Titel: | Bericht des Hrn. Olivier über eine neue von Hrn. Robert erfundene Stopine und über einen Percussionsapparat für Kanonen. |
Fundstelle: | Band 54, Jahrgang 1834, Nr. V., S. 15 |
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V.
Bericht des Hrn. Olivier uͤber eine neue von Hrn. Robert erfundene Stopine und
uͤber einen Percussionsapparat fuͤr Kanonen.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Mai 1834, S. 186.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Robert's neue Stopine und Percussionsapparat fuͤr
Kanonen.
Schon seit mehreren Jahren ist das Bestreben der Artillerie mehrerer
Kriegsmaͤchte darauf gerichtet, die gewoͤhnliche Stopine (etoupille) durch Schlagkapseln zu ersezen. Die
gewoͤhnlich gebraͤuchlichen Stopinen konnten in Kriegszeiten leicht in jedem
Artillerieparke verfertigt werden; allein man mußte dieselben entweder mit einer um
einen Luntenstok gewundenen Lunte oder mit einem Zuͤndlichte
anzuͤnden. Die Lunte loͤscht jedoch bei Nebel und Regenwetter nicht
selten aus, und die Anwendung des Zuͤndlichtes ist manchmal nicht ohne
Gefahr, indem dasselbe stark Funken spruͤht. Man war daher auch der Ersparniß
halber gezwungen, das Zuͤndlicht beim Exercitium im Polygone nach jedem
Schusse abzuschneiden, so daß auf diese Weise, wenn die hinter der Batterie
aufgepflanzte Lunte verloͤschte, das Feuer dadurch unterbrochen wurde. Auf
dem Schlachtfelde pflegt man das Zuͤndlicht nicht nach jedem Schusse
abzuschneiden; und daher laͤßt sich wohl begreifen, wie hier mit
ungeuͤbten Artilleristen, oder uͤberhaupt mit einer Mannschaft, welche
noch nicht dem Feinde gegenuͤber agirt hat, mancherlei
Ungluͤksfaͤlle Statt finden koͤnnen. Selbst bei dem Abfeuern
mit der Lunte mußte die Mannschaft hinlaͤnglich geuͤbt seyn; denn das
Gas, welches hiebei aus dem Zuͤndloche ausstroͤmte, riß nicht selten
den Luntenstok mit Gewalt mit sich fort, wobei die Finger des Kanoniers mehr oder
weniger beschaͤdigt werden konnten. Man gab daher auch dem Zuͤndlichte
den Vorzug, und zwar um so mehr, weil, indem es lebhaft Funken spruͤhte, der
Regen und der Nebel einen weniger nachtheiligen Einfluß auf dasselbe uͤbte,
und weil sich die Stopine mit demselben entzuͤnden ließ, ohne daß man ihr das
Ende des Zuͤndlichtes zu nahe zu bringen brauchte. Da die Entzuͤndung
der Stopine auf diese Weise uͤberdieß rascher vor sich ging, so war auch die
Bedienung der Stuͤke auf dem Schlachtfelde eine schnellere.
Die Anwendung der Zuͤndkapseln gewahrt den Vortheil, daß die
Luntenstoͤke mit Zuͤndlichtern und Lunten entbehrlich werden; allein
man muß, wenn man sich in's Feld begibt, einen guten Vorrath dieser Kapseln mit sich
nehmen, indem sie sich unmoͤglich auf dem Schlachtfelde selbst verfertigen
lassen.
Die Kapseln koͤnnen das Feuer nur dann mittelst einer zu diesem Zweke
verfertigten Stopine auf die Ladung uͤbertragen, wenn ein starker
Hammerschlag auf dieselben trifft. Das Feuer dringt lebhaft durch die ganze
Laͤnge des Zuͤndloches und durch die wollene Huͤlle der
Stuͤkpatrone; die Raumnadel, welche, wenn sie mit Ungeschiklichkeit
gehandhabt wurde, bekanntlich nicht ohne Nachtheile blieb, wurde hiedurch
uͤberfluͤssig. Uebrigens scheint es, daß die
Zuͤndloͤcher durch die Anwendung der Zuͤndkapseln schneller
Schaden leiden, als durch die Anwendung der ehemaligen Stopinen.
