Titel: | Bücherschau. |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 91 |
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Bücherschau.
Bücherschau.
Die Dreherei und Ihre Werkzeuge
in der neuzeitlichen Betriebsführung. Von Betriebs-Obering. Willy Hippler. Berlin 1918. Julius Springer.
Preis.
In bezug auf die praktische Seite der Dreherei ist der Betriebsingenieur im
allgemeinen viel zu sehr auf seinen Meister angewiesen, da er eingehendere
Kenntnisse auf diesem Gebiete erst im Laufe einer langen Praxis erwerben kann.
Diesem Mangel sucht das vorliegende Werk abzuhelfen und wird, da offenbar aus der
Feder eines erfahrenen Fachmannes kommend, auch noch aus dem Grunde recht nützlich
für Fachkollegen sein können, weil hergehörige Fragen betriebswissenschaftlicher
Natur in recht zweckdienlicher Weise mit dem Thema verarbeitet wurden, dem Leser
sowohl in Theorie als auch Praxis etwas Ganzes bietend. In letzterer Hinsicht
verdienen insbesondere die zahlreichen, den praktischen Bedürfnissen entsprechenden
Beispiele und Abbildungen genannt zu werden.
Von dem Satze ausgehend, daß auf der Schneide des Werkzeuges die ganze Produktivität
eines Unternehmens beruht, ist ein sehr großer Teil des Buches dem Werkzeuge als
solchem gewidmet. Für alle im Betriebe einer Dreherei vorkommenden Zwecke werden an
Hand von eingehenden Untersuchungen die zweckmäßigsten Bauformen erläutert und.
dabei auch auf die erfahrungsgemäß am meisten gemachten Fehler hingewiesen. Auf den
Einfluß einer dem jeweiligen Zwecke angepaßten Schneidenform auf das Ausbringen der
größtmöglichen Leistung, auf Güte der Arbeit ist ganz besonders Wert gelegt worden.
Die neueren Anschauungen finden hier ihre eingehende Würdigung.
In weiteren Ausführungen werden die ebenfalls zum Arbeitsgebiet der Dreherei bzw. der
Revolverdreherei gehörigen Werkzeuge, wie Bohrmesser, Gewindebohrer, Strehler,
Schneideisen und sonstige Hilfsmittel besprochen, Herstellung, Härtung und Prüfung
von Werkzeugen eingehend erläutert.
Die Maschine, die Drehbank, die Revolverbank, spielt in den Erörterungen insofern
eine wesentliche Rolle, weil ja angestrebt werden muß, durch restlose Ausnutzung der
Leistungsfähigkeit des Werkzeuges eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit der
Festigung zu erzielen. Und es sind eine Fülle von Fragen, denen der gewissenhafte
Betriebsmann garnicht genug Beachtung schenken kann, deren Erledigung er nicht
einfach dem Meister überlassen dürfte.
Nach allem kann kaum bezweifelt werden, daß das Buch eine weitgehende Verbreitung
finden wird. Ein lebhaftes Bedürfnis besteht unbedingt nach derartiger
Sonderliteratur.
Rich. Müller.
Thermosbau. Die neue, leichte,
wärmehaltende Betonbauweise ohne Schalung. Von Paul A. R.
Frank, Baustoff-Sachverständiger. Hamburg 1918. Boysen & Maasch. Preis
M 1,35.
Unter den vielen in letzter Zeit aufgetauchten Vorschlägen, für billige Bauweise ist
als Neueste der Thermosbau hinzugekommen.
Für die Herstellung von Bauten in dieser Bauweise ist das Prinzip der Thermosflasche
angewendet worden. Siebenfache Luftzellen, gebildet aus Pappetafeln zwischen zwei
äußeren dünnen Thermosleichtbetonwänden mit eingebauten Normalbeton- oder
Eisenbetonpfosten für die tragende Konstruktion sind der Grundgedanke, der zur
Erfindung des Thermosbaues geführt hat.
