Platten, Allgemeine Theorie dünner Platten und Schalen. Die Uebersetzung ist in einer dem wissenschaftlichen Inhalt würdigen, einfachen und klaren Sprache abgefaßt. Eine Zusammenstellung der neueingeführten Bezeichnungen: Verzerrung, Drall, Drillung, Reckung, Zentrallinie, Normalschnitt, Randlinie, Seite, u.a. und eine Gegenüberstellung der gebräuchlichen, auch in der technischen Literatur üblichen Ausdrucksweise nach Name und Zeichen wäre willkommen gewesen. Der Teubnersche Verlag hat seine Lehrbücher der mathematischen Wissenschaften um ein erstklassiges Werk vermehrt, und dessen Anschaffung durch Ansetzen eines mäßigen Preises erleichtert, was Anerkennung verdient. Max Enßlin. Beitrag zur Theorie des Röhrentunnels kreisförmigen Querschnittes. Von Dr. techn. F. Steiner. Prag, 1906. J. G. Calve. Preis M. 1,20. Der Verfasser untersucht die Spannungen in einem kreisförmigen Röhrentunnel unter der Annahme verschiedener Belastungen und Auflagerverhältnisse. Zunächst wird der allgemeine Fall behandelt, daß ein Röhrenelement von der Länge 1 unter der Wirkung seines Eigengewichtes, eines inneren Ueberdruckes und des Wasserdruckes steht, und daß die Auflagerkraft eine durch den tiefsten Punkt nach oben gerichtete Einzelkraft ist. Der Einfluß der einzelnen Belastungen auf das Biegungsmoment in verschiedenen Stellen der Röhre wird getrennt ermittelt und schließlich eine allgemeine Formel, die alle Einflüsse berücksichtigt, aufgestellt. Als besonderes Ergebnis der Rechnung ist hervorzuheben, daß bei einem im schwimmenden Gleichgewicht befindlichen Ringe die Stützlinie mit der Bogenachse zusammenfällt und daher keine Biegungsmomente auftreten. Nach einer allgemeinen Erörterung über die auf eine Tunnelröhre wirkenden äußeren Kräfte wird der Sonderfall behandelt, daß die Tunnelröhre nur eine senkrechte Belastung erhält. Hierbei wird ein über die untere Hälfte der Röhre nach bestimmtem Gesetz sich verteilender Auflagerdruck berücksichtigt. Es werden drei Sonderfälle untersucht: Einmal wird angenommen, daß die Röhre in der unteren Hälfte im Sand gelagert ist und mit der oberen Hälfte im Wasser liegt. Zweitens wird der Fall betrachtet, daß die Röhre in mit Wasser gesättigtem Sande liegt, während über dem Sande sich Wasser befindet. Dieser Fall tritt ein, wenn ein Tunnel unter der Sohle eines Flusses durch Sand und Schlamm vorgetrieben wird. Drittens wird eine Röhre untersucht, die im lockeren Boden vollständig eingebettet ist, ohne daß Wasser hinzutritt. Nachdem die Berechnung der Biegungsmomente erledigt ist, werden noch die Achsialkräfte ermittelt. Die abgeleiteten Formeln eignen sich zur Anwendung auf praktische Beispiele, wie das durchgerechnete Zahlenbeispiel einer Röhre von 4 m Durchm. unter 4 m hoher Erdlast und 5 m hoher Wasserlast zeigt. Durch Beifügung einiger Tabellen wird die Benutzung der Formeln noch erleichtert. Bei der Wichtigkeit der Tunnelröhren als Mittel für den Verkehr und die Ent- und Bewässerung in großen Städten ist die Studie sehr zeitgemäß und wegen ihrer klaren Darstellungsweise empfehlenswert. Dr.