Die Haͤmmer, deren man sich gleich anfangs bediente, kehrten nicht gleich nach
jedem Schlage wieder in ihre fruͤhere Stellung zuruͤk; daher kam es dann, daß das Gas,
welches bei dem Zuͤndloche entwich, den Hammer mit Lebhaftigkeit
zuruͤkwarf, und die Ueberreste der Kapseln und der Stopinen nach allen Seiten
schleuderte, wodurch nicht nur die Mannschaft oft im Gesichte verwundet wurde,
sondern wodurch auch der Zapfen, um welchen sich der Hammer bewegte, bedeutend
Schaden litt.
In neuerer Zeit suchte man nun verschiedene Vorrichtungen ausfindig zu machen, durch
deren Wirkung der Hammer nach jedem Schlage, und bevor noch die aus dem
Zuͤndloche austretenden Gase auf ihn wirken koͤnnen, wieder in seine
fruͤhere Stellung zuruͤkspraͤnge.
Es ist jedoch immer mißlich auf dem Schlachtfelde mit zu sehr zusammengesezten und
leicht zu verderbenden Mechanismen zu thun zu haben; auch muß man an das Umwechseln
denken, und daher ist es einleuchtend, wie wichtig es waͤre, die Kanonen
alsogleich wieder nach der alten Methode abfeuern zu koͤnnen, im Falle der
Hammer dienstuntauglich geworden waͤre, und welche große Vortheile es bringen
wuͤrde, wenn man eine Stopine hatte, welche sowohl durch den Schlag, als mit
dem Zuͤndlichte angebrannt werden koͤnnte.
Hr. Robert hat nun dieses hoͤchst
wuͤnschenswerthe Resultat erreicht, indem er in dem Kopfe des Hammers ein
kegelfoͤrmiges Loch anbrachte, dessen groͤßere Muͤndung im
Augenblike des Schlages nach Oben gerichtet ist, so daß der Hammer nicht mehr
zuruͤkzuspringen braucht, um der Repulsivkraft der Gase zu entgehen. Wenn
naͤmlich die Entzuͤndung der Ladung Statt gefunden, so kann das aus
dem Zuͤndloche allsgetriebene Gas durch den Kopf des Hammers entweichen, und
die Truͤmmer der Stopine und des Zuͤndkrautes senkrecht nach Oben
werfen, so daß die Kanoniere nicht mehr dadurch belaͤstigt werden.
Die Form des Zuͤndkrautes mußte jedoch zu diesem Behufe veraͤndert
werden. Hr. Robert wendet keine Kapseln, sondern kleine
Roͤhren von 10 bis 15 Millimeter Laͤnge und beilaͤufig 2
Millimeter im Durchschnitte an, welche mit Knallpulver gefuͤllt, und an dem
oberen Ende einer jeden Stopine kreuzfoͤrmig gelegt werden. Die Stopine kann
mit dem Zuͤndlichte oder durch den Hammerschlag entzuͤndet werden, so
daß man bei der Annahme des Robert'schen Systemes
jedenfalls nur eine einzige Art von Stopinen braucht.
Man hat in Belgien unter den Augen sehr erfahrner Officiere mit diesem Systeme eine
Reihe von Versuchen angestellt, welche so befriedigende Resultate gaben, daß die
belgische Artillerie hoͤchst wahrscheinlich den neuen Percussionshammer und
die neuen Stopinen einfuͤhren wird.
