Titel: Bücherschau.
Fundstelle: Band 331, Jahrgang 1916, Miszellen, S. 98
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Bücherschau. Bücherschau. Bestimmungen für Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton. Aufgestellt vom Deutschen Ausschuß für Eisenbeton. Berlin 1915. Wilhelm Ernst & Sohn. Preis geh. 0,50 M. Diese Neubearbeitung der Eisenbetonvorschriften enthält den inzwischen erreichten neuen Erkenntnissen entsprechend eine Reihe veränderter Bestimmungen, von denen jedoch nicht überall von vornherein abzusehen ist, welchen Einfluß sie auf das Eisenbetonbauwesen üben werden. Wir geben einen kurzen Auszug der für die Praxis wichtigsten Bestimmungen: Die Vorbemerkung empfiehlt den Befähigungsnachweis vom Unternehmer zu verlangen. Teil I. Allgemeine Vorschriften. § 1. Geltungsbereich. § 2. Bauvorlagen: Die genaue Gestalt und Lage der Eiseneinlagen soll ersichtlich sein (Eisenbiegeplan), ebenso der Bewegungsfugen, und die gewährleistete Betondruckfestigkeit (28 oder 45 Tage) ist anzugeben; erfreulicherweise ist von Mischungsverhältnissen keine Rede. § 3. Vorläufiger Festigkeitsnachweis. § 4. Bauleitung. § 5. Die Baustoffe: Die Abschnitte 1 bis 3 betreffend Zement, Sand, Kies, Grus, Steinschlag, Wasser entsprechen den Bestimmungen über Ausführung von Bauwerken aus Beton, aufgestellt vom Deutschen Ausschuß für Eisenbeton, Oktober 1915. Das Eisen muß den Mindestforderungen für Bauwerkseisen nach den Vorschriften für die Lieferung von Eisen und Stahl des Vereines Deutscher Eisenhüttenleute (1911) entsprechen. § 6. Zubereitung der Betonmasse: Entspricht den Bestimmungen für Bauten aus Beton gleichfalls; die Zusammensetzung der Mischung muß an der Mischstelle angeschlagen sein. § 7. Verarbeitung der Betonmasse. § 8. Betonierung bei Frost: Die Frostgrenze ist jetzt auf – 3° C festgelegt worden. § 9. Einbringen des Eisens. § 10. Herstellung der Schalungen: Hier sind ausführliche Bestimmungen der großen Wichtigkeit der Sache entsprechend gegeben. Lehrgerüsteisen als alleinige Unterstützung von Deckenschalungen sind nur bis zu 2,5 m Stützweite zulässig, anderenfalls sind End- und Zwischenstützen anzuordnen; besonders genaue Vorschriften gelten für gestoßene Stützen. Bei Ingenieurbauten und für Hochbauten von mehr als 5 m Höhe kann rechnerischer Festigkeitsnachweis der Gerüste verlangt werden. § 11. Schalungsfristen und Ausschalung: Die Ausschalung eines Bauteiles, d.h. die Beseitigung von Schalung und Stützung mit Ausnahme der Notstützen darf nicht eher vorgenommen werden, als bis der verantwortliche Bauleiter durch die Untersuchung des Bauteiles sich von der ausreichenden Erhärtung des Betons und Tragfähigkeit des Bauteiles überzeugt und die Ausschalung angeordnet hat. Besondere Vorsicht ist bei Bauteilen (z.B. Dächern und Dachdecken) geboten, die beim Ausschalen nahezu schon die volle rechnungsmäßige Last haben. Notstützen sollen überall noch wenigstens 14 Tage erhalten bleiben. § 12. Prüfung während der Ausführung, Probebelastungen: Die Probelast soll das 1,5-fache der gleichmäßig verteilten Nutzlast bei Belastung eines Deckenfeldes nicht überschreiten; bei Nutzlasten über 1000 kg/m2 kann bis zur einfachen Nutzlast ermäßigt werden; bei Brücken und dort, wo Zugrisse vermieden werden müssen, ist die rechnungsmäßige Nutzlast aufzutragen. Die Probelast soll mindestens 12 Stunden liegen, dann erst ist die größte Durchbiegung zu messen; die bleibende Durchbiegung ist frühestens 12 Stunden nach Entlastung zu messen; diese soll höchstens ein Viertel der Gesamtdurchbiegung betragen. § 