-Ing. P. Weiske. Statik und Diagramme zum Dimensionieren der Decken und Stützen im Massivbau. Mit 3 Diagrammen und 9 Abb. von Regierungsbaumeister O. Kohlmorgen. Stuttgart, 1907. Julius Hofmann. Die Formeln für die Berechnung von Decken und Stützen im Massivbau sind für die Zwecke der Prüfung der Spannungen und der Ermittlung der Querschnitte zusammengestellt und durch Beispiele erläutert. Außerdem sind durch drei Diagramme zeichnerische Lösungen für die Berechnung von Platten aus gegebenem Moment und aus Stützweite und Nutzlast ermöglicht. Die Benutzung dieser Diagramme ist einfach, jedoch ist der rechnerische Weg bei gleichem Zeitaufwand vorzuziehen. Daher ist eine Erweiterung der Tab. 2 (S. 4) namentlich auch für die Berechnung von Plattenbalken wünschenswert. Für letztere fehlen die direkten Dimensionierungsformeln, wenn die Nullinie den Steg schneidet. Die Beifügung einer Rundeisentabelle ist erwünscht. In den Formeln ist teilweise in der Buchstabenwahl von den amtlichen Bestimmungen vom 16. April 1904 abgewichen. Die Steineisendecken und die scheitrechten Gewölbe haben ebenfalls Berücksichtigung erfahren, da das Buch als Veröffentlichung des Massivbauverbandes allen Interessenten nutzbar sein soll. Im ganzen liefert das Buch eine brauchbare und kurze Zusammenstellung des für den Massivbau erforderlichen theoretischen Stoffes. Dr.-Ing. P. Weiske. Der Eisenbeton. Formeln, Tabellen und Grundsätze zum Gebrauch für die Berechnung von Eisenbeton-Bauausführungen, berechnet und zusammengestellt von Bauingenieur Erich Turley. Berlin, 1906. Tonindustriezeitung. Der Verfasser hat sich durch mehrere Veröffentlichungen über die Berechnung von Eisenbetonbauten in der Zeitschrift „Zement und Beton“ bekannt gemacht und stellt dieselben hier zu einer den amtlichen Bestimmungen vom 16. April 1904 entsprechenden Theorie zusammen. Der erste Abschnitt enthält die Berechnung der Spannungen in gegebenen Querschnitten von Platten, Plattenbalken und Stützen. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der unmittelbaren Bestimmung der Querschnittsabmessungen dieser Bauteile; beigefügte Tabellen erleichtern und vereinfachen die Berechnung. Anhangsweise sind die genannten amtlichen Bestimmungen abgedruckt und mit Erläuterungen versehen. Das Buch zeichnet sich durch klare Darstellungsweise und praktische Brauchbarkeit aus und kann daher namentlich auch Anfängern bestens empfohlen werden. Dr.-Ing. Weiske. Bei der Redaktion eingegangene Bücher. Statik der Raumfachwerke von Dr. Wilhelm Schlink, Dipl. - Ing., Privatdozent an der Technischen Hochschule in Darmstadt. Mit 214 Abb. und 2 Tafeln. Leipzig und Berlin, 1907. B. G. Teubner. Preis geb. M. 9,–. Leitfaden für den Unterricht in der Maschinenkunde an der Kaiserlichen Marineschule. Herausgegeben von der Inspektion des Bildungswesens der Marine. Text und Atlas. Zweite Auflage. Berlin, 1907. Mittler & Sohn. Preis geh. M. 12,50, geb. M. 15,–. Schiffskessel. Ein Handbuch für Konstruktion und Berechnung. Von Walter Mentz, Dipl. - Ing., Professor a. d. Kgl. Technischen Hochschule zu Danzig. Mit 222 Abb. und 5 Tafeln. München und Berlin, 1907. R. Oldenbourg. Preis geb. M. 12,–. Das hängende Gasglühlicht. Seine Entstehung, Wirkung und Anwendung. Ein Handbuch für Fabrikanten und Konsumenten, bearbeitet von Friedrich Ahrens, Ingenieur. Mit 391 Abb. München und Berlin, 1907. R. Oldenbourg. Preis geb. M. 6,–. Die Berechnung und Konstruktion der Turbinen und Schützenzüge mit besonderer Berücksichtigung der Francis-Turbine von Gustav Weber, Ingenieur und Lehrer für Maschinenbau. Mittweida. Mit 31 Tafeln und 50 Abb. Leipzig, 1907. Moritz Schäfer. Atlas zu Weber. Berechnung und Konstruktion der Turbinen und Schützenzüge mit besonderer Berücksichtigung der Francis-Turbine. 31 Tafeln. Moritz Schäfer. Text und Atlas geb. M. 8,–.