In den Casematten und auf Schiffen, besonders in den Batterien der Zwischenverdeke,
hilft zwar auch diese neue Methode dem Vorwurfe, den man der alten macht, und der
darin besteht, daß durch das Zuͤndloch eine Feuer- und
Rauchsaͤule entweicht, welche die Kanoniere sehr belaͤstigt, nicht ab;
allein auf dem Schlachtfelde ist diese Einwendung so hoͤchst unbedeutend, daß
sie wenig Beruͤksichtigung verdient.
Die Commission schlaͤgt daher vor, Hrn. Robert
fuͤr die Mittheilung seiner vielversprechenden Erfindung den Dank der
Gesellschaft zu bezeugen, und dieselbe durch den Bulletin bekannt zu machen.
Beschreibung.
Der von Hrn. Robert erfundene und von Fig. 7 bis zu Fig. 12
abgebildete Percussionsapparat besteht aus einem Hammer A, welcher sich in einem Zapfenbande oder Kloben B dreht. Dieser Kloben besteht mit einer Sohle C, welche mittelst zweier Schrauben DD
an dem Hintertheile der Kanone gehoͤrig befestigt ist, nur aus einem
Koͤrper. Dieser Hammer, durch dessen Kopf ein kegelfoͤrmiges Loch b gebohrt ist, dreht sich um einen Schraubenbolzen E; der Schlag des Hammers auf die Stopine wird mittelst
einer Schnur oder eines Riemens F, welcher um den
rollenfoͤrmig geschnittenen Schwanz des Hammers G
laͤuft, und an einem Punkte dieser Rolle festgemacht ist, hervorgebracht.
Die Stopine H, durch welche eine kleine, mit
Zuͤndpulver gefuͤllte Roͤhre geht, wird, wie Fig. 7 zeigt, in das
Zuͤndloch I der Kanone gebracht; das
Zuͤndkraut bleibt außerhalb des Zuͤndloches, und ruht auf den
Raͤndern desselben auf. Der Hammer zerschlaͤgt durch sein Herabfallen
die kleine Zuͤndkrautroͤhre, und die dadurch erfolgende Percussion ist
stark genug, daß die Entzuͤndung alsogleich an die Stopine, und durch diese
an die Ladung fortgepflanzt wird. Das durch dieses Abfeuern entwikelte Gas entweicht
durch das in dem Kopfe des Hammers angebrachte Loch, und schleudert die
Truͤmmer der Stopine und des Zuͤndroͤhrchens senkrecht nach
Oben. Damit man, um den Hammer zu befestigen, die Kanone nicht zu durchbohren
braucht, hat Hr. Robert die Idee gehabt, diesen Hammer an
einem eisernen Bande anzubringen, welches fest um die Kanone gespannt
wuͤrde.
Fig. 7 ist ein
Durchschnitt des Bodenstuͤkes einer Kanone, des Zuͤndloches und des
emporgehobenen Hammers.
Fig. 8 ist ein
gleicher Durchschnitt mit herabgefallenem Hammer.
Fig. 9 zeigt
den Hammer einzeln fuͤr sich.
Fig. 10 ist
die Sohle, auf der der Hammer befestigt ist.
Fig. 11 ist
die Stopine, durch welche das Zuͤndroͤhrchen geht.
Fig. 12 ist
ein eiserner Reifen, welcher statt der Sohle, Fig. 10, angebracht
werden kann.
A ist der Hammer; B das
Zapfenband oder der Kloben; C die Sohle; D, D Schrauben, womit die Sohle an dem
Bodenstuͤke befestigt ist; E ein Schraubenzapfen,
um welchen sich der Schwanz des Hammers dreht; F ein
Seil, womit der Hammer losgelassen wird; G eine Rolle,
um welche dieses Seil laͤuft; H eine Stopine; I das Zuͤndloch; K
das Band, welches die Sohle C ersezen soll; L eine Schraube zum Anziehen dieses Bandes. a eine kleine Roͤhre, in welcher das Knallpulver
enthalten ist; b das kegelfoͤrmige, durch den
Kopf des Hammers gebohrte Loch.