Titel: | Bücherschau. |
Autor: | Loebe |
Fundstelle: | Band 330, Jahrgang 1915, S. 478 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Uhlands Ingenieurkalender, 42.
Jahrgang 1916. Bearbeitet von F. Wilcke. In zwei
Teilen. Leipzig. Alfred Kröner. Preis geb. 3,– M.
Trotzdem Deutschland gegen eine Welt von Feinden im Felde steht, schreitet seine
Technik in allen ihren Zweigen unbeirrt und ununterbrochen fort. Ein kleiner Beweis
dafür ist auch das rechtzeitige Erscheinen der altbekannten Kalender, unter denen
der von Uhland begründete, nunmehr im 42. Jahrgang
erscheinende Ingenieurkalender einen bevorzugten Platz einnimmt. Eine Fülle von
neubearbeiteten Abschnitten zeigt, daß der Bearbeiter bestrebt ist, den neuesten
Fortschritten gerecht zu werden, so daß bei der für den mäßigen Preis erstaunlich
guten Ausstattung der Kalender auch in der neuen Auflage mit gutem Gewissen
empfohlen werden kann.
Ein paar Kleinigkeiten fielen mir beim Durchblättern auf. Warum fehlt eigentlich
vollständig das Kapitel Kompressoren? Sollte es nicht viel wichtiger sein als z.B.
das so ausführlich behandelte Kapitel „Wasserräder“? In den Bezeichnungen
herrscht nicht immer Einheitlichkeit. Seite 22 steht an
einer Stelle sek-mkg, etwas später dagegen mkg/Sek. Einmal heißt es A = 1/427, ein andermal A
= 1/424. Seite 179 steht v1/v2
= p2/p1 oder P1
v1
= P2
v2. Ueber
Meßvorrichtungen für Luftmengen wären sicherlich einige Angaben erwünscht.
R. Vater.
Elektrische Schwingungen. Von Dr.
Hermann Rohmann. Sammlung Göschen 751/52. 113 und 96
Seiten. 124 Abbildungen. 1914. Göschen. Preis je 0,90 M.
In zwei kleinen Bändchen auf je 100 Seiten das ganze Gebiet der elektrischen
Schwingungen umfassen,ist eine staunenerregende Leistung. Daß natürlich nur
eine strenge Auswahl aus der gerade in diesem Stoff reichlichen Literatur geboten
werden kann, versteht sich von selbst; es kommt nur auf die Art an, was gegeben und
was verschwiegen werden muß, und da muß man dem Verfasser gestehen, daß er vom
Wichtigsten das Nötigste klar und scharf herausgegriffen hat. Damit man nicht mit
falschen Erwartungen an die Bändchen herantritt, so sei vorausgeschickt, daß von der
drahtlosen Telegraphie nichts enthalten, ist, daß es sich dagegen um das von Hertz entdeckte physikalische Gebiet. handelt, von dem
die Radiotelegraphie nur ein Teil ist. Wie die Theorie zur Entdeckung dieses Feldes
elektrischer Erscheinungen geführt hat, so steht die Betonung der theoretischen
Seite auch im vorliegenden Werkchen an erster Stelle. Es werden die
Differentialgleichung der Schwingungsvorgänge aufgestellt, ihre Lösung gegeben und
an kurzen Beispielen erläutert; Schritt für Schritt werden dann neue Schwierigkeiten
zur Lösung vorgelegt, verfolgt und bezwungen. Dämpfung, Kupplung, Resonanz, nicht
quasistationäre Kreise, dann im besonderen die Anwendung der Differentialgleichungen
auf einfache und Paralleldrähte, stehende und fortschreitende Wellen, endlich Wellen
im freien Raum sind einige Schlagworte. Verhältnismäßig und naturgemäß kurz kommt
der experimentelle Teil weg; das läßt sich auch nicht zusammendrängen in ein
Werkchen von vorliegendem Umfang. Immerhin sind die Beschreibungen der Erregung und
der Nachweismethoden elektrischer Wellen, der Meßinstrumente und Detektoren ein
Muster von zusammendrängender lexikaler Darstellung.
Kleine, aber instruktive Figuren erläutern, ein hübsches Sachregister vervollständigt
den Wert der gegebenen Arbeit.
W. Immler.
Die Differentialgleichungen des
Ingenieurs. Darstellung der für die Ingenieurwissenschaften wichtigsten
gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen sowie der zu ihrer Lösung
dienenden genauen und angenäherten Verfahren einschließlich der mechanischen und
graphischen Hilfsmittel. Von Dipl.-Ing. Dr. phil. W. Hort, Ingenieur der Siemens-Schuckertwerke. 549 Seiten mit 255 Abb. Berlin
1914. Julius Springer. Preis geb. 14,– M.
Der Verfasser verfolgt das Ziel, „die Lehre von den Differentialgleichungen,
soweit sie für den Ingenieur von Bedeutung ist, im Zusammenhang an wichtigen
technischen und physikalischen Beispielen darzustellen“. Es sei gleich von
vornherein betont, daß er dieses Ziel im wesentlichen erreicht hat.