So hergestellte Wände von 29 cm Stärke sollen der Wärmehaltung einer 93 cm starken
Ziegelmauer entsprechen, und sind demnach bei dem voraussichtlich noch lange
anhaltenden Kohlenmangel gewiß ein Vorzug.
Ein weiterer Vorzug ist wohl auch die schnelle und leichte Herstellung solcher
Bauten, besonders für kleinere Heimstätten.
Die Not der Zeit verlangt sparsame Baustoffe. Immerhin wird der Thermosbau nur ein
Ersatz bleiben und sollte nur dort, wo Ziegel oder andere Werksteine nicht leicht zu
erreichen sind, Anwendung finden. Nie wird er die seit Jahrhunderten geübte, solide
Bauweise mit festen Mauern in bezug auf Dauerhaftigkeit ersetzen können.
Friedr. Aug. Hartmann.
Die Grundlagen unserer
Zeitrechnung. Von A. Baruch.
(Mathematisch-physikalische Bibliothek, Band 29.) Berlin und Leipzig 1918. B. G.
Teubner. Preis geh. M 1,– (und 30 v. H. Teuerungszuschlag).
In sehr klarer, fesselnder Darstellung werden in dem kleinen Heft von 51 Seiten die
für die Bestimmung unserer Zeitrechnung erforderlichen astronomischen Grundbegriffe
für die Stern- und Sonnenbewegung entwickelt und die Zusammenhänge zwischen
Sternzeit, wahrer und mittlerer Sonnenzeit und der bürgerlichen Zeit gezeigt, wobei
die Einführung der „Sommerzeit“
besonders berücksichtigt wird, die ja in den letzten Jahren zu vielen
Erörterungen und auch Mißverständnissen geführt hat.
Das Heftchen gibt eine vorzügliche Uebersicht über das genau abgegrenzte Gebiet und
schließt sich der Reihe seiner Vorgänger in der bekannten Sammlung würdig an.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Fragmente zur Theorie und Praxis der
Kristalle. Von L. Wulff-Parchim. 32 Seiten mit
einer Tafel und 12 Textfiguren. 1918. H. Wehdemann-Parchim.
Ein scherzhaft zu lesendes wirres Durcheinander kurzer, kristallographischer Notizen,
einzelner Thesen, pädagogischer und theologischer, sowie rein persönlicher
Bemerkungen, bietet die Arbeit wohl einen anregenden Hinweis auf allerlei schwebende
Fragen, namentlich betreffend die Kristallzucht, in der der Verfasser manches
geleistet hat, besitzt aber im übrigen keinen wissenschaftlichen Wert.
Otto Schneider.
Die Wirtschaftlichkeit von
Nebenproduktenanlagen für Kraftwerke. Von G. Klingenberg. 60 Seiten 8°. Berlin 1918. Jul. Springer. Preis geh. M
2,40.
Der erweiterte Abdruck eines Vortrages in der Hauptversammlung des Vereins deutscher
Ingenieure (1917) aus der Zeitschrift des Vereins liegt in Buchform vor. Die Arbeit
untersucht die Gewinnung der Nebenerzeugnisse bei der Vergasung der Kohle. Sie
bringt zunächst eine kurze Darstellung der Brennstoffe und ihrer Eigenschaften und
schildert dann die Absatzmöglichkeiten und die Preise der Nebenerzeugnisse unter
Würdigung der Schwierigkeiten, die Wirtschaftslage und damit die Wirtschaftlichkeit
nach dem Kriege zu übersehen.
Die Untersuchung der Entgasungs- und Vergasungsverfahren der Kohle (auf das
sogenannte Verflüssigungsverfahren wird nicht eingegangen, weil es erst im
Versuchszustande ist) leitet dann über zu dem Hauptinhalt der Arbeit, einer
vergleichenden Wirtschaftlichkeits-Berechnung eines Dampfturbinenwerkes mit und ohne
Nebenerzeugnisanlage und eines Gasmaschinenwerkes mit solcher. Der Vergleich wird
für drei verschiedene Fälle der Ausbeute und des Preises durchgeführt, um so auch
für die noch nicht übersehbare zukünftige Gestaltung des Wirtschaftslebens
Grenzwerte zu geben, die die wahrscheinliche zukünftige Marktlage einschließen.