13. Anzeigen an die Baupolizeibehörde. Teil II gibt die Leitsätze für die statistische Berechnung. § 14. Belastungsannahmen: Verweis auf die amtlichen Bestimmungen vom 31. Januar 1910. § 15. Einfluß der Wärmeschwankungen und des Schwindens: Bei gewöhnlichen Hochbauten können Wärmeschwankungen außer Rechnung bleiben, es genügt im allgemeinen, Schwindfugen in 30 bis 40 m Abstand anzuordnen (hier kann man bezüglich der Auslegungsmöglichkeit geteilter Meinung sein; Verfasser möchte z.B. nicht empfehlen, eine Dachhaut von z.B. 30 bis 40 m2 ohne Wärmefugen auszuführen, obwohl diese bei einem „gewöhnlichen Hochbau“ vorkommen kann; in einem kürzlich von ihm angetroffenen Falle hatte die fugenlose Ausführung erklärlicherweise zu den unliebsamsten Rissebildungen in der Dachhaut und vor allem im Mauerwerk geführt). Bei Ingenieurbauten sind ± 15° C Wärmeunterschied anzunehmen, wenn bei mittlerer Jahrestemperatur betoniert wird; das Schwinden ist einem Temperaturabfall von wiederum 15° C gleich zu achten. Mit ± 10° C Wärmeschwankung darf bei Bauteilen gerechnet werden, deren geringste Stärke 70 cm oder mehr beträgt, bzw. die hinreichend geschützt sind (Ueberschüttungen). § 16. Ermittlung der äußeren Kräfte. Bei statisch unbestimmten Bauteilen ist mit n = 10 und E = 210000 kg/cm2 für Zug und Druck bei Bestimmung der Unbekannten zu rechnen. Im übrigen schließen sich die hierher gehörigen Bestimmungen im wesentlichen, jedoch in erweiterter Form den amtlichen Vorschriften an; ausführlicher behandeln sie z.B. kontinuierliche Tragwerke. § 17. Ermittlung der inneren Kräfte: Es ist mit n = 15 zu rechnen. Schubspannungen sind nachzuweisen und dürfen über 4 kg/cm2 nicht hinausgehen. Ergibt sich die Schubspannung ohne Rücksicht auf Bügel oder aufgebogene Eisen größer als 14 kg/cm2, so ist zunächst die Rippenstärke zu vergrößern, bis der Wert 14 erreicht oder unterschritten wird, der Rest ist durch Aufbiegungen oder Bügel oder beides aufzunehmen. Der Haftspannungsnachweis ist entbehrlich, wenn Haken vorgesehen sind, und die Eisen nicht stärker als 26 mm sind. Bei Hauptbahnbrücken sollen die Spannungen 750 bzw. 24 kg/cm2 für Eisen und Beton der Rissesicherheit halber nicht überschritten werden und in nur auf Biegung beanspruchten Rippenbalken ist ein nicht zu überschreitendes Bewehrungsverhältnis vorgeschrieben, für welches ein Diagramm beigegeben ist. Ausführlich sind die Stützen behandelt; bemerkenswert ist, daß quadratischen und rechteckigen Umschnürungen die Wirkung auf Erhöhung der Tragfähigkeit aberkannt wird. Ist auf Knicken zu rechnen – bei größerer freier Höhe als der 15-fachen Querschnittsabmessung – so wird nach Euler 10-fache Sicherheit gefordert (E = 140000 kg/cm2). Für exzentrisch belastete Stützen findet sich eine besondere Bestimmung. § 18. Zulässige Spannungen; diese sind in sehr ausführlicher Weise festgelegt, ihre Besprechung gestattet der verfügbare Raum jedoch nicht; im äußersten Falle ist die Betondruckspannung bei Erfüllung gewisser Bedingungen auf 60 kg/cm2 gesetzt. Bei zentrischem Druck in Säulen ist das Geschoß maßgebend, die zugelassenen Spannungen wachsen nach den unteren Geschossen hin. Die zulässige Verdrehungsspannung für rechteckige Querschnitte, die hier erstmalig auftritt, ist auf 4 kg/cm2 festgelegt. Diesen Bestimmungen gliedert sich ein Anhang über Würfeldruckversuche an, in dem das neue die Einführung des 20 cm-Würfels ist (während einer Uebergangzeit gelten noch 30 cm-Würfel) im übrigen stimmen diese Bestimmungen mit der oben erwähnten für Bauwerke aus Beton sinngemäß überein. Aus