Das Buch beginnt mit einer Einführung in die Infinitesimalrechnung, die man
allerdings nach seinem Titel nicht zu finden erwartet. Der Verfasser erörtert, wie
es neuerdings ja auch von anderer Seite vorgeschlagen worden ist, an erster Stelle
den Integralbegriff, indem er von der „graphischen Summierung einer Kurve“
ausgeht. Erst dann kommt er zum Begriff des Differentialquotienten. Dabei werden die
mechanische Herstellung der Integralkurve mittels des Integraphen von Abdank-Abakanowicz und
Instrumente zur mechanischen Herstellung besonderer bestimmter Integrale, wie das
Flächen- und Momentenplanimeter, besprochen.
Hieran schließen sich die gewöhnlichen Differentialgleichungen, deren
Integrationsverfahren dargelegt werden.
Als Anwendungsbeispiele für die Differentialgleichungen erster Ordnung kommen zur
Behandlung die Spiegelkurve eines fließenden Gewässers, die Spiegelkurve des
Grundwasserstromes in der Umgebung eines Brunnens und das Gesetz für den
Wechselstrom; für die Differentialgleichungen zweiter Ordnung: die Seilkurve, wo
noch die Abweichung der theoretisch berechneten Seillänge von der wirklichen hätte
angegeben werden können, die elastische Linie und die Kettenlinie, wo ein kurzer
Ausflug in die Theorie der Hyperbelfunktionen gemacht wird, ferner die
Formänderungen eines dickwandigen Rohres und einer kreisförmigen, gleichmäßig
belasteten Platte, wie sie in Föppls Vorlesungen über
technische Mechanik untersucht werden, der Bewegungsverlauf in
Einzylinderdampfmaschinen, an dem das Rungesche Verfahren
zur angenäherten Integration von Differentialgleichungen vorgeführt wird, und die
Pendelbewegung, die dem Verfasser Anlaß zur Einführung in die Lehre von den
elliptischen Funktionen gibt; für die Differentialgleichungen höherer Ordnung und
ihre verschiedenen Integrationsverfahren: die Formänderung einer Eisenbahnschwelle
auf nachgiebiger Unterlage und die Formänderung der Wandung eines Wasserbehälters,
deren Differentialgleichungen vierter Ordnung sich nach Föppl nur durch die Störungsfunktion unterscheiden, endlich für die
simultanen Differentialgleichungen, die ja in der Dynamik eine wichtige Rolle
spielen: die oft behandelte und technisch wichtige Frage nach dem Zusammenwirken
einer Dampfmaschine mit ihrem Regler und die Zentralbewegung,deren Erörterung
in der Tat auch dem Techniker noch immer hinreichende Anziehungskraft bieten
dürfte.
Es folgt ein kurzer Abschnitt über die Differenzengleichungen und Anwendung auf die
Theorie des kontinuierlichen Balkens.
Hiermit habe ich den Inhalt des ersten Teiles kurz angedeutet. Wie man sieht, ist er
außerordentlich reichhaltig. Der Verfasser hat sich bemüht, die für die Aufgaben des
Ingenieurwesens wichtigen Verfahren zu bringen, wobei die linearen
Differentialgleichungen naturgemäß einer eingehenden Untersuchung unterzogen
werden.
Der zweite Teil (S. 254 bis 534) handelt von den partiellen Differentialgleichungen.
Hier treten die Anwendungen gegen die Theorie stark zurück. Wie der Verfasser selbst
im Vorwort ausführt, habe dies darin seinen Grund, daß es für die partiellen
Differentialgleichungen noch immer recht wenig Annäherungsverfahren gebe, und
ferner, daß die eigentliche Theorie der partiellen Differentialgleichungen den
Ingenieur fast gar nicht berühre; es handle sich stets um das Stoffgebiet der
mathematischen Physik. Zweifellos ist, daß hier die Grenzen zwischen den Aufgaben
des mathematischen Physikers und denen des mathematischen Technikers fließende
sind.
Das zeigen die Anwendungen, die der Verfasser aus diesem Gebiet beibringt: die
schwingende Saite, wo die Theorie der Fourierschen Reihen
und der Henrici-Coradische
Analysator zur Besprechung kommen, die Stabschwingungen mit Anwendung auf die
Schiffsschwingungen, die Membranschwingungen, wo die Besselschen Funktionen
eingeführt werden, die Wärmeleitung mit Anwendung auf die Wärmebewegung in den
Wandungen des Dampfmaschinenzylinders, die H. Lorenzsche
Turbinentheorie und die elektromagnetischen Ausgleichvorgänge in Leitern und Kabeln,
die neuerdings durch K. W. Wagner eine so hervorragende
Bearbeitung gefunden haben.