Ausführliche Kurvendarstellungen und umfangreiche Beispielrechnungen erläutern die
Ausführungen, die in dem Ergebnis gipfeln, daß die Verbrennung der Kohle unter dem
Dampfkessel ohne Nebenerzeugnisgewinnung nach dem Stande
der heutigen Technik durchaus nicht immer eine Vergeudung von Vermögenswerten zu
bedeuten braucht, da zwar in der Kohle enthaltene Werte vernichtet werden, dagegen
unter Umständen eine fühlbare Schonung unserer Kohlenvorräte eintritt.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Kraft- und Wärme Wirtschaft in der
Industrie. (Abfallenergie-Verwertung.) Von M. Gerbel. 109 Seiten 8°. Berlin 1918. Jul. Springer. Preis geh. M
3,–.
Die große Bedeutung der durch Abfallenergie-Verwertung möglichen Energieersparnis für
-dia Gesamtheit der Volkswirtschaft, nicht nur für den einzelnen Betrieb, ist der
treibende Gedanke in dem wertvollen Buch. Immer vom Gesichtspunkt der Gesamtheit aus
werden der Kraftbedarf des heutigen Wirtschaftslebens und die Gründe seiner
ständigen Zunahme betrachtet. Die Gestehungskosten der kW-Stunde in Abhängigkeit von
den Anlage- und Betriebskosten und von dem Ausnutzungsgrad des Werkes werden nach
einem besonderen, sehr interessanten graphischen Verfahren dargestellt und es wird
dann nach einer ausführlichen Besprechung der heute in der Technik möglichen und
üblichen Arten der Abwärmeverwertung mit großem Nachdruck auf die Notwendigkeit
hingewiesen, nicht nur im Rahmen der einzelnen Werke mit dieser Energie
hauszuhalten, sondern durch Vereinigung verschiedener und verschiedenartiger Werke,
ja ganzer Industrien, eine Vergeudung des kostbarsten Gutes unserer Volkswirtschaft
hintanzuhalten. Es fallen dabei mehrfach erfrischende und erfreuliche Worte über das
Verhältnis des Technikers zum Kaufmann und über das Eingreifen dieses in Gebiete,
die nur für jenen zugänglich und übersehbar sind, sowie über „den Vorrang, der
den rein kaufmännischen Dingen gegenüber den technischen Fragen des Betriebes
eingeräumt wird“. Endlich wird der Wunsch und die Möglichkeit einer
staatlichen Einflußnahme auf die Energiewirtschaft in verschiedenen Formen zum
Ausdruck gebracht und von verschiedenen Seiten beleuchtet.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Ernst Abbe, sein Leben, sein
Wirken,seine Persönlichkeit. Von Felix
Auerbach. Leipzig 1918. Akad. Verlagsges. m. b. H. Preis geh. M 18,–, geb.
M 21,–.
Das Werk bildet den fünften Band der Studien zur Biologie des Genies, herausgegeben
von Wilhelm Ostwald. Aus wenigen gedruckten Arbeiten von
Abbe aus dem Aktenmaterial der Universität Jena und
der Firma Carl Zeiß, aus Briefen und aus persönlichen
Wahrnehmungen schildert der Verfasser Abbes
Lebensgang.
Aus den recht beschränkten Verhältnissen seines Elternhauses – Abbes Vater war Aufseher in der Kammgarnspinnerei von Eichel & Kramer in Eisenach – arbeitete sich Abbe
empor. Seinen Schulunterricht erhielt er auf der Realschule, dem späteren
Realgymnasium in Eisenach. Der Direktor des Realgymnasiums Professor Dr. Köpp und der Lehrer für Naturwissenschaften und Chemie
Professor Dr. Senfft erkannten Abbes Begabung für Mathematik und Physik und förderten ihn in jeder Weise.