diesem kurzen Auszuge des Wichtigsten erkennt man schon, in wie eingehender Weise die neueren Erfahrungen – auch die trüben – bestimmend für die Fassung dieser ausführlichen Bestimmungen waren, die übrigens in knapper, erläuterungsloser Form getroffen sind, so daß die Einschätzung ihrer Tragweite sorgfältiger Ueberlegung bedarf. Dr. Nitzsche. Der ewige Kreislauf des Weltalls. Von L. Zehnder. Braunschweig 1914. Friedrich Vieweg & Sohn. Das Zehndersche Buch, nach gelegentlichen Vorlesungen über physikalische Weltanschauungen an der Technischen Hochschule Berlin entstanden, zeigt äußerlich eine Dreigliederung. Der erste Teil, „Sichere Ergebnisse“ überschrieben, ist eine gemeinverständlich gehaltene Astronomie, und zwar eine sehr gute. Daß der Verfasser hier, wie auch in seiner vortrefflichen „Physik“, keine ausgetretenen Pfade gehen würde, war zu erwarten. Anordnung und Behandlung des Stoffes sind zum Teil neuartig und bei aller Knappheit erschöpfend. Die Astrophysik namentlich erscheint uns ausgezeichnet dargestellt. Man könnte sich diesen ersten Teil vielleicht für sich allein herausgegeben und im Besitz jedes gebildeten Menschen wünschen. Der zweite Teil, auf etwa 60 Seiten behandelt, trägt den Titel „Unsichere Hypothesen“. Die kosmogonischen Hypothesen von Buffon, Kant, Laplace werden erwähnt, die zugehörigen Analysen Poincarés über das Gleichgewicht rotierender Massen in sehr klarer Darstellung angegliedert. Auch die berechtigten Einwände gegen die Kant-Laplacesche Idee, die bekanntlich vom Vorhandensein eines rotierenden Gleichgewichtssystems ausgeht, werden erwähnt. Selbstverständlich findet der Leser weiterhin eine ausführlichere Behandlung der Ansichten von Secchi, Faye, Schmidt und anderen über das Sonnentheorem, der Arbeiten von Helmholtz und Arrhenius, die Erhaltung der Sonnenenergie betreffend, schließlich eine Erwähnung der Beiträge von Ebert und Puiseux über die Entstehung der Mondkrater, Mare, Rillen und Streifen. Bei der Neubearbeitung dieses Teiles wäre es vielleicht wünschenswert, auch etwas über das Meteoritentheorem Moultons u.a. zu erfahren, da es zum Teil als Vorläufer der von Zehnder selbst aufgestellten Welthypothese gelten darf. Mit dieser sehr umfangreichen Hypothese macht uns der Verfasser im dritten Teile seines Buches, „Meine Nebularhypothese“ überschrieben, bekannt. Sie ist der Niederschlag etwa dreißigjähriger Arbeit und wird auch von allen denen achtungsvoll aufgenommen werden müssen, die – wie der Referent – nicht in allem mit dem Verfasser übereinstimmen können. Zehnder verlegt die unbesiegbaren Schwierigkeiten, die jeder umfassenden. Weltenschöpfungs- und Weltenkreislauftheorie entgegenstehen, um einige Jahrbillionen zurück, ohne sie, wie es uns scheinen will, zu beseitigen. Laplace setzt zu Anfang einen rotierenden Gasball hoher Temperatur voraus; weder für die Rotation noch die Temperatur als Folgeerscheinungen vorangehender Umbildungsprozesse kann es eine Erklärung geben. Zehnder geht weiter zurück, indem er die Atome und Moleküle gleichmäßig über den gesamten Raum des Weltalls bei der absoluten Temperatur Null verteilt und nur die Gravitation voraussetzt. Die chemisch differenzierten Atome prallen elastisch voneinander ab, und bei steigender aber noch niedriger Temperatur entstehen aus dem kosmischen Staub Meteorite und Meteoritenhaufen. Durch exzentrischen Aufsturz weiterer Massen geraten die Systeme in Rotation, jedoch so, daß – um dem Flächensatz zu genügen – die Summe aller Rotationen Null bleibt. Aus kugeligen Meteoritenhaufen bilden sich Sonnen und