Titel: Ueber das Verfahren, wodurch man den relativen Werth der käuflichen Braunsteinsorten bestimmen kann, von Dr. Edward Turner, Professor der Chemie an der Universität zu London.
Fundstelle: Band 40, Jahrgang 1831, Nr. XL., S. 213
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XL. Ueber das Verfahren, wodurch man den relativen Werth der kaͤuflichen Braunsteinsorten bestimmen kann, von Dr. Edward Turner, Professor der Chemie an der Universitaͤt zu London. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. April 1831. S. 224. Turner, uͤber das Verfahren, wodurch man den relativen Werth der kaͤuflichen Braunsteinsorten bestimmen kann. Die Analyse der Manganerze ist, wenn sie rein sind, außerordentlich einfach; man braucht nur nach dem bekannten Verfahren das Wasser zu bestimmen, welches das Erz enthaͤlt, und den Sauerstoff, welchen es verliert, wenn es in rothes Oxyd umgeaͤndert wird. Der Oxydationsgrad, welcher den kaͤuflichen Werth des Manganerzes hauptsaͤchlich bestimmt, ergibt sich dann leicht. Enthaͤlt hingegen das kaͤufliche Mangan, wie es meistens der Fall ist, fremdartige Substanzen, so ist das analytische Verfahren verwikelt und umstaͤndlich und wenn Eisen vorkommt, welches selten fehlt, so kann man fast unmoͤglich nach dem gewoͤhnlichen analytischen Verfahren ein genaues Resultat erhalten; denn wenn Eisenoxyd mit Mangansuperoxyd oder Mangandeuteroxyd gemengt stark erhizt wird, so verlieren sie nach meinen Versuchen beide Sauerstoff und aus dem Sauerstoffverlust beim Erhizen kann man daher nicht mehr auf die Zusammensezung des Manganoxydes schließen. Es duͤrfte schwer seyn den Sauerstoff, welchen das Eisen unter diesen Umstaͤnden verliert, annaͤherungsweise zu bestimmen, selbst wenn man vorher den Eisengehalt des Minerales auf nassem Wege ausgemittelt haͤtte, weil das zuruͤkbleibende Eisenoxyd wahrscheinlich eine wandelbare Zusammensezung hat, und dieselbe jedenfalls noch nicht ausgemittelt ist. Der Chemiker muͤßte daher jeden Bestandtheil des Minerales insbesondere bestimmen und den Verlust als dem Mangan angehoͤrigen Sauerstoff betrachten, eine Methode, auf welche man sich bei einer verwikelten Analyse nicht verlassen kann und welche ganz unanwendbar waͤre, wenn das Eisen, so wie es in dem Mineral enthalten ist, nicht gleichfoͤrmig oxydirt seyn sollte. Ich hatte vor einigen Monaten eine betraͤchtliche Anzahl verschiedener Braunsteinsorten zu untersuchen, wobei man bloß die relative Menge von Chlor, welche ein gleiches Gewicht von jeder derselben geben koͤnnte, zu erfahren wuͤnschte; dieß war die Veranlassung, daß ich uͤber obige Schwierigkeiten nachdachte und da man nach dem von mir befolgten Verfahren dieses schnell und genau erfaͤhrt, so theile ich dasselbe hier mit, nicht als wenn es etwas Neues enthielte, sondern bloß weil ich glaube, daß es den Personen, welche Untersuchungen dieser Art anzustellen haben, nuͤzlich seyn duͤrfte. Dieses Verfahren besteht in der Hauptsache darin, daß man ein gegebenes Gericht des Manganerzes in Salzsaͤure aufloͤst, das Chlor in Wasser verdichtet und die Menge desselben im Verhaͤltniß zu derjenigen, welche ein gleiches Gewicht reines Mangansuperoxyd gibt, dem Maße nach bestimmt. Anfangs bediente ich mich zu diesem Zwek der Indigaufloͤsung, spaͤter aber fand ich, daß eine schwache Aufloͤsung von gruͤnem Vitriol (schwefelsaurem Eisenoxydul), welche Hr. Dalton zuerst zur Bestimmung der Staͤrke des Bleichpulvers anwandte,Dalton's Abhandlung ist aus den Annals of Philosophy in Schweigger's Journal der Chemie und Physik, Jahrgang 1814 Bd. X. S. 445 und Bd. XI. S. 36 uͤbersezt. A. d. R. genauere Resultate gibt. Ich verfahre folgendermaßen: – Ich bringe zehn Gran feingepulverten Braunstein in eine Phiole, welche ungefaͤhr eine Unze Wasser fassen und in deren Hals eine gebogene, ungefaͤhr zwei Zoll lange Roͤhre eingerieben werden kann, welche das Chlor von der Phiole in eine andere Roͤhre fuͤhrt, die ungefaͤhr sechzehn Zoll lang und einen Fuͤnfachtels-Zoll weit, mit Wasser