Wohltuend berühren die vielen durchsichtigen Skizzen, mancherlei wertvolle numerische
Tafeln sowie die zahlreichen schaubildlichen Darstellungen für den Verlauf der
verschiedensten Funktionen.
Endlich noch eine Aeußerlichkeit: Für die vektoranalytischen Differentialoperatoren
Divergenz und Rotor sind die Bezeichnungen div (nicht Div) und rot (nicht curl)
üblich geworden. Die Bezeichnung Tensor für den Zahlenwert eines Vektors ist seit
langem fallengelassen worden, da man neuerdings unter Tensoren etwas ganz anderes
versteht.
Zusammenfassend hebe ich hervor, daß ich das Werk für eine Bereicherung der
Lehrbuchliteratur über Differentialgleichungen halte. Wir müssen es dem Verfasser
Dank wissen, daß er den so wohlgelungenen Versuch gemacht hat, die Theorie der
Differentialgleichungen im Zusammenhang mit den technischen Anwendungen
darzustellen. Er hat dadurch eine neue Brücke des Verständnisses zwischen dem
Mathematiker und dem Techniker geschlagen.
E. Jahnke.
Einführung in die theoretische
Physik. Von Cl. Schaefer. In zwei Bänden. Erster
Band: Mechanik materieller Punkte, Mechanik starrer Körper und Mechanik der Kontinua
(Elastizität und Hydrodynamik). Leipzig 1914. Veit & Co. Preis geh. 18,– M, geb.
20,– M.
Eine über das Gewöhnliche hinausragende Erscheinung! Ein auf zwei Bände berechnetes
Werk, das die theoretische Physik etwa in dem Umfange darstellen soll, wie sie in
einem fünf- bis sechssemestrigen Vorlesungskursus bei vier Wochenstunden behandelt
werden kann. Man merkt es auf jeder Seite, an jeder Zeile kann man sagen, daß die
Darstellung des Verfassers aus jahrelangen Vorlesungen hervorgegangen ist.
Schwierigkeiten und Fragen aller Art, wie sie dem Studierenden bei der Einführung in
die theoretische Physik entgegentreten, finden ihre Erledigung. Am Ausdruck ist
offenbar auf das sorgsamste herumgefeilt worden. Mit einem Worte, die Lektüre des
Werkes bietet einen hohen Genuß.
Mit besonderer Liebe hat der Verfasser die Schwingungsprobleme behandelt, auf deren
Gebiet er ja selber eine Reihe schöner Resultate zutage gefördert hat. Bei den
Saitenschwingungen wird die Gelegenheit benutzt, um die Bedeutung der
Integralgleichungen für das Problem der Entwicklung willkürlicher Funktionen nach
Systemen vorgeschriebener Funktionen zu zeigen.
Der vorliegende Band kann jedem Studierenden der Mathematik, der Physik, der
Elektrotechnik aufs wärmste empfohlen werden; und nicht bloß den Studierenden
–ein jeder, der über theoretische Physik, insbesondere über Anwendungen der
Theorie der Integralgleichungen vorzutragen hat, wird dem Bande viele wertvolle
Anregungen für seine Vorlesungen entnehmen können.
E. Jahnke.
Wärmeverteilung im Innern
verschiedener Alpentunnel. Von Dr. A. Zollinger,
Ingenieur. Mit drei lithographischen Tafeln und drei Abbildungen. Heft 26 der
Sammlung „Technische Mitteilungen“. Zürich. Orell Füssli. Preis 4,– M.
Auf 60 Seiten sind in dieser Broschüre die Beobachtungsergebnisse der
Gesteinstemperaturen im Innern des Mont Cenis-, des Gotthard-, des Arlberg- und des
Simplontunnels zusammengefaßt. Es wird untersucht, ob die Zunahme dieser
Temperaturen nach dem Innern der Erde eine Gesetzmäßigkeit aufweist, die gestattet,
bei künftigen größeren alpinen Tunnelbauten die zu erwartenden Temperaturen im
Voraus zu bestimmen, und welche Einflüsse solche vorhandenen Gesetzmäßigkeiten zu
verändern imstande sind. Gleichzeitig schildert der Verfasser die Mittel zur
Bekämpfung der hohen Temperaturen, durch die das Arbeiten in den Tunnelbauten
ermöglicht wird. Die Ergebnisse der Tunnelventilation und der Abkühlung der
Tunnelluft werden zusammengefaßt, und endlich Einzelheiten über die
Wärmeverteilungsfähigkeit und Zusammensetzung einiger Gesteine mitgeteilt.
Die Ausführungen haben nicht allein für den Fachmann Wert, sondern beanspruchen auch
in weiteren Kreisen besonderes Interesse.
Loebe.
Textabbildung Bd. 330