Seine Studien in Jena und Göttingen setzte er unter großen Entbehrungen durch; nur
die „Hungerkunst“, die zu üben er in seinem Elternhause reichlich Gelegenheit
hatte, befähigte ihn dazu. In Göttingen promovierte er mit einer Abhandlung:
Erfahrungsmäßige Begründung des Satzes von der Aequivalenz zwischen Wärme und
mechanischer Arbeit. 1863 habilitierte er sich in Jena und wurde 1873 ordentlicher
Professor. Der Erfolg seiner akademischen Tätigkeit war in finanzieller Richtung so
unbedeutend, daß der geniale Forscher und Lehrer mit dauernden finanziellen Nöten zu
kämpfen hatte. Erst nach seinem Eintritt in die Firma Zeiß besserte sich die finanzielle Lage, so daß Abbes Genie nun endlich zur freien Entfaltung kam. Um Abbes Schaffen und Wirken auf dem Gebiete der Optik, sein
vorbildliches Vorgehen in der Wohlfahrtspflege für seine Arbeiter kennen zu lernen,
muß auf die meisterhaften Schilderungen F. Auerbachs
verwiesen werden.
Abbes Werdegang zeigt, wie allein in Wechselwirkung
zwischen wissenschaftlicher und technischer Arbeit und Handarbeit, zwischen Forscher
und Arbeiter die hohen Ziele erreichbar sind, die unser deutsches Volk in den
jetzigen ernsten Stunden ganz besonders ins Auge fassen muß. Keine Schranke darf
zwischen geistiger und Handarbeit, zwischen Forscher und Arbeiter errichtet
werden. Nur durch engen Zusammenschluß in der Arbeit können die Erfolge und Werte
gezeitigt werden, die wir auf dem Weltmarkt in Zukunft mehr denn je gebrauchen
werden.
A. Stavenhagen.
Leben und Wissenschaft, Wissenschaft
und Leben. Rektoratsrede von H. Th. Simon an der
Universität Göttingen. Leipzig 1918. S. Hirzel.
Der Verfasser untersucht die allgemeinen Beziehungen zwischen Leben und Wissenschaft
und geht dabei von der Energiewissenschaft aus, weil sie besonders geeignet ist,
jene Zusammenhänge zu erfassen, Er beschäftigt sich zunächst mit dem
Anpassungsprozeß, der sich an dem ins Leben geworfenen Organismus vollzieht,
„Energiewissenschaftlich besteht er in folgendem; Die Durchflutungen der
Nervenbahnen bedingen Wahrnehmungserlebnisse. Wo sich die Durchflutungen in
gleichen Ordnungen des Neben- und Nacheinander häufiger wiederholen, gräbt sich
dem Organismus eine Anlage ein, dieselben Durchflutungsordnungen auch bei dem
inneren Energieverkehr zu bevorzugen. Seelenwissenschaftlich: Wo sich in den
Wahrnehmungserlebnissen räumliche und zeitliche Ordnungen der Elemente häufiger
wiederholen, bildet sich eine, schließlich an Zwang grenzende Gewohnheit, auch
die Vorstellungselemente in denselben räumlichen und zeitlichen Ordnungen
auftreten zu lassen.“
Und weil jene Ordnungen die sind, welche immer wieder erlebt worden sind, so
enthalten die danach gebildeten Vorstellungsformen auch die Ordnungen, auf deren
Wiedererleben man immer wieder rechnen kann.“
„Der Organismus hat auf Grund unzähliger Streifzüge durch seine Erlebniswelt eine
Karte dieser seiner Welt, er hat seine Wissenschaft von der Well
gewonnen.“
Die Wissenschaft hat nun die Aufgabe, sich von den Unsicherheiten und Zufälligkeiten
des Anpassungsprozesses frei zu machen, die der Begriffsbitdung des Einzelnen
anhaften. Um diese Ablösung mit größtmöglicher Sicherheit zu erreichen, schlägt sie
zwei Wege ein, es ist der Weg der experimentellen und der Weg der theoretischen
Forschung. Als besonders lehrreiches Beispiel hierfür wählt der Verfasser die
Relativitätstheorie von Einstein.
E. Jahnke.
Textabbildung Bd. 334