gefuͤllt und in einer kleinen Abdampfschale, welche als pneumatische Wanne dient, umgekehrt ist. Wenn der Apparat hergerichtet ist, wird die Phiole zur Haͤlfte mit concentrirter Salzsaͤure gefuͤllt und die Roͤhre augenbliklich eingesezt, worauf man mit der Weingeistlampe erhizt. Man sammelt sodann die Luft in der Flasche sammt dem Chlor; der groͤßere Theil dieses lezteren wird, wenn man das Gas nicht sehr rasch entwikelt, bei seinem Durchgange durch das Wasser absorbirt und die als Recipient dienende Roͤhre wird daher nach beendigter Operation nur zur Haͤlfte mit Gas gefuͤllt seyn. Wenn der Braunstein vollstaͤndig aufgeloͤst ist, treibt man die lezten Spuren Chlor durch salzsaures Gas aus der Flasche. Um das so gesammelte Chlor ganz zu absorbiren, verschließt man die Oeffnung mit einem eingeriebenen Stoͤpsel oder noch besser mit dem Finger und schuͤttelt das Gas stark, bis das Chlor vollstaͤndig absorbirt ist. Da die Aufloͤsung in der umgekehrten Roͤhre zu gesaͤttigt werden kann, so daß sie kein Chlor mehr aufloͤst, so thut man gut eine Pipette mit reinem Wasser zu fuͤllen und mit dem Munde einen Strom in die Roͤhre zu treiben, damit er aufsteigt, so daß die schwerere Aufloͤsung in die Schale auslaͤuft. Wenn die Absorption vollstaͤndig ist, bringt man die Aufloͤsung des Chlor in eine sechs oder acht Unzen fassende, mit eingeriebenem Stoͤpsel versehene Flasche, und sezt allmaͤhlich in geringen Quantitaͤten eine verduͤnnte Aufloͤsung von gruͤnem Vitriol zu (welche man z.B. aus 100 Gran krystallisirtem Salze und einer Pinte Wasser bereitet hat), und zwar gerade so lange, bis man keinen Chlorgeruch mehr bemerkt. Die hiezu erforderliche Fluͤssigkeit kann man sehr gut in einer Roͤhre messen, welche ungefaͤhr sechzehn Zoll lang ist, Dreiviertels-Zoll im Durchmesser hat und in zwei hundert Theile von gleicher Capacitaͤt eingetheilt ist; sie sollte mit einem Schnabel versehen seyn, damit man die Fluͤssigkeit ohne Verlust ausgießen kann. Bei diesem Versuche bemerkt man zweierlei Geruͤche, zuerst den eigenthuͤmlichen Geruch des Chlor, welches bekanntlich so stark reizt; und hierauf einen angenehmen, etwas aromatischen Geruch, welcher nicht im Geringsten reizt. Die Aufgabe ist, daß man genau so viel Eisenaufloͤsung zusezt, als erforderlich ist, um ersteren Geruch zu zerstoͤren ohne den lezteren zu beseitigen, was bei einiger Uebung leicht gelingt. Dadurch wird alles Eisenoxydul in Oxyd verwandelt. Bei dem ersten Versuche verliert man gewoͤhnlich etwas Chlor und man sollte sich desselben auch bloß als Anhaltspunktes bei einem zweiten und genaueren Versuche bedienen. Man loͤst demnach eine abgewogene Menge von demselben Braunstein auf, sammelt das Chlor wie zuvor, bringt aber die Eisenvitriolaufloͤsung (eher weniger als erforderlich ist) auf Einmal in die umgekehrte Roͤhre und Schale. Das Chlor wird so leichter und vollstaͤndiger verschlukt und man braucht dann nur noch eine geringe Menge schwefelsaures Eisen zur vollstaͤndigen Saͤttigung zuzusezen. Die Hauptquellen eines Irrthums sind bei diesem Verfahren die beiden folgenden: Verlust an Chlor, indem man oͤfters riecht oder waͤhrend das (reine) Wasser bei der Absorption des Gases der Luft ausgesezt ist, und Oxydation der Eisenaufloͤsung an der Luft, wenn man das Chlor geradezu von einer solchen absorbiren laͤßt. Ich muß hier bemerken, daß eine gegebene Quantitaͤt Chlor, je nachdem sie mehr oder weniger verduͤnnt ist, auch einen mehr oder weniger deutlichen Geruch hat; wenn man aber immer auf dieselbe Art verfaͤhrt und von den Braunsteinsorten solche Quantitaͤten abwiegt, daß gleiche Mengen des Chlorwassers ziemlich gleiche Mengen Chlor enthalten, so kann man jeden Irrthum leicht vermeiden. Man wird bei einiger Uebung sich bald uͤberzeugen, daß die Resultate, welche man nach diesem Verfahren erhaͤlt, auffallend gut uͤbereinstimmen und daß man sogar die reinen Manganoxyde nach diesem Verfahren fast eben so genau untersuchen kann, als wenn man ihren Sauerstoffgehalt direct bestimmt.