Sonnensysteme, und zwar durch den exzentrischen Aufsturz zweier oder mehrerer Meteoritenhaufen. Es folgt dann die Auflösung in eine infolge der Wärmeentwicklung entstandene Scheibe oder ein Rotationsellipsoid aus glühenden Gasen. Damit ist der Verfasser über die Meteoritenhypothese beim Laplaceschen rotierenden Gasball, aus dem die weitere Entwicklung erfolgt, angelangt. Man wolle darüber das Buch selbst nachlesen. Bemerkenswert ist nun aber vor allem, welche Rolle beim „ewigen Kreislauf des Weltalls“ Zehnder dem Aether zuerteilt, den er als brauchbares Requisit' trotz seiner inneren physikalischen Unstimmigkeiten anerkennt. Er legt dem Aether die Eigenschaften der ponderablen Materie in verfeinerter Form bei: Gravitation und Bewegung. Wie die Wärme als Funktion kinetischer Vorgänge hält er die Elektrizität für die Kinetik der Aetheratome, man könnte auch kurz sagen, für die Wärme des Aethers. Sobald die Zehndersche Welt im Augenblick größter Ausdehnung, gleichmäßiger oder doch zentrisch-symmetrischer Verteilung von Massen- und Aetheratomen im Ruhezustand bei der absoluten Temperatur Null betrachtet wird, ist also die Elektrizität oder besser das elektrische Feld Null, die Gravitation ein Maximum. Bei der Zusammenziehung (in dieses Stadium gehört Bewegung, Wärme, Entstehung der Systeme) wächst das elektrische Feld, die Gravitationswirkung nimmt ab und wird schließlich zu einem Minimum, während die elektrischen Kräfte einem Maximum zustreben. Dann jagen die elektrischen Kräfte Materie und den Aether wieder auseinander, bis das elektrische Feld (und auch die kinetische Energie) Null ist, und die Gravitation wieder allein besteht. In diesem Pendelprozeß, bei dem Elektrizität und Gravitation gegeneinander ausgehandelt werden, sieht der Verfasser den ewigen Kreislauf des Weltalls. Man wird sich mit vielen Feinheiten, die dieser in dem lesenswerten Buche bis in viele Einzelheiten geistvoll ausgesponnene Gedanke in sich trägt, gern bekanntmachen, ohne zu verkennen, daß auch hier die Urfrage nach einem Anfang der Dinge unbeantwortet blieb. B. Donath. ––––––––––––––––––––––– Kriegsanleihe und Bonifikationen. Die Frage, ob die Vermittelungsstellen der Kriegsanleihen von der Vergütung, die sie als Entgelt für ihre Dienste bei der Unterbringung der Anleihen erhalten, einen Teil an ihre Zeichner weitergeben dürfen, hat bei der letzten Kriegsanleihe zu Meinungsverschiedenheiten geführt und Verstimmungen hervorgerufen. Es galt bisher allgemein als zulässig, daß nicht nur an Weitervermittler, sondern auch an große Vermögensverwaltungen ein Teil der Vergütung weitergegeben werden dürfe. War dies bei den gewöhnlichen Friedensanleihen unbedenklich, so ist anläßlich der Kriegsanleihen von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen worden, daß bei einer derartigen allgemeinen Volksanleihe eine verschiedenartige Behandlung der Zeichner zu vermeiden sei und es sich nicht rechtfertigen lasse, den großen Zeichnern günstigere Bedingungen als den kleinen zu gewähren. Die zuständigen Behörden haben die Berechtigung dieser Gründe anerkennen müssen und beschlossen, bei der bevorstehenden vierten Kriegsanleihe den Vermittlungsstellen jede Weitergabe der Vergütung außer an berufsmäßige Vermittler von Effektengeschäften strengstens zu untersagen. Es wird also kein Zeichner, auch nicht der größte, die vierte Kriegsanleihe unter dem amtlich festgesetzten und öffentlich bekanntgemachten Kurse erhalten, eine Anordnung, die ohne jeden Zweifel bei allen billig denkenden Zeichnern Verständnis und Zustimmung finden wird.